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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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und die betr. Urkunde wird in den Registern der B^waltuag als ungültig
gestrichen.

Das sind allerdings sehr rigorose Bestimmungen. Aber die Verwaltung
wird antworten: Ils, Isx seriM We! Und außerdem werden die Eltern
der Minderjährigen vor Aushändigung des Auswanderungsscheines ausdrücklich
und speziell auf alle diese Bestimmungen und vornehmlich auf §. 11 des Rcichs-
militärgesetzes aufmerksam gemacht. Sie Haben's sich also selbst zuzuschreiben,
wenn in Zukunft unheimliche Folgen über sie und ihre Kinder hereinbrechen.
Warum lassen sie die jungen Leute nicht im Lande, wo sie doch selber bleiben
und entziehen sich auf diese Weise selber die nothwendige Stütze im Alter
u. s. w.?

Uebrigens haben auch aus allgemeinern Gesichtspunkten diese massenhaf¬
ten Auswanderungen junger intelligenter Elsaß-Lothringer nach Frankreich
zu den angegebenen Zwecken zur Zeit absolut keinen Sinn mehr -- es müßte
denn die immerhin erklärliche Furcht vor der allgemeinen Wehrpflicht,
oder eine allerdings sehr schwer erklärliche Scheu vor dem höhern Unterricht
in den deutschen Schulen sein. Für letztere fehlt aber jegliche Berechtigung
-- daß das Elsaß in Bezug auf den höhern Unterricht seit den 70er Jahren
sehr erhebliche Fortschritte in xuneto der allgemeinen Bildung und intellec-
tuellen Freiheit gemacht hat, wird nachgerade jetzt -- mögen auch über das
niedere Unterrichtswesen im Reichslande die Stimmen noch so getheilt sein
-- von den Vernünftigen und Einsichtigen offen zugestanden. Bezüglich der
Gymnasien und Realschulen ist hier -- abgesehen von zahlreichen
Privatäußerungen -- auf eine sehr anerkennende Besprechung der diesjährigen
Prüfungs-Resultate in der städtischen Realschule in Straßburg im "Elsässer
Journal" hinzuweisen, sowie auf eine gelegentliche Correspondenz eines Bür.
gers aus Wasselnheim an dasselbe Blatt, -- zwei "Stimmen aus dem
Volke", die seiner Zeit von der Tagespresse mit Recht als Zeichen des un¬
zweifelhaft nahen "I'lat lux" in diesem Punkte registrirt worden sind.

Gleiche Anerkennung wird der Straßbttrger Universität, die am 16.
dö. Mes. ihre Vorlesungen wieder eröffnen wird und deren Lectionsplan
namentlich in der philosophischen Facultät ungeheuer reichhaltig ist. nicht
bloß von der elsässischen, sondern auch von der französischen Presse gezollt.
So verglich kürzlich die "Oxion natiollg.!"" den frühern jämmerlichen Zustand
dieser Universität, die von der franz. Regierung wirklich äußerst stiefmütter¬
lich behandelt wurde, mit thu jetzigen Flor derselben in jeder Hinsicht. Sie
schließt den etwas sentimentalen Artikel mit den bezeichnenden Worten: "Hier
verbergen die Deutschen nicht ihre Absicht, aus Straßburg das zu machen,
was Bonn so lange gewesen ist: Ein Vorposten deutschen Geistes gegen
Frankreich!" Allerdings.


und die betr. Urkunde wird in den Registern der B^waltuag als ungültig
gestrichen.

Das sind allerdings sehr rigorose Bestimmungen. Aber die Verwaltung
wird antworten: Ils, Isx seriM We! Und außerdem werden die Eltern
der Minderjährigen vor Aushändigung des Auswanderungsscheines ausdrücklich
und speziell auf alle diese Bestimmungen und vornehmlich auf §. 11 des Rcichs-
militärgesetzes aufmerksam gemacht. Sie Haben's sich also selbst zuzuschreiben,
wenn in Zukunft unheimliche Folgen über sie und ihre Kinder hereinbrechen.
Warum lassen sie die jungen Leute nicht im Lande, wo sie doch selber bleiben
und entziehen sich auf diese Weise selber die nothwendige Stütze im Alter
u. s. w.?

Uebrigens haben auch aus allgemeinern Gesichtspunkten diese massenhaf¬
ten Auswanderungen junger intelligenter Elsaß-Lothringer nach Frankreich
zu den angegebenen Zwecken zur Zeit absolut keinen Sinn mehr — es müßte
denn die immerhin erklärliche Furcht vor der allgemeinen Wehrpflicht,
oder eine allerdings sehr schwer erklärliche Scheu vor dem höhern Unterricht
in den deutschen Schulen sein. Für letztere fehlt aber jegliche Berechtigung
— daß das Elsaß in Bezug auf den höhern Unterricht seit den 70er Jahren
sehr erhebliche Fortschritte in xuneto der allgemeinen Bildung und intellec-
tuellen Freiheit gemacht hat, wird nachgerade jetzt — mögen auch über das
niedere Unterrichtswesen im Reichslande die Stimmen noch so getheilt sein
— von den Vernünftigen und Einsichtigen offen zugestanden. Bezüglich der
Gymnasien und Realschulen ist hier — abgesehen von zahlreichen
Privatäußerungen — auf eine sehr anerkennende Besprechung der diesjährigen
Prüfungs-Resultate in der städtischen Realschule in Straßburg im „Elsässer
Journal" hinzuweisen, sowie auf eine gelegentliche Correspondenz eines Bür.
gers aus Wasselnheim an dasselbe Blatt, — zwei „Stimmen aus dem
Volke", die seiner Zeit von der Tagespresse mit Recht als Zeichen des un¬
zweifelhaft nahen „I'lat lux" in diesem Punkte registrirt worden sind.

Gleiche Anerkennung wird der Straßbttrger Universität, die am 16.
dö. Mes. ihre Vorlesungen wieder eröffnen wird und deren Lectionsplan
namentlich in der philosophischen Facultät ungeheuer reichhaltig ist. nicht
bloß von der elsässischen, sondern auch von der französischen Presse gezollt.
So verglich kürzlich die „Oxion natiollg.!«" den frühern jämmerlichen Zustand
dieser Universität, die von der franz. Regierung wirklich äußerst stiefmütter¬
lich behandelt wurde, mit thu jetzigen Flor derselben in jeder Hinsicht. Sie
schließt den etwas sentimentalen Artikel mit den bezeichnenden Worten: „Hier
verbergen die Deutschen nicht ihre Absicht, aus Straßburg das zu machen,
was Bonn so lange gewesen ist: Ein Vorposten deutschen Geistes gegen
Frankreich!" Allerdings.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/113>, abgerufen am 16.05.2024.