Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.zu bleiben, vor allem aber dem Colosseum das ungewohnte, so sehr großartige Es ist bekannt, daß die verschiedenen Stände in Theater und Circus LllSIN Sollte offenbar heißen: wir erwählen Hadrian zum dritten Male! Das er¬ zu bleiben, vor allem aber dem Colosseum das ungewohnte, so sehr großartige Es ist bekannt, daß die verschiedenen Stände in Theater und Circus LllSIN Sollte offenbar heißen: wir erwählen Hadrian zum dritten Male! Das er¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0198" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124348"/> <p xml:id="ID_533" prev="#ID_532"> zu bleiben, vor allem aber dem Colosseum das ungewohnte, so sehr großartige<lb/> Aussehn verleiht, ist eben, daß im ganzen Umfange die Präcinctionsmauern<lb/> aufgeführt worden find, da der Boden hier keine natürliche Hilfe gewährte.<lb/> Dieser gemauerte Abschluß war in der Regel mit einem Säulengange ge¬<lb/> krönt und scheint es auch in dem Pariser Circus gewesen zu sein; wenigstens<lb/> legen einige auf dem Platze gefundenen Säulenkapitelle korinthischer Ordnung<lb/> diese Vermuthung nahe. Das Mauerwerk ist außerordentlich fest, es besteht<lb/> aus unregelmäßigen, in Mörtel gelegten Steinen der Pariser Umgegend; die<lb/> nach der Arena gekehrte Seite ist mit regelmäßig viereckig behauenen klei¬<lb/> nen Quadern bekleidet. Backsteinbau. wie bei den nahen Termen des Julian,<lb/> ist hier nirgend zur Anwendung gekommen. Die zwei viereckigen Kammern,<lb/> die in der Tiefe der aufsteigenden Stufenreihen ausgespart worden find, schei¬<lb/> nen zum Aufenthalte der Gladiatoren gedient zu haben. Ueber die Epoche<lb/> der Erbauung läßt sich gar nichts festsetzen; man weiß nur, daß Paris erst<lb/> gegen Ende des dritten Jahrhunderts anfing, eine größere Bedeutung zu er¬<lb/> halten. Wohl um diese Zeit wird die im Gedeihen und Wachsen begriffene<lb/> Stadt an's Errichten großer Gebäude zu öffentlichen Zwecken haben denken können.</p><lb/> <p xml:id="ID_534"> Es ist bekannt, daß die verschiedenen Stände in Theater und Circus<lb/> verschiedene Sitze hatten; nicht nur die civilen und religiösen Großwürden¬<lb/> träger hatten ihre festen Plätze, auch Privatleute und ganze Corporationen,<lb/> die ja in der römischen Kaiserzeit so häufig mit ganz ausgebildeten Ver¬<lb/> fassungen vorkommen. In den meisten Amphitheatern trifft man Steine an,<lb/> die abgekürzte Namen tragen, offenbar die des Platzinhabers. In Paris<lb/> waren dergleichen Inschriften in mehreren, von einander ziemlich entfernten<lb/> Bauten, in dem Stadtwalle König Philipp-August's. namentlich aber in der<lb/> Cit6 gefunden worden, die jetzt in dem Aus6s as Lluuzf und Russe Oarua-<lb/> valst aufbewahrt find. Die Entdeckung ganz gleichartiger Steine im Circus<lb/> hat deren gemeinsamen Ursprung ins Licht gestellt und die immer sich wie¬<lb/> derholende Wahrnehmung erhärtet, daß die antiken Gebäude während des<lb/> ganzen Mitthäters ausgeplündert und als Steinbrüche benutzt wurden. Auch<lb/> eine falsche Inschrift kam zu Tage: auf einer kleinen Bleiplatte las man die Worte</p><lb/> <quote> LllSIN<lb/> ^.VR. III.</quote><lb/> <p xml:id="ID_535" next="#ID_536"> Sollte offenbar heißen: wir erwählen Hadrian zum dritten Male! Das er¬<lb/> scheint wie ein Scherz, und doch war es ernst gemeint. Die französischen Jn-<lb/> schriftenfälschungen sind überhaupt so harmlos, so ungeschickt gemacht, daß<lb/> sie nur erheiternd wirken können. Keine Gefahr, daß sie, wie z. B. die be¬<lb/> rühmten Ligorischen, die Forscher irre zu leiten im Stande wären; von Un¬<lb/> wissenden gemacht, können sie auch nur die gröbste Unwissenheit täuschen;<lb/> diese Unwissenheit herrscht in der Provinz aber vor; außerdem spielt der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0198]
zu bleiben, vor allem aber dem Colosseum das ungewohnte, so sehr großartige
Aussehn verleiht, ist eben, daß im ganzen Umfange die Präcinctionsmauern
aufgeführt worden find, da der Boden hier keine natürliche Hilfe gewährte.
Dieser gemauerte Abschluß war in der Regel mit einem Säulengange ge¬
krönt und scheint es auch in dem Pariser Circus gewesen zu sein; wenigstens
legen einige auf dem Platze gefundenen Säulenkapitelle korinthischer Ordnung
diese Vermuthung nahe. Das Mauerwerk ist außerordentlich fest, es besteht
aus unregelmäßigen, in Mörtel gelegten Steinen der Pariser Umgegend; die
nach der Arena gekehrte Seite ist mit regelmäßig viereckig behauenen klei¬
nen Quadern bekleidet. Backsteinbau. wie bei den nahen Termen des Julian,
ist hier nirgend zur Anwendung gekommen. Die zwei viereckigen Kammern,
die in der Tiefe der aufsteigenden Stufenreihen ausgespart worden find, schei¬
nen zum Aufenthalte der Gladiatoren gedient zu haben. Ueber die Epoche
der Erbauung läßt sich gar nichts festsetzen; man weiß nur, daß Paris erst
gegen Ende des dritten Jahrhunderts anfing, eine größere Bedeutung zu er¬
halten. Wohl um diese Zeit wird die im Gedeihen und Wachsen begriffene
Stadt an's Errichten großer Gebäude zu öffentlichen Zwecken haben denken können.
Es ist bekannt, daß die verschiedenen Stände in Theater und Circus
verschiedene Sitze hatten; nicht nur die civilen und religiösen Großwürden¬
träger hatten ihre festen Plätze, auch Privatleute und ganze Corporationen,
die ja in der römischen Kaiserzeit so häufig mit ganz ausgebildeten Ver¬
fassungen vorkommen. In den meisten Amphitheatern trifft man Steine an,
die abgekürzte Namen tragen, offenbar die des Platzinhabers. In Paris
waren dergleichen Inschriften in mehreren, von einander ziemlich entfernten
Bauten, in dem Stadtwalle König Philipp-August's. namentlich aber in der
Cit6 gefunden worden, die jetzt in dem Aus6s as Lluuzf und Russe Oarua-
valst aufbewahrt find. Die Entdeckung ganz gleichartiger Steine im Circus
hat deren gemeinsamen Ursprung ins Licht gestellt und die immer sich wie¬
derholende Wahrnehmung erhärtet, daß die antiken Gebäude während des
ganzen Mitthäters ausgeplündert und als Steinbrüche benutzt wurden. Auch
eine falsche Inschrift kam zu Tage: auf einer kleinen Bleiplatte las man die Worte
LllSIN
^.VR. III.
Sollte offenbar heißen: wir erwählen Hadrian zum dritten Male! Das er¬
scheint wie ein Scherz, und doch war es ernst gemeint. Die französischen Jn-
schriftenfälschungen sind überhaupt so harmlos, so ungeschickt gemacht, daß
sie nur erheiternd wirken können. Keine Gefahr, daß sie, wie z. B. die be¬
rühmten Ligorischen, die Forscher irre zu leiten im Stande wären; von Un¬
wissenden gemacht, können sie auch nur die gröbste Unwissenheit täuschen;
diese Unwissenheit herrscht in der Provinz aber vor; außerdem spielt der
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