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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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der Finanzen; sie ist also die eigentliche Budget-Commission des Ausschusses,
wenn auch den übrigen Commissionen einzelne Kapitel des Etats zur vor¬
läufigen Beschlußfassung vorgelegt werden. Die vierte Commission endlich ist
für die öffentlichen Arbeiten, Handel, Gewerbe und Ackerbau niedergesetzt und
zählt neun Mitglieder. Das wäre also das parlamentarische Gerippe unseres
"Provinziallandtags."

Die zweite Commission hat mit Ausnahme der Vorberathung über
Kap. 7 und 8 des Etats ihre Geschäfte bereits beendet, da ihr nur eine Vor¬
lage (No. 6), das Gesetz betreffend die Gebühren der Advokaten und An¬
wälte, zugetheilt war. Dieses Gesetz ist in der dritten Plenarsitzung mit großer
Majorität angenommen worden und zwar nach Einschaltung eines Para¬
graphen, welcher auch die Gebühren der Gerichtsvollzieher nach ähnlichen
Grundsätzen regelt. Es enthält im Wesentlichen keine prinzipiellen Bestimm¬
ungen über das Tax- und Gebührenwesen der genannten Kategorien von
''Gerichtspersonen, da dies dem bald zu erwartenden allgemeinen deutschen
Gerichts-Organisationsgesetze überlassen werden soll. Es verfügt nur, daß die
bisherigen Sätze des Tarifs in Franken und deren Bruchtheilen in Zukunft
nach Reichsmark berechnet werden sollen. Mit diesem Satze muß ich mir
gleichzeitig die Berichtigung eines Fehlers in meiner letzten Correspondenz
erlauben, der sich durch ein Versehen eingeschlichen hat. Bis jetzt bestanden
nämlich in Elsaß-Lothringen für die Gebühren der Advokaten und Anwälte
zwei Kaiserliche Decrete vom 16. Februar 1807, deren Sätze selbstredend bei
der seither eingetretenen Minderung des Geldwerthes für die heutigen Ver¬
hältnisse nicht mehr maßgebend sein können. Deshalb die obige gesetzliche
Aenderung, die sich aus sich selbst rechtfertigt.

Dabei mag es nicht uninteressant sein, auf einen Passus der Aus¬
führungen des Regierung"-Commissars Vacano, des ersten General-Advokaten
bei dem Appellationsgerichte zu Colmar, hinzuweisen, wonach augenblicklich
die früher auf 76 sich belaufende Zahl der Anwälte in den Reichslanden mit
einem Durchschnittseinkommen von 7600 Franken auf 37 gesunken ist. Seit¬
her ist bekanntlich durch das Gesetz vom 8. November 1872 die Vereinbar¬
keit der Advokatur mit der Anwaltschaft wie in der Rheinprovinz ausge¬
sprochen worden. Vollständig in xrs.xi durchgeführt ist dies aber einstweilen
nur in Straßburg, wo sich eine größere Anzahl Advokat-Anwälte nieder¬
gelassen hat, während beispielsweise am Sitz des Appelhofes zu Colmar die
Trennung beider Stellungen ac t^ceo nicht besteht. Doch ist man auch hier
allseitig darüber einverstanden, daß die Zahl der Anwälte (im Ganzen vier,
und zwar nur Elsässer) den Bedürfnissen nicht im Entferntesten entspricht.

Von den übrigen neun Vorlagen, welche Gegenstand der Berathung des
diesjährigen Landesausschusses sind, dürften als von allgemeinerem Interesse


der Finanzen; sie ist also die eigentliche Budget-Commission des Ausschusses,
wenn auch den übrigen Commissionen einzelne Kapitel des Etats zur vor¬
läufigen Beschlußfassung vorgelegt werden. Die vierte Commission endlich ist
für die öffentlichen Arbeiten, Handel, Gewerbe und Ackerbau niedergesetzt und
zählt neun Mitglieder. Das wäre also das parlamentarische Gerippe unseres
„Provinziallandtags."

Die zweite Commission hat mit Ausnahme der Vorberathung über
Kap. 7 und 8 des Etats ihre Geschäfte bereits beendet, da ihr nur eine Vor¬
lage (No. 6), das Gesetz betreffend die Gebühren der Advokaten und An¬
wälte, zugetheilt war. Dieses Gesetz ist in der dritten Plenarsitzung mit großer
Majorität angenommen worden und zwar nach Einschaltung eines Para¬
graphen, welcher auch die Gebühren der Gerichtsvollzieher nach ähnlichen
Grundsätzen regelt. Es enthält im Wesentlichen keine prinzipiellen Bestimm¬
ungen über das Tax- und Gebührenwesen der genannten Kategorien von
''Gerichtspersonen, da dies dem bald zu erwartenden allgemeinen deutschen
Gerichts-Organisationsgesetze überlassen werden soll. Es verfügt nur, daß die
bisherigen Sätze des Tarifs in Franken und deren Bruchtheilen in Zukunft
nach Reichsmark berechnet werden sollen. Mit diesem Satze muß ich mir
gleichzeitig die Berichtigung eines Fehlers in meiner letzten Correspondenz
erlauben, der sich durch ein Versehen eingeschlichen hat. Bis jetzt bestanden
nämlich in Elsaß-Lothringen für die Gebühren der Advokaten und Anwälte
zwei Kaiserliche Decrete vom 16. Februar 1807, deren Sätze selbstredend bei
der seither eingetretenen Minderung des Geldwerthes für die heutigen Ver¬
hältnisse nicht mehr maßgebend sein können. Deshalb die obige gesetzliche
Aenderung, die sich aus sich selbst rechtfertigt.

Dabei mag es nicht uninteressant sein, auf einen Passus der Aus¬
führungen des Regierung«-Commissars Vacano, des ersten General-Advokaten
bei dem Appellationsgerichte zu Colmar, hinzuweisen, wonach augenblicklich
die früher auf 76 sich belaufende Zahl der Anwälte in den Reichslanden mit
einem Durchschnittseinkommen von 7600 Franken auf 37 gesunken ist. Seit¬
her ist bekanntlich durch das Gesetz vom 8. November 1872 die Vereinbar¬
keit der Advokatur mit der Anwaltschaft wie in der Rheinprovinz ausge¬
sprochen worden. Vollständig in xrs.xi durchgeführt ist dies aber einstweilen
nur in Straßburg, wo sich eine größere Anzahl Advokat-Anwälte nieder¬
gelassen hat, während beispielsweise am Sitz des Appelhofes zu Colmar die
Trennung beider Stellungen ac t^ceo nicht besteht. Doch ist man auch hier
allseitig darüber einverstanden, daß die Zahl der Anwälte (im Ganzen vier,
und zwar nur Elsässer) den Bedürfnissen nicht im Entferntesten entspricht.

Von den übrigen neun Vorlagen, welche Gegenstand der Berathung des
diesjährigen Landesausschusses sind, dürften als von allgemeinerem Interesse


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[0195] der Finanzen; sie ist also die eigentliche Budget-Commission des Ausschusses, wenn auch den übrigen Commissionen einzelne Kapitel des Etats zur vor¬ läufigen Beschlußfassung vorgelegt werden. Die vierte Commission endlich ist für die öffentlichen Arbeiten, Handel, Gewerbe und Ackerbau niedergesetzt und zählt neun Mitglieder. Das wäre also das parlamentarische Gerippe unseres „Provinziallandtags." Die zweite Commission hat mit Ausnahme der Vorberathung über Kap. 7 und 8 des Etats ihre Geschäfte bereits beendet, da ihr nur eine Vor¬ lage (No. 6), das Gesetz betreffend die Gebühren der Advokaten und An¬ wälte, zugetheilt war. Dieses Gesetz ist in der dritten Plenarsitzung mit großer Majorität angenommen worden und zwar nach Einschaltung eines Para¬ graphen, welcher auch die Gebühren der Gerichtsvollzieher nach ähnlichen Grundsätzen regelt. Es enthält im Wesentlichen keine prinzipiellen Bestimm¬ ungen über das Tax- und Gebührenwesen der genannten Kategorien von ''Gerichtspersonen, da dies dem bald zu erwartenden allgemeinen deutschen Gerichts-Organisationsgesetze überlassen werden soll. Es verfügt nur, daß die bisherigen Sätze des Tarifs in Franken und deren Bruchtheilen in Zukunft nach Reichsmark berechnet werden sollen. Mit diesem Satze muß ich mir gleichzeitig die Berichtigung eines Fehlers in meiner letzten Correspondenz erlauben, der sich durch ein Versehen eingeschlichen hat. Bis jetzt bestanden nämlich in Elsaß-Lothringen für die Gebühren der Advokaten und Anwälte zwei Kaiserliche Decrete vom 16. Februar 1807, deren Sätze selbstredend bei der seither eingetretenen Minderung des Geldwerthes für die heutigen Ver¬ hältnisse nicht mehr maßgebend sein können. Deshalb die obige gesetzliche Aenderung, die sich aus sich selbst rechtfertigt. Dabei mag es nicht uninteressant sein, auf einen Passus der Aus¬ führungen des Regierung«-Commissars Vacano, des ersten General-Advokaten bei dem Appellationsgerichte zu Colmar, hinzuweisen, wonach augenblicklich die früher auf 76 sich belaufende Zahl der Anwälte in den Reichslanden mit einem Durchschnittseinkommen von 7600 Franken auf 37 gesunken ist. Seit¬ her ist bekanntlich durch das Gesetz vom 8. November 1872 die Vereinbar¬ keit der Advokatur mit der Anwaltschaft wie in der Rheinprovinz ausge¬ sprochen worden. Vollständig in xrs.xi durchgeführt ist dies aber einstweilen nur in Straßburg, wo sich eine größere Anzahl Advokat-Anwälte nieder¬ gelassen hat, während beispielsweise am Sitz des Appelhofes zu Colmar die Trennung beider Stellungen ac t^ceo nicht besteht. Doch ist man auch hier allseitig darüber einverstanden, daß die Zahl der Anwälte (im Ganzen vier, und zwar nur Elsässer) den Bedürfnissen nicht im Entferntesten entspricht. Von den übrigen neun Vorlagen, welche Gegenstand der Berathung des diesjährigen Landesausschusses sind, dürften als von allgemeinerem Interesse

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/195>, abgerufen am 26.05.2024.