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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Albanesen 1,600,00, Griechen etwa eine Million, Rumänen 200,000 (Variante
eine halbe Million), Slawen nach Bradaschka 8'/z Millionen, Türken cirea
eine Million, Tataren 45,000 (in der Dobrudscha und Bulgarien), Armenier
400,000, Juden, in Sephardim und Aschkenasim (deutsch- und spanischredende)
zerfallend, 95,000, Tscherkessen etwa 500,000, Zigeuner 240,000, wozu noch
einige Tausend Deutsche (1200 in der Dobrndscha in drei Dörfern ange¬
siedelt) und einige bei Basnrdjik in Bulgarien wohnende Araber kommen.
Konstantinopel hatte 1864 circa 1,075,000 Einwohner, unter denen 480,000
Muhamedaner, 250,000 orthodoxe und 30,000 unirte Armenier, 220,000
Griechen, 55,000 Juden und 40,000 andere Glaubensgenossen waren. Die
Zahl der Schützlinge fremder Mächte betrug ungefähr 60,000.


Vergleichende Kulturbilder aus den vier europäischen Millionen¬
städten. Von Julius Faucher. Hannover, Carl Nümpler, 1877.

Ein Vergleich zwischen Berlin, Wien, Paris und London in Schilderungen,
welche hauptsächlich die äußere Kultur dieser Städte ins Auge fassen, wie sich
dieselbe in der Einrichtung ihrer Theater- und Concertvorstellungen, Hotels,
Restaurants, Kaffee- und Bierhäuser, Verkehrs- und Beförderungsmittel, in
ihren Privatwohnungen und Gesellschaften, in der Art, wie man zu bauen
pflegt, ausgeprägt hat. Der Verfasser, der sich Kohls Schriften zum Muster
genommen zu habe" scheint, spricht als guter Kenner der Verhältnisse und Zu¬
stände, was namentlich von seinen Mittheilungen über Berlin und London
gilt. Jenes wird, wie uns dünkt, ungünstiger beurtheilt als billig. Gewiß hat
Herr Faucher in den meisten Fällen, wo er Ausstellungen zu machen hat, ganz
recht; aber man sollte von einer jungen Großstadt, die sich überdies bei ihrer
Entwickelung durch die Umstände eher gehemmt als gefördert sah, nicht zu viel
verlangen. Sonst enthält das sehr ungleich, bald zu knapp, bald zu breit und
weitschweifig geschriebene, in diesem Kapitel feuilletonistisch plaudernde, in jenem
trocken berichtende Buch neben verschiedenem selbstverständlichen und Bekannten
auch vieles Neue und manches Treffende und Beherzigenswerthe. Bedenkliche
sittliche Grundsätze spricht Herr F. in dem Abschnitte über die Unwahrheit der
französischen Ehebruchs-Komödien und Demimonde-Tragödien ans, wenn er
die wilden Ehen der Studenten und Cvcvtten harmlos findet, und für die
Mittheilung der hier angefügten Unterhaltung von Cameliendamen mögen sich
Andere bei ihm bedanken. Recht lehrreich und interessant dagegen sind das
27. Kapitel, welches vom pariser Kunsthandwerk und vorzüglich von der dor¬
tigen Kunsttischlern handelt, und die Abschnitte über das Leben, in London.
Wir erfahren hier u. A. neben manchem Wichtigerem, daß der englische Nativ-
ualhymnns "(Zoci savs srest AsorM our KinZ" von dem londoner Volks-


Albanesen 1,600,00, Griechen etwa eine Million, Rumänen 200,000 (Variante
eine halbe Million), Slawen nach Bradaschka 8'/z Millionen, Türken cirea
eine Million, Tataren 45,000 (in der Dobrudscha und Bulgarien), Armenier
400,000, Juden, in Sephardim und Aschkenasim (deutsch- und spanischredende)
zerfallend, 95,000, Tscherkessen etwa 500,000, Zigeuner 240,000, wozu noch
einige Tausend Deutsche (1200 in der Dobrndscha in drei Dörfern ange¬
siedelt) und einige bei Basnrdjik in Bulgarien wohnende Araber kommen.
Konstantinopel hatte 1864 circa 1,075,000 Einwohner, unter denen 480,000
Muhamedaner, 250,000 orthodoxe und 30,000 unirte Armenier, 220,000
Griechen, 55,000 Juden und 40,000 andere Glaubensgenossen waren. Die
Zahl der Schützlinge fremder Mächte betrug ungefähr 60,000.


Vergleichende Kulturbilder aus den vier europäischen Millionen¬
städten. Von Julius Faucher. Hannover, Carl Nümpler, 1877.

Ein Vergleich zwischen Berlin, Wien, Paris und London in Schilderungen,
welche hauptsächlich die äußere Kultur dieser Städte ins Auge fassen, wie sich
dieselbe in der Einrichtung ihrer Theater- und Concertvorstellungen, Hotels,
Restaurants, Kaffee- und Bierhäuser, Verkehrs- und Beförderungsmittel, in
ihren Privatwohnungen und Gesellschaften, in der Art, wie man zu bauen
pflegt, ausgeprägt hat. Der Verfasser, der sich Kohls Schriften zum Muster
genommen zu habe» scheint, spricht als guter Kenner der Verhältnisse und Zu¬
stände, was namentlich von seinen Mittheilungen über Berlin und London
gilt. Jenes wird, wie uns dünkt, ungünstiger beurtheilt als billig. Gewiß hat
Herr Faucher in den meisten Fällen, wo er Ausstellungen zu machen hat, ganz
recht; aber man sollte von einer jungen Großstadt, die sich überdies bei ihrer
Entwickelung durch die Umstände eher gehemmt als gefördert sah, nicht zu viel
verlangen. Sonst enthält das sehr ungleich, bald zu knapp, bald zu breit und
weitschweifig geschriebene, in diesem Kapitel feuilletonistisch plaudernde, in jenem
trocken berichtende Buch neben verschiedenem selbstverständlichen und Bekannten
auch vieles Neue und manches Treffende und Beherzigenswerthe. Bedenkliche
sittliche Grundsätze spricht Herr F. in dem Abschnitte über die Unwahrheit der
französischen Ehebruchs-Komödien und Demimonde-Tragödien ans, wenn er
die wilden Ehen der Studenten und Cvcvtten harmlos findet, und für die
Mittheilung der hier angefügten Unterhaltung von Cameliendamen mögen sich
Andere bei ihm bedanken. Recht lehrreich und interessant dagegen sind das
27. Kapitel, welches vom pariser Kunsthandwerk und vorzüglich von der dor¬
tigen Kunsttischlern handelt, und die Abschnitte über das Leben, in London.
Wir erfahren hier u. A. neben manchem Wichtigerem, daß der englische Nativ-
ualhymnns «(Zoci savs srest AsorM our KinZ» von dem londoner Volks-


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[0247] Albanesen 1,600,00, Griechen etwa eine Million, Rumänen 200,000 (Variante eine halbe Million), Slawen nach Bradaschka 8'/z Millionen, Türken cirea eine Million, Tataren 45,000 (in der Dobrudscha und Bulgarien), Armenier 400,000, Juden, in Sephardim und Aschkenasim (deutsch- und spanischredende) zerfallend, 95,000, Tscherkessen etwa 500,000, Zigeuner 240,000, wozu noch einige Tausend Deutsche (1200 in der Dobrndscha in drei Dörfern ange¬ siedelt) und einige bei Basnrdjik in Bulgarien wohnende Araber kommen. Konstantinopel hatte 1864 circa 1,075,000 Einwohner, unter denen 480,000 Muhamedaner, 250,000 orthodoxe und 30,000 unirte Armenier, 220,000 Griechen, 55,000 Juden und 40,000 andere Glaubensgenossen waren. Die Zahl der Schützlinge fremder Mächte betrug ungefähr 60,000. Vergleichende Kulturbilder aus den vier europäischen Millionen¬ städten. Von Julius Faucher. Hannover, Carl Nümpler, 1877. Ein Vergleich zwischen Berlin, Wien, Paris und London in Schilderungen, welche hauptsächlich die äußere Kultur dieser Städte ins Auge fassen, wie sich dieselbe in der Einrichtung ihrer Theater- und Concertvorstellungen, Hotels, Restaurants, Kaffee- und Bierhäuser, Verkehrs- und Beförderungsmittel, in ihren Privatwohnungen und Gesellschaften, in der Art, wie man zu bauen pflegt, ausgeprägt hat. Der Verfasser, der sich Kohls Schriften zum Muster genommen zu habe» scheint, spricht als guter Kenner der Verhältnisse und Zu¬ stände, was namentlich von seinen Mittheilungen über Berlin und London gilt. Jenes wird, wie uns dünkt, ungünstiger beurtheilt als billig. Gewiß hat Herr Faucher in den meisten Fällen, wo er Ausstellungen zu machen hat, ganz recht; aber man sollte von einer jungen Großstadt, die sich überdies bei ihrer Entwickelung durch die Umstände eher gehemmt als gefördert sah, nicht zu viel verlangen. Sonst enthält das sehr ungleich, bald zu knapp, bald zu breit und weitschweifig geschriebene, in diesem Kapitel feuilletonistisch plaudernde, in jenem trocken berichtende Buch neben verschiedenem selbstverständlichen und Bekannten auch vieles Neue und manches Treffende und Beherzigenswerthe. Bedenkliche sittliche Grundsätze spricht Herr F. in dem Abschnitte über die Unwahrheit der französischen Ehebruchs-Komödien und Demimonde-Tragödien ans, wenn er die wilden Ehen der Studenten und Cvcvtten harmlos findet, und für die Mittheilung der hier angefügten Unterhaltung von Cameliendamen mögen sich Andere bei ihm bedanken. Recht lehrreich und interessant dagegen sind das 27. Kapitel, welches vom pariser Kunsthandwerk und vorzüglich von der dor¬ tigen Kunsttischlern handelt, und die Abschnitte über das Leben, in London. Wir erfahren hier u. A. neben manchem Wichtigerem, daß der englische Nativ- ualhymnns «(Zoci savs srest AsorM our KinZ» von dem londoner Volks-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/247>, abgerufen am 21.05.2024.