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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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Der ältesten Periode etruskischer und überhaupt italischer Kunst gehört
das Grab eines tarquinischen Kriegers an. Schon die Art der Bestattung
weicht von der sonst üblichen ab. Während später die Gräber in den Felsen
eingehauen wurden , diente hier eine colossale aus Tuff gearbeitet Kiste zur
Aufbewahrung des Leichnams; sie fand sich in beträchtlicher Tiefe unter dem
Niveau des Bodens vergraben. Darin lag das Skelett des Kriegers mit
dem gesammten Rüstzeuge, dessen er sich im Felde wie im Frieden zu be¬
dienen pflegte. Die rechte Schulter war mit einem elastischen Streifen aus
Broiceblech bedeckt, welcher von der Schulterhöhe nach Brust und Rücken
herab reichte. Die Leinwandfütterung desselben ist noch vortrefflich erhalten.
Eine B/onceplatte von beträchtlicher Dicke schützte die Brust, sie ist durch ein
ausgel neetch Goldblech bedeckt, auf dem verschiedenartige Ornamente, na¬
mentlich Streifen mit gansähnlichen Vögeln und andere mit ankerförmigen
Gegenständen eingepreßt sind. Ueber der Brust lag der runde Schild aus
Bronce mit eingepreßten Ornamenten, inwendig mit Leder gefüttert. Neben
dem Kcieger fand sich auf der einen Seite der Speer, oben mit der zwei¬
schneidigen Angriffsspitze, unten mit der stumpferen schneidelosen Spitze ver¬
sehen, die dazu diente, den Speer, wenn er nicht gebraucht wurde, in die Erde
zu stoßen, beide in Bronce gearbeitet. Aus der andern Seite lag die Feld¬
flasche ebenfalls aus Bronce mit eingepreßten Ornamenten; sie ist rund,
dickbauchig und zeigt an den Seiten die Bronceösen, durch die der Trag¬
riemen gezogen wurde. Ihre gewaltige Größe -- der Diameter beträgt et¬
wa 16 Cent'meter -- bezeugt den gewaltigen Durst des alten Helden. Ueber
seinem Haupt fanden sich zwei Pferdegebisse, für Trensen- und Kantarenzügel
eingerichtet, auch allerlei Broncerosetten, welche als Schmuck des Sattelzeugs
gedient haben mögen. Verschiedene kleinere Gegenstände, die sich zerstreut auf
dem Boden der Grabkiste fanden, weisen auf eine beträchtliche Veefeinerung
des Lebens in so früher Epoche hin : viele Fibulä (Nadeln und dergleichen), theils
in Bronce, theils in Silber gearbeitet, einige mit Bernstein vrnamentirt, ein
kleines zierliches Rasirmesser aus Bronce in der üblichen halbmondförmigen
Gestalt, einige Broncebüchsen, die zur Aufbewahrung von Pomade oder
Salbe gedient zu haben scheinen, ein broncenes Messer, wie es scheint zum
Hausgebrauch), dessen Stiel abwechselnd mit Ringen aus Bernstein und
Knochen verziert ist. Zu den Füßen des Leichnams fanden sich zwei große
d'ckbavchige Gefäße aus getriebener Bronce und einige kleine aus Silber; ihre
Ornamentirung ist sehr dürftig und besteht im Wesentlichen nur aus Buckeln
oder stachelartigen Vorsprüngen, welche in concentrischen Kreisen den Bauch
der Gefäße umgeben. -- Uebersehen wir das Ganze dieses Fundes, so fällt
uns zunächst der Mangel an bemalten griechischen Vasen aus, die in der
Regel in keinem cornetaner Grabe zu fehlen pflegen. Allerdings fanden sich


Der ältesten Periode etruskischer und überhaupt italischer Kunst gehört
das Grab eines tarquinischen Kriegers an. Schon die Art der Bestattung
weicht von der sonst üblichen ab. Während später die Gräber in den Felsen
eingehauen wurden , diente hier eine colossale aus Tuff gearbeitet Kiste zur
Aufbewahrung des Leichnams; sie fand sich in beträchtlicher Tiefe unter dem
Niveau des Bodens vergraben. Darin lag das Skelett des Kriegers mit
dem gesammten Rüstzeuge, dessen er sich im Felde wie im Frieden zu be¬
dienen pflegte. Die rechte Schulter war mit einem elastischen Streifen aus
Broiceblech bedeckt, welcher von der Schulterhöhe nach Brust und Rücken
herab reichte. Die Leinwandfütterung desselben ist noch vortrefflich erhalten.
Eine B/onceplatte von beträchtlicher Dicke schützte die Brust, sie ist durch ein
ausgel neetch Goldblech bedeckt, auf dem verschiedenartige Ornamente, na¬
mentlich Streifen mit gansähnlichen Vögeln und andere mit ankerförmigen
Gegenständen eingepreßt sind. Ueber der Brust lag der runde Schild aus
Bronce mit eingepreßten Ornamenten, inwendig mit Leder gefüttert. Neben
dem Kcieger fand sich auf der einen Seite der Speer, oben mit der zwei¬
schneidigen Angriffsspitze, unten mit der stumpferen schneidelosen Spitze ver¬
sehen, die dazu diente, den Speer, wenn er nicht gebraucht wurde, in die Erde
zu stoßen, beide in Bronce gearbeitet. Aus der andern Seite lag die Feld¬
flasche ebenfalls aus Bronce mit eingepreßten Ornamenten; sie ist rund,
dickbauchig und zeigt an den Seiten die Bronceösen, durch die der Trag¬
riemen gezogen wurde. Ihre gewaltige Größe — der Diameter beträgt et¬
wa 16 Cent'meter — bezeugt den gewaltigen Durst des alten Helden. Ueber
seinem Haupt fanden sich zwei Pferdegebisse, für Trensen- und Kantarenzügel
eingerichtet, auch allerlei Broncerosetten, welche als Schmuck des Sattelzeugs
gedient haben mögen. Verschiedene kleinere Gegenstände, die sich zerstreut auf
dem Boden der Grabkiste fanden, weisen auf eine beträchtliche Veefeinerung
des Lebens in so früher Epoche hin : viele Fibulä (Nadeln und dergleichen), theils
in Bronce, theils in Silber gearbeitet, einige mit Bernstein vrnamentirt, ein
kleines zierliches Rasirmesser aus Bronce in der üblichen halbmondförmigen
Gestalt, einige Broncebüchsen, die zur Aufbewahrung von Pomade oder
Salbe gedient zu haben scheinen, ein broncenes Messer, wie es scheint zum
Hausgebrauch), dessen Stiel abwechselnd mit Ringen aus Bernstein und
Knochen verziert ist. Zu den Füßen des Leichnams fanden sich zwei große
d'ckbavchige Gefäße aus getriebener Bronce und einige kleine aus Silber; ihre
Ornamentirung ist sehr dürftig und besteht im Wesentlichen nur aus Buckeln
oder stachelartigen Vorsprüngen, welche in concentrischen Kreisen den Bauch
der Gefäße umgeben. — Uebersehen wir das Ganze dieses Fundes, so fällt
uns zunächst der Mangel an bemalten griechischen Vasen aus, die in der
Regel in keinem cornetaner Grabe zu fehlen pflegen. Allerdings fanden sich


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[0012] Der ältesten Periode etruskischer und überhaupt italischer Kunst gehört das Grab eines tarquinischen Kriegers an. Schon die Art der Bestattung weicht von der sonst üblichen ab. Während später die Gräber in den Felsen eingehauen wurden , diente hier eine colossale aus Tuff gearbeitet Kiste zur Aufbewahrung des Leichnams; sie fand sich in beträchtlicher Tiefe unter dem Niveau des Bodens vergraben. Darin lag das Skelett des Kriegers mit dem gesammten Rüstzeuge, dessen er sich im Felde wie im Frieden zu be¬ dienen pflegte. Die rechte Schulter war mit einem elastischen Streifen aus Broiceblech bedeckt, welcher von der Schulterhöhe nach Brust und Rücken herab reichte. Die Leinwandfütterung desselben ist noch vortrefflich erhalten. Eine B/onceplatte von beträchtlicher Dicke schützte die Brust, sie ist durch ein ausgel neetch Goldblech bedeckt, auf dem verschiedenartige Ornamente, na¬ mentlich Streifen mit gansähnlichen Vögeln und andere mit ankerförmigen Gegenständen eingepreßt sind. Ueber der Brust lag der runde Schild aus Bronce mit eingepreßten Ornamenten, inwendig mit Leder gefüttert. Neben dem Kcieger fand sich auf der einen Seite der Speer, oben mit der zwei¬ schneidigen Angriffsspitze, unten mit der stumpferen schneidelosen Spitze ver¬ sehen, die dazu diente, den Speer, wenn er nicht gebraucht wurde, in die Erde zu stoßen, beide in Bronce gearbeitet. Aus der andern Seite lag die Feld¬ flasche ebenfalls aus Bronce mit eingepreßten Ornamenten; sie ist rund, dickbauchig und zeigt an den Seiten die Bronceösen, durch die der Trag¬ riemen gezogen wurde. Ihre gewaltige Größe — der Diameter beträgt et¬ wa 16 Cent'meter — bezeugt den gewaltigen Durst des alten Helden. Ueber seinem Haupt fanden sich zwei Pferdegebisse, für Trensen- und Kantarenzügel eingerichtet, auch allerlei Broncerosetten, welche als Schmuck des Sattelzeugs gedient haben mögen. Verschiedene kleinere Gegenstände, die sich zerstreut auf dem Boden der Grabkiste fanden, weisen auf eine beträchtliche Veefeinerung des Lebens in so früher Epoche hin : viele Fibulä (Nadeln und dergleichen), theils in Bronce, theils in Silber gearbeitet, einige mit Bernstein vrnamentirt, ein kleines zierliches Rasirmesser aus Bronce in der üblichen halbmondförmigen Gestalt, einige Broncebüchsen, die zur Aufbewahrung von Pomade oder Salbe gedient zu haben scheinen, ein broncenes Messer, wie es scheint zum Hausgebrauch), dessen Stiel abwechselnd mit Ringen aus Bernstein und Knochen verziert ist. Zu den Füßen des Leichnams fanden sich zwei große d'ckbavchige Gefäße aus getriebener Bronce und einige kleine aus Silber; ihre Ornamentirung ist sehr dürftig und besteht im Wesentlichen nur aus Buckeln oder stachelartigen Vorsprüngen, welche in concentrischen Kreisen den Bauch der Gefäße umgeben. — Uebersehen wir das Ganze dieses Fundes, so fällt uns zunächst der Mangel an bemalten griechischen Vasen aus, die in der Regel in keinem cornetaner Grabe zu fehlen pflegen. Allerdings fanden sich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/12>, abgerufen am 16.06.2024.