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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Aufbewahrung übergeben wurde. Darauf wurde auf dem Hauptmarkt der
Stadt nach alter Sitte ein Reiftanz durch Büttner gehalten und ein Schwank
von Hans Sachs, "das Narren-Schneiden" aufgeführt. Nachmittag Festessen,
Musik. Abends festliche Beleuchtung :c. Das ganze Fest verlief in trefflicher
Weise und zu allgemeiner Befriedigung.


R. Bergan.


Die neuesten Kachrichten.
(Fritz Reuter's Tod und das Kissinger Attentat.)

Fast in der gleichen Stunde hat Deutschland die Nachricht von zwei
schmerzlichsten Ereignissen erhalten.

Am 12. Juli Abends ist Fritz Reuter plötzlich, infolge eines Schlag¬
flusses, aus der Welt geschieden.

Am 13. Juli Mittags, am vierten Jahrestage des glorreichen Tages
von Ems. da die Majestät König Wilhelm's die frechen Zumuthungen des
französischen Gesandten heldenhaft zurückwies, hat die gütige Vorsehung, die
über Deutschland waltet, die zweite mörderische Kugel, die dem theuren Haupte
des Deutschen Kanzlers galt, machtlos abprallen lassen von dem Ziele,
das die verruchte Hand eines fanatisirten Römlings sich wählte. --

Niemals wird dem Herausgeber einer Wochenschrift und ihren Lesern die
große Schwerfälligkeit des einmaligen wöchentlichen Erscheinens, im Vergleich
zur Tagespresse. so fühlbar, als in dem Drang und Zusammenwirken so
mächtiger verschiedenartiger Ereignisse. Nur die Aussicht und der ernste Vor¬
satz, die großen Thatsachen später eingehender und ruhiger, als die Tagespresse
dieß vermag, zu schildern und zusammenzufassen, kann einen Ersatz gewähren
für die Unmittelbarkeit der Mittheilung von dem augenblicklich Geschehenen,
über welche eine Wochenschrift nicht gebietet.

So mögen denn unsre Leser auch in diesen bewegten Stunden an dem
Versprechen sich genügen lassen, daß die beiden neuesten Nachrichten, die der
Telegraph uns meldet, in diesen Blättern noch eingehende Würdigung er¬
fahren werden.

Heute läßt sich ohnehin die Tragwette mindestens des zweiten dieser Er¬
eignisse kaum ermessen.

Was uns Fritz Reuter war, werden wir stets lebhafter empfinden nun,
da er nicht mehr unter uns lebt, und seiner beglückenden Arbeit für immer
ein Ziel gesetzt ist.

Was uns der Kanzler des deutschen Reiches ist, wie tief er in das Herz
seines Volkes gewachsen, wie unersetzlich zur Stunde wie für lange Jahre
er in der kleinsten Function seines amtlichen Wirkens geworden, das wird
dem Blödester klar, wenn er schaudernd die Möglichkeit sich vorhält, daß
die Kugel des Mörders ihr Ziel erreicht hätten

In Eisenach schließt sich unter dem innigsten Beileid und der schmerz¬
lichsten Theilnahme des ganzen Volkes die Erde über dem Grab eines der
edelsten, gemüthsreichsten deutschen Menschen und Dichter.

In Kisstngen ist die böse Saat der schwarzen Todfeinde des deutschen
Reiches in giftige Halme geschossen und einmüthig wird das ganze deutsche Vol!
sich erheben, das Unkraut auszutilgen!


H. B.


Verantwortlicher Redakteur! or. Hans Blum.
Verlag von F. L. Hervig. -- Druck von Hitthel Legler in Leipzig.

Aufbewahrung übergeben wurde. Darauf wurde auf dem Hauptmarkt der
Stadt nach alter Sitte ein Reiftanz durch Büttner gehalten und ein Schwank
von Hans Sachs, „das Narren-Schneiden" aufgeführt. Nachmittag Festessen,
Musik. Abends festliche Beleuchtung :c. Das ganze Fest verlief in trefflicher
Weise und zu allgemeiner Befriedigung.


R. Bergan.


Die neuesten Kachrichten.
(Fritz Reuter's Tod und das Kissinger Attentat.)

Fast in der gleichen Stunde hat Deutschland die Nachricht von zwei
schmerzlichsten Ereignissen erhalten.

Am 12. Juli Abends ist Fritz Reuter plötzlich, infolge eines Schlag¬
flusses, aus der Welt geschieden.

Am 13. Juli Mittags, am vierten Jahrestage des glorreichen Tages
von Ems. da die Majestät König Wilhelm's die frechen Zumuthungen des
französischen Gesandten heldenhaft zurückwies, hat die gütige Vorsehung, die
über Deutschland waltet, die zweite mörderische Kugel, die dem theuren Haupte
des Deutschen Kanzlers galt, machtlos abprallen lassen von dem Ziele,
das die verruchte Hand eines fanatisirten Römlings sich wählte. —

Niemals wird dem Herausgeber einer Wochenschrift und ihren Lesern die
große Schwerfälligkeit des einmaligen wöchentlichen Erscheinens, im Vergleich
zur Tagespresse. so fühlbar, als in dem Drang und Zusammenwirken so
mächtiger verschiedenartiger Ereignisse. Nur die Aussicht und der ernste Vor¬
satz, die großen Thatsachen später eingehender und ruhiger, als die Tagespresse
dieß vermag, zu schildern und zusammenzufassen, kann einen Ersatz gewähren
für die Unmittelbarkeit der Mittheilung von dem augenblicklich Geschehenen,
über welche eine Wochenschrift nicht gebietet.

So mögen denn unsre Leser auch in diesen bewegten Stunden an dem
Versprechen sich genügen lassen, daß die beiden neuesten Nachrichten, die der
Telegraph uns meldet, in diesen Blättern noch eingehende Würdigung er¬
fahren werden.

Heute läßt sich ohnehin die Tragwette mindestens des zweiten dieser Er¬
eignisse kaum ermessen.

Was uns Fritz Reuter war, werden wir stets lebhafter empfinden nun,
da er nicht mehr unter uns lebt, und seiner beglückenden Arbeit für immer
ein Ziel gesetzt ist.

Was uns der Kanzler des deutschen Reiches ist, wie tief er in das Herz
seines Volkes gewachsen, wie unersetzlich zur Stunde wie für lange Jahre
er in der kleinsten Function seines amtlichen Wirkens geworden, das wird
dem Blödester klar, wenn er schaudernd die Möglichkeit sich vorhält, daß
die Kugel des Mörders ihr Ziel erreicht hätten

In Eisenach schließt sich unter dem innigsten Beileid und der schmerz¬
lichsten Theilnahme des ganzen Volkes die Erde über dem Grab eines der
edelsten, gemüthsreichsten deutschen Menschen und Dichter.

In Kisstngen ist die böse Saat der schwarzen Todfeinde des deutschen
Reiches in giftige Halme geschossen und einmüthig wird das ganze deutsche Vol!
sich erheben, das Unkraut auszutilgen!


H. B.


Verantwortlicher Redakteur! or. Hans Blum.
Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hitthel Legler in Leipzig.
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[0128] Aufbewahrung übergeben wurde. Darauf wurde auf dem Hauptmarkt der Stadt nach alter Sitte ein Reiftanz durch Büttner gehalten und ein Schwank von Hans Sachs, „das Narren-Schneiden" aufgeführt. Nachmittag Festessen, Musik. Abends festliche Beleuchtung :c. Das ganze Fest verlief in trefflicher Weise und zu allgemeiner Befriedigung. R. Bergan. Die neuesten Kachrichten. (Fritz Reuter's Tod und das Kissinger Attentat.) Fast in der gleichen Stunde hat Deutschland die Nachricht von zwei schmerzlichsten Ereignissen erhalten. Am 12. Juli Abends ist Fritz Reuter plötzlich, infolge eines Schlag¬ flusses, aus der Welt geschieden. Am 13. Juli Mittags, am vierten Jahrestage des glorreichen Tages von Ems. da die Majestät König Wilhelm's die frechen Zumuthungen des französischen Gesandten heldenhaft zurückwies, hat die gütige Vorsehung, die über Deutschland waltet, die zweite mörderische Kugel, die dem theuren Haupte des Deutschen Kanzlers galt, machtlos abprallen lassen von dem Ziele, das die verruchte Hand eines fanatisirten Römlings sich wählte. — Niemals wird dem Herausgeber einer Wochenschrift und ihren Lesern die große Schwerfälligkeit des einmaligen wöchentlichen Erscheinens, im Vergleich zur Tagespresse. so fühlbar, als in dem Drang und Zusammenwirken so mächtiger verschiedenartiger Ereignisse. Nur die Aussicht und der ernste Vor¬ satz, die großen Thatsachen später eingehender und ruhiger, als die Tagespresse dieß vermag, zu schildern und zusammenzufassen, kann einen Ersatz gewähren für die Unmittelbarkeit der Mittheilung von dem augenblicklich Geschehenen, über welche eine Wochenschrift nicht gebietet. So mögen denn unsre Leser auch in diesen bewegten Stunden an dem Versprechen sich genügen lassen, daß die beiden neuesten Nachrichten, die der Telegraph uns meldet, in diesen Blättern noch eingehende Würdigung er¬ fahren werden. Heute läßt sich ohnehin die Tragwette mindestens des zweiten dieser Er¬ eignisse kaum ermessen. Was uns Fritz Reuter war, werden wir stets lebhafter empfinden nun, da er nicht mehr unter uns lebt, und seiner beglückenden Arbeit für immer ein Ziel gesetzt ist. Was uns der Kanzler des deutschen Reiches ist, wie tief er in das Herz seines Volkes gewachsen, wie unersetzlich zur Stunde wie für lange Jahre er in der kleinsten Function seines amtlichen Wirkens geworden, das wird dem Blödester klar, wenn er schaudernd die Möglichkeit sich vorhält, daß die Kugel des Mörders ihr Ziel erreicht hätten In Eisenach schließt sich unter dem innigsten Beileid und der schmerz¬ lichsten Theilnahme des ganzen Volkes die Erde über dem Grab eines der edelsten, gemüthsreichsten deutschen Menschen und Dichter. In Kisstngen ist die böse Saat der schwarzen Todfeinde des deutschen Reiches in giftige Halme geschossen und einmüthig wird das ganze deutsche Vol! sich erheben, das Unkraut auszutilgen! H. B. Verantwortlicher Redakteur! or. Hans Blum. Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hitthel Legler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/128>, abgerufen am 27.05.2024.