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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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vertraut hatte. Herr Walesrode bestätigt in seiner "Berichtigung" allent¬
halben diese delicate Mission und verwahrt sich nur "gegen eine moralische
und rechtliche Solidarität" -- die ihm unser "-Correspondent mit keinem
Worte angedichtet -- "mit Herrn Haußmann" , mit dem er übrigens noch
heute sehr häufig verkehrt. --

Herr v. Hasenkamp war in einem Punkte glücklicher. Er brachte es näm¬
lich in einer eminent bedeutsamen Frage wirklich bis zu einer thatsächlichen
Berichtigung. Unser Correspondent hatte nämlich die ungewöhnliche Abirrung
von den Thatsachen sich zu Schulden kommen lassen, von Herrn v. Hasen¬
kamp in den landesüblichen Vornamen Franz Xaver zu reden, während
Herr von Hasenkamp aus seiner ostpreußischen Taufe lediglich den Namen
Xaver davongetragen zu haben versichert. Diese Berichtigung erschien uns
denn auch so interessant, daß wir Herrn v. Hasenkamp ohne Weiteres die
Spalten unseres Blattes dafür zur Verfügung stellten.

Im Uebrigen aber bekundet leider Herr v. Hasenkamp in seiner "Berich¬
tigung nach dem Gesetz" eine ebenso oberflächliche Kenntniß desselben, wie
Herr Walesrode. Allerdings kommt ihm dabei seine Natur für seine Art
von Gesetzesauslegung besonders zu Statten. Gnetst soll bekanntlich eines
Tages, als die Leute sich den Kopf zerbrachen, wie sie einen Vagabunden
rechtlich definiren sollten, kurzweg gesagt haben: "es ist ein Mensch, dem die
Domicillosigkeit zur Gewohnheit geworden ist." In einer ähnlich beneidens-
werth negativen Lage befindet sich die Demokratie vom Nesenbach gegenüber
dem Begriff "Thatsache" und "thatsächliche Berichtigung". Sie hat seit
unvordenklichen Zeiten^ ohne Besitzstörung, so consequent ihre Behauptungen
für Thatsachen, die Thatsachen der Andern für blanke Behauptungen ausge¬
geben, daß es ihr jetzt gewiß recht sauer fällt, in die stramme Knappheit
dieses Begriffes "nach dem Gesetz" sich zu gewöhnen. So meint Herr X. v.
Hasenkamp z.B.: seine V ersi es e rum g genüge dem Gesetz, um "thatsächlich"
zu berichtigen, daß der Stuttgarter Beobachter nicht -- wie unser Corre¬
spondent behauptet hatte -- "das thatsächliche Hauptorgan der Ultramon¬
tanen in Schwaben sei"; daß der Stuttgarter Beobachter nicht "erst wieder
bei Gelegenheit des Kissinger Attentate" in schamlosem Cynismus mit dem
Mainzer Journal und dem Münchener Bolksboten wetteiferte". Nun -- wir
halten die Nummern des "Beobachter" bereit, um event, der Anklage den Be¬
weis folgen zu lassen -- und um die Herren mit den gesetzlichen Begriffen
einer "thatsächlichen Berichtigung" vertraut zu machen. Vielleicht gewöhnt
sich allmählich auch Herr Xaver -- bei Leibe nicht Franz Xaver -- von Hasen¬
kamp und der bürgerliche Herr Walesrode daran. Lassen wir ihnen Zeit dazu.
Auch der beste Meerschaum raucht sich nicht in einem Tage an.


Hans Blum.


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Hans Blum.
Verlag von A. L. Hervig. -- Druck von Hüthel S Legler in Leipzig.

vertraut hatte. Herr Walesrode bestätigt in seiner „Berichtigung" allent¬
halben diese delicate Mission und verwahrt sich nur „gegen eine moralische
und rechtliche Solidarität" — die ihm unser «-Correspondent mit keinem
Worte angedichtet — „mit Herrn Haußmann" , mit dem er übrigens noch
heute sehr häufig verkehrt. —

Herr v. Hasenkamp war in einem Punkte glücklicher. Er brachte es näm¬
lich in einer eminent bedeutsamen Frage wirklich bis zu einer thatsächlichen
Berichtigung. Unser Correspondent hatte nämlich die ungewöhnliche Abirrung
von den Thatsachen sich zu Schulden kommen lassen, von Herrn v. Hasen¬
kamp in den landesüblichen Vornamen Franz Xaver zu reden, während
Herr von Hasenkamp aus seiner ostpreußischen Taufe lediglich den Namen
Xaver davongetragen zu haben versichert. Diese Berichtigung erschien uns
denn auch so interessant, daß wir Herrn v. Hasenkamp ohne Weiteres die
Spalten unseres Blattes dafür zur Verfügung stellten.

Im Uebrigen aber bekundet leider Herr v. Hasenkamp in seiner „Berich¬
tigung nach dem Gesetz" eine ebenso oberflächliche Kenntniß desselben, wie
Herr Walesrode. Allerdings kommt ihm dabei seine Natur für seine Art
von Gesetzesauslegung besonders zu Statten. Gnetst soll bekanntlich eines
Tages, als die Leute sich den Kopf zerbrachen, wie sie einen Vagabunden
rechtlich definiren sollten, kurzweg gesagt haben: „es ist ein Mensch, dem die
Domicillosigkeit zur Gewohnheit geworden ist." In einer ähnlich beneidens-
werth negativen Lage befindet sich die Demokratie vom Nesenbach gegenüber
dem Begriff „Thatsache" und „thatsächliche Berichtigung". Sie hat seit
unvordenklichen Zeiten^ ohne Besitzstörung, so consequent ihre Behauptungen
für Thatsachen, die Thatsachen der Andern für blanke Behauptungen ausge¬
geben, daß es ihr jetzt gewiß recht sauer fällt, in die stramme Knappheit
dieses Begriffes „nach dem Gesetz" sich zu gewöhnen. So meint Herr X. v.
Hasenkamp z.B.: seine V ersi es e rum g genüge dem Gesetz, um „thatsächlich"
zu berichtigen, daß der Stuttgarter Beobachter nicht — wie unser Corre¬
spondent behauptet hatte — „das thatsächliche Hauptorgan der Ultramon¬
tanen in Schwaben sei"; daß der Stuttgarter Beobachter nicht „erst wieder
bei Gelegenheit des Kissinger Attentate« in schamlosem Cynismus mit dem
Mainzer Journal und dem Münchener Bolksboten wetteiferte". Nun — wir
halten die Nummern des „Beobachter" bereit, um event, der Anklage den Be¬
weis folgen zu lassen — und um die Herren mit den gesetzlichen Begriffen
einer „thatsächlichen Berichtigung" vertraut zu machen. Vielleicht gewöhnt
sich allmählich auch Herr Xaver — bei Leibe nicht Franz Xaver — von Hasen¬
kamp und der bürgerliche Herr Walesrode daran. Lassen wir ihnen Zeit dazu.
Auch der beste Meerschaum raucht sich nicht in einem Tage an.


Hans Blum.


Verantwortlicher Redakteur: Dr. Hans Blum.
Verlag von A. L. Hervig. — Druck von Hüthel S Legler in Leipzig.
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[0448] vertraut hatte. Herr Walesrode bestätigt in seiner „Berichtigung" allent¬ halben diese delicate Mission und verwahrt sich nur „gegen eine moralische und rechtliche Solidarität" — die ihm unser «-Correspondent mit keinem Worte angedichtet — „mit Herrn Haußmann" , mit dem er übrigens noch heute sehr häufig verkehrt. — Herr v. Hasenkamp war in einem Punkte glücklicher. Er brachte es näm¬ lich in einer eminent bedeutsamen Frage wirklich bis zu einer thatsächlichen Berichtigung. Unser Correspondent hatte nämlich die ungewöhnliche Abirrung von den Thatsachen sich zu Schulden kommen lassen, von Herrn v. Hasen¬ kamp in den landesüblichen Vornamen Franz Xaver zu reden, während Herr von Hasenkamp aus seiner ostpreußischen Taufe lediglich den Namen Xaver davongetragen zu haben versichert. Diese Berichtigung erschien uns denn auch so interessant, daß wir Herrn v. Hasenkamp ohne Weiteres die Spalten unseres Blattes dafür zur Verfügung stellten. Im Uebrigen aber bekundet leider Herr v. Hasenkamp in seiner „Berich¬ tigung nach dem Gesetz" eine ebenso oberflächliche Kenntniß desselben, wie Herr Walesrode. Allerdings kommt ihm dabei seine Natur für seine Art von Gesetzesauslegung besonders zu Statten. Gnetst soll bekanntlich eines Tages, als die Leute sich den Kopf zerbrachen, wie sie einen Vagabunden rechtlich definiren sollten, kurzweg gesagt haben: „es ist ein Mensch, dem die Domicillosigkeit zur Gewohnheit geworden ist." In einer ähnlich beneidens- werth negativen Lage befindet sich die Demokratie vom Nesenbach gegenüber dem Begriff „Thatsache" und „thatsächliche Berichtigung". Sie hat seit unvordenklichen Zeiten^ ohne Besitzstörung, so consequent ihre Behauptungen für Thatsachen, die Thatsachen der Andern für blanke Behauptungen ausge¬ geben, daß es ihr jetzt gewiß recht sauer fällt, in die stramme Knappheit dieses Begriffes „nach dem Gesetz" sich zu gewöhnen. So meint Herr X. v. Hasenkamp z.B.: seine V ersi es e rum g genüge dem Gesetz, um „thatsächlich" zu berichtigen, daß der Stuttgarter Beobachter nicht — wie unser Corre¬ spondent behauptet hatte — „das thatsächliche Hauptorgan der Ultramon¬ tanen in Schwaben sei"; daß der Stuttgarter Beobachter nicht „erst wieder bei Gelegenheit des Kissinger Attentate« in schamlosem Cynismus mit dem Mainzer Journal und dem Münchener Bolksboten wetteiferte". Nun — wir halten die Nummern des „Beobachter" bereit, um event, der Anklage den Be¬ weis folgen zu lassen — und um die Herren mit den gesetzlichen Begriffen einer „thatsächlichen Berichtigung" vertraut zu machen. Vielleicht gewöhnt sich allmählich auch Herr Xaver — bei Leibe nicht Franz Xaver — von Hasen¬ kamp und der bürgerliche Herr Walesrode daran. Lassen wir ihnen Zeit dazu. Auch der beste Meerschaum raucht sich nicht in einem Tage an. Hans Blum. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Hans Blum. Verlag von A. L. Hervig. — Druck von Hüthel S Legler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/448>, abgerufen am 19.05.2024.