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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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versehrt geblieben, verziert ist. Auf der weder stark geglätteten, noch mit
einem Bewürfe versehenen Fläche des Marmors sind die Farben nach Weise
der Temperamalerei xg-floh aufgetragen. Für den Grund ist ein grauer
Ton benutzt, von welchem sich die Gestalten noch jetzt lebhaft abheben; da
das Bindemittel jedoch vielfach durch Feuchtigkeit gelitten hat, fallen die
Farben leicht ab. -- An jeder Ecke rahmen weiß gemalte Pfeiler, oben und
und unten einfache geschmackvolle Ornamente die Kampfscenen ein. Diese
sind durchaus im Reliefstil gehalten, indem Gruppen von zwei oder drei
Streitern neben einander gereiht und in sehr symmetrischer"Weise disponirt sind.
So bildet auf der einen Langseite eine Amazone zu Pferde, welche sowohl
von vorne als im Rücken von einem Griechen schwer bedroht wird, das
Centrum, an welches sich links und rechts je eine ihrem Gegner unterliegende
Kriegerin, weiterhin eine andere Genossin anschließt, die als Reiterin noch
in unentschiedenen Kampfe mit ihrem Bedränger begriffen ist. Da die Pferde
in den beiden äußersten Gruppen gegen die Mitte hinsprengen, so wird auch
der Blick des Beschauers von den Grenzen wieder zum Centrum geleitet.
Umschreitet man sodann das Kunstwerk, so sieht man zunächst auf der rechten
Schmalseite eine herrliche componirte Gruppe, in welcher gegen einen schon auf
das Knie gesunkenen Krieger zwei Amazonen einstürmen. Weiter auf der
anderen Langseite naht von jeder Ecke her in prachtvoller Bewegung eine
Quadriga, jede mit einer Lenkerin und einer Kämpferin besetzt. Die Griechen,
hier in gleicher Zahl mit den Amazonen, nehmen die Mitte ein und indem
zwei gestürzt sind, die beiden andern aber sich kühn den Pferden entgegen¬
werfen, herrscht auch hier genaue Responsion. Die zweite Schmalseite endlich
bildet fast das Gegenstück der ersten, ^da eine Amazone auf den Boden ge¬
sunken ist, auf ihren Sieger aber mit mächtigem Schritte eine Genossin
losstürmt.

Wenn wir aber die in den Hauptzügen der Komposition vorwaltende
Symmetrie hervorheben müssen, dürfen wir andrerseits nicht die Mannich-,
sättigten vergessen, welche die einzelnen Theile auszeichnet. Jene bildet
nur das Gerippe, welches in geistvollster Weise belebt und mit dem reichsten
Schmucke umkleidet wird. Jede Gruppe für sich betrachtet erscheint als ob
sie ohne Rücksicht auf irgend etwas außer ihr Liegendes geschaffen sei und bietet
eine Fülle von fesselnden Detail. Selbst wer die vielen Amazonenkämpfe
kennt, mit welchen die antike Kunst Tempelfriese, Vasen, Sarkophage und
Anderes zu schmücken nicht müde ward, muß gestehen, daß kein bekanntes
Werk dieses neu gefundene an Schönheit oder Orginalität übertrifft. Die
Amazonen sind dargestellt als stattliche, kräftig gebaute Weiber in idealer
Heldenjugend, nach antikem Kunstgebräuche von hellerer Hautfarbe, als die
Männer und mit reichem weiblichen Schmucke versehen. Die phrygische
Mütze bezeichnet sie als Fremde. Ihr ärmelloses, mit breitem Saume ge-


Grenzboten IV. 18K9. 22

versehrt geblieben, verziert ist. Auf der weder stark geglätteten, noch mit
einem Bewürfe versehenen Fläche des Marmors sind die Farben nach Weise
der Temperamalerei xg-floh aufgetragen. Für den Grund ist ein grauer
Ton benutzt, von welchem sich die Gestalten noch jetzt lebhaft abheben; da
das Bindemittel jedoch vielfach durch Feuchtigkeit gelitten hat, fallen die
Farben leicht ab. — An jeder Ecke rahmen weiß gemalte Pfeiler, oben und
und unten einfache geschmackvolle Ornamente die Kampfscenen ein. Diese
sind durchaus im Reliefstil gehalten, indem Gruppen von zwei oder drei
Streitern neben einander gereiht und in sehr symmetrischer»Weise disponirt sind.
So bildet auf der einen Langseite eine Amazone zu Pferde, welche sowohl
von vorne als im Rücken von einem Griechen schwer bedroht wird, das
Centrum, an welches sich links und rechts je eine ihrem Gegner unterliegende
Kriegerin, weiterhin eine andere Genossin anschließt, die als Reiterin noch
in unentschiedenen Kampfe mit ihrem Bedränger begriffen ist. Da die Pferde
in den beiden äußersten Gruppen gegen die Mitte hinsprengen, so wird auch
der Blick des Beschauers von den Grenzen wieder zum Centrum geleitet.
Umschreitet man sodann das Kunstwerk, so sieht man zunächst auf der rechten
Schmalseite eine herrliche componirte Gruppe, in welcher gegen einen schon auf
das Knie gesunkenen Krieger zwei Amazonen einstürmen. Weiter auf der
anderen Langseite naht von jeder Ecke her in prachtvoller Bewegung eine
Quadriga, jede mit einer Lenkerin und einer Kämpferin besetzt. Die Griechen,
hier in gleicher Zahl mit den Amazonen, nehmen die Mitte ein und indem
zwei gestürzt sind, die beiden andern aber sich kühn den Pferden entgegen¬
werfen, herrscht auch hier genaue Responsion. Die zweite Schmalseite endlich
bildet fast das Gegenstück der ersten, ^da eine Amazone auf den Boden ge¬
sunken ist, auf ihren Sieger aber mit mächtigem Schritte eine Genossin
losstürmt.

Wenn wir aber die in den Hauptzügen der Komposition vorwaltende
Symmetrie hervorheben müssen, dürfen wir andrerseits nicht die Mannich-,
sättigten vergessen, welche die einzelnen Theile auszeichnet. Jene bildet
nur das Gerippe, welches in geistvollster Weise belebt und mit dem reichsten
Schmucke umkleidet wird. Jede Gruppe für sich betrachtet erscheint als ob
sie ohne Rücksicht auf irgend etwas außer ihr Liegendes geschaffen sei und bietet
eine Fülle von fesselnden Detail. Selbst wer die vielen Amazonenkämpfe
kennt, mit welchen die antike Kunst Tempelfriese, Vasen, Sarkophage und
Anderes zu schmücken nicht müde ward, muß gestehen, daß kein bekanntes
Werk dieses neu gefundene an Schönheit oder Orginalität übertrifft. Die
Amazonen sind dargestellt als stattliche, kräftig gebaute Weiber in idealer
Heldenjugend, nach antikem Kunstgebräuche von hellerer Hautfarbe, als die
Männer und mit reichem weiblichen Schmucke versehen. Die phrygische
Mütze bezeichnet sie als Fremde. Ihr ärmelloses, mit breitem Saume ge-


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[0177] versehrt geblieben, verziert ist. Auf der weder stark geglätteten, noch mit einem Bewürfe versehenen Fläche des Marmors sind die Farben nach Weise der Temperamalerei xg-floh aufgetragen. Für den Grund ist ein grauer Ton benutzt, von welchem sich die Gestalten noch jetzt lebhaft abheben; da das Bindemittel jedoch vielfach durch Feuchtigkeit gelitten hat, fallen die Farben leicht ab. — An jeder Ecke rahmen weiß gemalte Pfeiler, oben und und unten einfache geschmackvolle Ornamente die Kampfscenen ein. Diese sind durchaus im Reliefstil gehalten, indem Gruppen von zwei oder drei Streitern neben einander gereiht und in sehr symmetrischer»Weise disponirt sind. So bildet auf der einen Langseite eine Amazone zu Pferde, welche sowohl von vorne als im Rücken von einem Griechen schwer bedroht wird, das Centrum, an welches sich links und rechts je eine ihrem Gegner unterliegende Kriegerin, weiterhin eine andere Genossin anschließt, die als Reiterin noch in unentschiedenen Kampfe mit ihrem Bedränger begriffen ist. Da die Pferde in den beiden äußersten Gruppen gegen die Mitte hinsprengen, so wird auch der Blick des Beschauers von den Grenzen wieder zum Centrum geleitet. Umschreitet man sodann das Kunstwerk, so sieht man zunächst auf der rechten Schmalseite eine herrliche componirte Gruppe, in welcher gegen einen schon auf das Knie gesunkenen Krieger zwei Amazonen einstürmen. Weiter auf der anderen Langseite naht von jeder Ecke her in prachtvoller Bewegung eine Quadriga, jede mit einer Lenkerin und einer Kämpferin besetzt. Die Griechen, hier in gleicher Zahl mit den Amazonen, nehmen die Mitte ein und indem zwei gestürzt sind, die beiden andern aber sich kühn den Pferden entgegen¬ werfen, herrscht auch hier genaue Responsion. Die zweite Schmalseite endlich bildet fast das Gegenstück der ersten, ^da eine Amazone auf den Boden ge¬ sunken ist, auf ihren Sieger aber mit mächtigem Schritte eine Genossin losstürmt. Wenn wir aber die in den Hauptzügen der Komposition vorwaltende Symmetrie hervorheben müssen, dürfen wir andrerseits nicht die Mannich-, sättigten vergessen, welche die einzelnen Theile auszeichnet. Jene bildet nur das Gerippe, welches in geistvollster Weise belebt und mit dem reichsten Schmucke umkleidet wird. Jede Gruppe für sich betrachtet erscheint als ob sie ohne Rücksicht auf irgend etwas außer ihr Liegendes geschaffen sei und bietet eine Fülle von fesselnden Detail. Selbst wer die vielen Amazonenkämpfe kennt, mit welchen die antike Kunst Tempelfriese, Vasen, Sarkophage und Anderes zu schmücken nicht müde ward, muß gestehen, daß kein bekanntes Werk dieses neu gefundene an Schönheit oder Orginalität übertrifft. Die Amazonen sind dargestellt als stattliche, kräftig gebaute Weiber in idealer Heldenjugend, nach antikem Kunstgebräuche von hellerer Hautfarbe, als die Männer und mit reichem weiblichen Schmucke versehen. Die phrygische Mütze bezeichnet sie als Fremde. Ihr ärmelloses, mit breitem Saume ge- Grenzboten IV. 18K9. 22

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/177>, abgerufen am 17.06.2024.