Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Werke nach den Vorschriften der Zunft angefertigt sind. Der abgehende Amt.
manu oder Geschworene hat seinem Nachfolger Rechenschaft abzulegen.

Die gemeinsamen Angelegenheiten werden in einem Convent, der soge¬
nannten "Morgensprache", in der jeder Meister Sitz und Stimme hat,
verhandelt. Unter welchen parlamentarischen Formen, das illustrirt das
überall wiederkehrende strenge Verbot mit einem Stechmesser in die Morgen¬
sprache zu kommen und höflich zu sprechen. Ausführlicher spricht sich über
diesen Punkt die Krakauer Glaserordnung aus: Ein idermann zal bescheiden
zein yn der sammelunge der czeche und nicht frewlich reden sunder legen den
eldsten sich erberlich Halden und mit keinem gewere zal man Yn dy czeche
kommen bei eine grosschn busse. -- Auch ist ein Jedermann gehalten in den
besten Kleidern zu erscheinen.

Zur Aufnahme in die Zeche oder das Amt, die Zunft, waren folgende
Bedingungen erforderlich: Zuerst eheliche Geburt; auch die Kinder gewisser
nicht für ehrenhaft gehaltener Arbeiter waren vom Eintritts in andere Zünfte
ausgeschlossen. Schon alt ist die Bestimmung, welche sich in einer Bremenser
Urkunde findet: nullus instrust artem suam lllio toxtorum s. xortiwrum
vel keminArunMiiis lineas kaetzre eonsueverunt. Eine vernünftige Ansicht
entwickelt dagegen der Nürnberger Magistrat in einem Schreiben an die Stadt
Braunschweig v. I. 1530: als ob die benannten Handwerke von Müllern,
Leinwebern, Zollnern, Pfeifern u. f. w. zu ehrbaren Handwerken nit kuglich
sein sollten. Nach Wenzels Statut für die Maler-Gilde zu Breslau war
weiter nöthig, um aufgenommen zu werden, daß der betreffende verheirathet
sei und ein und einhalb Vierdung Eintrittsgeld zahle, 1 Vierdung an die
Stadt, Vierdung an die Gewerke. Endlich mußte er 1 Mark Bürgschaft
stellen, daß er ein Jahrlang sich rechtlich gegen die Stadt betragen werde,
anderenfalls verfiel die Bürgschaft, und mußte neues Bürgerrecht erworben
werden. Diese Bestimmungen sind v. I. 1390 bezüglich 1420. Im I. 1461
beträgt die Aufnahmegebühr 1 Vierdung und 2 Pfd. Wachs (letzteres für die
erwähnten kirchlichen Zwecke) 148S: '/z Schock Heller, 2 Pfd. Wachs und
2 gr. zur Zeche. Die Berheirathung betreffend findet sich v. I. 1S0S fol¬
gendes riguröse Strafmandat: Hans Schmidt, Maler erhält Be¬
fehl binnen Jahr und Tag ein Weib zu nehmen oder 10 Mark
Strafe zu zahlen. ?robatuin sse. In Hamburg kömmt noch hinzu der
Nachweis eines Vermögens von 6 Pfd. -- durch zwei Zeugen zu belegen,
6 Schillinge to boldike (Schwarzes Leichentuch) und Lichten und eine Mahlzeit
für die alten und neuen Werkmeister, die jedoch aus höchstens drei Gerichten
bestehen durfte; und in Krakau findet sich ein Posten: Zu Besserung des
Harnisch ^ Mark zu zahlen ohn alle Widerrede. Eine Erleichterung tritt
ein, wenn der Sohn eines Meisters zünftig werden will; dieser hat nur die


Werke nach den Vorschriften der Zunft angefertigt sind. Der abgehende Amt.
manu oder Geschworene hat seinem Nachfolger Rechenschaft abzulegen.

Die gemeinsamen Angelegenheiten werden in einem Convent, der soge¬
nannten „Morgensprache", in der jeder Meister Sitz und Stimme hat,
verhandelt. Unter welchen parlamentarischen Formen, das illustrirt das
überall wiederkehrende strenge Verbot mit einem Stechmesser in die Morgen¬
sprache zu kommen und höflich zu sprechen. Ausführlicher spricht sich über
diesen Punkt die Krakauer Glaserordnung aus: Ein idermann zal bescheiden
zein yn der sammelunge der czeche und nicht frewlich reden sunder legen den
eldsten sich erberlich Halden und mit keinem gewere zal man Yn dy czeche
kommen bei eine grosschn busse. — Auch ist ein Jedermann gehalten in den
besten Kleidern zu erscheinen.

Zur Aufnahme in die Zeche oder das Amt, die Zunft, waren folgende
Bedingungen erforderlich: Zuerst eheliche Geburt; auch die Kinder gewisser
nicht für ehrenhaft gehaltener Arbeiter waren vom Eintritts in andere Zünfte
ausgeschlossen. Schon alt ist die Bestimmung, welche sich in einer Bremenser
Urkunde findet: nullus instrust artem suam lllio toxtorum s. xortiwrum
vel keminArunMiiis lineas kaetzre eonsueverunt. Eine vernünftige Ansicht
entwickelt dagegen der Nürnberger Magistrat in einem Schreiben an die Stadt
Braunschweig v. I. 1530: als ob die benannten Handwerke von Müllern,
Leinwebern, Zollnern, Pfeifern u. f. w. zu ehrbaren Handwerken nit kuglich
sein sollten. Nach Wenzels Statut für die Maler-Gilde zu Breslau war
weiter nöthig, um aufgenommen zu werden, daß der betreffende verheirathet
sei und ein und einhalb Vierdung Eintrittsgeld zahle, 1 Vierdung an die
Stadt, Vierdung an die Gewerke. Endlich mußte er 1 Mark Bürgschaft
stellen, daß er ein Jahrlang sich rechtlich gegen die Stadt betragen werde,
anderenfalls verfiel die Bürgschaft, und mußte neues Bürgerrecht erworben
werden. Diese Bestimmungen sind v. I. 1390 bezüglich 1420. Im I. 1461
beträgt die Aufnahmegebühr 1 Vierdung und 2 Pfd. Wachs (letzteres für die
erwähnten kirchlichen Zwecke) 148S: '/z Schock Heller, 2 Pfd. Wachs und
2 gr. zur Zeche. Die Berheirathung betreffend findet sich v. I. 1S0S fol¬
gendes riguröse Strafmandat: Hans Schmidt, Maler erhält Be¬
fehl binnen Jahr und Tag ein Weib zu nehmen oder 10 Mark
Strafe zu zahlen. ?robatuin sse. In Hamburg kömmt noch hinzu der
Nachweis eines Vermögens von 6 Pfd. — durch zwei Zeugen zu belegen,
6 Schillinge to boldike (Schwarzes Leichentuch) und Lichten und eine Mahlzeit
für die alten und neuen Werkmeister, die jedoch aus höchstens drei Gerichten
bestehen durfte; und in Krakau findet sich ein Posten: Zu Besserung des
Harnisch ^ Mark zu zahlen ohn alle Widerrede. Eine Erleichterung tritt
ein, wenn der Sohn eines Meisters zünftig werden will; dieser hat nur die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0094" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/130738"/>
          <p xml:id="ID_247" prev="#ID_246"> Werke nach den Vorschriften der Zunft angefertigt sind. Der abgehende Amt.<lb/>
manu oder Geschworene hat seinem Nachfolger Rechenschaft abzulegen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_248"> Die gemeinsamen Angelegenheiten werden in einem Convent, der soge¬<lb/>
nannten &#x201E;Morgensprache", in der jeder Meister Sitz und Stimme hat,<lb/>
verhandelt. Unter welchen parlamentarischen Formen, das illustrirt das<lb/>
überall wiederkehrende strenge Verbot mit einem Stechmesser in die Morgen¬<lb/>
sprache zu kommen und höflich zu sprechen. Ausführlicher spricht sich über<lb/>
diesen Punkt die Krakauer Glaserordnung aus: Ein idermann zal bescheiden<lb/>
zein yn der sammelunge der czeche und nicht frewlich reden sunder legen den<lb/>
eldsten sich erberlich Halden und mit keinem gewere zal man Yn dy czeche<lb/>
kommen bei eine grosschn busse. &#x2014; Auch ist ein Jedermann gehalten in den<lb/>
besten Kleidern zu erscheinen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_249" next="#ID_250"> Zur Aufnahme in die Zeche oder das Amt, die Zunft, waren folgende<lb/>
Bedingungen erforderlich: Zuerst eheliche Geburt; auch die Kinder gewisser<lb/>
nicht für ehrenhaft gehaltener Arbeiter waren vom Eintritts in andere Zünfte<lb/>
ausgeschlossen. Schon alt ist die Bestimmung, welche sich in einer Bremenser<lb/>
Urkunde findet: nullus instrust artem suam lllio toxtorum s. xortiwrum<lb/>
vel keminArunMiiis lineas kaetzre eonsueverunt. Eine vernünftige Ansicht<lb/>
entwickelt dagegen der Nürnberger Magistrat in einem Schreiben an die Stadt<lb/>
Braunschweig v. I. 1530: als ob die benannten Handwerke von Müllern,<lb/>
Leinwebern, Zollnern, Pfeifern u. f. w. zu ehrbaren Handwerken nit kuglich<lb/>
sein sollten. Nach Wenzels Statut für die Maler-Gilde zu Breslau war<lb/>
weiter nöthig, um aufgenommen zu werden, daß der betreffende verheirathet<lb/>
sei und ein und einhalb Vierdung Eintrittsgeld zahle, 1 Vierdung an die<lb/>
Stadt, Vierdung an die Gewerke. Endlich mußte er 1 Mark Bürgschaft<lb/>
stellen, daß er ein Jahrlang sich rechtlich gegen die Stadt betragen werde,<lb/>
anderenfalls verfiel die Bürgschaft, und mußte neues Bürgerrecht erworben<lb/>
werden. Diese Bestimmungen sind v. I. 1390 bezüglich 1420. Im I. 1461<lb/>
beträgt die Aufnahmegebühr 1 Vierdung und 2 Pfd. Wachs (letzteres für die<lb/>
erwähnten kirchlichen Zwecke) 148S: '/z Schock Heller, 2 Pfd. Wachs und<lb/>
2 gr. zur Zeche. Die Berheirathung betreffend findet sich v. I. 1S0S fol¬<lb/>
gendes riguröse Strafmandat: Hans Schmidt, Maler erhält Be¬<lb/>
fehl binnen Jahr und Tag ein Weib zu nehmen oder 10 Mark<lb/>
Strafe zu zahlen. ?robatuin sse. In Hamburg kömmt noch hinzu der<lb/>
Nachweis eines Vermögens von 6 Pfd. &#x2014; durch zwei Zeugen zu belegen,<lb/>
6 Schillinge to boldike (Schwarzes Leichentuch) und Lichten und eine Mahlzeit<lb/>
für die alten und neuen Werkmeister, die jedoch aus höchstens drei Gerichten<lb/>
bestehen durfte; und in Krakau findet sich ein Posten: Zu Besserung des<lb/>
Harnisch ^ Mark zu zahlen ohn alle Widerrede. Eine Erleichterung tritt<lb/>
ein, wenn der Sohn eines Meisters zünftig werden will; dieser hat nur die</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0094] Werke nach den Vorschriften der Zunft angefertigt sind. Der abgehende Amt. manu oder Geschworene hat seinem Nachfolger Rechenschaft abzulegen. Die gemeinsamen Angelegenheiten werden in einem Convent, der soge¬ nannten „Morgensprache", in der jeder Meister Sitz und Stimme hat, verhandelt. Unter welchen parlamentarischen Formen, das illustrirt das überall wiederkehrende strenge Verbot mit einem Stechmesser in die Morgen¬ sprache zu kommen und höflich zu sprechen. Ausführlicher spricht sich über diesen Punkt die Krakauer Glaserordnung aus: Ein idermann zal bescheiden zein yn der sammelunge der czeche und nicht frewlich reden sunder legen den eldsten sich erberlich Halden und mit keinem gewere zal man Yn dy czeche kommen bei eine grosschn busse. — Auch ist ein Jedermann gehalten in den besten Kleidern zu erscheinen. Zur Aufnahme in die Zeche oder das Amt, die Zunft, waren folgende Bedingungen erforderlich: Zuerst eheliche Geburt; auch die Kinder gewisser nicht für ehrenhaft gehaltener Arbeiter waren vom Eintritts in andere Zünfte ausgeschlossen. Schon alt ist die Bestimmung, welche sich in einer Bremenser Urkunde findet: nullus instrust artem suam lllio toxtorum s. xortiwrum vel keminArunMiiis lineas kaetzre eonsueverunt. Eine vernünftige Ansicht entwickelt dagegen der Nürnberger Magistrat in einem Schreiben an die Stadt Braunschweig v. I. 1530: als ob die benannten Handwerke von Müllern, Leinwebern, Zollnern, Pfeifern u. f. w. zu ehrbaren Handwerken nit kuglich sein sollten. Nach Wenzels Statut für die Maler-Gilde zu Breslau war weiter nöthig, um aufgenommen zu werden, daß der betreffende verheirathet sei und ein und einhalb Vierdung Eintrittsgeld zahle, 1 Vierdung an die Stadt, Vierdung an die Gewerke. Endlich mußte er 1 Mark Bürgschaft stellen, daß er ein Jahrlang sich rechtlich gegen die Stadt betragen werde, anderenfalls verfiel die Bürgschaft, und mußte neues Bürgerrecht erworben werden. Diese Bestimmungen sind v. I. 1390 bezüglich 1420. Im I. 1461 beträgt die Aufnahmegebühr 1 Vierdung und 2 Pfd. Wachs (letzteres für die erwähnten kirchlichen Zwecke) 148S: '/z Schock Heller, 2 Pfd. Wachs und 2 gr. zur Zeche. Die Berheirathung betreffend findet sich v. I. 1S0S fol¬ gendes riguröse Strafmandat: Hans Schmidt, Maler erhält Be¬ fehl binnen Jahr und Tag ein Weib zu nehmen oder 10 Mark Strafe zu zahlen. ?robatuin sse. In Hamburg kömmt noch hinzu der Nachweis eines Vermögens von 6 Pfd. — durch zwei Zeugen zu belegen, 6 Schillinge to boldike (Schwarzes Leichentuch) und Lichten und eine Mahlzeit für die alten und neuen Werkmeister, die jedoch aus höchstens drei Gerichten bestehen durfte; und in Krakau findet sich ein Posten: Zu Besserung des Harnisch ^ Mark zu zahlen ohn alle Widerrede. Eine Erleichterung tritt ein, wenn der Sohn eines Meisters zünftig werden will; dieser hat nur die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/94
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/94>, abgerufen am 06.06.2024.