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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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wollte; über Wiedereinführung der alten "Schulcomites", die aber gottlob
verworfen wurde; über die Entlassung der Mädchen aus der Schule vor er¬
reichtem vierzehnten Lebensjahre, was einigen nicht recht behagte, nun aber
einmal sehr praktisch ist; endlich über gemischte Schulen pro et contra und
über die lieben und unvergeßlichen Schulschwestern und Schulbrüder, als
deren getreuer Paladin der streithaste Baron Zorn von Ruland sich rühm¬
lichst hervorthat. Derselbe Baron Zorn vertheidigte in der vierzehnten
Sitzung in höchst geistreicher Weise die Sittlichkeit des "Casino", eines ziemlich
subalternen OaU-enÄnwnt in der Kinderschulgasse zu Straßburg und der dort
gegebenen Possen, im Vergleich zu den Stücken, welche die Bretter des in¬
zwischen wieder eingegangen deutschen Sommertheaters im "Tivoli" passirten,
sowie derjenigen des inzwischen wieder "städtisch" gewordenen Stadttheaters,
wo man in voriger Woche zu anmuthreicher Abwechselung und Genugthuung
der Straßburger und mit nicht weniger bedeutendem Kassenerfolge wieder
einmal französisch gespielt hat.

Aus der dreizehnten Sitzung ist noch nachzuholen, daß der schöne Ge¬
setzentwurf über die Kreise nach Vorlesung des ziemlich summarischen Com-
missions - Berichtes behufs eingehenderer Berathung acta, der nächsten
Session gelegt wurde, während eine mehr technische und locale Frage, -- die
Beschaffung einer größern Fahrtiefe im Rhein-, Marne- und Saarkohlen-
Kanal, sowie des nöthigen Speisewassers im Gondrepanger-See -- der Gegen¬
stand einer sehr gründlichen und langen Berathung ward. Dasselbe ist zu sagen
über die Behandlung der Frage der Local - Eisenbahnen gelegentlich der
Berathungen des Etats der allgemeinen Finanzverwaltung in der fünfzehnten
Sitzung, wo man über den Zuschuß zu dem Bau einer Bahn von Buchs¬
weiler nach Hagenau sehr Vieles und jedenfalls sehr Treffliches geredet hat.

Bemerken wir noch, daß das eigentliche "villane terrible" der gegen¬
wärtigen Session, das Weinsteuergesetz, in der 13. und 14. Sitzung ein¬
gehend besprochen und zum Theil so sehr gelobhudelt wurde, daß fast kein
gutes Haar mehr an ihm blieb; daß man aber nach den langen und im
Ganzen ziemlich unfruchtbaren Debatten endlich zu der Resolution kam: "In
Anbetracht, daß die jetzige Gesetzgebung Nachtheile zur Folge hat, deren
Vermeidung wünschenswerth wäre, ersucht der Landesausschuß die Regierung,
die Prüfung der Frage zu dem Zwecke fortzusetzen, die Uebelstände, über
welche Beschwerde geführt wird, zu beseitigen;" schließen wir aldann auch
unsererseits mit der sechzehnten und letzten Sitzung vom 17. Juni dö. I,,
in welcher zunächst die Berathung über den Etat der allgemeinen Finanzver¬
waltung fortgesetzt und dann die über das Landeshaushalts-Gesetz von El¬
saß-Lothringen für das Jahr 1877 angefangen und vollendet wurde; dann
können wir wohl mit Hinweis auf die seiner Zeit durch die Tagespresse mitgetheil-


wollte; über Wiedereinführung der alten „Schulcomites", die aber gottlob
verworfen wurde; über die Entlassung der Mädchen aus der Schule vor er¬
reichtem vierzehnten Lebensjahre, was einigen nicht recht behagte, nun aber
einmal sehr praktisch ist; endlich über gemischte Schulen pro et contra und
über die lieben und unvergeßlichen Schulschwestern und Schulbrüder, als
deren getreuer Paladin der streithaste Baron Zorn von Ruland sich rühm¬
lichst hervorthat. Derselbe Baron Zorn vertheidigte in der vierzehnten
Sitzung in höchst geistreicher Weise die Sittlichkeit des „Casino", eines ziemlich
subalternen OaU-enÄnwnt in der Kinderschulgasse zu Straßburg und der dort
gegebenen Possen, im Vergleich zu den Stücken, welche die Bretter des in¬
zwischen wieder eingegangen deutschen Sommertheaters im „Tivoli" passirten,
sowie derjenigen des inzwischen wieder „städtisch" gewordenen Stadttheaters,
wo man in voriger Woche zu anmuthreicher Abwechselung und Genugthuung
der Straßburger und mit nicht weniger bedeutendem Kassenerfolge wieder
einmal französisch gespielt hat.

Aus der dreizehnten Sitzung ist noch nachzuholen, daß der schöne Ge¬
setzentwurf über die Kreise nach Vorlesung des ziemlich summarischen Com-
missions - Berichtes behufs eingehenderer Berathung acta, der nächsten
Session gelegt wurde, während eine mehr technische und locale Frage, — die
Beschaffung einer größern Fahrtiefe im Rhein-, Marne- und Saarkohlen-
Kanal, sowie des nöthigen Speisewassers im Gondrepanger-See — der Gegen¬
stand einer sehr gründlichen und langen Berathung ward. Dasselbe ist zu sagen
über die Behandlung der Frage der Local - Eisenbahnen gelegentlich der
Berathungen des Etats der allgemeinen Finanzverwaltung in der fünfzehnten
Sitzung, wo man über den Zuschuß zu dem Bau einer Bahn von Buchs¬
weiler nach Hagenau sehr Vieles und jedenfalls sehr Treffliches geredet hat.

Bemerken wir noch, daß das eigentliche «villane terrible" der gegen¬
wärtigen Session, das Weinsteuergesetz, in der 13. und 14. Sitzung ein¬
gehend besprochen und zum Theil so sehr gelobhudelt wurde, daß fast kein
gutes Haar mehr an ihm blieb; daß man aber nach den langen und im
Ganzen ziemlich unfruchtbaren Debatten endlich zu der Resolution kam: „In
Anbetracht, daß die jetzige Gesetzgebung Nachtheile zur Folge hat, deren
Vermeidung wünschenswerth wäre, ersucht der Landesausschuß die Regierung,
die Prüfung der Frage zu dem Zwecke fortzusetzen, die Uebelstände, über
welche Beschwerde geführt wird, zu beseitigen;" schließen wir aldann auch
unsererseits mit der sechzehnten und letzten Sitzung vom 17. Juni dö. I,,
in welcher zunächst die Berathung über den Etat der allgemeinen Finanzver¬
waltung fortgesetzt und dann die über das Landeshaushalts-Gesetz von El¬
saß-Lothringen für das Jahr 1877 angefangen und vollendet wurde; dann
können wir wohl mit Hinweis auf die seiner Zeit durch die Tagespresse mitgetheil-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/486>, abgerufen am 30.04.2024.