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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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besonders auf dem Gebiete der Physik und Chemie in den letzten fünfund¬
zwanzig Jahren gemacht wurden, befähigen den Ingenieur, die Lösung von
Fragen und Aufgaben zu versuchen, welche noch vor wenigen Jahrzehnten
für unlösbar angesehen wurden. Die Aufhebung aller Entfernungen durch
das Legen unterseeischer Kabel ist schon ein längst überwundener Standpunkt,
das Durchbrechen der Alpen für Schienenwege ist nicht mehr eine Frage
des Gelingens, nur noch eine Frage des Kostenpunktes. In jüngster Zeit
hat die Ingenieurkunst besonders auf dem Gebiete des Wasserbaues Bedeutendes
erreicht. Der Suezkanal ward durch eine Wüste gegraben; die Gefahren der
Donauschifffahrt wurden beseitigt; und eine der erfolgreichsten solcher Arbeiten
ist leider bisher wenig genannt und bekannt, wir meinen die Aarcorreetion
oberhalb des Brienzer Sees gegen Meiringen. Die meisten dieser Arbeiten
wurden mit dem Spaten und der Schaufel bezwungen, die gewaltigen Wasser
eingedämmt mit Faschinen und Dämmen; sie waren fast alle oberirdische
Werke, die Sonne leuchtete den fleißigen Arbeitern, dem umsichtigen Auge
des leitenden Ingenieurs.

Auf ganz andere Weise mußte an die Lösung des eben jetzt bewältigten
Kroßen Problems, der Beseitigung der Gefahren im Hell Gale bei New-York
geschritten werden.

Die Stadt New-York liegt bekanntlich auf der langgestreckten Insel
Manhattan, nach Westen begrenzt vom Hudson, im Süden von der
New-York Bay. im Norden von einem Arm des Hudson, Spuyten Devil oder
Harlem River, der sich in die Bucht des langen Sundes ergießt, welcher die
Stadt im Osten begrenzt, den sogenannten Gast River. Dieser East River
in einer Breite von 1000 bis 8000 engl. Fuß trennt Manhattan Island
von Long Island und damit auch die Tochterstadt Brooklyn von New-York.
Nordöstlich von Brooklyn am Ufer des East River und immer noch New-
Äork gegenüber liegen nach einander die Ortschaften Green Point. Long-
Jsland City. Astoria. Zwischen diesen Ortschaften und der Stadt New-York
erweitert sich der East River zu seiner größten Breite, ist aber fast in der
Mitte durch die Inseln Blackwell und Ward in zwei ziemlich gleich breite
Arme getheilt. Dem nordöstlichen Ende von Ward Island gegenüber liegt
auf Long Island (in der Nähe von Astoria) die Landspitze Haltet's Point,
^"d zwischen Ward Island. Haltet's Point und Astoria liegt, oder besser
!"K das berüchtigte Hell Gale. ein wirkliches "Höllenthor" für die Schiffer,
es zu Passiren hatten.

Die Einfahrt in die herrliche Rhede. den schönen Hafen von New-York
ist eine ziemlich schwierige, welche erst durch Erbauung vieler Leuchtthürme
Und die Aufstellung vieler Tageszeichen verhältnißmäßig gefahrlos gemacht
^vurde. Die Haupteinfahrt ist bisher bei Sandy Hook gewesen, wo sich der


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besonders auf dem Gebiete der Physik und Chemie in den letzten fünfund¬
zwanzig Jahren gemacht wurden, befähigen den Ingenieur, die Lösung von
Fragen und Aufgaben zu versuchen, welche noch vor wenigen Jahrzehnten
für unlösbar angesehen wurden. Die Aufhebung aller Entfernungen durch
das Legen unterseeischer Kabel ist schon ein längst überwundener Standpunkt,
das Durchbrechen der Alpen für Schienenwege ist nicht mehr eine Frage
des Gelingens, nur noch eine Frage des Kostenpunktes. In jüngster Zeit
hat die Ingenieurkunst besonders auf dem Gebiete des Wasserbaues Bedeutendes
erreicht. Der Suezkanal ward durch eine Wüste gegraben; die Gefahren der
Donauschifffahrt wurden beseitigt; und eine der erfolgreichsten solcher Arbeiten
ist leider bisher wenig genannt und bekannt, wir meinen die Aarcorreetion
oberhalb des Brienzer Sees gegen Meiringen. Die meisten dieser Arbeiten
wurden mit dem Spaten und der Schaufel bezwungen, die gewaltigen Wasser
eingedämmt mit Faschinen und Dämmen; sie waren fast alle oberirdische
Werke, die Sonne leuchtete den fleißigen Arbeitern, dem umsichtigen Auge
des leitenden Ingenieurs.

Auf ganz andere Weise mußte an die Lösung des eben jetzt bewältigten
Kroßen Problems, der Beseitigung der Gefahren im Hell Gale bei New-York
geschritten werden.

Die Stadt New-York liegt bekanntlich auf der langgestreckten Insel
Manhattan, nach Westen begrenzt vom Hudson, im Süden von der
New-York Bay. im Norden von einem Arm des Hudson, Spuyten Devil oder
Harlem River, der sich in die Bucht des langen Sundes ergießt, welcher die
Stadt im Osten begrenzt, den sogenannten Gast River. Dieser East River
in einer Breite von 1000 bis 8000 engl. Fuß trennt Manhattan Island
von Long Island und damit auch die Tochterstadt Brooklyn von New-York.
Nordöstlich von Brooklyn am Ufer des East River und immer noch New-
Äork gegenüber liegen nach einander die Ortschaften Green Point. Long-
Jsland City. Astoria. Zwischen diesen Ortschaften und der Stadt New-York
erweitert sich der East River zu seiner größten Breite, ist aber fast in der
Mitte durch die Inseln Blackwell und Ward in zwei ziemlich gleich breite
Arme getheilt. Dem nordöstlichen Ende von Ward Island gegenüber liegt
auf Long Island (in der Nähe von Astoria) die Landspitze Haltet's Point,
^"d zwischen Ward Island. Haltet's Point und Astoria liegt, oder besser
!»K das berüchtigte Hell Gale. ein wirkliches „Höllenthor" für die Schiffer,
es zu Passiren hatten.

Die Einfahrt in die herrliche Rhede. den schönen Hafen von New-York
ist eine ziemlich schwierige, welche erst durch Erbauung vieler Leuchtthürme
Und die Aufstellung vieler Tageszeichen verhältnißmäßig gefahrlos gemacht
^vurde. Die Haupteinfahrt ist bisher bei Sandy Hook gewesen, wo sich der


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[0237] besonders auf dem Gebiete der Physik und Chemie in den letzten fünfund¬ zwanzig Jahren gemacht wurden, befähigen den Ingenieur, die Lösung von Fragen und Aufgaben zu versuchen, welche noch vor wenigen Jahrzehnten für unlösbar angesehen wurden. Die Aufhebung aller Entfernungen durch das Legen unterseeischer Kabel ist schon ein längst überwundener Standpunkt, das Durchbrechen der Alpen für Schienenwege ist nicht mehr eine Frage des Gelingens, nur noch eine Frage des Kostenpunktes. In jüngster Zeit hat die Ingenieurkunst besonders auf dem Gebiete des Wasserbaues Bedeutendes erreicht. Der Suezkanal ward durch eine Wüste gegraben; die Gefahren der Donauschifffahrt wurden beseitigt; und eine der erfolgreichsten solcher Arbeiten ist leider bisher wenig genannt und bekannt, wir meinen die Aarcorreetion oberhalb des Brienzer Sees gegen Meiringen. Die meisten dieser Arbeiten wurden mit dem Spaten und der Schaufel bezwungen, die gewaltigen Wasser eingedämmt mit Faschinen und Dämmen; sie waren fast alle oberirdische Werke, die Sonne leuchtete den fleißigen Arbeitern, dem umsichtigen Auge des leitenden Ingenieurs. Auf ganz andere Weise mußte an die Lösung des eben jetzt bewältigten Kroßen Problems, der Beseitigung der Gefahren im Hell Gale bei New-York geschritten werden. Die Stadt New-York liegt bekanntlich auf der langgestreckten Insel Manhattan, nach Westen begrenzt vom Hudson, im Süden von der New-York Bay. im Norden von einem Arm des Hudson, Spuyten Devil oder Harlem River, der sich in die Bucht des langen Sundes ergießt, welcher die Stadt im Osten begrenzt, den sogenannten Gast River. Dieser East River in einer Breite von 1000 bis 8000 engl. Fuß trennt Manhattan Island von Long Island und damit auch die Tochterstadt Brooklyn von New-York. Nordöstlich von Brooklyn am Ufer des East River und immer noch New- Äork gegenüber liegen nach einander die Ortschaften Green Point. Long- Jsland City. Astoria. Zwischen diesen Ortschaften und der Stadt New-York erweitert sich der East River zu seiner größten Breite, ist aber fast in der Mitte durch die Inseln Blackwell und Ward in zwei ziemlich gleich breite Arme getheilt. Dem nordöstlichen Ende von Ward Island gegenüber liegt auf Long Island (in der Nähe von Astoria) die Landspitze Haltet's Point, ^"d zwischen Ward Island. Haltet's Point und Astoria liegt, oder besser !»K das berüchtigte Hell Gale. ein wirkliches „Höllenthor" für die Schiffer, es zu Passiren hatten. Die Einfahrt in die herrliche Rhede. den schönen Hafen von New-York ist eine ziemlich schwierige, welche erst durch Erbauung vieler Leuchtthürme Und die Aufstellung vieler Tageszeichen verhältnißmäßig gefahrlos gemacht ^vurde. Die Haupteinfahrt ist bisher bei Sandy Hook gewesen, wo sich der G>«nzs?öden IV. 30

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/237>, abgerufen am 16.05.2024.