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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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längerer Rast. welche für die bevorstehende starke Tour von Nöthen war,
marschirten wir um 12^ Uhr von Kiboakata ab nach Dumbo a Pepe.
Der Weg dorthin""ist zwar durch das schluchtenreiche Terrain beschwerlich,
aber reich an entzückend schönen Landschaftsbildern. So trat ich. wegen
meiner körperlichen Leichtigkeit den anderen Herren eine gute Strecke voraus,
auf eine Fels-Console, von der ich zur Rechten Hunderte von Fußen tief in
die Ebene hinabsah. Lang dehnte sich das Thal des gewundenen Coanza-
stromes vor mir aus, bedeckt mit Urwäldern, Palmenhainen und Steppen;
hie und da zeigten Culturfelder und aufsteigende Rauchsäulen den Wohnort
von Menschen an. Hindurch rauschte der mächtige Wasser-Lauf; breit, bildet
er dort Inseln und Fälle, deren Brausen man auf weite Entfernungen ver¬
nimmt. Die eine dieser Inseln, eine kahle Felsformation erhebt sich hoch
noch über das Niveau meines Aussichtspunktes. Steil und schroff, wie von
Giganten dort aufgethürmt. ragt sie aus dem schaumsprühenden Flußwasser
in die schwindelnde Höhe und zeigt auf ihrer Spitze so wunderbare Formen,
daß ich an eines der alten Bauwerke der Portugiesen, deren Ruinen von
den Zeiten Pombal's predigen, erinnert wurde. In der That hatte die Na¬
tur durch Sturm und Regen die oberen, am leichtesten angreifbaren Partien
so durchfressen und zerwaschen, daß sie einer großartigen Kirchenruinc mit
Bogenfenstern, Kapellen, Thürmen und Erkern auf das Täuschendste ähnlich
sahen. Die Schwarzen erzählen wundersame Sagen über diese Felseninsel,
wunderbar ernst und melancholisch; auch sprechen sie davon, daß dort oben
beim Eindringen der Weißen die Gebeine ihrer verstorbenen Könige verborgen
worden seien, um sie nicht durch weiße Hände besudeln zu lassen. --Wohl eine
halbe Stunde bewunderte ich die prachtvolle Landschaft, die durch die Natur¬
ruine einen so eigenen Reiz erhielt; nur das Murmeln meiner Träger,
die sich nach dem Nachtquartier und ihrer täglichen Nation aZuu, aräontö,
welche sie in diesem Fall irata-dictio (frei: Trinkgeld) nennen, sehnten, ent¬
riß mich meinem Entzücken und eilig ging es weiter; da jedoch verabredet
war, daß wir in Dumbo a Pepe vereinigt einziehen wollten, gebot ich Weile
und um 6^/2 Uhr rückten wir in das große Dorf. Der Herr desselben, ein
einflußreicher und tüchtiger Mann, war von unserem Kommen bereits be¬
nachrichtigt gewesen und hatte sein Möglichstes für unsere Bequemlichkeit
gethan. Bald saßen wir beim Scheine einiger Lichter und der Bivouakfeuer
unserer Träger um einen Tisch unter riesigem Affenvrodtbaum. Unser Wirth
hatte einen Hammel schlachten lassen, dessen Fleisch theils als "heat", theils
mit Reis gekocht, uns vortrefflich mundete und auch des Weines wurde nicht
gespart. -- Dumbo a Pepe, oder mit seinem portugiesischen Namen Don
Francisco besaß eine sehr einnehmende Persönlichkeit. Zu seiner schönen,
ebenmäßigen Figur besaß er ausnehmend kleine Füße, feingefvrmte Hände


längerer Rast. welche für die bevorstehende starke Tour von Nöthen war,
marschirten wir um 12^ Uhr von Kiboakata ab nach Dumbo a Pepe.
Der Weg dorthin«»ist zwar durch das schluchtenreiche Terrain beschwerlich,
aber reich an entzückend schönen Landschaftsbildern. So trat ich. wegen
meiner körperlichen Leichtigkeit den anderen Herren eine gute Strecke voraus,
auf eine Fels-Console, von der ich zur Rechten Hunderte von Fußen tief in
die Ebene hinabsah. Lang dehnte sich das Thal des gewundenen Coanza-
stromes vor mir aus, bedeckt mit Urwäldern, Palmenhainen und Steppen;
hie und da zeigten Culturfelder und aufsteigende Rauchsäulen den Wohnort
von Menschen an. Hindurch rauschte der mächtige Wasser-Lauf; breit, bildet
er dort Inseln und Fälle, deren Brausen man auf weite Entfernungen ver¬
nimmt. Die eine dieser Inseln, eine kahle Felsformation erhebt sich hoch
noch über das Niveau meines Aussichtspunktes. Steil und schroff, wie von
Giganten dort aufgethürmt. ragt sie aus dem schaumsprühenden Flußwasser
in die schwindelnde Höhe und zeigt auf ihrer Spitze so wunderbare Formen,
daß ich an eines der alten Bauwerke der Portugiesen, deren Ruinen von
den Zeiten Pombal's predigen, erinnert wurde. In der That hatte die Na¬
tur durch Sturm und Regen die oberen, am leichtesten angreifbaren Partien
so durchfressen und zerwaschen, daß sie einer großartigen Kirchenruinc mit
Bogenfenstern, Kapellen, Thürmen und Erkern auf das Täuschendste ähnlich
sahen. Die Schwarzen erzählen wundersame Sagen über diese Felseninsel,
wunderbar ernst und melancholisch; auch sprechen sie davon, daß dort oben
beim Eindringen der Weißen die Gebeine ihrer verstorbenen Könige verborgen
worden seien, um sie nicht durch weiße Hände besudeln zu lassen. —Wohl eine
halbe Stunde bewunderte ich die prachtvolle Landschaft, die durch die Natur¬
ruine einen so eigenen Reiz erhielt; nur das Murmeln meiner Träger,
die sich nach dem Nachtquartier und ihrer täglichen Nation aZuu, aräontö,
welche sie in diesem Fall irata-dictio (frei: Trinkgeld) nennen, sehnten, ent¬
riß mich meinem Entzücken und eilig ging es weiter; da jedoch verabredet
war, daß wir in Dumbo a Pepe vereinigt einziehen wollten, gebot ich Weile
und um 6^/2 Uhr rückten wir in das große Dorf. Der Herr desselben, ein
einflußreicher und tüchtiger Mann, war von unserem Kommen bereits be¬
nachrichtigt gewesen und hatte sein Möglichstes für unsere Bequemlichkeit
gethan. Bald saßen wir beim Scheine einiger Lichter und der Bivouakfeuer
unserer Träger um einen Tisch unter riesigem Affenvrodtbaum. Unser Wirth
hatte einen Hammel schlachten lassen, dessen Fleisch theils als „heat", theils
mit Reis gekocht, uns vortrefflich mundete und auch des Weines wurde nicht
gespart. — Dumbo a Pepe, oder mit seinem portugiesischen Namen Don
Francisco besaß eine sehr einnehmende Persönlichkeit. Zu seiner schönen,
ebenmäßigen Figur besaß er ausnehmend kleine Füße, feingefvrmte Hände


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[0104] längerer Rast. welche für die bevorstehende starke Tour von Nöthen war, marschirten wir um 12^ Uhr von Kiboakata ab nach Dumbo a Pepe. Der Weg dorthin«»ist zwar durch das schluchtenreiche Terrain beschwerlich, aber reich an entzückend schönen Landschaftsbildern. So trat ich. wegen meiner körperlichen Leichtigkeit den anderen Herren eine gute Strecke voraus, auf eine Fels-Console, von der ich zur Rechten Hunderte von Fußen tief in die Ebene hinabsah. Lang dehnte sich das Thal des gewundenen Coanza- stromes vor mir aus, bedeckt mit Urwäldern, Palmenhainen und Steppen; hie und da zeigten Culturfelder und aufsteigende Rauchsäulen den Wohnort von Menschen an. Hindurch rauschte der mächtige Wasser-Lauf; breit, bildet er dort Inseln und Fälle, deren Brausen man auf weite Entfernungen ver¬ nimmt. Die eine dieser Inseln, eine kahle Felsformation erhebt sich hoch noch über das Niveau meines Aussichtspunktes. Steil und schroff, wie von Giganten dort aufgethürmt. ragt sie aus dem schaumsprühenden Flußwasser in die schwindelnde Höhe und zeigt auf ihrer Spitze so wunderbare Formen, daß ich an eines der alten Bauwerke der Portugiesen, deren Ruinen von den Zeiten Pombal's predigen, erinnert wurde. In der That hatte die Na¬ tur durch Sturm und Regen die oberen, am leichtesten angreifbaren Partien so durchfressen und zerwaschen, daß sie einer großartigen Kirchenruinc mit Bogenfenstern, Kapellen, Thürmen und Erkern auf das Täuschendste ähnlich sahen. Die Schwarzen erzählen wundersame Sagen über diese Felseninsel, wunderbar ernst und melancholisch; auch sprechen sie davon, daß dort oben beim Eindringen der Weißen die Gebeine ihrer verstorbenen Könige verborgen worden seien, um sie nicht durch weiße Hände besudeln zu lassen. —Wohl eine halbe Stunde bewunderte ich die prachtvolle Landschaft, die durch die Natur¬ ruine einen so eigenen Reiz erhielt; nur das Murmeln meiner Träger, die sich nach dem Nachtquartier und ihrer täglichen Nation aZuu, aräontö, welche sie in diesem Fall irata-dictio (frei: Trinkgeld) nennen, sehnten, ent¬ riß mich meinem Entzücken und eilig ging es weiter; da jedoch verabredet war, daß wir in Dumbo a Pepe vereinigt einziehen wollten, gebot ich Weile und um 6^/2 Uhr rückten wir in das große Dorf. Der Herr desselben, ein einflußreicher und tüchtiger Mann, war von unserem Kommen bereits be¬ nachrichtigt gewesen und hatte sein Möglichstes für unsere Bequemlichkeit gethan. Bald saßen wir beim Scheine einiger Lichter und der Bivouakfeuer unserer Träger um einen Tisch unter riesigem Affenvrodtbaum. Unser Wirth hatte einen Hammel schlachten lassen, dessen Fleisch theils als „heat", theils mit Reis gekocht, uns vortrefflich mundete und auch des Weines wurde nicht gespart. — Dumbo a Pepe, oder mit seinem portugiesischen Namen Don Francisco besaß eine sehr einnehmende Persönlichkeit. Zu seiner schönen, ebenmäßigen Figur besaß er ausnehmend kleine Füße, feingefvrmte Hände

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/104>, abgerufen am 29.05.2024.