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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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werden. Aber der geniale Gedanke schlug fehl, indem der zweite Krieg der
Vereinigten Staaten mit Großbritannien ausbrach. Das erste der ausgesandten
Schiffe und ebenso das dritte ging verloren. Das Fort Astoria wurde von
den Engländern weggenommen, und als es nach Beendigung des Krieges
eben zurückgegeben werden sollte, war es inzwischen durch den Verrath eines
von Astor's Compagnons, des Schotten Mac Dougal an die Agenten des
"Northwest Für Company" verkauft worden.

Astor war jetzt einer der größten Kaufleute Amerikas. Seine Schiffe,
befrachtet mit rohen Fellen für England, Deutschland, Frankreich und Rußland,
und mit Pelzwaaren, Ginseng und Silberdollars für die chinesischen Märkte,
durchfurchten jetzt alle Meere, um die Produkte der neuen Welt aufzunehmen
und dafür die der alten zu bringen. Astor's- Weisungen für seine Kapitäne
gingen sehr ins Einzelne. Er legte eine Kenntniß der verschiedenen Märkte
an den Tag, als ob er sie aus eigener langjähriger Erfahrung kannte. Er
übersah nichts, selbst das scheinbar Unbedeutendste fand bei ihm Beachtung.
So konnte es nicht fehlen, daß sein Reichthum von Jahr zu Jahr wuchs.
Mehr aber wie durch seine Handelsgeschäfte nahm sein Vermögen durch seine
fortgesetzten Ankäufe von Grundbesitz in Neuyork zu, der dann seinen Werth
im Verlaufe der nächsten drei oder vier Jahrzehnte verdoppelte, verdreifachte,
ja in manchen Fällen verzehnfachte. Das Jnhaltsverzeichniß der von Astor
in den neunundfunfzig Jahren zwischen seinem ersten und seinem letzten Kauf
solches Grundeigenthums erworbenen Häuser und Bauplätze geht in den
Büchern der Registers Office über nicht weniger als sieben enggedruckte Seiten.

Bei seinem Tode, der am 29. März 1848 erfolgte, schätzte man sein
Vermögen auf wenigstens vierzig Millionen Dollars. Den größeren Theil
seines Lebens wohnte er in einem der Häuser am Broadway, wo jetzt das
Astor House steht. Als er letzteres baute, (es ist bekanntlich ein Gasthof)
zog er in ein anderes anspruchloses Haus am Broadway, Niblos Garten
gegenüber und nicht weit von dem bescheidenen Comptoir in der Prince Street,
wo die gesammten Geschäfte des Astor'schen Grundbesitzes besorgt wurden.

Auch zwei Schwestern Astor's folgten ihm nach Amerika, Katharina, die
einen Branntweinbrenner zum Manne hatte, und eine andere, die mit einem
Kürschner verheirathet war. Johann Jakob Astor hatte sieben Kinder, von
denen das älteste, Magdalena, 1788 geboren, zuerst mit dem dänischen Gou¬
verneur der Insel Santa Cruz, Bentzen, und nach dessen 1814 erfolgtem
Tode mit dem Engländer Bristed verheirathet war. welcher, nachdem er in
seiner Heimath ein gesuchter Arzt gewesen, in Amerika zuerst Advocat, dann
Prediger wurde. Sie starb 1832, sechzehn Jahre vor ihrem Vater. Das
zweite Kind, ebenfalls eine Tochter, starb in früher Jugend. Das dritte war
Wilhelm B. Astor, der 1793 geboren wurde und am 2. November 1875 starb.


werden. Aber der geniale Gedanke schlug fehl, indem der zweite Krieg der
Vereinigten Staaten mit Großbritannien ausbrach. Das erste der ausgesandten
Schiffe und ebenso das dritte ging verloren. Das Fort Astoria wurde von
den Engländern weggenommen, und als es nach Beendigung des Krieges
eben zurückgegeben werden sollte, war es inzwischen durch den Verrath eines
von Astor's Compagnons, des Schotten Mac Dougal an die Agenten des
„Northwest Für Company" verkauft worden.

Astor war jetzt einer der größten Kaufleute Amerikas. Seine Schiffe,
befrachtet mit rohen Fellen für England, Deutschland, Frankreich und Rußland,
und mit Pelzwaaren, Ginseng und Silberdollars für die chinesischen Märkte,
durchfurchten jetzt alle Meere, um die Produkte der neuen Welt aufzunehmen
und dafür die der alten zu bringen. Astor's- Weisungen für seine Kapitäne
gingen sehr ins Einzelne. Er legte eine Kenntniß der verschiedenen Märkte
an den Tag, als ob er sie aus eigener langjähriger Erfahrung kannte. Er
übersah nichts, selbst das scheinbar Unbedeutendste fand bei ihm Beachtung.
So konnte es nicht fehlen, daß sein Reichthum von Jahr zu Jahr wuchs.
Mehr aber wie durch seine Handelsgeschäfte nahm sein Vermögen durch seine
fortgesetzten Ankäufe von Grundbesitz in Neuyork zu, der dann seinen Werth
im Verlaufe der nächsten drei oder vier Jahrzehnte verdoppelte, verdreifachte,
ja in manchen Fällen verzehnfachte. Das Jnhaltsverzeichniß der von Astor
in den neunundfunfzig Jahren zwischen seinem ersten und seinem letzten Kauf
solches Grundeigenthums erworbenen Häuser und Bauplätze geht in den
Büchern der Registers Office über nicht weniger als sieben enggedruckte Seiten.

Bei seinem Tode, der am 29. März 1848 erfolgte, schätzte man sein
Vermögen auf wenigstens vierzig Millionen Dollars. Den größeren Theil
seines Lebens wohnte er in einem der Häuser am Broadway, wo jetzt das
Astor House steht. Als er letzteres baute, (es ist bekanntlich ein Gasthof)
zog er in ein anderes anspruchloses Haus am Broadway, Niblos Garten
gegenüber und nicht weit von dem bescheidenen Comptoir in der Prince Street,
wo die gesammten Geschäfte des Astor'schen Grundbesitzes besorgt wurden.

Auch zwei Schwestern Astor's folgten ihm nach Amerika, Katharina, die
einen Branntweinbrenner zum Manne hatte, und eine andere, die mit einem
Kürschner verheirathet war. Johann Jakob Astor hatte sieben Kinder, von
denen das älteste, Magdalena, 1788 geboren, zuerst mit dem dänischen Gou¬
verneur der Insel Santa Cruz, Bentzen, und nach dessen 1814 erfolgtem
Tode mit dem Engländer Bristed verheirathet war. welcher, nachdem er in
seiner Heimath ein gesuchter Arzt gewesen, in Amerika zuerst Advocat, dann
Prediger wurde. Sie starb 1832, sechzehn Jahre vor ihrem Vater. Das
zweite Kind, ebenfalls eine Tochter, starb in früher Jugend. Das dritte war
Wilhelm B. Astor, der 1793 geboren wurde und am 2. November 1875 starb.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/394>, abgerufen am 22.05.2024.