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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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mit dem Gefühle, daß einem solchen Werk dieser Schmuck nicht noth thut; aber ist es
Verschwendung, was uns hier begegnet, dann gehört sie in diejenige Kategorie, welche
Goethe schon genannt hat. Müssen wir uns heutzutage gefallen lassen, daß kleinen, ja
erbärmlichen Erzeugnissen der Poesie oder der zeichnenden Kunst Drucker und Buch¬
binder zu Hilfe gerufen werden, um sie ansehnlich und dadurch dem verwöhnten An¬
spruch des modernen Publicums begehrenswerth zu machen, so erfreut es aus der an¬
deren Seite doch gar sehr, wenn einem geborenen Fürsten vor den Augen der Leute
der Purpur gegeben wird, den er zwar nicht braucht, um zu sein, was er ist, der ihm
aber desto mehr gebührt.

Dazu bedarf es aber des edlen Geschmackes, welchen dieses Werk zur Schau trägt,
das als Porgruß zum 16. Dezember 1870, dem hundertsten Geburtstage Beethovens,
vor die Öffentlichkeit tritt. Zwei Schwesterkünste haben sich beeifert, der dritten die
Honneurs zu machen. Ein poetischer Prolog in Stanzen von Paul Heyse, der von
warmer und edler Empfindung getragen ist, leitet würdig ein, und dem mit verständi¬
gem Feingefühl arrangirte Clavierauszug selbst ist außer der gewöhnlichen Ouvertüre
in L-clur billiger Weise noch die große in(ü beigefügt, beide zu vier Händen, um den
reinen Orchesterstücken etwas mehr Klangfarbe zu verleihen. Zu Grunde liegt der Aus¬
gabe die bei den heutigen Bühnen recipirte Bearbeitung, welche am 23. Mai 1814 in
Wien zuerst aufgeführt wurde. Musikern von Fach muß das Urtheil überlassen werden,
ob der neue Verfasser des Clavierauszuges, Herr Otten in Hamburg, hätte versuchen
sollen, die eine oder andere Nummer, die bei Beethoven's Redaction letzter Hand ge¬
tilgt worden, wieder aufzunehmen. Die zweite Bearbeitung der Oper ("Leonore" 1806)
hat bekanntlich der jüngst Heimgegangene große Kenner Beethoven's, Otto Jahr, im
Jahre 1851 mit der nur ihm allein eigenen höchsten Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit
im Clavierauszuge herausgegeben, und das Vorwort zu unserer Ausgabe ruft ihm in
gebührender Pietät den Dank dafür über das Grab nach. Jahr wünschte damals, die
Bühnen möchten allmLlig wieder gut zu machen suchen, was der Componist durch die
letzte Ueberarbeitung seinem Werke hatte anthun müssen, indem sie die verstümmelten
oder ganz beseitigten Stücke der früheren Fassung jetzt, da das musikalische Verständniß
des Publicums es gestatte, wieder zu Ehren brächten. Hoffentlich gibt im nächsten Jahre
das Beethovcnjubiläum dazu den Anstoß, und diese Angelegenheit verdient schon um der
Autorität willen, welche sie anregte, practische Fürsprache, gleichviel, wie man über Wir¬
kungsfähigkeit oder absoluten Werth der betreffenden Nummern des musikalischen Dra¬
ma's denken möge. Auf der anderen Seite scheint aber der neue Bearbeiter gerecht¬
fertigt, wenn er sich in allem Wesentlichen an den jetzt uormirten Bestand der Oper
hielt. Auch das wird Beifall verdienen, daß er den Notentext nicht mit zuviel rein
technischen Fingerzeigen belud, da es sich ja wohl insgemein empfiehlt, für die Nücm-
cirungen der Ausführung in ausgedehntem Maße an den Geist des Werkes selber zu
verweisen.

Denjenigen Schmuck aber, welcher dieser Prachtausgabe eine besondere Physiog¬
nomie verleiht, hat Moriz von Schwind hinzugethan. Die Spende seiner Composi-
tionen ehrt den Künstler und den Herausgeber. Denn es würde schwer, wenn nicht
unmöglich sein, einen bildnerischen Interpreten zu finden, der so wie Schwind dem
Wesen dieser Opcrndichtung genug zu thun wüßte. An zahlreichen früheren Bildern
insbesondre an dem schönen phantasiereichen Blatt "Symphonie" und neuerdings an
dem Entwürfe zur Decoration des wiener Opernhauses hat Schwind gezeigt, wie sehr
ihm gegeben ist, den eigenthümlichen Reiz musikalischer Gestaltung mit dem Griffel zu
treffen. Dieß ist es auch, was seine Compositionen, zu deutschen Volksliedern und seine
Märchencyklen so überaus anziehend macht: sie haben in Typus und Stil melodischen
Rhythmus, Humor und Grazie galten sich in ihnen so, daß jener unmittelbarste
Seelennusdruck erreicht wird, wie er sich sonst eben nur im Liede, in Musik äußert.
Bei der Aufgabe, Illustrationen zum Fidelio zu entwerfen, mußte diese Auffassung dem


mit dem Gefühle, daß einem solchen Werk dieser Schmuck nicht noth thut; aber ist es
Verschwendung, was uns hier begegnet, dann gehört sie in diejenige Kategorie, welche
Goethe schon genannt hat. Müssen wir uns heutzutage gefallen lassen, daß kleinen, ja
erbärmlichen Erzeugnissen der Poesie oder der zeichnenden Kunst Drucker und Buch¬
binder zu Hilfe gerufen werden, um sie ansehnlich und dadurch dem verwöhnten An¬
spruch des modernen Publicums begehrenswerth zu machen, so erfreut es aus der an¬
deren Seite doch gar sehr, wenn einem geborenen Fürsten vor den Augen der Leute
der Purpur gegeben wird, den er zwar nicht braucht, um zu sein, was er ist, der ihm
aber desto mehr gebührt.

Dazu bedarf es aber des edlen Geschmackes, welchen dieses Werk zur Schau trägt,
das als Porgruß zum 16. Dezember 1870, dem hundertsten Geburtstage Beethovens,
vor die Öffentlichkeit tritt. Zwei Schwesterkünste haben sich beeifert, der dritten die
Honneurs zu machen. Ein poetischer Prolog in Stanzen von Paul Heyse, der von
warmer und edler Empfindung getragen ist, leitet würdig ein, und dem mit verständi¬
gem Feingefühl arrangirte Clavierauszug selbst ist außer der gewöhnlichen Ouvertüre
in L-clur billiger Weise noch die große in(ü beigefügt, beide zu vier Händen, um den
reinen Orchesterstücken etwas mehr Klangfarbe zu verleihen. Zu Grunde liegt der Aus¬
gabe die bei den heutigen Bühnen recipirte Bearbeitung, welche am 23. Mai 1814 in
Wien zuerst aufgeführt wurde. Musikern von Fach muß das Urtheil überlassen werden,
ob der neue Verfasser des Clavierauszuges, Herr Otten in Hamburg, hätte versuchen
sollen, die eine oder andere Nummer, die bei Beethoven's Redaction letzter Hand ge¬
tilgt worden, wieder aufzunehmen. Die zweite Bearbeitung der Oper („Leonore" 1806)
hat bekanntlich der jüngst Heimgegangene große Kenner Beethoven's, Otto Jahr, im
Jahre 1851 mit der nur ihm allein eigenen höchsten Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit
im Clavierauszuge herausgegeben, und das Vorwort zu unserer Ausgabe ruft ihm in
gebührender Pietät den Dank dafür über das Grab nach. Jahr wünschte damals, die
Bühnen möchten allmLlig wieder gut zu machen suchen, was der Componist durch die
letzte Ueberarbeitung seinem Werke hatte anthun müssen, indem sie die verstümmelten
oder ganz beseitigten Stücke der früheren Fassung jetzt, da das musikalische Verständniß
des Publicums es gestatte, wieder zu Ehren brächten. Hoffentlich gibt im nächsten Jahre
das Beethovcnjubiläum dazu den Anstoß, und diese Angelegenheit verdient schon um der
Autorität willen, welche sie anregte, practische Fürsprache, gleichviel, wie man über Wir¬
kungsfähigkeit oder absoluten Werth der betreffenden Nummern des musikalischen Dra¬
ma's denken möge. Auf der anderen Seite scheint aber der neue Bearbeiter gerecht¬
fertigt, wenn er sich in allem Wesentlichen an den jetzt uormirten Bestand der Oper
hielt. Auch das wird Beifall verdienen, daß er den Notentext nicht mit zuviel rein
technischen Fingerzeigen belud, da es sich ja wohl insgemein empfiehlt, für die Nücm-
cirungen der Ausführung in ausgedehntem Maße an den Geist des Werkes selber zu
verweisen.

Denjenigen Schmuck aber, welcher dieser Prachtausgabe eine besondere Physiog¬
nomie verleiht, hat Moriz von Schwind hinzugethan. Die Spende seiner Composi-
tionen ehrt den Künstler und den Herausgeber. Denn es würde schwer, wenn nicht
unmöglich sein, einen bildnerischen Interpreten zu finden, der so wie Schwind dem
Wesen dieser Opcrndichtung genug zu thun wüßte. An zahlreichen früheren Bildern
insbesondre an dem schönen phantasiereichen Blatt „Symphonie" und neuerdings an
dem Entwürfe zur Decoration des wiener Opernhauses hat Schwind gezeigt, wie sehr
ihm gegeben ist, den eigenthümlichen Reiz musikalischer Gestaltung mit dem Griffel zu
treffen. Dieß ist es auch, was seine Compositionen, zu deutschen Volksliedern und seine
Märchencyklen so überaus anziehend macht: sie haben in Typus und Stil melodischen
Rhythmus, Humor und Grazie galten sich in ihnen so, daß jener unmittelbarste
Seelennusdruck erreicht wird, wie er sich sonst eben nur im Liede, in Musik äußert.
Bei der Aufgabe, Illustrationen zum Fidelio zu entwerfen, mußte diese Auffassung dem


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[0486] mit dem Gefühle, daß einem solchen Werk dieser Schmuck nicht noth thut; aber ist es Verschwendung, was uns hier begegnet, dann gehört sie in diejenige Kategorie, welche Goethe schon genannt hat. Müssen wir uns heutzutage gefallen lassen, daß kleinen, ja erbärmlichen Erzeugnissen der Poesie oder der zeichnenden Kunst Drucker und Buch¬ binder zu Hilfe gerufen werden, um sie ansehnlich und dadurch dem verwöhnten An¬ spruch des modernen Publicums begehrenswerth zu machen, so erfreut es aus der an¬ deren Seite doch gar sehr, wenn einem geborenen Fürsten vor den Augen der Leute der Purpur gegeben wird, den er zwar nicht braucht, um zu sein, was er ist, der ihm aber desto mehr gebührt. Dazu bedarf es aber des edlen Geschmackes, welchen dieses Werk zur Schau trägt, das als Porgruß zum 16. Dezember 1870, dem hundertsten Geburtstage Beethovens, vor die Öffentlichkeit tritt. Zwei Schwesterkünste haben sich beeifert, der dritten die Honneurs zu machen. Ein poetischer Prolog in Stanzen von Paul Heyse, der von warmer und edler Empfindung getragen ist, leitet würdig ein, und dem mit verständi¬ gem Feingefühl arrangirte Clavierauszug selbst ist außer der gewöhnlichen Ouvertüre in L-clur billiger Weise noch die große in(ü beigefügt, beide zu vier Händen, um den reinen Orchesterstücken etwas mehr Klangfarbe zu verleihen. Zu Grunde liegt der Aus¬ gabe die bei den heutigen Bühnen recipirte Bearbeitung, welche am 23. Mai 1814 in Wien zuerst aufgeführt wurde. Musikern von Fach muß das Urtheil überlassen werden, ob der neue Verfasser des Clavierauszuges, Herr Otten in Hamburg, hätte versuchen sollen, die eine oder andere Nummer, die bei Beethoven's Redaction letzter Hand ge¬ tilgt worden, wieder aufzunehmen. Die zweite Bearbeitung der Oper („Leonore" 1806) hat bekanntlich der jüngst Heimgegangene große Kenner Beethoven's, Otto Jahr, im Jahre 1851 mit der nur ihm allein eigenen höchsten Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Clavierauszuge herausgegeben, und das Vorwort zu unserer Ausgabe ruft ihm in gebührender Pietät den Dank dafür über das Grab nach. Jahr wünschte damals, die Bühnen möchten allmLlig wieder gut zu machen suchen, was der Componist durch die letzte Ueberarbeitung seinem Werke hatte anthun müssen, indem sie die verstümmelten oder ganz beseitigten Stücke der früheren Fassung jetzt, da das musikalische Verständniß des Publicums es gestatte, wieder zu Ehren brächten. Hoffentlich gibt im nächsten Jahre das Beethovcnjubiläum dazu den Anstoß, und diese Angelegenheit verdient schon um der Autorität willen, welche sie anregte, practische Fürsprache, gleichviel, wie man über Wir¬ kungsfähigkeit oder absoluten Werth der betreffenden Nummern des musikalischen Dra¬ ma's denken möge. Auf der anderen Seite scheint aber der neue Bearbeiter gerecht¬ fertigt, wenn er sich in allem Wesentlichen an den jetzt uormirten Bestand der Oper hielt. Auch das wird Beifall verdienen, daß er den Notentext nicht mit zuviel rein technischen Fingerzeigen belud, da es sich ja wohl insgemein empfiehlt, für die Nücm- cirungen der Ausführung in ausgedehntem Maße an den Geist des Werkes selber zu verweisen. Denjenigen Schmuck aber, welcher dieser Prachtausgabe eine besondere Physiog¬ nomie verleiht, hat Moriz von Schwind hinzugethan. Die Spende seiner Composi- tionen ehrt den Künstler und den Herausgeber. Denn es würde schwer, wenn nicht unmöglich sein, einen bildnerischen Interpreten zu finden, der so wie Schwind dem Wesen dieser Opcrndichtung genug zu thun wüßte. An zahlreichen früheren Bildern insbesondre an dem schönen phantasiereichen Blatt „Symphonie" und neuerdings an dem Entwürfe zur Decoration des wiener Opernhauses hat Schwind gezeigt, wie sehr ihm gegeben ist, den eigenthümlichen Reiz musikalischer Gestaltung mit dem Griffel zu treffen. Dieß ist es auch, was seine Compositionen, zu deutschen Volksliedern und seine Märchencyklen so überaus anziehend macht: sie haben in Typus und Stil melodischen Rhythmus, Humor und Grazie galten sich in ihnen so, daß jener unmittelbarste Seelennusdruck erreicht wird, wie er sich sonst eben nur im Liede, in Musik äußert. Bei der Aufgabe, Illustrationen zum Fidelio zu entwerfen, mußte diese Auffassung dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/486>, abgerufen am 11.05.2024.