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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Völker, die in jüngster Zeit auf wahrhaft glänzende Leistungen zurückblicken
können: Franzosen. Engländer, Deutsche. In der genannten Reihenfolge
treten sie auch chronologisch auf dem afrikanischen Schauplatze auf; während
das Unternehmungsgebiet der Engländer von vornherein ein vielseitiges war,
sehen wir die Deutschen zuerst aus das Nilland beschränkt, dann aber all-
mählig sich über Ost- und Nordafrika ausbreiten. Heute, nach kaum viel
mehr denn einem halben Jahrhundert, giebt es fast keine Region Afrika's
mehr, in dem wir nicht deutschen Forschernamen begegnen.




Mark Hwain in der alten Welt.

Amerikanische Humoristen 4. Bd. Die Arglosen auf Reisen van Mark Twain.
Uebersetzt von Moritz Busch. Leipzig. F. Wilhelm Grunow. 1875.

Die Leser kennen Mark Twain. Sie erinnern sich seines berühmten
Springfrosches und seiner andern lustigen Geschichten, seiner Reise über die
westliche Prairiewildniß und die Rocky Mountains und seiner köstlichen
Bilder aus dem Leben im Silberlaut Nevada. Seine komische Manier, die
Dinge an- und aufzufassen, seine originellen Vergleiche, seine humoristischen
Uebertreibungen und die Art, wie er alle Welt, und gelegentlich auch sich
selbst persistirt und ironisirt, wird ihnen neu und nicht unbehaglich gewesen
sein, und so darf er wohl auf einen guten Empfang hoffen, wenn er hier
wieder erscheint, um sich als Reisender in der alten Welt vorzustellen.

"Ein ernster Mann, von Stirne kraus" soll zwar in einem Hamburger
Blatte seine Abneigung vor ihm geäußert und überdies gemeint haben, er sei
eigentlich gar kein Humorist. Aber dieser Verdrießliche stand mit solcher An¬
sicht allein wie Adam, als Eva noch nicht erschaffen war, und so dürfen wir
wohl annehmen, daß sein Urtheil nur auf einer Mißbildung seiner Geschmacks¬
und Beurtheilungsorgane beruht. Es giebt Leute, die keine Nase für Blumen
und keine Zunge für Wein haben, es giebt andere, die das gelb sehen, was
aller Welt sonst rosenroth erscheint, es giebt kritische Stirnrunzler, die keinen
Spaß verstehen, und unser Hamburger Onkel mag zu einer von diesen drei
Menschenklassen gehören, ja vielleicht vereinigt er alle drei in sich. Möglicher¬
weise hat er auch nur ein paar Seiten von unserm amerikanischen Freunde
und diese noch dazu flüchtig angesehen; denn in der Tretmühle der Tages¬
presse heißt's: flink sein und sich dazuhalten. Auf der linken Seite des
Bücherverarbeiters liegt ein Stoß von Bänden, die alle heute noch abgethan
sein müssen, auf der rechten steckt schon der Druckerjungc den Kopf nach


Völker, die in jüngster Zeit auf wahrhaft glänzende Leistungen zurückblicken
können: Franzosen. Engländer, Deutsche. In der genannten Reihenfolge
treten sie auch chronologisch auf dem afrikanischen Schauplatze auf; während
das Unternehmungsgebiet der Engländer von vornherein ein vielseitiges war,
sehen wir die Deutschen zuerst aus das Nilland beschränkt, dann aber all-
mählig sich über Ost- und Nordafrika ausbreiten. Heute, nach kaum viel
mehr denn einem halben Jahrhundert, giebt es fast keine Region Afrika's
mehr, in dem wir nicht deutschen Forschernamen begegnen.




Mark Hwain in der alten Welt.

Amerikanische Humoristen 4. Bd. Die Arglosen auf Reisen van Mark Twain.
Uebersetzt von Moritz Busch. Leipzig. F. Wilhelm Grunow. 1875.

Die Leser kennen Mark Twain. Sie erinnern sich seines berühmten
Springfrosches und seiner andern lustigen Geschichten, seiner Reise über die
westliche Prairiewildniß und die Rocky Mountains und seiner köstlichen
Bilder aus dem Leben im Silberlaut Nevada. Seine komische Manier, die
Dinge an- und aufzufassen, seine originellen Vergleiche, seine humoristischen
Uebertreibungen und die Art, wie er alle Welt, und gelegentlich auch sich
selbst persistirt und ironisirt, wird ihnen neu und nicht unbehaglich gewesen
sein, und so darf er wohl auf einen guten Empfang hoffen, wenn er hier
wieder erscheint, um sich als Reisender in der alten Welt vorzustellen.

„Ein ernster Mann, von Stirne kraus" soll zwar in einem Hamburger
Blatte seine Abneigung vor ihm geäußert und überdies gemeint haben, er sei
eigentlich gar kein Humorist. Aber dieser Verdrießliche stand mit solcher An¬
sicht allein wie Adam, als Eva noch nicht erschaffen war, und so dürfen wir
wohl annehmen, daß sein Urtheil nur auf einer Mißbildung seiner Geschmacks¬
und Beurtheilungsorgane beruht. Es giebt Leute, die keine Nase für Blumen
und keine Zunge für Wein haben, es giebt andere, die das gelb sehen, was
aller Welt sonst rosenroth erscheint, es giebt kritische Stirnrunzler, die keinen
Spaß verstehen, und unser Hamburger Onkel mag zu einer von diesen drei
Menschenklassen gehören, ja vielleicht vereinigt er alle drei in sich. Möglicher¬
weise hat er auch nur ein paar Seiten von unserm amerikanischen Freunde
und diese noch dazu flüchtig angesehen; denn in der Tretmühle der Tages¬
presse heißt's: flink sein und sich dazuhalten. Auf der linken Seite des
Bücherverarbeiters liegt ein Stoß von Bänden, die alle heute noch abgethan
sein müssen, auf der rechten steckt schon der Druckerjungc den Kopf nach


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[0220] Völker, die in jüngster Zeit auf wahrhaft glänzende Leistungen zurückblicken können: Franzosen. Engländer, Deutsche. In der genannten Reihenfolge treten sie auch chronologisch auf dem afrikanischen Schauplatze auf; während das Unternehmungsgebiet der Engländer von vornherein ein vielseitiges war, sehen wir die Deutschen zuerst aus das Nilland beschränkt, dann aber all- mählig sich über Ost- und Nordafrika ausbreiten. Heute, nach kaum viel mehr denn einem halben Jahrhundert, giebt es fast keine Region Afrika's mehr, in dem wir nicht deutschen Forschernamen begegnen. Mark Hwain in der alten Welt. Amerikanische Humoristen 4. Bd. Die Arglosen auf Reisen van Mark Twain. Uebersetzt von Moritz Busch. Leipzig. F. Wilhelm Grunow. 1875. Die Leser kennen Mark Twain. Sie erinnern sich seines berühmten Springfrosches und seiner andern lustigen Geschichten, seiner Reise über die westliche Prairiewildniß und die Rocky Mountains und seiner köstlichen Bilder aus dem Leben im Silberlaut Nevada. Seine komische Manier, die Dinge an- und aufzufassen, seine originellen Vergleiche, seine humoristischen Uebertreibungen und die Art, wie er alle Welt, und gelegentlich auch sich selbst persistirt und ironisirt, wird ihnen neu und nicht unbehaglich gewesen sein, und so darf er wohl auf einen guten Empfang hoffen, wenn er hier wieder erscheint, um sich als Reisender in der alten Welt vorzustellen. „Ein ernster Mann, von Stirne kraus" soll zwar in einem Hamburger Blatte seine Abneigung vor ihm geäußert und überdies gemeint haben, er sei eigentlich gar kein Humorist. Aber dieser Verdrießliche stand mit solcher An¬ sicht allein wie Adam, als Eva noch nicht erschaffen war, und so dürfen wir wohl annehmen, daß sein Urtheil nur auf einer Mißbildung seiner Geschmacks¬ und Beurtheilungsorgane beruht. Es giebt Leute, die keine Nase für Blumen und keine Zunge für Wein haben, es giebt andere, die das gelb sehen, was aller Welt sonst rosenroth erscheint, es giebt kritische Stirnrunzler, die keinen Spaß verstehen, und unser Hamburger Onkel mag zu einer von diesen drei Menschenklassen gehören, ja vielleicht vereinigt er alle drei in sich. Möglicher¬ weise hat er auch nur ein paar Seiten von unserm amerikanischen Freunde und diese noch dazu flüchtig angesehen; denn in der Tretmühle der Tages¬ presse heißt's: flink sein und sich dazuhalten. Auf der linken Seite des Bücherverarbeiters liegt ein Stoß von Bänden, die alle heute noch abgethan sein müssen, auf der rechten steckt schon der Druckerjungc den Kopf nach

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/220>, abgerufen am 16.06.2024.