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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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es dienen, und dazu reichten die dünnen Bände der drei ersten Auflagen aus.
Auch die vierte, die letzte von Koberstein selbst vollendete, trägt in ihren beiden
ersten Abtheilungen noch diese Bezeichnung. Indeß war auch diese schon weit
über die frühere Knappheit hinaus und zu einem beinahe vollständigen Hand¬
buch der Literaturgeschichte angewachsen, das sich aber gerade wegen dieses
"beinahe" für seine ehemalige Bestimmung zu umfangreich, und für den Ge¬
brauch derer, die etwas mehr als man auf Gymnasien von deutscher Literatur
lernt, wissen wollten, nicht ausreichend erwies. In der zögernden Fortsetzung
seines Werkes ließ dann Koberstein jene Bezeichnung fallen und schuf ein
wirkliches Handbuch, das in diesen seinen späteren Theilen allein die unge-
theilte Anerkennung beanspruchen kann, die es gefunden hat.

Die jetzige fünfte Auflage stellt sich von vornherein auf diesen einheitlichen
Standpunkt. Allen Respect vor den Gymnasiasten, die noch jetzt sich dieses
Lehrbuches bedienen, aber wahrscheinlich werden es ihrer nicht viele sein. Da¬
für ist die immer mehr anwachsende Zahl derjenigen, die sich mit germanisti¬
schen Studien beschäftigen, das eigentliche Publikum geworden, und wir sind
überzeugt, daß es ein möglichst dankbares sein wird. Denn man darf wohl sagen,
daß nicht bloß, wie selbstverständlich, das neu hinzugekommene Material der letzten
Jahrzehnte verarbeitet worden ist, sondern daß die ganze Gestalt und Einrichtung
des Buches sich in jeder Beziehung verbessert hat, von dem Papier und Druck
an bis zu der Ordnung der Thatsachen und zu dem Stile der Darstellung.
Wie viel dabei dem verstorbenen Verfasser, wie viel dem Herausgeber zuzu¬
rechnen ist, läßt sich im Einzelnen nicht entscheiden, so glücklich ist der ein¬
heitliche Geist des Ganzen gelungen. Ein anderer Hauptvorzug der neuesten
Ausgabe besteht auch darin, daß sie rüstig vorwärts schreitet. Die vierte be¬
dürfte 21 Jahre, von 1845 -- 66 zu ihrer Vollendung, von der 6. ist innerhalb
Jahresfrist ungefähr die Hälfte, soweit es sich abschätzen läßt, erschienen und
der Rest soll in diesem Jahre -- 1873 -- folgen.

Auch eine Literaturgeschichte, aber nicht bloß durch den behandelten Stoff,
sondern noch mehr durch ihre BeHandlungsweise von der vorigen gründlich
verschieden ist

W. I. A. Jonckbloets Geschichte der Niederländischen Literatur,
deren zweitem eben erschienenen abschließendem Band wir einige Bemerkungen
widmen wollen.

Wir können uns dabei ziemlich kurz fassen, denn es sind kaum zwei
Jahre vergangen, als wir in diesen Blättern den ersten Band dieses auch für
uns Deutsche hochwichtigen Werkes wesentlich von diesem Gesichtspunkte aus
eingehend zu analysiren versuchten. Um uns nicht selbst zu plagiiren, dürfen
wir uns wohl darauf beziehen.

War der erste Band der sogenannten mittelniederländischen Literatur ge-


es dienen, und dazu reichten die dünnen Bände der drei ersten Auflagen aus.
Auch die vierte, die letzte von Koberstein selbst vollendete, trägt in ihren beiden
ersten Abtheilungen noch diese Bezeichnung. Indeß war auch diese schon weit
über die frühere Knappheit hinaus und zu einem beinahe vollständigen Hand¬
buch der Literaturgeschichte angewachsen, das sich aber gerade wegen dieses
„beinahe" für seine ehemalige Bestimmung zu umfangreich, und für den Ge¬
brauch derer, die etwas mehr als man auf Gymnasien von deutscher Literatur
lernt, wissen wollten, nicht ausreichend erwies. In der zögernden Fortsetzung
seines Werkes ließ dann Koberstein jene Bezeichnung fallen und schuf ein
wirkliches Handbuch, das in diesen seinen späteren Theilen allein die unge-
theilte Anerkennung beanspruchen kann, die es gefunden hat.

Die jetzige fünfte Auflage stellt sich von vornherein auf diesen einheitlichen
Standpunkt. Allen Respect vor den Gymnasiasten, die noch jetzt sich dieses
Lehrbuches bedienen, aber wahrscheinlich werden es ihrer nicht viele sein. Da¬
für ist die immer mehr anwachsende Zahl derjenigen, die sich mit germanisti¬
schen Studien beschäftigen, das eigentliche Publikum geworden, und wir sind
überzeugt, daß es ein möglichst dankbares sein wird. Denn man darf wohl sagen,
daß nicht bloß, wie selbstverständlich, das neu hinzugekommene Material der letzten
Jahrzehnte verarbeitet worden ist, sondern daß die ganze Gestalt und Einrichtung
des Buches sich in jeder Beziehung verbessert hat, von dem Papier und Druck
an bis zu der Ordnung der Thatsachen und zu dem Stile der Darstellung.
Wie viel dabei dem verstorbenen Verfasser, wie viel dem Herausgeber zuzu¬
rechnen ist, läßt sich im Einzelnen nicht entscheiden, so glücklich ist der ein¬
heitliche Geist des Ganzen gelungen. Ein anderer Hauptvorzug der neuesten
Ausgabe besteht auch darin, daß sie rüstig vorwärts schreitet. Die vierte be¬
dürfte 21 Jahre, von 1845 — 66 zu ihrer Vollendung, von der 6. ist innerhalb
Jahresfrist ungefähr die Hälfte, soweit es sich abschätzen läßt, erschienen und
der Rest soll in diesem Jahre — 1873 — folgen.

Auch eine Literaturgeschichte, aber nicht bloß durch den behandelten Stoff,
sondern noch mehr durch ihre BeHandlungsweise von der vorigen gründlich
verschieden ist

W. I. A. Jonckbloets Geschichte der Niederländischen Literatur,
deren zweitem eben erschienenen abschließendem Band wir einige Bemerkungen
widmen wollen.

Wir können uns dabei ziemlich kurz fassen, denn es sind kaum zwei
Jahre vergangen, als wir in diesen Blättern den ersten Band dieses auch für
uns Deutsche hochwichtigen Werkes wesentlich von diesem Gesichtspunkte aus
eingehend zu analysiren versuchten. Um uns nicht selbst zu plagiiren, dürfen
wir uns wohl darauf beziehen.

War der erste Band der sogenannten mittelniederländischen Literatur ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/44>, abgerufen am 16.06.2024.