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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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zu machen, um so mehr, als das Correctiv der Berichtigung durch die Be¬
hörde dahinter steht.

Am Schlüsse seines Buchs kommt der Verfasser noch auf die exceptionellen
Vermögenssteuern, namentlich die Erbschaftssteuer, welche er mit Freilassung
kleiner Summen auch auf den Erdfall von Descendenten und Ascendenten
auszudehnen vorschlägt, wie es in England der Fall. Wir stimmen dem
ganz bei, denn die Erbschaftsabgabe ist ein berechtigtes Aequivalent für den
Schutz, den die Staatsordnung für die Succession gewährt. Erbschaften und
Legate von etwa S00 Thalern wären steuerfrei zu lassen, von da ab könnte
man bei Descendenten in grader Linie 1 Proc., von Ascendenten 2 Proc.,
von Collateralen in erster Linie 3 Proc. erheben. Eine solche Steuer würde
der Staatscasse erheblichen Gewinn bringen und von den Getroffnen sicher
nicht hart empfunden werden, denn niemals wird jemand williger sein zu
zahlen, als wenn er erbt.

Unsererseits möchten wir für Deutschland noch die Militärbefreiungssteuer
vorschlagen. Dabei denken wir natürlich nicht an die Conscription, wo das
Ersatzgeld ja eben dem eintretenden Ersatzmann zufällt, sondern an die Fälle
allgemeiner Wehrpflicht, wo der Einberufene nicht wehrfähig ist. Wo dies
Folge ernster Leiden ist soll gewiß keine Steuer gefordert werden, da der
Betroffne dann wahrscheinlich auch an der Gewinnung eignen Unterhalts
behindert ist; aber es gibt eine Menge kleiner Gebrechen, die, für die Berufs¬
arbeit oft kaum fühlbar, doch zum Heeresdienst untauglich machen. Diese
Categorie ist sogar ungemein zahlreich; in der Schweiz werden durchschnittlich
20 Proc., in Preußen sogar 30 Proc. der Wehrpflichtigen als dienstuntaug¬
lich zurückgestellt und die Mehrzahl davon ist erwerbsfähig. Offenbar ist es
doch eine große Härte, daß ein Mann, der vielleicht gar kein Vermögen besitzt,
dem Staate jahrelang seine ganze Zeit widmen muß, während ein Andrer
in guten Verhältnissen vollkommen frei ausgehr, weil er z.B. einen Plattfuß
hat. Eine einmalige Abgabe für solche Fälle, deren Höhe nach der Ver¬
mögenslage des Einzelnen zu bemessen wäre, könnte nur als geringe und
gerechte Ausgleichung gelten. Sie besteht in der freien Schweiz deckt
z. B. im Canton Zürich 3 Proc. der Regierungsausgaben und ist auch in
Würtemberg eingeführt.

Wir schließen hiermit diese Besprechung des Eisenbart'schen Werkes,
welche natürlich auf einzelne Punkte sich beschränken mußte; das Buch selbst
gehört trotz der Ausstellungen, die wir daran machen mußten, unbedingt
zu den gedankenreichsten seiner Art in der neueren staatswissenschaftlicher
Literatur.




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zu machen, um so mehr, als das Correctiv der Berichtigung durch die Be¬
hörde dahinter steht.

Am Schlüsse seines Buchs kommt der Verfasser noch auf die exceptionellen
Vermögenssteuern, namentlich die Erbschaftssteuer, welche er mit Freilassung
kleiner Summen auch auf den Erdfall von Descendenten und Ascendenten
auszudehnen vorschlägt, wie es in England der Fall. Wir stimmen dem
ganz bei, denn die Erbschaftsabgabe ist ein berechtigtes Aequivalent für den
Schutz, den die Staatsordnung für die Succession gewährt. Erbschaften und
Legate von etwa S00 Thalern wären steuerfrei zu lassen, von da ab könnte
man bei Descendenten in grader Linie 1 Proc., von Ascendenten 2 Proc.,
von Collateralen in erster Linie 3 Proc. erheben. Eine solche Steuer würde
der Staatscasse erheblichen Gewinn bringen und von den Getroffnen sicher
nicht hart empfunden werden, denn niemals wird jemand williger sein zu
zahlen, als wenn er erbt.

Unsererseits möchten wir für Deutschland noch die Militärbefreiungssteuer
vorschlagen. Dabei denken wir natürlich nicht an die Conscription, wo das
Ersatzgeld ja eben dem eintretenden Ersatzmann zufällt, sondern an die Fälle
allgemeiner Wehrpflicht, wo der Einberufene nicht wehrfähig ist. Wo dies
Folge ernster Leiden ist soll gewiß keine Steuer gefordert werden, da der
Betroffne dann wahrscheinlich auch an der Gewinnung eignen Unterhalts
behindert ist; aber es gibt eine Menge kleiner Gebrechen, die, für die Berufs¬
arbeit oft kaum fühlbar, doch zum Heeresdienst untauglich machen. Diese
Categorie ist sogar ungemein zahlreich; in der Schweiz werden durchschnittlich
20 Proc., in Preußen sogar 30 Proc. der Wehrpflichtigen als dienstuntaug¬
lich zurückgestellt und die Mehrzahl davon ist erwerbsfähig. Offenbar ist es
doch eine große Härte, daß ein Mann, der vielleicht gar kein Vermögen besitzt,
dem Staate jahrelang seine ganze Zeit widmen muß, während ein Andrer
in guten Verhältnissen vollkommen frei ausgehr, weil er z.B. einen Plattfuß
hat. Eine einmalige Abgabe für solche Fälle, deren Höhe nach der Ver¬
mögenslage des Einzelnen zu bemessen wäre, könnte nur als geringe und
gerechte Ausgleichung gelten. Sie besteht in der freien Schweiz deckt
z. B. im Canton Zürich 3 Proc. der Regierungsausgaben und ist auch in
Würtemberg eingeführt.

Wir schließen hiermit diese Besprechung des Eisenbart'schen Werkes,
welche natürlich auf einzelne Punkte sich beschränken mußte; das Buch selbst
gehört trotz der Ausstellungen, die wir daran machen mußten, unbedingt
zu den gedankenreichsten seiner Art in der neueren staatswissenschaftlicher
Literatur.




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[0395] zu machen, um so mehr, als das Correctiv der Berichtigung durch die Be¬ hörde dahinter steht. Am Schlüsse seines Buchs kommt der Verfasser noch auf die exceptionellen Vermögenssteuern, namentlich die Erbschaftssteuer, welche er mit Freilassung kleiner Summen auch auf den Erdfall von Descendenten und Ascendenten auszudehnen vorschlägt, wie es in England der Fall. Wir stimmen dem ganz bei, denn die Erbschaftsabgabe ist ein berechtigtes Aequivalent für den Schutz, den die Staatsordnung für die Succession gewährt. Erbschaften und Legate von etwa S00 Thalern wären steuerfrei zu lassen, von da ab könnte man bei Descendenten in grader Linie 1 Proc., von Ascendenten 2 Proc., von Collateralen in erster Linie 3 Proc. erheben. Eine solche Steuer würde der Staatscasse erheblichen Gewinn bringen und von den Getroffnen sicher nicht hart empfunden werden, denn niemals wird jemand williger sein zu zahlen, als wenn er erbt. Unsererseits möchten wir für Deutschland noch die Militärbefreiungssteuer vorschlagen. Dabei denken wir natürlich nicht an die Conscription, wo das Ersatzgeld ja eben dem eintretenden Ersatzmann zufällt, sondern an die Fälle allgemeiner Wehrpflicht, wo der Einberufene nicht wehrfähig ist. Wo dies Folge ernster Leiden ist soll gewiß keine Steuer gefordert werden, da der Betroffne dann wahrscheinlich auch an der Gewinnung eignen Unterhalts behindert ist; aber es gibt eine Menge kleiner Gebrechen, die, für die Berufs¬ arbeit oft kaum fühlbar, doch zum Heeresdienst untauglich machen. Diese Categorie ist sogar ungemein zahlreich; in der Schweiz werden durchschnittlich 20 Proc., in Preußen sogar 30 Proc. der Wehrpflichtigen als dienstuntaug¬ lich zurückgestellt und die Mehrzahl davon ist erwerbsfähig. Offenbar ist es doch eine große Härte, daß ein Mann, der vielleicht gar kein Vermögen besitzt, dem Staate jahrelang seine ganze Zeit widmen muß, während ein Andrer in guten Verhältnissen vollkommen frei ausgehr, weil er z.B. einen Plattfuß hat. Eine einmalige Abgabe für solche Fälle, deren Höhe nach der Ver¬ mögenslage des Einzelnen zu bemessen wäre, könnte nur als geringe und gerechte Ausgleichung gelten. Sie besteht in der freien Schweiz deckt z. B. im Canton Zürich 3 Proc. der Regierungsausgaben und ist auch in Würtemberg eingeführt. Wir schließen hiermit diese Besprechung des Eisenbart'schen Werkes, welche natürlich auf einzelne Punkte sich beschränken mußte; das Buch selbst gehört trotz der Ausstellungen, die wir daran machen mußten, unbedingt zu den gedankenreichsten seiner Art in der neueren staatswissenschaftlicher Literatur. 49"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/395>, abgerufen am 12.05.2024.