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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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Ausgrabungen in der UeKropole des alten Tarlsuinii.

Seit vor kurzem in diesem Blatte Nachricht gegeben worden war von
der bei Corneto erfolgten Entdeckung eines Alabastersarkophags, dessen Seiten
mit s, tempern, ausgeführten Amazonenkämpfen bemalt sind, hat die Fort¬
setzung der Ausgrabungen in dem Laufe der letzten Wochen zu anderweitigen
wichtigen Resultaten geführt. Wie es scheint, gräbt man auf einem wenigstens
von moderner Hand unberührten Boden und steht zu hoffen, daß die Ent¬
deckungen, über die ich heute berichte, nicht die letzten sein werden. Die
Gegend, wo alle diese Schätze zu Tage gefördert werden, liegt südöstlich von
Corneto, links von der Heerstraße, nicht weit von dem mittelalterlichen
Nquäducr, der noch heute die Stadt mit Wasser versieht. Unmittelbar hinter
dem Aquäduct erhebt sich das Terrain plateauartig und zeigt alle Spuren
einer reichen Nekropole, vor allen die Bruchstücke des Tuffes, wie sie liegen
zu bleiben pflegen, nachdem die Gräber in den lebendigen Felsen eingehauen
sind. Von der Höhe dieser Plateaus überschaut man ein Panorama eigen¬
thümlich ernsten Charakters. Nördlich streckt sich der Hügel hin, auf dem
das alte Tarquinii lag, an den Seiten abgeschrofft und deutlich den Gang
der alten Mauern verrathend; im Westen Corneto mit seinem weiten von
hohen Thürmen gekrönten Mauerring, der sich mit einem satten gelben Tone
von der dunkelbraunen Campagna abhebt; südlich ist die Aussicht durch den
hohen Kamm des einmischen Waldes und der Berge von La Tolfa be¬
gränzt; davor streckt sich die Compagna hin, nur wenig angebaut und fast
nur durch Pferdeheerden belebt; ihre bräunliche Fläche ist im Westen durch
den blauen Saum des tyrrhenischen Meeres eingerändert, aus dem in duf¬
tiger Ferne die Gipfel der Vorgebirge Argentaro und der Insel Giglio
emporragen. Der Anblick macht einen so eigenthümlich ernst ergreifenden
Eindruck, daß ich mich wundere, wie unsere Landschaftsmaler ihn bisher un¬
benutzt gelassen haben.

Auf diesem plateauartigen Terrain fanden ungefähr innerhalb des Um¬
kreises einer Quatratmiglle die Entdeckungen statt, über die ich heute berichten
will; auch der Sarkophag mit den Amazonendarstellungen wurde aus
einem innerhalb dieses Rayons gelegenen Grabe zu Tage gefördert. Da die
neuen Monumente die wesentlichsten Stadien der Entwickelung, welche die
Kunst in Tarquinii durchlief, durch charakteristische Exemplare veranschaulichen,
so empfiehlt es sich, dieselben in chronologischer Reihenfolge zu besprechen.
Hierdurch wird der Leser zugleich ein Bild gewinnen von dem Gange der
Kunstentwickelung in einem der bedeutendsten Kulturmittelpunke Südetruriens.


Ausgrabungen in der UeKropole des alten Tarlsuinii.

Seit vor kurzem in diesem Blatte Nachricht gegeben worden war von
der bei Corneto erfolgten Entdeckung eines Alabastersarkophags, dessen Seiten
mit s, tempern, ausgeführten Amazonenkämpfen bemalt sind, hat die Fort¬
setzung der Ausgrabungen in dem Laufe der letzten Wochen zu anderweitigen
wichtigen Resultaten geführt. Wie es scheint, gräbt man auf einem wenigstens
von moderner Hand unberührten Boden und steht zu hoffen, daß die Ent¬
deckungen, über die ich heute berichte, nicht die letzten sein werden. Die
Gegend, wo alle diese Schätze zu Tage gefördert werden, liegt südöstlich von
Corneto, links von der Heerstraße, nicht weit von dem mittelalterlichen
Nquäducr, der noch heute die Stadt mit Wasser versieht. Unmittelbar hinter
dem Aquäduct erhebt sich das Terrain plateauartig und zeigt alle Spuren
einer reichen Nekropole, vor allen die Bruchstücke des Tuffes, wie sie liegen
zu bleiben pflegen, nachdem die Gräber in den lebendigen Felsen eingehauen
sind. Von der Höhe dieser Plateaus überschaut man ein Panorama eigen¬
thümlich ernsten Charakters. Nördlich streckt sich der Hügel hin, auf dem
das alte Tarquinii lag, an den Seiten abgeschrofft und deutlich den Gang
der alten Mauern verrathend; im Westen Corneto mit seinem weiten von
hohen Thürmen gekrönten Mauerring, der sich mit einem satten gelben Tone
von der dunkelbraunen Campagna abhebt; südlich ist die Aussicht durch den
hohen Kamm des einmischen Waldes und der Berge von La Tolfa be¬
gränzt; davor streckt sich die Compagna hin, nur wenig angebaut und fast
nur durch Pferdeheerden belebt; ihre bräunliche Fläche ist im Westen durch
den blauen Saum des tyrrhenischen Meeres eingerändert, aus dem in duf¬
tiger Ferne die Gipfel der Vorgebirge Argentaro und der Insel Giglio
emporragen. Der Anblick macht einen so eigenthümlich ernst ergreifenden
Eindruck, daß ich mich wundere, wie unsere Landschaftsmaler ihn bisher un¬
benutzt gelassen haben.

Auf diesem plateauartigen Terrain fanden ungefähr innerhalb des Um¬
kreises einer Quatratmiglle die Entdeckungen statt, über die ich heute berichten
will; auch der Sarkophag mit den Amazonendarstellungen wurde aus
einem innerhalb dieses Rayons gelegenen Grabe zu Tage gefördert. Da die
neuen Monumente die wesentlichsten Stadien der Entwickelung, welche die
Kunst in Tarquinii durchlief, durch charakteristische Exemplare veranschaulichen,
so empfiehlt es sich, dieselben in chronologischer Reihenfolge zu besprechen.
Hierdurch wird der Leser zugleich ein Bild gewinnen von dem Gange der
Kunstentwickelung in einem der bedeutendsten Kulturmittelpunke Südetruriens.


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[0011] Ausgrabungen in der UeKropole des alten Tarlsuinii. Seit vor kurzem in diesem Blatte Nachricht gegeben worden war von der bei Corneto erfolgten Entdeckung eines Alabastersarkophags, dessen Seiten mit s, tempern, ausgeführten Amazonenkämpfen bemalt sind, hat die Fort¬ setzung der Ausgrabungen in dem Laufe der letzten Wochen zu anderweitigen wichtigen Resultaten geführt. Wie es scheint, gräbt man auf einem wenigstens von moderner Hand unberührten Boden und steht zu hoffen, daß die Ent¬ deckungen, über die ich heute berichte, nicht die letzten sein werden. Die Gegend, wo alle diese Schätze zu Tage gefördert werden, liegt südöstlich von Corneto, links von der Heerstraße, nicht weit von dem mittelalterlichen Nquäducr, der noch heute die Stadt mit Wasser versieht. Unmittelbar hinter dem Aquäduct erhebt sich das Terrain plateauartig und zeigt alle Spuren einer reichen Nekropole, vor allen die Bruchstücke des Tuffes, wie sie liegen zu bleiben pflegen, nachdem die Gräber in den lebendigen Felsen eingehauen sind. Von der Höhe dieser Plateaus überschaut man ein Panorama eigen¬ thümlich ernsten Charakters. Nördlich streckt sich der Hügel hin, auf dem das alte Tarquinii lag, an den Seiten abgeschrofft und deutlich den Gang der alten Mauern verrathend; im Westen Corneto mit seinem weiten von hohen Thürmen gekrönten Mauerring, der sich mit einem satten gelben Tone von der dunkelbraunen Campagna abhebt; südlich ist die Aussicht durch den hohen Kamm des einmischen Waldes und der Berge von La Tolfa be¬ gränzt; davor streckt sich die Compagna hin, nur wenig angebaut und fast nur durch Pferdeheerden belebt; ihre bräunliche Fläche ist im Westen durch den blauen Saum des tyrrhenischen Meeres eingerändert, aus dem in duf¬ tiger Ferne die Gipfel der Vorgebirge Argentaro und der Insel Giglio emporragen. Der Anblick macht einen so eigenthümlich ernst ergreifenden Eindruck, daß ich mich wundere, wie unsere Landschaftsmaler ihn bisher un¬ benutzt gelassen haben. Auf diesem plateauartigen Terrain fanden ungefähr innerhalb des Um¬ kreises einer Quatratmiglle die Entdeckungen statt, über die ich heute berichten will; auch der Sarkophag mit den Amazonendarstellungen wurde aus einem innerhalb dieses Rayons gelegenen Grabe zu Tage gefördert. Da die neuen Monumente die wesentlichsten Stadien der Entwickelung, welche die Kunst in Tarquinii durchlief, durch charakteristische Exemplare veranschaulichen, so empfiehlt es sich, dieselben in chronologischer Reihenfolge zu besprechen. Hierdurch wird der Leser zugleich ein Bild gewinnen von dem Gange der Kunstentwickelung in einem der bedeutendsten Kulturmittelpunke Südetruriens.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/11>, abgerufen am 16.06.2024.