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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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deutschen Staatsbahnen verhalten sich nun zu den Einnahmen nach einer
Berechnung der Vereins-Zeitung vom Jcihr 1874 Nummero 30 wie folgt'



Die Gegner des Staatsbahnsystems, welche so oft die Einrede gebrauchen,
daß die Staatsverwaltung theurer sei, können an dieser vergleichenden Ta¬
belle sehen, daß es auch Privatbahnen gibt und zwar von den besten, welche
noch theurer verwalten als Staatsbahnen, daß aber die Kosten der Verwal¬
tung an und für sich nicht der einzige Maßstab dafür sind, sondern
die Frage, was für dieselben geschieht, denn auf die Dauer wird diese theurere
Verwaltung die billigere. Die Bahnen, welche zur unrechten Zeit an ihrem
Erneuerungsfonds gespart haben, müssen später auf einmal verhältnißmäßtg
viel mehr aufwenden. Die Dividenden werden dann rasch von der Schwind¬
sucht befallen, und die Börse weiß auf die Dauer den wahren Werth doch
richtig zu schätzen. Am 5. Dezember 1876 standen z. B. die Aktien der
Berlin-Hamburger Eisenbahn auf 174 und die der Berlin-AnHalter auf 102.

Ein dritter Nachtheil des Privatbahnsystems besteht darin, daß Die
Unternehmung und der Bau von Privatbahnen zu unregelmäßig vor sich
geht und dadurch, für lange Perioden berechnet, theurer zu stehen kommt, als
der Staatsbahnbau, wenn dieser auch cetoris xaridus wegen soliderer Anlage
an und für sich eine höhere Auslage für das Material erfordert. Da nämlich
die Unternehmungslust mehr sprungweise aufzutreten und anzuschwellen pflegt,
Privateisenbahnen aber von derselben abhängig sind, so kommt es, daß der
Privateisenbahnbau in Perioden des industriellen Aufschwunges eine ungeheure
Ausdehnung gewinnt, in Perioden des Stillstandes aber gänzlich daniederliegt.
Während also in Zeiten der Ueberspekulation der Privateisenbahnbau am
schwunghaftesten betrieben wird, wo zugleich auch alle übrigen Industriezweige
einen hoch gesteigerten Bedarf an Materialien, namentlich an Rohprodukten
des Eisenbahnbaus, an Holz und Eisen, verursacht, so muß er für dieselben
die höchsten Preise bezahlen. Aus der gleichen Ursache erhöht die ungewöhnlich
gesteigerte Nachfrage nach Arbeitern den Arbeitslohn zu seinem Culminations-
punkte. Aus diesem Grunde ist es einleuchtend, daß die Herstellung von
Privatbahnen theurer zu stehen kommen kann, als die von Staatsbahnen, bei
welchen letzteren die Regierung den Bau gleichmäßig vertheilen kann. Im


deutschen Staatsbahnen verhalten sich nun zu den Einnahmen nach einer
Berechnung der Vereins-Zeitung vom Jcihr 1874 Nummero 30 wie folgt'



Die Gegner des Staatsbahnsystems, welche so oft die Einrede gebrauchen,
daß die Staatsverwaltung theurer sei, können an dieser vergleichenden Ta¬
belle sehen, daß es auch Privatbahnen gibt und zwar von den besten, welche
noch theurer verwalten als Staatsbahnen, daß aber die Kosten der Verwal¬
tung an und für sich nicht der einzige Maßstab dafür sind, sondern
die Frage, was für dieselben geschieht, denn auf die Dauer wird diese theurere
Verwaltung die billigere. Die Bahnen, welche zur unrechten Zeit an ihrem
Erneuerungsfonds gespart haben, müssen später auf einmal verhältnißmäßtg
viel mehr aufwenden. Die Dividenden werden dann rasch von der Schwind¬
sucht befallen, und die Börse weiß auf die Dauer den wahren Werth doch
richtig zu schätzen. Am 5. Dezember 1876 standen z. B. die Aktien der
Berlin-Hamburger Eisenbahn auf 174 und die der Berlin-AnHalter auf 102.

Ein dritter Nachtheil des Privatbahnsystems besteht darin, daß Die
Unternehmung und der Bau von Privatbahnen zu unregelmäßig vor sich
geht und dadurch, für lange Perioden berechnet, theurer zu stehen kommt, als
der Staatsbahnbau, wenn dieser auch cetoris xaridus wegen soliderer Anlage
an und für sich eine höhere Auslage für das Material erfordert. Da nämlich
die Unternehmungslust mehr sprungweise aufzutreten und anzuschwellen pflegt,
Privateisenbahnen aber von derselben abhängig sind, so kommt es, daß der
Privateisenbahnbau in Perioden des industriellen Aufschwunges eine ungeheure
Ausdehnung gewinnt, in Perioden des Stillstandes aber gänzlich daniederliegt.
Während also in Zeiten der Ueberspekulation der Privateisenbahnbau am
schwunghaftesten betrieben wird, wo zugleich auch alle übrigen Industriezweige
einen hoch gesteigerten Bedarf an Materialien, namentlich an Rohprodukten
des Eisenbahnbaus, an Holz und Eisen, verursacht, so muß er für dieselben
die höchsten Preise bezahlen. Aus der gleichen Ursache erhöht die ungewöhnlich
gesteigerte Nachfrage nach Arbeitern den Arbeitslohn zu seinem Culminations-
punkte. Aus diesem Grunde ist es einleuchtend, daß die Herstellung von
Privatbahnen theurer zu stehen kommen kann, als die von Staatsbahnen, bei
welchen letzteren die Regierung den Bau gleichmäßig vertheilen kann. Im


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[0508] deutschen Staatsbahnen verhalten sich nun zu den Einnahmen nach einer Berechnung der Vereins-Zeitung vom Jcihr 1874 Nummero 30 wie folgt' Berlin - Hamburg.Berlin -Anhalt.Deutsche Staatsbahnen im Durchschnitt. Einnahme proAusgabe; Pro¬Einnahme proAusgabe; Pro-Einnahme proAusgabe; Pro Kilometer.cent der Ein¬Kilometer.cent der Ein¬Kilometer.cent der Ein Thlr.nahme.Thlr.nahme.Thlr.»ahme. 186711588S8.79474S7,g873853,5 18681240858,930536.,881555., 18691394863,i955936,,,870853,g 18701394764.,1073738,i859655,, 1871146346L,o1218938,z990555,4 Die Gegner des Staatsbahnsystems, welche so oft die Einrede gebrauchen, daß die Staatsverwaltung theurer sei, können an dieser vergleichenden Ta¬ belle sehen, daß es auch Privatbahnen gibt und zwar von den besten, welche noch theurer verwalten als Staatsbahnen, daß aber die Kosten der Verwal¬ tung an und für sich nicht der einzige Maßstab dafür sind, sondern die Frage, was für dieselben geschieht, denn auf die Dauer wird diese theurere Verwaltung die billigere. Die Bahnen, welche zur unrechten Zeit an ihrem Erneuerungsfonds gespart haben, müssen später auf einmal verhältnißmäßtg viel mehr aufwenden. Die Dividenden werden dann rasch von der Schwind¬ sucht befallen, und die Börse weiß auf die Dauer den wahren Werth doch richtig zu schätzen. Am 5. Dezember 1876 standen z. B. die Aktien der Berlin-Hamburger Eisenbahn auf 174 und die der Berlin-AnHalter auf 102. Ein dritter Nachtheil des Privatbahnsystems besteht darin, daß Die Unternehmung und der Bau von Privatbahnen zu unregelmäßig vor sich geht und dadurch, für lange Perioden berechnet, theurer zu stehen kommt, als der Staatsbahnbau, wenn dieser auch cetoris xaridus wegen soliderer Anlage an und für sich eine höhere Auslage für das Material erfordert. Da nämlich die Unternehmungslust mehr sprungweise aufzutreten und anzuschwellen pflegt, Privateisenbahnen aber von derselben abhängig sind, so kommt es, daß der Privateisenbahnbau in Perioden des industriellen Aufschwunges eine ungeheure Ausdehnung gewinnt, in Perioden des Stillstandes aber gänzlich daniederliegt. Während also in Zeiten der Ueberspekulation der Privateisenbahnbau am schwunghaftesten betrieben wird, wo zugleich auch alle übrigen Industriezweige einen hoch gesteigerten Bedarf an Materialien, namentlich an Rohprodukten des Eisenbahnbaus, an Holz und Eisen, verursacht, so muß er für dieselben die höchsten Preise bezahlen. Aus der gleichen Ursache erhöht die ungewöhnlich gesteigerte Nachfrage nach Arbeitern den Arbeitslohn zu seinem Culminations- punkte. Aus diesem Grunde ist es einleuchtend, daß die Herstellung von Privatbahnen theurer zu stehen kommen kann, als die von Staatsbahnen, bei welchen letzteren die Regierung den Bau gleichmäßig vertheilen kann. Im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/508>, abgerufen am 09.06.2024.