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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

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die Sammlung das letzte große Bild des verstorbenen Landschaftsmalers E.
Hildebrandt, eines Danzigers, um hohen Preis angekauft worden. Es
liegt nahe in dem im Bau begriffenen neuen Museum nun alle im öffent¬
lichen Besitz befindlichen Kunstwerke, also die Gemälde-Gallerie und Kupfer¬
stichsammlung des verstorbenen Kaufmann Kabrun, welche jetzt in den
Räumen der Handels-Akademie aufgestellt ist, die dem Kunstverein gehören¬
den Bilder im Rathhause und Anderes zu vereinigen und sie durch Ankauf,
namentlich von Gegenständen des alten Kunstgewebes, zu erweitern.


R. Bergan.


Was zweite Kaiserreich im Lichte der französischen Geschichte
schreiinmg.
II. Charakter der inneren Politik.

Mit dem 2. Dezember beginnt die Regierung Napoleons, wenn ihm
auch vorläufig der kaiserliche Titel noch fehlte. Die neue Verfassung enthält
alle Elemente des persönlichen Regimes; sie konnte daher in ihren wesent¬
lichen Grundzügen unverändert in das Kaiserthum mit hinübergenommen wer¬
den. Die Erblichkeit der höchsten Gewalt, der blendende Glanz des kaiser¬
lichen Titels, die Gründung eines mehr prunkhaften und kostspieligen als
geschmackvollen Hofstaates, das waren die Zuthaten, die Napoleon durch das
dritte Plebiscit in den Rahmen seiner Verfassung einfügen ließ. Diese neuen
Attribute der Herrschergewalt waren allerdings an sich von höchster Bedeu¬
tung, Die unmittelbaren Wirkungen der Kaiserwahl auf die inneren Ver¬
hältnisse sind aber dennoch gering zu nennen, da Jedermann vollständig
auf das Eintreten dieses Ereignisses gefaßt war. Napoleon hatte seit dem
2. Dezember als Präsident so unumschränkt geschaltet, daß der Kaisertitel
seine Macht im Innern kaum noch steigern konnte und daß in dem Gange
der Verwaltung wesentlich Alles beim Alten blieb.

Etwas anders lagen die Verhältnisse dem Auslande gegenüber; für die
Stellung des absoluten Staatsoberhauptes zu den fremden Monarchen und
Regierungen war die Titelfrage durchaus nicht gleichgiltig. Ueber die Stel¬
lung eines republikanischen Staatschefs, dessen Acte dem Auslande gegenüber
daraus ihre Kraft ziehen, daß sie die Willensäußerungen der gesammten
Volkskraft sind, war Napoleon hinausgewachsen. Er hatte am 2. Dezember
die Volkssouveränetät confiscire und war thatsächlich der alleinige Inhaber
der Souveränetät in Frankreich. Die Bedeutung Frankreichs war also zum


die Sammlung das letzte große Bild des verstorbenen Landschaftsmalers E.
Hildebrandt, eines Danzigers, um hohen Preis angekauft worden. Es
liegt nahe in dem im Bau begriffenen neuen Museum nun alle im öffent¬
lichen Besitz befindlichen Kunstwerke, also die Gemälde-Gallerie und Kupfer¬
stichsammlung des verstorbenen Kaufmann Kabrun, welche jetzt in den
Räumen der Handels-Akademie aufgestellt ist, die dem Kunstverein gehören¬
den Bilder im Rathhause und Anderes zu vereinigen und sie durch Ankauf,
namentlich von Gegenständen des alten Kunstgewebes, zu erweitern.


R. Bergan.


Was zweite Kaiserreich im Lichte der französischen Geschichte
schreiinmg.
II. Charakter der inneren Politik.

Mit dem 2. Dezember beginnt die Regierung Napoleons, wenn ihm
auch vorläufig der kaiserliche Titel noch fehlte. Die neue Verfassung enthält
alle Elemente des persönlichen Regimes; sie konnte daher in ihren wesent¬
lichen Grundzügen unverändert in das Kaiserthum mit hinübergenommen wer¬
den. Die Erblichkeit der höchsten Gewalt, der blendende Glanz des kaiser¬
lichen Titels, die Gründung eines mehr prunkhaften und kostspieligen als
geschmackvollen Hofstaates, das waren die Zuthaten, die Napoleon durch das
dritte Plebiscit in den Rahmen seiner Verfassung einfügen ließ. Diese neuen
Attribute der Herrschergewalt waren allerdings an sich von höchster Bedeu¬
tung, Die unmittelbaren Wirkungen der Kaiserwahl auf die inneren Ver¬
hältnisse sind aber dennoch gering zu nennen, da Jedermann vollständig
auf das Eintreten dieses Ereignisses gefaßt war. Napoleon hatte seit dem
2. Dezember als Präsident so unumschränkt geschaltet, daß der Kaisertitel
seine Macht im Innern kaum noch steigern konnte und daß in dem Gange
der Verwaltung wesentlich Alles beim Alten blieb.

Etwas anders lagen die Verhältnisse dem Auslande gegenüber; für die
Stellung des absoluten Staatsoberhauptes zu den fremden Monarchen und
Regierungen war die Titelfrage durchaus nicht gleichgiltig. Ueber die Stel¬
lung eines republikanischen Staatschefs, dessen Acte dem Auslande gegenüber
daraus ihre Kraft ziehen, daß sie die Willensäußerungen der gesammten
Volkskraft sind, war Napoleon hinausgewachsen. Er hatte am 2. Dezember
die Volkssouveränetät confiscire und war thatsächlich der alleinige Inhaber
der Souveränetät in Frankreich. Die Bedeutung Frankreichs war also zum


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/190>, abgerufen am 17.06.2024.