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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Se"de selbst (nicht nur in das Castel) aufzunehmen gedruckt -- der Senat
handelte hier genau nach der Parlamentsakte. Der Convent protestirte gegen
jede Colonialbesteuerung Seitens des Parlaments, gegen ein stehendes Heer,
gegen Beeinträchtigung der amerikanischen Freiheiten, und sprach die Hoffnung
aus. von der Civilbehörde allein unterstützt, Ordnung und Ruhe wahren zu
können. Gewiß war dies kein Hochverrath, als welches Bedford u. A. es
auslegten. Am 28. Sept. ging der Convent auseinander; etwa gleichzeitig
langte das Geschwader von Halifax mit zwei Regimentern und Geschütz, von
Dalrymple geführt, an. Auf die Meuterei-Akte gestützt, ließ man sie ihre
Quartiere nicht in der Stadt, sondern in Zelten oder im Castel nehmen,
leistete, ohne den geringsten Anlaß zu bewaffnetem Einschreiten zu geben,
passiven Widerstand und machte die Anwesenheit der Soldaten von vorn¬
herein nutzlos. --'

In London hatte sich die Stimmung so verbittert^W der zu milde
Shelburne trotz Chatham's Fürwort fiel, worauf Chatham selbst abdankte.
Handelsminister wurde ein ganz unfähiger Mann, Graf Rochfort, den
aber seine Unterwürfigkeit und geistige Impotenz bestens zu empfehlen schienen.
Für Chatham trat' sein bisheriger Vertreter, der bedeutungslose Grafton,
definitiv ein. Mit Blindheit geschlagen, überließ sich das Cabinet der tollsten
Ueberhebung, es verspottete Boston, welches den Truppen gegenüber sich so
ruhig verhalte, es sprach von der baldigen Verhaftung der Hauptmacher
Otis, Cushing, Samuel Adams u. A. Bedford wollte den "Rädelsführern",
auf eine Satzung unter Heinrich VIII. gestützt, einen Hochverrathsproceß an¬
hängen, Hutchinson machte den gemeinen Denuncianten nach London und
rieth, Samuel Adams u. A. als Hochvevräther nach EngKM zu schleppen und
vor das Parlament zu stellen. Sie fanden lauten Beifall im Parlamente,
im Nov. 1768. Die Thronrede wüthete gegen Boston, denn die Lords be¬
schwatzten Georg, mit Furcht müsse man die Rebellen niederhalten und das
Unterhaus hoffte auf Bostons Züchtigung. Hillsborough wünschte die dortigen
Municipalfreiheiten aufgehoben zu sehen und freute sich über die Absendung
der Truppen. "Das Parlament", sagte er, "muß seine Autorität über die
Colonien aufgeben oder sie auf immer unterwerfen." North sprach zu dem
Könige: "Amerika muß Sie fürchten, ehe es Sie lieben kann." Zu dem
derart bedrohten Boston aber standen treu New-Uork, ganz Massachusetts,
Virginien und Georgia. Nur Wenige in England wünschten die Bill
Townshend's widerrufen zu sehen.

Im Cabinete entschieden sich König und Minister zwar am 1. Mai 1769
für die Beseitigung der Steuer auf Glas, Papier und Farbwaaren als den
wahren Handelsprincipien hinderlich und zuwider, behielten aber die Thee¬
steuer bei, wozu vor Allen North und Hillsborough riethen. Letzterer ging


Se«de selbst (nicht nur in das Castel) aufzunehmen gedruckt — der Senat
handelte hier genau nach der Parlamentsakte. Der Convent protestirte gegen
jede Colonialbesteuerung Seitens des Parlaments, gegen ein stehendes Heer,
gegen Beeinträchtigung der amerikanischen Freiheiten, und sprach die Hoffnung
aus. von der Civilbehörde allein unterstützt, Ordnung und Ruhe wahren zu
können. Gewiß war dies kein Hochverrath, als welches Bedford u. A. es
auslegten. Am 28. Sept. ging der Convent auseinander; etwa gleichzeitig
langte das Geschwader von Halifax mit zwei Regimentern und Geschütz, von
Dalrymple geführt, an. Auf die Meuterei-Akte gestützt, ließ man sie ihre
Quartiere nicht in der Stadt, sondern in Zelten oder im Castel nehmen,
leistete, ohne den geringsten Anlaß zu bewaffnetem Einschreiten zu geben,
passiven Widerstand und machte die Anwesenheit der Soldaten von vorn¬
herein nutzlos. —'

In London hatte sich die Stimmung so verbittert^W der zu milde
Shelburne trotz Chatham's Fürwort fiel, worauf Chatham selbst abdankte.
Handelsminister wurde ein ganz unfähiger Mann, Graf Rochfort, den
aber seine Unterwürfigkeit und geistige Impotenz bestens zu empfehlen schienen.
Für Chatham trat' sein bisheriger Vertreter, der bedeutungslose Grafton,
definitiv ein. Mit Blindheit geschlagen, überließ sich das Cabinet der tollsten
Ueberhebung, es verspottete Boston, welches den Truppen gegenüber sich so
ruhig verhalte, es sprach von der baldigen Verhaftung der Hauptmacher
Otis, Cushing, Samuel Adams u. A. Bedford wollte den „Rädelsführern",
auf eine Satzung unter Heinrich VIII. gestützt, einen Hochverrathsproceß an¬
hängen, Hutchinson machte den gemeinen Denuncianten nach London und
rieth, Samuel Adams u. A. als Hochvevräther nach EngKM zu schleppen und
vor das Parlament zu stellen. Sie fanden lauten Beifall im Parlamente,
im Nov. 1768. Die Thronrede wüthete gegen Boston, denn die Lords be¬
schwatzten Georg, mit Furcht müsse man die Rebellen niederhalten und das
Unterhaus hoffte auf Bostons Züchtigung. Hillsborough wünschte die dortigen
Municipalfreiheiten aufgehoben zu sehen und freute sich über die Absendung
der Truppen. „Das Parlament", sagte er, „muß seine Autorität über die
Colonien aufgeben oder sie auf immer unterwerfen." North sprach zu dem
Könige: „Amerika muß Sie fürchten, ehe es Sie lieben kann." Zu dem
derart bedrohten Boston aber standen treu New-Uork, ganz Massachusetts,
Virginien und Georgia. Nur Wenige in England wünschten die Bill
Townshend's widerrufen zu sehen.

Im Cabinete entschieden sich König und Minister zwar am 1. Mai 1769
für die Beseitigung der Steuer auf Glas, Papier und Farbwaaren als den
wahren Handelsprincipien hinderlich und zuwider, behielten aber die Thee¬
steuer bei, wozu vor Allen North und Hillsborough riethen. Letzterer ging


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/90>, abgerufen am 05.05.2024.