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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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und das Wappenbild, ein Adler, der einen Speer schwingt, ist ein Commen-
rar dazu. In Greene's "Kroats ^Vortd ok Wit" wird der Dichter als "tds
oniz^ Lus-Ice-Scene in elf eountr^" gerühmt. In der ersten Folioausgabe
der Werke Ben Jonson's, die er selbst sorgfältig durchgesehen, kommt der
Name zweimal als Shakespeare vor, und das war fast allgemein angenommen
zu Lebzeiten des Poeten; aber, wie Furnival in ^oaäöm^" sagt: "Die
Praxis der Freunde, Kritiker und Drucker des Dichters hat gar nichts zu be¬
deuten gegenüber der Art, in welcher er gewisse gesetzliche Documente eigen¬
händig unterschrieben hat."

Es giebt solcher unzweifelhaft echten Unterschriften: 1) die, welche unter
dem Kaufvertrage steht, durch welchen er ein Haus in Blackfriars erwarb.
Dieses Autograph wurde im Jahre 1843 von der Stadt London um 143
Pfund erworben und befindet sich jetzt in der Guildhall. Ein Facsimile da¬
von giebt Grant White's Ausgabe der Werke des Dichters. Sir Francis
Matten und Furnival, die geschicktesten Entzifferer alterthümlicher und schwer¬
leserlicher Handschriften in England, lesen die Unterschrift Shakspere. 2) Die
unter einem Hypothekenbriefe, der sich auf dasselbe Grundstück bezieht. Sie
wurde 1888 vom Britischen Museum für die Summe von 315 Pfund ange¬
kauft. Wenn das einzige Facsimile, welches davon existirt, sie genau wieder¬
giebt, so hat die englische Regierung die ungeheure Summe von 6300 Ma>k
für ein Autograph ausgegeben, welches nahezu unleserlich ist. Matten und
Furnival indeß stimmen nach sorgfältiger Prüfung, die sie unabhängig von
einander anstellten, darin überein, daß auch hier Shakspere zu lesen ist. 3),
4) und 5) Drei Signaturen, die dem Testaments des großen Dichters beige¬
geben sind. Dieses Document, welches jedermann in Doctors Commons zu
London für einen Schilling zu sehen bekommen kann, umfaßt drei Bogen
Papier, welche alle drei den Namen des Dichters tragen. Man hat die Ver¬
muthung ausgesprochen, daß die beiden ersten vom Notar, der das Testament
aufgesetzt habe, herrührten, und daß nur die letzte aus der Feder des Dichters
selbst sei. Diese Ansicht ist indeß als unhaltbar nachgewiesen worden, und
man betrachtet jetzt wohl allgemein alle drei Unterschriften als von der Hand
des Dichters stammend. Grant White giebt in dem oben angeführten Werke
Facftmilia davon. Die erste und zweite scheinen Shakspere zu heißen -- so
lesen wenigstens Matten und Furnival -- die dritre aber sieht entschieden
Wie Shakspeare aus. So wird sie von Matten, so auch von Stee-
vens und Malone gelesen, die im Jahre 1776, bevor die! Unterschrift
durch häufiges Betasten der das Document Besichtigenden verwischt wurde, ein
Facsimile von ihr machten. Furnival dagegen bleibt dabei, auch dieses Auto¬
graph sei Shakspere zu lesen.


und das Wappenbild, ein Adler, der einen Speer schwingt, ist ein Commen-
rar dazu. In Greene's «Kroats ^Vortd ok Wit" wird der Dichter als „tds
oniz^ Lus-Ice-Scene in elf eountr^" gerühmt. In der ersten Folioausgabe
der Werke Ben Jonson's, die er selbst sorgfältig durchgesehen, kommt der
Name zweimal als Shakespeare vor, und das war fast allgemein angenommen
zu Lebzeiten des Poeten; aber, wie Furnival in ^oaäöm^" sagt: „Die
Praxis der Freunde, Kritiker und Drucker des Dichters hat gar nichts zu be¬
deuten gegenüber der Art, in welcher er gewisse gesetzliche Documente eigen¬
händig unterschrieben hat."

Es giebt solcher unzweifelhaft echten Unterschriften: 1) die, welche unter
dem Kaufvertrage steht, durch welchen er ein Haus in Blackfriars erwarb.
Dieses Autograph wurde im Jahre 1843 von der Stadt London um 143
Pfund erworben und befindet sich jetzt in der Guildhall. Ein Facsimile da¬
von giebt Grant White's Ausgabe der Werke des Dichters. Sir Francis
Matten und Furnival, die geschicktesten Entzifferer alterthümlicher und schwer¬
leserlicher Handschriften in England, lesen die Unterschrift Shakspere. 2) Die
unter einem Hypothekenbriefe, der sich auf dasselbe Grundstück bezieht. Sie
wurde 1888 vom Britischen Museum für die Summe von 315 Pfund ange¬
kauft. Wenn das einzige Facsimile, welches davon existirt, sie genau wieder¬
giebt, so hat die englische Regierung die ungeheure Summe von 6300 Ma>k
für ein Autograph ausgegeben, welches nahezu unleserlich ist. Matten und
Furnival indeß stimmen nach sorgfältiger Prüfung, die sie unabhängig von
einander anstellten, darin überein, daß auch hier Shakspere zu lesen ist. 3),
4) und 5) Drei Signaturen, die dem Testaments des großen Dichters beige¬
geben sind. Dieses Document, welches jedermann in Doctors Commons zu
London für einen Schilling zu sehen bekommen kann, umfaßt drei Bogen
Papier, welche alle drei den Namen des Dichters tragen. Man hat die Ver¬
muthung ausgesprochen, daß die beiden ersten vom Notar, der das Testament
aufgesetzt habe, herrührten, und daß nur die letzte aus der Feder des Dichters
selbst sei. Diese Ansicht ist indeß als unhaltbar nachgewiesen worden, und
man betrachtet jetzt wohl allgemein alle drei Unterschriften als von der Hand
des Dichters stammend. Grant White giebt in dem oben angeführten Werke
Facftmilia davon. Die erste und zweite scheinen Shakspere zu heißen — so
lesen wenigstens Matten und Furnival — die dritre aber sieht entschieden
Wie Shakspeare aus. So wird sie von Matten, so auch von Stee-
vens und Malone gelesen, die im Jahre 1776, bevor die! Unterschrift
durch häufiges Betasten der das Document Besichtigenden verwischt wurde, ein
Facsimile von ihr machten. Furnival dagegen bleibt dabei, auch dieses Auto¬
graph sei Shakspere zu lesen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/397>, abgerufen am 30.04.2024.