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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Aber was es mit dem Deutsch es um dieses österreichischen Cavalerie-
offiziers von österreichischem Adel für eine Bewandniß hat, wird uns der
zweite Band des "LonZrvs mternationg.1 6of ^moi'icimistes" (Nanzig bei
Cröpin-Leblond und Paris bei Maisonneuve Comp. 1875.) erzählen. In
diesem officiellen "Rechenschaftsbericht über die erste Sitzungsperiode" des
internationalen Congresses der Amerikasorscher, die 1876 in Nanzig abgehalten
wurde, findet sich von S. 175 an folgender Bericht:

"Fünfte Sitzung, Donnerstag. 22. Juli 1875, Nachmittags 1 Uhr.

"Herr Baron Guerrter de Dumast beruft zum Vorsitz der Sitzung Herrn
Friedrich von Hellwald, Cavalerieoffizier in der österreichischen Armee und
Chefredacteur der Zeitschrift "das Ausland"."

Der Vorsitz wechselt bei diesem Congresse täglich. Die Ehre ist also
von nicht ganz unfaßbarer Größe. Aber es sind auch Damen zugegen.
Kann es für eine k. k. Cavalerieuniform eine lockendere Aufgabe geben, als
die, den Vorsitz in einer gelehrten Gesellschaft in Gegenwart von Damen zu
übernehmen? Herr Friedrich von Hellwald strahlt vor Glück und legt den
Schönen und den Gelehrten sein ganzes Herz zu Füßen, indem er die Damen
blos anblickt -- "Ushas-mes", wie die übrigen Redner sagten, erschien ihm
nicht jugendlich genug -- die Gelehrten mit "Nessieurs" anredet und dann,
natürlich französisch, fortfährt:

"Indem Sie mich heute zu den Ehren t>ux Iionneurs) des Vorsitzes
berufen, übertragen Sie mir eine Aufgabe, deren Erfüllung für mich zugleich
süß und ruhmvoll ist." "Süß und ruhmvoll" war früher, namentlich für
Offiziere und selbst für simple Laneierlieutenants, wie Herr von Hellwald
in der k. k. Rangliste einer ist, die Aufgabe -- für das Vaterland zu sterben.
Herrn von Hellwald hat hierzu bisher offenbar nichts als die Gelegenheit
gefehlt. "Aber wenn ich die Rechtstitel prüfe, welche mir zu dieser Aus¬
zeichnung meine wissenschaftlichen Arbeiten geben, s" muß ich gestehen, daß
sie wenig zahlreich sind." Also die Masse muß es bringen? Qualität ver¬
leiht keinen Rechtstitel auf Auszeichnung. "Vielleicht verdanke ich
diese Auszeichnung hauptsächlich der Uniform, die ich trage,
und dem Umstand, daß ich hier der Vertreter einer Nation bin,
Welche die lebhaftesten Sympathien nährt für Ihr schönes
Land Frankreich. Auf alle Fälle empfangen Sie herzlichsten Dank für
den wohlwollenden und schmeichelhaften Empfang, der mir im Schooße
dieser edeln und gelehrten Versammlung (noble et eruäitö assewblse) zu
Theil wurde."

Es ist schwer, über solche Worte die kräftige Geringschätzung zurückzuhalten,
welche sie verdienen, und nur das Lächeln zum Ausdruck zu bringen, das sie
ja auch reichlich verdienen. Aber es geht schon -- man kann wirklich darüber


Aber was es mit dem Deutsch es um dieses österreichischen Cavalerie-
offiziers von österreichischem Adel für eine Bewandniß hat, wird uns der
zweite Band des „LonZrvs mternationg.1 6of ^moi'icimistes" (Nanzig bei
Cröpin-Leblond und Paris bei Maisonneuve Comp. 1875.) erzählen. In
diesem officiellen „Rechenschaftsbericht über die erste Sitzungsperiode" des
internationalen Congresses der Amerikasorscher, die 1876 in Nanzig abgehalten
wurde, findet sich von S. 175 an folgender Bericht:

„Fünfte Sitzung, Donnerstag. 22. Juli 1875, Nachmittags 1 Uhr.

„Herr Baron Guerrter de Dumast beruft zum Vorsitz der Sitzung Herrn
Friedrich von Hellwald, Cavalerieoffizier in der österreichischen Armee und
Chefredacteur der Zeitschrift „das Ausland"."

Der Vorsitz wechselt bei diesem Congresse täglich. Die Ehre ist also
von nicht ganz unfaßbarer Größe. Aber es sind auch Damen zugegen.
Kann es für eine k. k. Cavalerieuniform eine lockendere Aufgabe geben, als
die, den Vorsitz in einer gelehrten Gesellschaft in Gegenwart von Damen zu
übernehmen? Herr Friedrich von Hellwald strahlt vor Glück und legt den
Schönen und den Gelehrten sein ganzes Herz zu Füßen, indem er die Damen
blos anblickt — „Ushas-mes", wie die übrigen Redner sagten, erschien ihm
nicht jugendlich genug — die Gelehrten mit „Nessieurs" anredet und dann,
natürlich französisch, fortfährt:

„Indem Sie mich heute zu den Ehren t>ux Iionneurs) des Vorsitzes
berufen, übertragen Sie mir eine Aufgabe, deren Erfüllung für mich zugleich
süß und ruhmvoll ist." „Süß und ruhmvoll" war früher, namentlich für
Offiziere und selbst für simple Laneierlieutenants, wie Herr von Hellwald
in der k. k. Rangliste einer ist, die Aufgabe — für das Vaterland zu sterben.
Herrn von Hellwald hat hierzu bisher offenbar nichts als die Gelegenheit
gefehlt. „Aber wenn ich die Rechtstitel prüfe, welche mir zu dieser Aus¬
zeichnung meine wissenschaftlichen Arbeiten geben, s» muß ich gestehen, daß
sie wenig zahlreich sind." Also die Masse muß es bringen? Qualität ver¬
leiht keinen Rechtstitel auf Auszeichnung. „Vielleicht verdanke ich
diese Auszeichnung hauptsächlich der Uniform, die ich trage,
und dem Umstand, daß ich hier der Vertreter einer Nation bin,
Welche die lebhaftesten Sympathien nährt für Ihr schönes
Land Frankreich. Auf alle Fälle empfangen Sie herzlichsten Dank für
den wohlwollenden und schmeichelhaften Empfang, der mir im Schooße
dieser edeln und gelehrten Versammlung (noble et eruäitö assewblse) zu
Theil wurde."

Es ist schwer, über solche Worte die kräftige Geringschätzung zurückzuhalten,
welche sie verdienen, und nur das Lächeln zum Ausdruck zu bringen, das sie
ja auch reichlich verdienen. Aber es geht schon — man kann wirklich darüber


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[0427] Aber was es mit dem Deutsch es um dieses österreichischen Cavalerie- offiziers von österreichischem Adel für eine Bewandniß hat, wird uns der zweite Band des „LonZrvs mternationg.1 6of ^moi'icimistes" (Nanzig bei Cröpin-Leblond und Paris bei Maisonneuve Comp. 1875.) erzählen. In diesem officiellen „Rechenschaftsbericht über die erste Sitzungsperiode" des internationalen Congresses der Amerikasorscher, die 1876 in Nanzig abgehalten wurde, findet sich von S. 175 an folgender Bericht: „Fünfte Sitzung, Donnerstag. 22. Juli 1875, Nachmittags 1 Uhr. „Herr Baron Guerrter de Dumast beruft zum Vorsitz der Sitzung Herrn Friedrich von Hellwald, Cavalerieoffizier in der österreichischen Armee und Chefredacteur der Zeitschrift „das Ausland"." Der Vorsitz wechselt bei diesem Congresse täglich. Die Ehre ist also von nicht ganz unfaßbarer Größe. Aber es sind auch Damen zugegen. Kann es für eine k. k. Cavalerieuniform eine lockendere Aufgabe geben, als die, den Vorsitz in einer gelehrten Gesellschaft in Gegenwart von Damen zu übernehmen? Herr Friedrich von Hellwald strahlt vor Glück und legt den Schönen und den Gelehrten sein ganzes Herz zu Füßen, indem er die Damen blos anblickt — „Ushas-mes", wie die übrigen Redner sagten, erschien ihm nicht jugendlich genug — die Gelehrten mit „Nessieurs" anredet und dann, natürlich französisch, fortfährt: „Indem Sie mich heute zu den Ehren t>ux Iionneurs) des Vorsitzes berufen, übertragen Sie mir eine Aufgabe, deren Erfüllung für mich zugleich süß und ruhmvoll ist." „Süß und ruhmvoll" war früher, namentlich für Offiziere und selbst für simple Laneierlieutenants, wie Herr von Hellwald in der k. k. Rangliste einer ist, die Aufgabe — für das Vaterland zu sterben. Herrn von Hellwald hat hierzu bisher offenbar nichts als die Gelegenheit gefehlt. „Aber wenn ich die Rechtstitel prüfe, welche mir zu dieser Aus¬ zeichnung meine wissenschaftlichen Arbeiten geben, s» muß ich gestehen, daß sie wenig zahlreich sind." Also die Masse muß es bringen? Qualität ver¬ leiht keinen Rechtstitel auf Auszeichnung. „Vielleicht verdanke ich diese Auszeichnung hauptsächlich der Uniform, die ich trage, und dem Umstand, daß ich hier der Vertreter einer Nation bin, Welche die lebhaftesten Sympathien nährt für Ihr schönes Land Frankreich. Auf alle Fälle empfangen Sie herzlichsten Dank für den wohlwollenden und schmeichelhaften Empfang, der mir im Schooße dieser edeln und gelehrten Versammlung (noble et eruäitö assewblse) zu Theil wurde." Es ist schwer, über solche Worte die kräftige Geringschätzung zurückzuhalten, welche sie verdienen, und nur das Lächeln zum Ausdruck zu bringen, das sie ja auch reichlich verdienen. Aber es geht schon — man kann wirklich darüber

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/427>, abgerufen am 16.05.2024.