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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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ten beiden Reden des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Ausschusses,
sowie die des Ober-Präsidenten vom Regierungstische aus, es dem Urtheile
des Lesers überlassen, ob wir nicht Recht haben, wenn wir sagen, daß der
elsaß-lothring. Land-Ausschuß in seiner zweiten Session ein tüchtiges Stück
Arbeit zu Stande gebracht hat, das "des Schweißes der Edlen werth" war.


^.


Literatur.
Ueber die Entstehung der Welt und die Naturgesetze von Dr. Friedrich
Pfaff. Frankfurt a. M. Verlag der Zimmerschen Buchhandlung. 1876.

Bei den Untersuchungen über die Entstehung der Welt haben sich immer
und bis heute zwei Ansichten gegenübergestanden. Nach der einen ist die
Welt die Folge der Willensäußerung eines bewußten Wesens, also geschaffen.
Nach der andern ist sie als Materie von Ewigkeit her vorhanden, und nur
durch zufälliges Zusammentreffen der kleinsten Theile entwickelte sich nach
den der Materie unveränderlich zukommenden Eigenschaften mit Noth¬
wendigkeit die Reihe der Gestaltungen, die früher waren, jetzt sind, und zu¬
künftig kommen werden. Die Mehrzahl der Naturforscher huldigt der letzteren
Ansicht. Unsere Schrift aber steht auf der andern Seite, sie tritt den Jndi-
eienbeweis an, daß die Welt nicht von Ewigkeit dagewesen, sondern durch
einen Schöpfungsact entstanden sei, und sie verfährt dabei in entschieden
wissenschaftlicher Weise, d. h. mit vorsichtiger, nüchterner Prüfung der natur¬
historischen Thatsachen, die hier in Betracht kommen, sie giebt allenthalben
der Logik die ihr gebührende Ehre und sie läßt keinerlei vorgefaßte Meinungen
auf den Entwickelungsgang ihres Endurtheils einwirken. Ihre Ergebnisse
aber sind folgende: 1) die sichtbare Welt ist nicht von Ewigkeit her da, son¬
dern hat in einer bestimmten Zeit ihre gegenwärtig noch nicht vollendete
Entwickelung begonnen. 2) Die lebenden Wesen sind nicht ohne Anfang;
viel jünger als die einzelnen Theile der anorganischen Natur, konnten sie erst
in einem bestimmten Entwickelungsstadium der Erde entstehen und bestehen,
auch können sie unmöglich von auswärts auf dieselbe gelangt sein. 3) Weder
die Entstehung der Himmelskörper noch die der lebenden Wesen auf der Erde
läßt sich aus den der Materie eigenthümlichen physikalischen und chemischen
Kräften nach den Naturgesetzen erklären. 4) Da also diese Kräfte nicht aus¬
reichen, wenn wir mit ihnen die Entstehung der Welt und des Lebens er-


ten beiden Reden des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Ausschusses,
sowie die des Ober-Präsidenten vom Regierungstische aus, es dem Urtheile
des Lesers überlassen, ob wir nicht Recht haben, wenn wir sagen, daß der
elsaß-lothring. Land-Ausschuß in seiner zweiten Session ein tüchtiges Stück
Arbeit zu Stande gebracht hat, das „des Schweißes der Edlen werth" war.


^.


Literatur.
Ueber die Entstehung der Welt und die Naturgesetze von Dr. Friedrich
Pfaff. Frankfurt a. M. Verlag der Zimmerschen Buchhandlung. 1876.

Bei den Untersuchungen über die Entstehung der Welt haben sich immer
und bis heute zwei Ansichten gegenübergestanden. Nach der einen ist die
Welt die Folge der Willensäußerung eines bewußten Wesens, also geschaffen.
Nach der andern ist sie als Materie von Ewigkeit her vorhanden, und nur
durch zufälliges Zusammentreffen der kleinsten Theile entwickelte sich nach
den der Materie unveränderlich zukommenden Eigenschaften mit Noth¬
wendigkeit die Reihe der Gestaltungen, die früher waren, jetzt sind, und zu¬
künftig kommen werden. Die Mehrzahl der Naturforscher huldigt der letzteren
Ansicht. Unsere Schrift aber steht auf der andern Seite, sie tritt den Jndi-
eienbeweis an, daß die Welt nicht von Ewigkeit dagewesen, sondern durch
einen Schöpfungsact entstanden sei, und sie verfährt dabei in entschieden
wissenschaftlicher Weise, d. h. mit vorsichtiger, nüchterner Prüfung der natur¬
historischen Thatsachen, die hier in Betracht kommen, sie giebt allenthalben
der Logik die ihr gebührende Ehre und sie läßt keinerlei vorgefaßte Meinungen
auf den Entwickelungsgang ihres Endurtheils einwirken. Ihre Ergebnisse
aber sind folgende: 1) die sichtbare Welt ist nicht von Ewigkeit her da, son¬
dern hat in einer bestimmten Zeit ihre gegenwärtig noch nicht vollendete
Entwickelung begonnen. 2) Die lebenden Wesen sind nicht ohne Anfang;
viel jünger als die einzelnen Theile der anorganischen Natur, konnten sie erst
in einem bestimmten Entwickelungsstadium der Erde entstehen und bestehen,
auch können sie unmöglich von auswärts auf dieselbe gelangt sein. 3) Weder
die Entstehung der Himmelskörper noch die der lebenden Wesen auf der Erde
läßt sich aus den der Materie eigenthümlichen physikalischen und chemischen
Kräften nach den Naturgesetzen erklären. 4) Da also diese Kräfte nicht aus¬
reichen, wenn wir mit ihnen die Entstehung der Welt und des Lebens er-


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[0487] ten beiden Reden des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Ausschusses, sowie die des Ober-Präsidenten vom Regierungstische aus, es dem Urtheile des Lesers überlassen, ob wir nicht Recht haben, wenn wir sagen, daß der elsaß-lothring. Land-Ausschuß in seiner zweiten Session ein tüchtiges Stück Arbeit zu Stande gebracht hat, das „des Schweißes der Edlen werth" war. ^. Literatur. Ueber die Entstehung der Welt und die Naturgesetze von Dr. Friedrich Pfaff. Frankfurt a. M. Verlag der Zimmerschen Buchhandlung. 1876. Bei den Untersuchungen über die Entstehung der Welt haben sich immer und bis heute zwei Ansichten gegenübergestanden. Nach der einen ist die Welt die Folge der Willensäußerung eines bewußten Wesens, also geschaffen. Nach der andern ist sie als Materie von Ewigkeit her vorhanden, und nur durch zufälliges Zusammentreffen der kleinsten Theile entwickelte sich nach den der Materie unveränderlich zukommenden Eigenschaften mit Noth¬ wendigkeit die Reihe der Gestaltungen, die früher waren, jetzt sind, und zu¬ künftig kommen werden. Die Mehrzahl der Naturforscher huldigt der letzteren Ansicht. Unsere Schrift aber steht auf der andern Seite, sie tritt den Jndi- eienbeweis an, daß die Welt nicht von Ewigkeit dagewesen, sondern durch einen Schöpfungsact entstanden sei, und sie verfährt dabei in entschieden wissenschaftlicher Weise, d. h. mit vorsichtiger, nüchterner Prüfung der natur¬ historischen Thatsachen, die hier in Betracht kommen, sie giebt allenthalben der Logik die ihr gebührende Ehre und sie läßt keinerlei vorgefaßte Meinungen auf den Entwickelungsgang ihres Endurtheils einwirken. Ihre Ergebnisse aber sind folgende: 1) die sichtbare Welt ist nicht von Ewigkeit her da, son¬ dern hat in einer bestimmten Zeit ihre gegenwärtig noch nicht vollendete Entwickelung begonnen. 2) Die lebenden Wesen sind nicht ohne Anfang; viel jünger als die einzelnen Theile der anorganischen Natur, konnten sie erst in einem bestimmten Entwickelungsstadium der Erde entstehen und bestehen, auch können sie unmöglich von auswärts auf dieselbe gelangt sein. 3) Weder die Entstehung der Himmelskörper noch die der lebenden Wesen auf der Erde läßt sich aus den der Materie eigenthümlichen physikalischen und chemischen Kräften nach den Naturgesetzen erklären. 4) Da also diese Kräfte nicht aus¬ reichen, wenn wir mit ihnen die Entstehung der Welt und des Lebens er-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/487>, abgerufen am 30.04.2024.