Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

In der alten Thierfabel von Reinhard dem Fuchse sagt der Held der¬
selben, indem er den Schatz beschreibt, den er für das Königspaar entdeckt
haben will: "Ein Stück darunter war ein Ring von feinem Golde, und in
dem Theile zunächst dem Finger waren Buchstaben eingegraben, ausge¬
füllt mit brauner und blauer Farbe, und darunter befanden sich drei hebräische
Namen, die ich nicht lesen oder buchstabiren konnte; denn ich verstehe diese
Sprache nicht; aber Meister Avryon von Trier, der ist ein weiser Mann,
der sich auf allerhand Sprachen und die Kraft von allerhand Kräutern ver¬
steht. Und er glaubt nicht an Gott, er ist ein Jude und kennt besonders
die Kraft der Steine. Ich zeigte ihm den Ring, er sagte, es wären die drei
Namen, die Seth aus dem Paradiese mitgebracht, als er seinem Vater Adam
das Oel der Barmherzigkeit geholt hätte. Und wer diese drei Namen an sich
trüge, der würde nie vom Donner und Blitz beschädigt werden, keine Hexerei
Hürde Macht über ihn haben, er würde nie versucht werden, Sünde zu thun,
"und würde ihm niemals Kälte schaden, wenn er auch drei lange Winter¬
nächte draußen im Felde läge und es noch so schlimm schneite, stürmte und
fröre, so große Gewalt hätten diese Worte."

Während die Namen von Heiligen auf Ringen das moralische und
körperliche Wohl beschützen oder fördern sollten, bediente sich der Aberglaube
derjenigen von Teufeln und Dämonen zur Schädigung Anderer. So lesen
Wir in Monstrelets Chronik, daß der Herzog von Burgund 1407 den Herzog
Louis von Orleans anklagte, dem König von Frankreich durch Zauberkünste
Nach dem Leben getrachtet zu haben. Unter Anderm hatte er sich dabei
^nes Rings im Namen von Teufeln bedient. Ein Mönch unternahm dies,
"Welcher in der Nähe eines Busches allerlei abergläubische Dinge mit Teufels-
deschwörungen trieb." Zwei böse Geister erschienen ihm in Gestalt von
Zwei Männern, von denen einer den auf den Boden hingelegten Ring ergriff
"ud damit verschwand. Nach einer halben Stunde kam er wieder, gab den
^'ug, "der jetzt roth, fast wie Scharlach aussah", dem Mönche und sagte:
"Du wirst ihn in der dir bekannten Weise einem Todten in den Mund
stecken", worauf er verschwand. Der Mönch folgte dann dieser Anweisung.
"Mdem er damit den König, unsern Herrn, zu verbrennen gedachte."

Eins der seltsamsten Stücke der Londesborough Sammlung ist ein wahr-
scheinlich aus Deutschland stammender kabbalistischer Ring, dessen Außenseite
^t einem Rubin und einem Amethyst besetzt, sonst aber ganz einfach und
^Mucklos ist. Drückt man jedoch auf einen jener Steine, so läßt eine
^pringfeder den Ring sich auseinanderthun, und man hat einen innern und
^en äußeren Reif vor sich, die mit magischen Zeichen und Namen bedeckt
^d. unter welchen letzteren sich die der Geister Asmodiel, Nachiel und Zamiel


In der alten Thierfabel von Reinhard dem Fuchse sagt der Held der¬
selben, indem er den Schatz beschreibt, den er für das Königspaar entdeckt
haben will: „Ein Stück darunter war ein Ring von feinem Golde, und in
dem Theile zunächst dem Finger waren Buchstaben eingegraben, ausge¬
füllt mit brauner und blauer Farbe, und darunter befanden sich drei hebräische
Namen, die ich nicht lesen oder buchstabiren konnte; denn ich verstehe diese
Sprache nicht; aber Meister Avryon von Trier, der ist ein weiser Mann,
der sich auf allerhand Sprachen und die Kraft von allerhand Kräutern ver¬
steht. Und er glaubt nicht an Gott, er ist ein Jude und kennt besonders
die Kraft der Steine. Ich zeigte ihm den Ring, er sagte, es wären die drei
Namen, die Seth aus dem Paradiese mitgebracht, als er seinem Vater Adam
das Oel der Barmherzigkeit geholt hätte. Und wer diese drei Namen an sich
trüge, der würde nie vom Donner und Blitz beschädigt werden, keine Hexerei
Hürde Macht über ihn haben, er würde nie versucht werden, Sünde zu thun,
"und würde ihm niemals Kälte schaden, wenn er auch drei lange Winter¬
nächte draußen im Felde läge und es noch so schlimm schneite, stürmte und
fröre, so große Gewalt hätten diese Worte."

Während die Namen von Heiligen auf Ringen das moralische und
körperliche Wohl beschützen oder fördern sollten, bediente sich der Aberglaube
derjenigen von Teufeln und Dämonen zur Schädigung Anderer. So lesen
Wir in Monstrelets Chronik, daß der Herzog von Burgund 1407 den Herzog
Louis von Orleans anklagte, dem König von Frankreich durch Zauberkünste
Nach dem Leben getrachtet zu haben. Unter Anderm hatte er sich dabei
^nes Rings im Namen von Teufeln bedient. Ein Mönch unternahm dies,
»Welcher in der Nähe eines Busches allerlei abergläubische Dinge mit Teufels-
deschwörungen trieb." Zwei böse Geister erschienen ihm in Gestalt von
Zwei Männern, von denen einer den auf den Boden hingelegten Ring ergriff
"ud damit verschwand. Nach einer halben Stunde kam er wieder, gab den
^'ug, „der jetzt roth, fast wie Scharlach aussah", dem Mönche und sagte:
»Du wirst ihn in der dir bekannten Weise einem Todten in den Mund
stecken", worauf er verschwand. Der Mönch folgte dann dieser Anweisung.
«Mdem er damit den König, unsern Herrn, zu verbrennen gedachte."

Eins der seltsamsten Stücke der Londesborough Sammlung ist ein wahr-
scheinlich aus Deutschland stammender kabbalistischer Ring, dessen Außenseite
^t einem Rubin und einem Amethyst besetzt, sonst aber ganz einfach und
^Mucklos ist. Drückt man jedoch auf einen jener Steine, so läßt eine
^pringfeder den Ring sich auseinanderthun, und man hat einen innern und
^en äußeren Reif vor sich, die mit magischen Zeichen und Namen bedeckt
^d. unter welchen letzteren sich die der Geister Asmodiel, Nachiel und Zamiel


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0215" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136854"/>
          <p xml:id="ID_585"> In der alten Thierfabel von Reinhard dem Fuchse sagt der Held der¬<lb/>
selben, indem er den Schatz beschreibt, den er für das Königspaar entdeckt<lb/>
haben will: &#x201E;Ein Stück darunter war ein Ring von feinem Golde, und in<lb/>
dem Theile zunächst dem Finger waren Buchstaben eingegraben, ausge¬<lb/>
füllt mit brauner und blauer Farbe, und darunter befanden sich drei hebräische<lb/>
Namen, die ich nicht lesen oder buchstabiren konnte; denn ich verstehe diese<lb/>
Sprache nicht; aber Meister Avryon von Trier, der ist ein weiser Mann,<lb/>
der sich auf allerhand Sprachen und die Kraft von allerhand Kräutern ver¬<lb/>
steht. Und er glaubt nicht an Gott, er ist ein Jude und kennt besonders<lb/>
die Kraft der Steine. Ich zeigte ihm den Ring, er sagte, es wären die drei<lb/>
Namen, die Seth aus dem Paradiese mitgebracht, als er seinem Vater Adam<lb/>
das Oel der Barmherzigkeit geholt hätte. Und wer diese drei Namen an sich<lb/>
trüge, der würde nie vom Donner und Blitz beschädigt werden, keine Hexerei<lb/>
Hürde Macht über ihn haben, er würde nie versucht werden, Sünde zu thun,<lb/>
"und würde ihm niemals Kälte schaden, wenn er auch drei lange Winter¬<lb/>
nächte draußen im Felde läge und es noch so schlimm schneite, stürmte und<lb/>
fröre, so große Gewalt hätten diese Worte."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_586"> Während die Namen von Heiligen auf Ringen das moralische und<lb/>
körperliche Wohl beschützen oder fördern sollten, bediente sich der Aberglaube<lb/>
derjenigen von Teufeln und Dämonen zur Schädigung Anderer. So lesen<lb/>
Wir in Monstrelets Chronik, daß der Herzog von Burgund 1407 den Herzog<lb/>
Louis von Orleans anklagte, dem König von Frankreich durch Zauberkünste<lb/>
Nach dem Leben getrachtet zu haben. Unter Anderm hatte er sich dabei<lb/>
^nes Rings im Namen von Teufeln bedient. Ein Mönch unternahm dies,<lb/>
»Welcher in der Nähe eines Busches allerlei abergläubische Dinge mit Teufels-<lb/>
deschwörungen trieb." Zwei böse Geister erschienen ihm in Gestalt von<lb/>
Zwei Männern, von denen einer den auf den Boden hingelegten Ring ergriff<lb/>
"ud damit verschwand. Nach einer halben Stunde kam er wieder, gab den<lb/>
^'ug, &#x201E;der jetzt roth, fast wie Scharlach aussah", dem Mönche und sagte:<lb/>
»Du wirst ihn in der dir bekannten Weise einem Todten in den Mund<lb/>
stecken", worauf er verschwand. Der Mönch folgte dann dieser Anweisung.<lb/>
«Mdem er damit den König, unsern Herrn, zu verbrennen gedachte."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_587" next="#ID_588"> Eins der seltsamsten Stücke der Londesborough Sammlung ist ein wahr-<lb/>
scheinlich aus Deutschland stammender kabbalistischer Ring, dessen Außenseite<lb/>
^t einem Rubin und einem Amethyst besetzt, sonst aber ganz einfach und<lb/>
^Mucklos ist. Drückt man jedoch auf einen jener Steine, so läßt eine<lb/>
^pringfeder den Ring sich auseinanderthun, und man hat einen innern und<lb/>
^en äußeren Reif vor sich, die mit magischen Zeichen und Namen bedeckt<lb/>
^d. unter welchen letzteren sich die der Geister Asmodiel, Nachiel und Zamiel</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0215] In der alten Thierfabel von Reinhard dem Fuchse sagt der Held der¬ selben, indem er den Schatz beschreibt, den er für das Königspaar entdeckt haben will: „Ein Stück darunter war ein Ring von feinem Golde, und in dem Theile zunächst dem Finger waren Buchstaben eingegraben, ausge¬ füllt mit brauner und blauer Farbe, und darunter befanden sich drei hebräische Namen, die ich nicht lesen oder buchstabiren konnte; denn ich verstehe diese Sprache nicht; aber Meister Avryon von Trier, der ist ein weiser Mann, der sich auf allerhand Sprachen und die Kraft von allerhand Kräutern ver¬ steht. Und er glaubt nicht an Gott, er ist ein Jude und kennt besonders die Kraft der Steine. Ich zeigte ihm den Ring, er sagte, es wären die drei Namen, die Seth aus dem Paradiese mitgebracht, als er seinem Vater Adam das Oel der Barmherzigkeit geholt hätte. Und wer diese drei Namen an sich trüge, der würde nie vom Donner und Blitz beschädigt werden, keine Hexerei Hürde Macht über ihn haben, er würde nie versucht werden, Sünde zu thun, "und würde ihm niemals Kälte schaden, wenn er auch drei lange Winter¬ nächte draußen im Felde läge und es noch so schlimm schneite, stürmte und fröre, so große Gewalt hätten diese Worte." Während die Namen von Heiligen auf Ringen das moralische und körperliche Wohl beschützen oder fördern sollten, bediente sich der Aberglaube derjenigen von Teufeln und Dämonen zur Schädigung Anderer. So lesen Wir in Monstrelets Chronik, daß der Herzog von Burgund 1407 den Herzog Louis von Orleans anklagte, dem König von Frankreich durch Zauberkünste Nach dem Leben getrachtet zu haben. Unter Anderm hatte er sich dabei ^nes Rings im Namen von Teufeln bedient. Ein Mönch unternahm dies, »Welcher in der Nähe eines Busches allerlei abergläubische Dinge mit Teufels- deschwörungen trieb." Zwei böse Geister erschienen ihm in Gestalt von Zwei Männern, von denen einer den auf den Boden hingelegten Ring ergriff "ud damit verschwand. Nach einer halben Stunde kam er wieder, gab den ^'ug, „der jetzt roth, fast wie Scharlach aussah", dem Mönche und sagte: »Du wirst ihn in der dir bekannten Weise einem Todten in den Mund stecken", worauf er verschwand. Der Mönch folgte dann dieser Anweisung. «Mdem er damit den König, unsern Herrn, zu verbrennen gedachte." Eins der seltsamsten Stücke der Londesborough Sammlung ist ein wahr- scheinlich aus Deutschland stammender kabbalistischer Ring, dessen Außenseite ^t einem Rubin und einem Amethyst besetzt, sonst aber ganz einfach und ^Mucklos ist. Drückt man jedoch auf einen jener Steine, so läßt eine ^pringfeder den Ring sich auseinanderthun, und man hat einen innern und ^en äußeren Reif vor sich, die mit magischen Zeichen und Namen bedeckt ^d. unter welchen letzteren sich die der Geister Asmodiel, Nachiel und Zamiel

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/215
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/215>, abgerufen am 31.10.2024.