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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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von Mexiko so wichtig, daß von dem Augenblicke an, wo die Mnkees Florida
von den Spaniern erwarben, also von 1820 an, es eine Frage von höchster
Bedeutung für die amerikanischen Staatsmänner wurde, wer in Zukunft
die "Perle der Antillen" besitzen werde. Als daher der Präsident John
Quincy Adams seinen Zögling und Freund Alexander Everett zum Ver¬
treter der Union am Madrider Hofe ernannte, war die cubanische Frage
selbstverständlich einer der wichtigsten Punkte in den Instruktionen, welche
dieser Gesandte mitbekam. Wie Everett nun im Herbst 1825 ankam, fand
er den König und seinen Minister Zea Bermudez ganz entschieden abgeneigt,
die Unabhängigkeit der damals im Aufstande befindlichen spanischen Colonien
in Mittel- und Südamerika anzuerkennen. Ferner aber fand er die Madrider
Regierung in äußerster Geldnoth und ohne irgend welchen Credit. Unter diesen
Umständen schlug er dem spanischen Minister, wie wir aus einem höchst
interessanten Briefe ersehen, dessen vor Kurzem erfolgte Veröffentlichung (in
Scribner's NontKIz^ Ng-Zasius) uns zu diesem Artikel veranlaßt, einen Weg
vor, auf welchem Spanien ohne Schädigung seiner Ehre eine erhebliche Geld¬
summe in die Hände bekommen konnte, während andrerseits die Vereinigten
Staaten zwar nicht nominell, aber thatsächlich Besitzer von Cuba, Beherrscher
der Häfen und Befestigungen der Insel und, was zunächst das Wichtigste
schien, in den Stand gesetzt wurden, andere Mächte, vor Allem England,
von dem Erwerb derselben abzuhalten. England beherrschte die Nort-
h-e durch Helgoland, das Mittelmeer durch Gibraltar, das Adriatische
durch Malta, das Rothe durch Aden, es hätte auch den mexikani¬
schen Golf beherrscht, wenn es Cuba gewonnen hätte. Der Plan
ging einfach dahin, daß die Vereinigten Staaten der spanischen Regierung
eine bedeutende Geldsumme auf unbestimmte Zeit und ohne Zinsen vorstrecken und
als Pfand für die Rückzahlung derselben die Insel auf ebenso unbestimmte Zeit
cedirt bekommen sollten. Everett hielt diesen Plan so geheim, daß er ihn
nur einem Privatbriefe an den damaligen Präsidenten anvertraute, den man
als vertraulich nicht in den Archiven zu Washington finden wird. Wenn
der Plan jetzt veröffentlicht wird, so geschieht es "unter dem Eindrucke, daß
er jetzt ebenso ausführbar ist, als damals, und daß er so ziemlich den Wün¬
schen aller Parteien entsprechen würde."

"Die spanische Regierung braucht Geld mehr als je", fährt der Ver¬
öffentlicher des Briefes fort, "und Cuba kostet ihr furchtbar viel Geld.
(Sollte es ihr nicht auch ebenso viel einbringen, als es kostet?) Aber die
Ehre Spanies verbietet den Verkauf noch mehr als die Überlassung der
Insel an die Insurgenten. Andrerseits will die Union dieselbe nicht als
neuen Staat haben. Die Cubaner sind nicht in dem Zustande, daß sie
amerikanische Bürger werden könnten. Die Vereinigten Staaten wollen nur


Grenzboten III. 1876. 62

von Mexiko so wichtig, daß von dem Augenblicke an, wo die Mnkees Florida
von den Spaniern erwarben, also von 1820 an, es eine Frage von höchster
Bedeutung für die amerikanischen Staatsmänner wurde, wer in Zukunft
die „Perle der Antillen" besitzen werde. Als daher der Präsident John
Quincy Adams seinen Zögling und Freund Alexander Everett zum Ver¬
treter der Union am Madrider Hofe ernannte, war die cubanische Frage
selbstverständlich einer der wichtigsten Punkte in den Instruktionen, welche
dieser Gesandte mitbekam. Wie Everett nun im Herbst 1825 ankam, fand
er den König und seinen Minister Zea Bermudez ganz entschieden abgeneigt,
die Unabhängigkeit der damals im Aufstande befindlichen spanischen Colonien
in Mittel- und Südamerika anzuerkennen. Ferner aber fand er die Madrider
Regierung in äußerster Geldnoth und ohne irgend welchen Credit. Unter diesen
Umständen schlug er dem spanischen Minister, wie wir aus einem höchst
interessanten Briefe ersehen, dessen vor Kurzem erfolgte Veröffentlichung (in
Scribner's NontKIz^ Ng-Zasius) uns zu diesem Artikel veranlaßt, einen Weg
vor, auf welchem Spanien ohne Schädigung seiner Ehre eine erhebliche Geld¬
summe in die Hände bekommen konnte, während andrerseits die Vereinigten
Staaten zwar nicht nominell, aber thatsächlich Besitzer von Cuba, Beherrscher
der Häfen und Befestigungen der Insel und, was zunächst das Wichtigste
schien, in den Stand gesetzt wurden, andere Mächte, vor Allem England,
von dem Erwerb derselben abzuhalten. England beherrschte die Nort-
h-e durch Helgoland, das Mittelmeer durch Gibraltar, das Adriatische
durch Malta, das Rothe durch Aden, es hätte auch den mexikani¬
schen Golf beherrscht, wenn es Cuba gewonnen hätte. Der Plan
ging einfach dahin, daß die Vereinigten Staaten der spanischen Regierung
eine bedeutende Geldsumme auf unbestimmte Zeit und ohne Zinsen vorstrecken und
als Pfand für die Rückzahlung derselben die Insel auf ebenso unbestimmte Zeit
cedirt bekommen sollten. Everett hielt diesen Plan so geheim, daß er ihn
nur einem Privatbriefe an den damaligen Präsidenten anvertraute, den man
als vertraulich nicht in den Archiven zu Washington finden wird. Wenn
der Plan jetzt veröffentlicht wird, so geschieht es „unter dem Eindrucke, daß
er jetzt ebenso ausführbar ist, als damals, und daß er so ziemlich den Wün¬
schen aller Parteien entsprechen würde."

„Die spanische Regierung braucht Geld mehr als je", fährt der Ver¬
öffentlicher des Briefes fort, „und Cuba kostet ihr furchtbar viel Geld.
(Sollte es ihr nicht auch ebenso viel einbringen, als es kostet?) Aber die
Ehre Spanies verbietet den Verkauf noch mehr als die Überlassung der
Insel an die Insurgenten. Andrerseits will die Union dieselbe nicht als
neuen Staat haben. Die Cubaner sind nicht in dem Zustande, daß sie
amerikanische Bürger werden könnten. Die Vereinigten Staaten wollen nur


Grenzboten III. 1876. 62
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[0497] von Mexiko so wichtig, daß von dem Augenblicke an, wo die Mnkees Florida von den Spaniern erwarben, also von 1820 an, es eine Frage von höchster Bedeutung für die amerikanischen Staatsmänner wurde, wer in Zukunft die „Perle der Antillen" besitzen werde. Als daher der Präsident John Quincy Adams seinen Zögling und Freund Alexander Everett zum Ver¬ treter der Union am Madrider Hofe ernannte, war die cubanische Frage selbstverständlich einer der wichtigsten Punkte in den Instruktionen, welche dieser Gesandte mitbekam. Wie Everett nun im Herbst 1825 ankam, fand er den König und seinen Minister Zea Bermudez ganz entschieden abgeneigt, die Unabhängigkeit der damals im Aufstande befindlichen spanischen Colonien in Mittel- und Südamerika anzuerkennen. Ferner aber fand er die Madrider Regierung in äußerster Geldnoth und ohne irgend welchen Credit. Unter diesen Umständen schlug er dem spanischen Minister, wie wir aus einem höchst interessanten Briefe ersehen, dessen vor Kurzem erfolgte Veröffentlichung (in Scribner's NontKIz^ Ng-Zasius) uns zu diesem Artikel veranlaßt, einen Weg vor, auf welchem Spanien ohne Schädigung seiner Ehre eine erhebliche Geld¬ summe in die Hände bekommen konnte, während andrerseits die Vereinigten Staaten zwar nicht nominell, aber thatsächlich Besitzer von Cuba, Beherrscher der Häfen und Befestigungen der Insel und, was zunächst das Wichtigste schien, in den Stand gesetzt wurden, andere Mächte, vor Allem England, von dem Erwerb derselben abzuhalten. England beherrschte die Nort- h-e durch Helgoland, das Mittelmeer durch Gibraltar, das Adriatische durch Malta, das Rothe durch Aden, es hätte auch den mexikani¬ schen Golf beherrscht, wenn es Cuba gewonnen hätte. Der Plan ging einfach dahin, daß die Vereinigten Staaten der spanischen Regierung eine bedeutende Geldsumme auf unbestimmte Zeit und ohne Zinsen vorstrecken und als Pfand für die Rückzahlung derselben die Insel auf ebenso unbestimmte Zeit cedirt bekommen sollten. Everett hielt diesen Plan so geheim, daß er ihn nur einem Privatbriefe an den damaligen Präsidenten anvertraute, den man als vertraulich nicht in den Archiven zu Washington finden wird. Wenn der Plan jetzt veröffentlicht wird, so geschieht es „unter dem Eindrucke, daß er jetzt ebenso ausführbar ist, als damals, und daß er so ziemlich den Wün¬ schen aller Parteien entsprechen würde." „Die spanische Regierung braucht Geld mehr als je", fährt der Ver¬ öffentlicher des Briefes fort, „und Cuba kostet ihr furchtbar viel Geld. (Sollte es ihr nicht auch ebenso viel einbringen, als es kostet?) Aber die Ehre Spanies verbietet den Verkauf noch mehr als die Überlassung der Insel an die Insurgenten. Andrerseits will die Union dieselbe nicht als neuen Staat haben. Die Cubaner sind nicht in dem Zustande, daß sie amerikanische Bürger werden könnten. Die Vereinigten Staaten wollen nur Grenzboten III. 1876. 62

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/497>, abgerufen am 07.05.2024.