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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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immer weniger das alte umständliche Umladeverfahren aus den Seeschiffen
in Leichterfahrzeuge, er verlangt vielmehr, daß die Waaren direct von den
Schiffen in die Eisenbahnwagen übergeladen werden. Dies kann nur
durch Herstellung von Quais möglich gemacht werden, an denen einer¬
seits die Schisse anlegen können und auf denen andererseits Schienenstränge
laufen; man darf also sagen, daß in unseren Tagen die Leistungsfähigkeit
eines Welthandelsplatzes auf der Ausdehnung der Quais beruht. In dieser
Beziehung ist hier ein hoffnungsvoller Anfang mit dem vor sechs Jahren
eröffneten Sandthorquai gemacht worden; seine Länge beträgt ca. 2800 Fuß,
so daß 12 große Dampfer gleichzeitig in demselben Platz finden; von dem
Bahnhof der Berliner Bahn ist ein Schienenstrang hergeführt und vermittelst
Dampfkrähnen werden die Waarenballen unmittelbar aus der Tiefe der
Schiffe in die am Ufer haltenden Waggons gebracht. Aber schon genügt
diese Anlage dem wachsenden Verkehr nicht mehr, ein neues, gegenüber an
der Südseite des Sandthorhafens liegendes Quai von 3800 Fuß Länge ist
in der Ausführung begriffen und weitere Fortsetzungen und Anlagen sind in
Berathung. Die Möglichkeit dieser Fortsetzungen aber findet ihre Grenze,
sobald sie bebaute Stadttheile erreicht und daher sollte die Stadt das ihr auf
der Südseite der Elbe noch gehörige Terrain nicht aus der Hand geben, auf
den Inseln aber, auf denen eben keine Quais angelegt werden können, seine
Plätze vorzugsweise an Leute verkaufen, welche dort Schiffswerften anlegen
wollen.

Welche Entwickelung der Handel Hamburgs jetzt, wo er aus der er¬
drückenden Umarmung Dänemark-Hannovers befreit ist, entgegengeht, mag
man aus folgenden Angaben der Zeit entnehmen, in der er noch mit der
Feindschaft der Eifersucht jener beiden Staaten zu kämpfen hatte und
außerdem erst langsam die furchtbaren Verluste der französischen Herrschafts¬
periode ersetzen konnte. Von 1817--67 stieg die Anzahl der angekommenen
Seeschiffe auf das 2'/-fache, die durchschnittliche Trächtigkeit pro Schiff auf
das fache, der Massenbetrag der Einfuhr auf das 8^/2 fache, in den letzten
zehn Jahren allein hat sich die Trächtigkeit der Schiffe und der Massenbetrag
der Einfuhr verdoppelt. Nachdem jetzt die Stadt wieder in die natürlichen
Vorrechte ihrer Lage eingesetzt ist, wird es sicher nicht zu sanguinisch sein,
wenn man namentlich bei Eintritt friedlicherer Aussichten annimmt, daß die
Zunahme des Verkehrs nicht nach dem einfachen arithmetischsn Verhältniß,
sondern in rascherem Fortschritt stattfinden wird.




immer weniger das alte umständliche Umladeverfahren aus den Seeschiffen
in Leichterfahrzeuge, er verlangt vielmehr, daß die Waaren direct von den
Schiffen in die Eisenbahnwagen übergeladen werden. Dies kann nur
durch Herstellung von Quais möglich gemacht werden, an denen einer¬
seits die Schisse anlegen können und auf denen andererseits Schienenstränge
laufen; man darf also sagen, daß in unseren Tagen die Leistungsfähigkeit
eines Welthandelsplatzes auf der Ausdehnung der Quais beruht. In dieser
Beziehung ist hier ein hoffnungsvoller Anfang mit dem vor sechs Jahren
eröffneten Sandthorquai gemacht worden; seine Länge beträgt ca. 2800 Fuß,
so daß 12 große Dampfer gleichzeitig in demselben Platz finden; von dem
Bahnhof der Berliner Bahn ist ein Schienenstrang hergeführt und vermittelst
Dampfkrähnen werden die Waarenballen unmittelbar aus der Tiefe der
Schiffe in die am Ufer haltenden Waggons gebracht. Aber schon genügt
diese Anlage dem wachsenden Verkehr nicht mehr, ein neues, gegenüber an
der Südseite des Sandthorhafens liegendes Quai von 3800 Fuß Länge ist
in der Ausführung begriffen und weitere Fortsetzungen und Anlagen sind in
Berathung. Die Möglichkeit dieser Fortsetzungen aber findet ihre Grenze,
sobald sie bebaute Stadttheile erreicht und daher sollte die Stadt das ihr auf
der Südseite der Elbe noch gehörige Terrain nicht aus der Hand geben, auf
den Inseln aber, auf denen eben keine Quais angelegt werden können, seine
Plätze vorzugsweise an Leute verkaufen, welche dort Schiffswerften anlegen
wollen.

Welche Entwickelung der Handel Hamburgs jetzt, wo er aus der er¬
drückenden Umarmung Dänemark-Hannovers befreit ist, entgegengeht, mag
man aus folgenden Angaben der Zeit entnehmen, in der er noch mit der
Feindschaft der Eifersucht jener beiden Staaten zu kämpfen hatte und
außerdem erst langsam die furchtbaren Verluste der französischen Herrschafts¬
periode ersetzen konnte. Von 1817—67 stieg die Anzahl der angekommenen
Seeschiffe auf das 2'/-fache, die durchschnittliche Trächtigkeit pro Schiff auf
das fache, der Massenbetrag der Einfuhr auf das 8^/2 fache, in den letzten
zehn Jahren allein hat sich die Trächtigkeit der Schiffe und der Massenbetrag
der Einfuhr verdoppelt. Nachdem jetzt die Stadt wieder in die natürlichen
Vorrechte ihrer Lage eingesetzt ist, wird es sicher nicht zu sanguinisch sein,
wenn man namentlich bei Eintritt friedlicherer Aussichten annimmt, daß die
Zunahme des Verkehrs nicht nach dem einfachen arithmetischsn Verhältniß,
sondern in rascherem Fortschritt stattfinden wird.




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[0431] immer weniger das alte umständliche Umladeverfahren aus den Seeschiffen in Leichterfahrzeuge, er verlangt vielmehr, daß die Waaren direct von den Schiffen in die Eisenbahnwagen übergeladen werden. Dies kann nur durch Herstellung von Quais möglich gemacht werden, an denen einer¬ seits die Schisse anlegen können und auf denen andererseits Schienenstränge laufen; man darf also sagen, daß in unseren Tagen die Leistungsfähigkeit eines Welthandelsplatzes auf der Ausdehnung der Quais beruht. In dieser Beziehung ist hier ein hoffnungsvoller Anfang mit dem vor sechs Jahren eröffneten Sandthorquai gemacht worden; seine Länge beträgt ca. 2800 Fuß, so daß 12 große Dampfer gleichzeitig in demselben Platz finden; von dem Bahnhof der Berliner Bahn ist ein Schienenstrang hergeführt und vermittelst Dampfkrähnen werden die Waarenballen unmittelbar aus der Tiefe der Schiffe in die am Ufer haltenden Waggons gebracht. Aber schon genügt diese Anlage dem wachsenden Verkehr nicht mehr, ein neues, gegenüber an der Südseite des Sandthorhafens liegendes Quai von 3800 Fuß Länge ist in der Ausführung begriffen und weitere Fortsetzungen und Anlagen sind in Berathung. Die Möglichkeit dieser Fortsetzungen aber findet ihre Grenze, sobald sie bebaute Stadttheile erreicht und daher sollte die Stadt das ihr auf der Südseite der Elbe noch gehörige Terrain nicht aus der Hand geben, auf den Inseln aber, auf denen eben keine Quais angelegt werden können, seine Plätze vorzugsweise an Leute verkaufen, welche dort Schiffswerften anlegen wollen. Welche Entwickelung der Handel Hamburgs jetzt, wo er aus der er¬ drückenden Umarmung Dänemark-Hannovers befreit ist, entgegengeht, mag man aus folgenden Angaben der Zeit entnehmen, in der er noch mit der Feindschaft der Eifersucht jener beiden Staaten zu kämpfen hatte und außerdem erst langsam die furchtbaren Verluste der französischen Herrschafts¬ periode ersetzen konnte. Von 1817—67 stieg die Anzahl der angekommenen Seeschiffe auf das 2'/-fache, die durchschnittliche Trächtigkeit pro Schiff auf das fache, der Massenbetrag der Einfuhr auf das 8^/2 fache, in den letzten zehn Jahren allein hat sich die Trächtigkeit der Schiffe und der Massenbetrag der Einfuhr verdoppelt. Nachdem jetzt die Stadt wieder in die natürlichen Vorrechte ihrer Lage eingesetzt ist, wird es sicher nicht zu sanguinisch sein, wenn man namentlich bei Eintritt friedlicherer Aussichten annimmt, daß die Zunahme des Verkehrs nicht nach dem einfachen arithmetischsn Verhältniß, sondern in rascherem Fortschritt stattfinden wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/431>, abgerufen am 17.06.2024.