Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

trägt, wurde daran festgehalten, daß die beiden getrennten Ritterschaften ihre Unter¬
werfung einzeln aussprachen. Bon sechsspännigen Staatsccirrossen abgeholt und von
sämmtlichen in Petersburg anwesenden Landsleuten begleitet, erschienen die beiden
Deputationen in einem Saal des Sommerpalais, wo die Kaiserin, mit der Krone
auf dem Haupt und von den höchsten Würdenträgern umgeben, dasaß. Howen
hielt im Namen der curländischen Ritterschaft die "Harangue" in deutscher Sprache,
während der Secretär Nergerius die Unterwerfungsacte auf einem sammetnen
Kissen überreichte. Dann sprach v. Korff im Namen der Ritterschaft des Stiftes
Pillen, und deren Secretär Voigt überreichte die Urkunde. Howen hatte die Liebe¬
dienerei so weit getrieben, sich am Schluß seiner Rede auf ein Knie niederzulassen,
und Korff blieb nichts übrig, als widerstrebend diesem Beispiel zu folgen. Dann
antwortete Ostermann Namens der Kaiserin in russischer Sprache und es fand die
Ceremonie des Handkusses statt. Die "Declaration", mit welcher Ostermann
Namens der Kaiserin antwortete, lautet wie folgt in deutscher Uebersetzung:

"I. M. die Kaiserin hat mit Wohlgefallen dem feierlichen Acte zugesehen, den
die Ritterschaften von Kurland und Semgallen und von Pillen soeben vollzogen
haben. I. M. sieht in demselben den freiwilligen Ausdruck unbegrenzten Vertrauens
in die beständige und unerschütterliche Fürsorge, welche sie jeder Zeit für das Glück
und die Wohlfahrt dieser Provinzen bekundet hat. Indem I. M. ihre (seil, der
Ritterschaft) Wünsche und Bitten wohlwollend genehmigt, nimmt sie diese Pro¬
vinzen unter ihre Herrschaft auf, nicht um die Grenzen ihrer ausgedehnten Staaten
zu erweitern und ihre Macht zu vermehren, sondern um auf diejenigen, welche zu
ihrem Schuhe Zuflucht genommen haben, die Wohlthaten auszudehnen, welche sie
stets ihren Unterthanen zugewandt. Möchten diejenigen, welche I. M. heute auf¬
nimmt mit den alten Unterthanen in Eifer. Anhänglichkeit und Gehorsam wett¬
eifern, und dadurch den wohlwollenden und wahrhaft mütterlichen Intentionen der
Souveränin entsprechen, welche sie zu Kindern desselben Vaterlandes aufnimmt, indem
sie sie als Kinder desselben Vaterlandes adoptirt und dem Reiche einverleibt, welches
sie mit ebenso viel Weisheit und Großmut!) beherrscht. In dieser Ueberzeugung
und im Vertrauen auf die bekannten Eigenschaften und die Einsicht dieser Provinz,
erwartet I. M. von ihnen alles Gute, das sie zu thun im Stande sind. I. M.
versichert sie wie die gegenwärtig an den Stufen ihres Thrones versammelten Depu¬
taten ihres kaiserlichen Wohlwollens und ihrer mütterlichen Gesinnung."

In der Folge erschien noch ein Manifest, welches die Aufrechterhaltung der
Verfassung und der Rechte, Privilegien und Vorzüge Kurlands und seiner Ritter¬
schaft für alle Zeiten bestätigte. Unser Memoirenschreiber thut desselben keine Er¬
wähnung. Als echter Sohn des 18. Jahrhunderts ist er vollständig in die Freude
versenkt, sein Vaterland einem großen monarchischen Staate einverleibt und die
Staatsgewalt an die Stelle ständischer Gerechtsame getreten zu sehen. Freilich muß
er selbst gestehen, daß er mit dieser Auffassung sehr isolirt dastand, daß die meisten
Curländer die neue Wendung der Dinge nur ungern sahen und mit dem Modus,
unter welchem dieselbe durch Howen's Intriguen zu Stande gekommen, beklagten.
Immerhin war der Fortdauer der alten Verfassung durch das kaiserliche Manifest
eine rechtsgiltige Garantie geboten.

Am Schlimmsten fuhr der Herzog, dessen persönliches Ungeschick mit dem seiner
Umgebung wetteiferte. Nur sehr mangelhaft entschädigt zog er sich nach Deutsch¬
land zurück; seine Räthe schlugen die ihnen angebotenen russischen Dienste aus.

So endete die curländische Autonomie, schon seit einem halben Jahrhundert
durch die Widersinnigkeit der Feindschaft zwischen Adel und Herzog und die Intriguen
der Nachbarmächte angefressen. Die nächsten Generationen des curländischen Adels
haben sich ungleich mannhafter und selbständiger gezeigt, als ihre angeblich selbstän¬
digen, aber durch Nänkesucht und durch das Beispiel Polens corrumpirten Väter.


Verantwortliche Redactcure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.
Verlag von F. Hcrbig. -- Druck von Hüthel H Legler in Leipzig.

trägt, wurde daran festgehalten, daß die beiden getrennten Ritterschaften ihre Unter¬
werfung einzeln aussprachen. Bon sechsspännigen Staatsccirrossen abgeholt und von
sämmtlichen in Petersburg anwesenden Landsleuten begleitet, erschienen die beiden
Deputationen in einem Saal des Sommerpalais, wo die Kaiserin, mit der Krone
auf dem Haupt und von den höchsten Würdenträgern umgeben, dasaß. Howen
hielt im Namen der curländischen Ritterschaft die „Harangue" in deutscher Sprache,
während der Secretär Nergerius die Unterwerfungsacte auf einem sammetnen
Kissen überreichte. Dann sprach v. Korff im Namen der Ritterschaft des Stiftes
Pillen, und deren Secretär Voigt überreichte die Urkunde. Howen hatte die Liebe¬
dienerei so weit getrieben, sich am Schluß seiner Rede auf ein Knie niederzulassen,
und Korff blieb nichts übrig, als widerstrebend diesem Beispiel zu folgen. Dann
antwortete Ostermann Namens der Kaiserin in russischer Sprache und es fand die
Ceremonie des Handkusses statt. Die „Declaration", mit welcher Ostermann
Namens der Kaiserin antwortete, lautet wie folgt in deutscher Uebersetzung:

„I. M. die Kaiserin hat mit Wohlgefallen dem feierlichen Acte zugesehen, den
die Ritterschaften von Kurland und Semgallen und von Pillen soeben vollzogen
haben. I. M. sieht in demselben den freiwilligen Ausdruck unbegrenzten Vertrauens
in die beständige und unerschütterliche Fürsorge, welche sie jeder Zeit für das Glück
und die Wohlfahrt dieser Provinzen bekundet hat. Indem I. M. ihre (seil, der
Ritterschaft) Wünsche und Bitten wohlwollend genehmigt, nimmt sie diese Pro¬
vinzen unter ihre Herrschaft auf, nicht um die Grenzen ihrer ausgedehnten Staaten
zu erweitern und ihre Macht zu vermehren, sondern um auf diejenigen, welche zu
ihrem Schuhe Zuflucht genommen haben, die Wohlthaten auszudehnen, welche sie
stets ihren Unterthanen zugewandt. Möchten diejenigen, welche I. M. heute auf¬
nimmt mit den alten Unterthanen in Eifer. Anhänglichkeit und Gehorsam wett¬
eifern, und dadurch den wohlwollenden und wahrhaft mütterlichen Intentionen der
Souveränin entsprechen, welche sie zu Kindern desselben Vaterlandes aufnimmt, indem
sie sie als Kinder desselben Vaterlandes adoptirt und dem Reiche einverleibt, welches
sie mit ebenso viel Weisheit und Großmut!) beherrscht. In dieser Ueberzeugung
und im Vertrauen auf die bekannten Eigenschaften und die Einsicht dieser Provinz,
erwartet I. M. von ihnen alles Gute, das sie zu thun im Stande sind. I. M.
versichert sie wie die gegenwärtig an den Stufen ihres Thrones versammelten Depu¬
taten ihres kaiserlichen Wohlwollens und ihrer mütterlichen Gesinnung."

In der Folge erschien noch ein Manifest, welches die Aufrechterhaltung der
Verfassung und der Rechte, Privilegien und Vorzüge Kurlands und seiner Ritter¬
schaft für alle Zeiten bestätigte. Unser Memoirenschreiber thut desselben keine Er¬
wähnung. Als echter Sohn des 18. Jahrhunderts ist er vollständig in die Freude
versenkt, sein Vaterland einem großen monarchischen Staate einverleibt und die
Staatsgewalt an die Stelle ständischer Gerechtsame getreten zu sehen. Freilich muß
er selbst gestehen, daß er mit dieser Auffassung sehr isolirt dastand, daß die meisten
Curländer die neue Wendung der Dinge nur ungern sahen und mit dem Modus,
unter welchem dieselbe durch Howen's Intriguen zu Stande gekommen, beklagten.
Immerhin war der Fortdauer der alten Verfassung durch das kaiserliche Manifest
eine rechtsgiltige Garantie geboten.

Am Schlimmsten fuhr der Herzog, dessen persönliches Ungeschick mit dem seiner
Umgebung wetteiferte. Nur sehr mangelhaft entschädigt zog er sich nach Deutsch¬
land zurück; seine Räthe schlugen die ihnen angebotenen russischen Dienste aus.

So endete die curländische Autonomie, schon seit einem halben Jahrhundert
durch die Widersinnigkeit der Feindschaft zwischen Adel und Herzog und die Intriguen
der Nachbarmächte angefressen. Die nächsten Generationen des curländischen Adels
haben sich ungleich mannhafter und selbständiger gezeigt, als ihre angeblich selbstän¬
digen, aber durch Nänkesucht und durch das Beispiel Polens corrumpirten Väter.


Verantwortliche Redactcure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.
Verlag von F. Hcrbig. — Druck von Hüthel H Legler in Leipzig.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121843"/>
          <p xml:id="ID_222" prev="#ID_221"> trägt, wurde daran festgehalten, daß die beiden getrennten Ritterschaften ihre Unter¬<lb/>
werfung einzeln aussprachen. Bon sechsspännigen Staatsccirrossen abgeholt und von<lb/>
sämmtlichen in Petersburg anwesenden Landsleuten begleitet, erschienen die beiden<lb/>
Deputationen in einem Saal des Sommerpalais, wo die Kaiserin, mit der Krone<lb/>
auf dem Haupt und von den höchsten Würdenträgern umgeben, dasaß. Howen<lb/>
hielt im Namen der curländischen Ritterschaft die &#x201E;Harangue" in deutscher Sprache,<lb/>
während der Secretär Nergerius die Unterwerfungsacte auf einem sammetnen<lb/>
Kissen überreichte. Dann sprach v. Korff im Namen der Ritterschaft des Stiftes<lb/>
Pillen, und deren Secretär Voigt überreichte die Urkunde. Howen hatte die Liebe¬<lb/>
dienerei so weit getrieben, sich am Schluß seiner Rede auf ein Knie niederzulassen,<lb/>
und Korff blieb nichts übrig, als widerstrebend diesem Beispiel zu folgen. Dann<lb/>
antwortete Ostermann Namens der Kaiserin in russischer Sprache und es fand die<lb/>
Ceremonie des Handkusses statt. Die &#x201E;Declaration", mit welcher Ostermann<lb/>
Namens der Kaiserin antwortete, lautet wie folgt in deutscher Uebersetzung:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_223"> &#x201E;I. M. die Kaiserin hat mit Wohlgefallen dem feierlichen Acte zugesehen, den<lb/>
die Ritterschaften von Kurland und Semgallen und von Pillen soeben vollzogen<lb/>
haben. I. M. sieht in demselben den freiwilligen Ausdruck unbegrenzten Vertrauens<lb/>
in die beständige und unerschütterliche Fürsorge, welche sie jeder Zeit für das Glück<lb/>
und die Wohlfahrt dieser Provinzen bekundet hat. Indem I. M. ihre (seil, der<lb/>
Ritterschaft) Wünsche und Bitten wohlwollend genehmigt, nimmt sie diese Pro¬<lb/>
vinzen unter ihre Herrschaft auf, nicht um die Grenzen ihrer ausgedehnten Staaten<lb/>
zu erweitern und ihre Macht zu vermehren, sondern um auf diejenigen, welche zu<lb/>
ihrem Schuhe Zuflucht genommen haben, die Wohlthaten auszudehnen, welche sie<lb/>
stets ihren Unterthanen zugewandt. Möchten diejenigen, welche I. M. heute auf¬<lb/>
nimmt mit den alten Unterthanen in Eifer. Anhänglichkeit und Gehorsam wett¬<lb/>
eifern, und dadurch den wohlwollenden und wahrhaft mütterlichen Intentionen der<lb/>
Souveränin entsprechen, welche sie zu Kindern desselben Vaterlandes aufnimmt, indem<lb/>
sie sie als Kinder desselben Vaterlandes adoptirt und dem Reiche einverleibt, welches<lb/>
sie mit ebenso viel Weisheit und Großmut!) beherrscht. In dieser Ueberzeugung<lb/>
und im Vertrauen auf die bekannten Eigenschaften und die Einsicht dieser Provinz,<lb/>
erwartet I. M. von ihnen alles Gute, das sie zu thun im Stande sind. I. M.<lb/>
versichert sie wie die gegenwärtig an den Stufen ihres Thrones versammelten Depu¬<lb/>
taten ihres kaiserlichen Wohlwollens und ihrer mütterlichen Gesinnung."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_224"> In der Folge erschien noch ein Manifest, welches die Aufrechterhaltung der<lb/>
Verfassung und der Rechte, Privilegien und Vorzüge Kurlands und seiner Ritter¬<lb/>
schaft für alle Zeiten bestätigte. Unser Memoirenschreiber thut desselben keine Er¬<lb/>
wähnung. Als echter Sohn des 18. Jahrhunderts ist er vollständig in die Freude<lb/>
versenkt, sein Vaterland einem großen monarchischen Staate einverleibt und die<lb/>
Staatsgewalt an die Stelle ständischer Gerechtsame getreten zu sehen. Freilich muß<lb/>
er selbst gestehen, daß er mit dieser Auffassung sehr isolirt dastand, daß die meisten<lb/>
Curländer die neue Wendung der Dinge nur ungern sahen und mit dem Modus,<lb/>
unter welchem dieselbe durch Howen's Intriguen zu Stande gekommen, beklagten.<lb/>
Immerhin war der Fortdauer der alten Verfassung durch das kaiserliche Manifest<lb/>
eine rechtsgiltige Garantie geboten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_225"> Am Schlimmsten fuhr der Herzog, dessen persönliches Ungeschick mit dem seiner<lb/>
Umgebung wetteiferte. Nur sehr mangelhaft entschädigt zog er sich nach Deutsch¬<lb/>
land zurück; seine Räthe schlugen die ihnen angebotenen russischen Dienste aus.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_226"> So endete die curländische Autonomie, schon seit einem halben Jahrhundert<lb/>
durch die Widersinnigkeit der Feindschaft zwischen Adel und Herzog und die Intriguen<lb/>
der Nachbarmächte angefressen. Die nächsten Generationen des curländischen Adels<lb/>
haben sich ungleich mannhafter und selbständiger gezeigt, als ihre angeblich selbstän¬<lb/>
digen, aber durch Nänkesucht und durch das Beispiel Polens corrumpirten Väter.</p><lb/>
          <note type="byline"> Verantwortliche Redactcure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.<lb/>
Verlag von F. Hcrbig. &#x2014; Druck von Hüthel H Legler in Leipzig.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0088] trägt, wurde daran festgehalten, daß die beiden getrennten Ritterschaften ihre Unter¬ werfung einzeln aussprachen. Bon sechsspännigen Staatsccirrossen abgeholt und von sämmtlichen in Petersburg anwesenden Landsleuten begleitet, erschienen die beiden Deputationen in einem Saal des Sommerpalais, wo die Kaiserin, mit der Krone auf dem Haupt und von den höchsten Würdenträgern umgeben, dasaß. Howen hielt im Namen der curländischen Ritterschaft die „Harangue" in deutscher Sprache, während der Secretär Nergerius die Unterwerfungsacte auf einem sammetnen Kissen überreichte. Dann sprach v. Korff im Namen der Ritterschaft des Stiftes Pillen, und deren Secretär Voigt überreichte die Urkunde. Howen hatte die Liebe¬ dienerei so weit getrieben, sich am Schluß seiner Rede auf ein Knie niederzulassen, und Korff blieb nichts übrig, als widerstrebend diesem Beispiel zu folgen. Dann antwortete Ostermann Namens der Kaiserin in russischer Sprache und es fand die Ceremonie des Handkusses statt. Die „Declaration", mit welcher Ostermann Namens der Kaiserin antwortete, lautet wie folgt in deutscher Uebersetzung: „I. M. die Kaiserin hat mit Wohlgefallen dem feierlichen Acte zugesehen, den die Ritterschaften von Kurland und Semgallen und von Pillen soeben vollzogen haben. I. M. sieht in demselben den freiwilligen Ausdruck unbegrenzten Vertrauens in die beständige und unerschütterliche Fürsorge, welche sie jeder Zeit für das Glück und die Wohlfahrt dieser Provinzen bekundet hat. Indem I. M. ihre (seil, der Ritterschaft) Wünsche und Bitten wohlwollend genehmigt, nimmt sie diese Pro¬ vinzen unter ihre Herrschaft auf, nicht um die Grenzen ihrer ausgedehnten Staaten zu erweitern und ihre Macht zu vermehren, sondern um auf diejenigen, welche zu ihrem Schuhe Zuflucht genommen haben, die Wohlthaten auszudehnen, welche sie stets ihren Unterthanen zugewandt. Möchten diejenigen, welche I. M. heute auf¬ nimmt mit den alten Unterthanen in Eifer. Anhänglichkeit und Gehorsam wett¬ eifern, und dadurch den wohlwollenden und wahrhaft mütterlichen Intentionen der Souveränin entsprechen, welche sie zu Kindern desselben Vaterlandes aufnimmt, indem sie sie als Kinder desselben Vaterlandes adoptirt und dem Reiche einverleibt, welches sie mit ebenso viel Weisheit und Großmut!) beherrscht. In dieser Ueberzeugung und im Vertrauen auf die bekannten Eigenschaften und die Einsicht dieser Provinz, erwartet I. M. von ihnen alles Gute, das sie zu thun im Stande sind. I. M. versichert sie wie die gegenwärtig an den Stufen ihres Thrones versammelten Depu¬ taten ihres kaiserlichen Wohlwollens und ihrer mütterlichen Gesinnung." In der Folge erschien noch ein Manifest, welches die Aufrechterhaltung der Verfassung und der Rechte, Privilegien und Vorzüge Kurlands und seiner Ritter¬ schaft für alle Zeiten bestätigte. Unser Memoirenschreiber thut desselben keine Er¬ wähnung. Als echter Sohn des 18. Jahrhunderts ist er vollständig in die Freude versenkt, sein Vaterland einem großen monarchischen Staate einverleibt und die Staatsgewalt an die Stelle ständischer Gerechtsame getreten zu sehen. Freilich muß er selbst gestehen, daß er mit dieser Auffassung sehr isolirt dastand, daß die meisten Curländer die neue Wendung der Dinge nur ungern sahen und mit dem Modus, unter welchem dieselbe durch Howen's Intriguen zu Stande gekommen, beklagten. Immerhin war der Fortdauer der alten Verfassung durch das kaiserliche Manifest eine rechtsgiltige Garantie geboten. Am Schlimmsten fuhr der Herzog, dessen persönliches Ungeschick mit dem seiner Umgebung wetteiferte. Nur sehr mangelhaft entschädigt zog er sich nach Deutsch¬ land zurück; seine Räthe schlugen die ihnen angebotenen russischen Dienste aus. So endete die curländische Autonomie, schon seit einem halben Jahrhundert durch die Widersinnigkeit der Feindschaft zwischen Adel und Herzog und die Intriguen der Nachbarmächte angefressen. Die nächsten Generationen des curländischen Adels haben sich ungleich mannhafter und selbständiger gezeigt, als ihre angeblich selbstän¬ digen, aber durch Nänkesucht und durch das Beispiel Polens corrumpirten Väter. Verantwortliche Redactcure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt. Verlag von F. Hcrbig. — Druck von Hüthel H Legler in Leipzig.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/88
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/88>, abgerufen am 13.05.2024.