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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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die Schneegrenze des Kilima-Ndscharo erstieg und Schnee und Eis mit seinen
Händen faßte, brachte wohl die letzten Zweifler zum Schweigen.

Eine weite Leere gähnt noch auf den Karten im östlichen Horn Afrika's,
im Somalilande, welches im Nordwesten an die Gebirge Abessiniens und des
Kafalandes grenzt, aus welchem mehrere, ihrer Länge nach ziemlich bedeutende
Flüsse nach der oceanischen Küste abströmen. Davon sind der auf weite
Strecken hin schiffbare Dschuba und der kleine Küstenfluß Tuba durch die
von der Decken'sche Expedition bekannter geworden. Im Uebrigen sind bis
jetzt nur wenig Europäer in diesen abgelegenen Erdenwinkel eingetreten. Die
Schriften der wenigen Besucher, wie Amtleuten's, Wellstedt's, Rigby's, sowie
Guillcnn's. welcher 1846 an der französischen Küstenaufnahme Ostafrika's
betheiligt war, haben einige Lichtblicke in jene Gegenden gewährt. Capitän
Speke drang 1854 von Berberah südwärts in das Land der Warsingali vor.
Im südlichen Somaligebiete sowie im Gallalande verdanken wir unsere besten
und vollständigsten Kenntnisse den Reisen von der Decken's, R. Brenner's
und der übrigen Theilnehmer dieser so unglücklichen Expedition. Baron
Claus von der Decken befuhr in seinem Dampfboote "Wels," welchen der
kleine "Passepartout" begleitete, 1863 die Gallaküste von Mombas bis
Dschumbo und untersuchte die Mündung des Tula und den Lauf des Dochuba
bis oberhalb Bardera, in gerader Richtung über 40 Meilen vom Meere ent¬
fernt. Ein verrätherischer Ueberfall auf den unterhalb der Stromschnellen des
Dschuba gestrandeten "Wels" kostete am 1. und 2. Oktober 1865 den meisten
Mitgliedern der Expedition das Leben. Richard Brenner, einer der wenigen
geretteten Begleiter von der Decken's, bereiste 1867 und 1868 das Gallalaud
in einiger Entfernung von der Küste, stieß landeinwärts bis Baole am Dana^
flusse und Sorori am Dschuba vor, und erreichte längs des Meeresstrandes
Makdischu, nahe dem Punkte, wo der Wobifluß aus dem Innern an die Küste
herantritt. Endlich ist auch noch des englischen Capitän Miles Erwähnung
zu thun, welcher im Jahre 1871 von Bender Marayeh aus durch das Wady
Jaeck in den Nordosten des Somalilandes vordrang.

Es erübrigt uns noch, um unseren Rundgang um Afrika zu vollenden,
einen Blick auf das Hochland von Abessinien zu werfen, welches der Schotte
James Bruce zu Ende des vorigen Jahrhunderts eingehender bereist und
geschildert hatte. Erst drei Jahrzehnte später erhielten wir durch Henry Salt,
der 1809 -- 1810 über Massaua, Arkiko, Halai, Dixan nach der Provinz
Enderta ging, jedoch nicht bis Gondar kam, nähere werthvolle Mittheilungen
über Abessinien. Im Jahre 1825 durchwanderte W. F. Hemprich die Küsten--
gebirge, während C. G. Ehrenberg nach den heißen Quellen von Eliae zog.
Die bedeutendste und ergebnißreichste Reise in Abessinien seit Bruce führte
aber 1831--33 Eduard Rüppell aus; über Halai wandte er sich in südlicher


die Schneegrenze des Kilima-Ndscharo erstieg und Schnee und Eis mit seinen
Händen faßte, brachte wohl die letzten Zweifler zum Schweigen.

Eine weite Leere gähnt noch auf den Karten im östlichen Horn Afrika's,
im Somalilande, welches im Nordwesten an die Gebirge Abessiniens und des
Kafalandes grenzt, aus welchem mehrere, ihrer Länge nach ziemlich bedeutende
Flüsse nach der oceanischen Küste abströmen. Davon sind der auf weite
Strecken hin schiffbare Dschuba und der kleine Küstenfluß Tuba durch die
von der Decken'sche Expedition bekannter geworden. Im Uebrigen sind bis
jetzt nur wenig Europäer in diesen abgelegenen Erdenwinkel eingetreten. Die
Schriften der wenigen Besucher, wie Amtleuten's, Wellstedt's, Rigby's, sowie
Guillcnn's. welcher 1846 an der französischen Küstenaufnahme Ostafrika's
betheiligt war, haben einige Lichtblicke in jene Gegenden gewährt. Capitän
Speke drang 1854 von Berberah südwärts in das Land der Warsingali vor.
Im südlichen Somaligebiete sowie im Gallalande verdanken wir unsere besten
und vollständigsten Kenntnisse den Reisen von der Decken's, R. Brenner's
und der übrigen Theilnehmer dieser so unglücklichen Expedition. Baron
Claus von der Decken befuhr in seinem Dampfboote „Wels," welchen der
kleine „Passepartout" begleitete, 1863 die Gallaküste von Mombas bis
Dschumbo und untersuchte die Mündung des Tula und den Lauf des Dochuba
bis oberhalb Bardera, in gerader Richtung über 40 Meilen vom Meere ent¬
fernt. Ein verrätherischer Ueberfall auf den unterhalb der Stromschnellen des
Dschuba gestrandeten „Wels" kostete am 1. und 2. Oktober 1865 den meisten
Mitgliedern der Expedition das Leben. Richard Brenner, einer der wenigen
geretteten Begleiter von der Decken's, bereiste 1867 und 1868 das Gallalaud
in einiger Entfernung von der Küste, stieß landeinwärts bis Baole am Dana^
flusse und Sorori am Dschuba vor, und erreichte längs des Meeresstrandes
Makdischu, nahe dem Punkte, wo der Wobifluß aus dem Innern an die Küste
herantritt. Endlich ist auch noch des englischen Capitän Miles Erwähnung
zu thun, welcher im Jahre 1871 von Bender Marayeh aus durch das Wady
Jaeck in den Nordosten des Somalilandes vordrang.

Es erübrigt uns noch, um unseren Rundgang um Afrika zu vollenden,
einen Blick auf das Hochland von Abessinien zu werfen, welches der Schotte
James Bruce zu Ende des vorigen Jahrhunderts eingehender bereist und
geschildert hatte. Erst drei Jahrzehnte später erhielten wir durch Henry Salt,
der 1809 — 1810 über Massaua, Arkiko, Halai, Dixan nach der Provinz
Enderta ging, jedoch nicht bis Gondar kam, nähere werthvolle Mittheilungen
über Abessinien. Im Jahre 1825 durchwanderte W. F. Hemprich die Küsten--
gebirge, während C. G. Ehrenberg nach den heißen Quellen von Eliae zog.
Die bedeutendste und ergebnißreichste Reise in Abessinien seit Bruce führte
aber 1831—33 Eduard Rüppell aus; über Halai wandte er sich in südlicher


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[0218] die Schneegrenze des Kilima-Ndscharo erstieg und Schnee und Eis mit seinen Händen faßte, brachte wohl die letzten Zweifler zum Schweigen. Eine weite Leere gähnt noch auf den Karten im östlichen Horn Afrika's, im Somalilande, welches im Nordwesten an die Gebirge Abessiniens und des Kafalandes grenzt, aus welchem mehrere, ihrer Länge nach ziemlich bedeutende Flüsse nach der oceanischen Küste abströmen. Davon sind der auf weite Strecken hin schiffbare Dschuba und der kleine Küstenfluß Tuba durch die von der Decken'sche Expedition bekannter geworden. Im Uebrigen sind bis jetzt nur wenig Europäer in diesen abgelegenen Erdenwinkel eingetreten. Die Schriften der wenigen Besucher, wie Amtleuten's, Wellstedt's, Rigby's, sowie Guillcnn's. welcher 1846 an der französischen Küstenaufnahme Ostafrika's betheiligt war, haben einige Lichtblicke in jene Gegenden gewährt. Capitän Speke drang 1854 von Berberah südwärts in das Land der Warsingali vor. Im südlichen Somaligebiete sowie im Gallalande verdanken wir unsere besten und vollständigsten Kenntnisse den Reisen von der Decken's, R. Brenner's und der übrigen Theilnehmer dieser so unglücklichen Expedition. Baron Claus von der Decken befuhr in seinem Dampfboote „Wels," welchen der kleine „Passepartout" begleitete, 1863 die Gallaküste von Mombas bis Dschumbo und untersuchte die Mündung des Tula und den Lauf des Dochuba bis oberhalb Bardera, in gerader Richtung über 40 Meilen vom Meere ent¬ fernt. Ein verrätherischer Ueberfall auf den unterhalb der Stromschnellen des Dschuba gestrandeten „Wels" kostete am 1. und 2. Oktober 1865 den meisten Mitgliedern der Expedition das Leben. Richard Brenner, einer der wenigen geretteten Begleiter von der Decken's, bereiste 1867 und 1868 das Gallalaud in einiger Entfernung von der Küste, stieß landeinwärts bis Baole am Dana^ flusse und Sorori am Dschuba vor, und erreichte längs des Meeresstrandes Makdischu, nahe dem Punkte, wo der Wobifluß aus dem Innern an die Küste herantritt. Endlich ist auch noch des englischen Capitän Miles Erwähnung zu thun, welcher im Jahre 1871 von Bender Marayeh aus durch das Wady Jaeck in den Nordosten des Somalilandes vordrang. Es erübrigt uns noch, um unseren Rundgang um Afrika zu vollenden, einen Blick auf das Hochland von Abessinien zu werfen, welches der Schotte James Bruce zu Ende des vorigen Jahrhunderts eingehender bereist und geschildert hatte. Erst drei Jahrzehnte später erhielten wir durch Henry Salt, der 1809 — 1810 über Massaua, Arkiko, Halai, Dixan nach der Provinz Enderta ging, jedoch nicht bis Gondar kam, nähere werthvolle Mittheilungen über Abessinien. Im Jahre 1825 durchwanderte W. F. Hemprich die Küsten-- gebirge, während C. G. Ehrenberg nach den heißen Quellen von Eliae zog. Die bedeutendste und ergebnißreichste Reise in Abessinien seit Bruce führte aber 1831—33 Eduard Rüppell aus; über Halai wandte er sich in südlicher

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/218>, abgerufen am 16.06.2024.