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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Are Lroöerungen der Aussen in Mittelasien.*)
ii.

Auch der Chan von Chiwa hatte schließlich es für rathsam gehalten, Vor¬
kehrungen zu treffen, um den drohenden Schlag womöglich abzuwenden. Die
schon Ende 1872 gemachten Versuche, bei seinen mahomedanischen Glaubens¬
genossen Asiens, und gar bei England Unterstützung zu finden, waren ge¬
scheitert. Um den an und für sich schon so schwierigen Marsch durch die
Steppen den Russen noch mehr zu erschweren, richtete der Chan an alle dort
nomadisirenden Kirgisen die von den schwersten Drohungen begleitete Auffor¬
derung, die Russen in keiner Weise zu unterstützen, und mit ihren Heerden
nach Chiwa zu ziehen, -- ein Mittel, das seinem Zwecke in der That sehr
gut entsprach.

Im Chanat selbst begannen eilige Rüstungen: alle streitbaren Münner
wurden aufgeboten und mit Pferd, Säbel oder Flinte, vielfach auch nur mit
Streitkeule und Beil bewaffnet. Diese zusammengerafften Schaaren wurden
anfangs zum Theil über Kuugrad nach dem Fort Djany-Kala bei dem Vor¬
gebirge Urgumuruu, zum Theil in der Stärke von 6 -- 7000 Mann in die
Gegend Dau-Kara dirigirt, da der Chan den Angriff nur längs des West-
und längs des Ost-nfers des Aralmeeres ausführbar glaubte.

Ein Allerhöchster Befehl vom 12. Dec. 1872 enthielt den detaillirten
Operationsplan für die Expedition gegen Chiwa; die Ansführungsbestimmungen
wurden von den Oberkommandirenden der Truppen in dem turkestanischen,
orenburgischen und kaukasischen Militair-Bezirke erlassen.

Danach rückt das turkestcmische, also das von Osten her gegen Chiwa
operireude Detachement, in zwei Colonnen: aus Kasala unter dem Befehl des
Obersten Golow, und aus Djisak unter dem Befehl des Generalmajors Golo-
watschew ab, vereinigt sich am Butan-lau und geht dann in einer Gesammt-



') Stieler's Hand-Atlas Ur. 62 ", "4.
Grenzboten I. 1877.0
Are Lroöerungen der Aussen in Mittelasien.*)
ii.

Auch der Chan von Chiwa hatte schließlich es für rathsam gehalten, Vor¬
kehrungen zu treffen, um den drohenden Schlag womöglich abzuwenden. Die
schon Ende 1872 gemachten Versuche, bei seinen mahomedanischen Glaubens¬
genossen Asiens, und gar bei England Unterstützung zu finden, waren ge¬
scheitert. Um den an und für sich schon so schwierigen Marsch durch die
Steppen den Russen noch mehr zu erschweren, richtete der Chan an alle dort
nomadisirenden Kirgisen die von den schwersten Drohungen begleitete Auffor¬
derung, die Russen in keiner Weise zu unterstützen, und mit ihren Heerden
nach Chiwa zu ziehen, — ein Mittel, das seinem Zwecke in der That sehr
gut entsprach.

Im Chanat selbst begannen eilige Rüstungen: alle streitbaren Münner
wurden aufgeboten und mit Pferd, Säbel oder Flinte, vielfach auch nur mit
Streitkeule und Beil bewaffnet. Diese zusammengerafften Schaaren wurden
anfangs zum Theil über Kuugrad nach dem Fort Djany-Kala bei dem Vor¬
gebirge Urgumuruu, zum Theil in der Stärke von 6 — 7000 Mann in die
Gegend Dau-Kara dirigirt, da der Chan den Angriff nur längs des West-
und längs des Ost-nfers des Aralmeeres ausführbar glaubte.

Ein Allerhöchster Befehl vom 12. Dec. 1872 enthielt den detaillirten
Operationsplan für die Expedition gegen Chiwa; die Ansführungsbestimmungen
wurden von den Oberkommandirenden der Truppen in dem turkestanischen,
orenburgischen und kaukasischen Militair-Bezirke erlassen.

Danach rückt das turkestcmische, also das von Osten her gegen Chiwa
operireude Detachement, in zwei Colonnen: aus Kasala unter dem Befehl des
Obersten Golow, und aus Djisak unter dem Befehl des Generalmajors Golo-
watschew ab, vereinigt sich am Butan-lau und geht dann in einer Gesammt-



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[0049] Are Lroöerungen der Aussen in Mittelasien.*) ii. Auch der Chan von Chiwa hatte schließlich es für rathsam gehalten, Vor¬ kehrungen zu treffen, um den drohenden Schlag womöglich abzuwenden. Die schon Ende 1872 gemachten Versuche, bei seinen mahomedanischen Glaubens¬ genossen Asiens, und gar bei England Unterstützung zu finden, waren ge¬ scheitert. Um den an und für sich schon so schwierigen Marsch durch die Steppen den Russen noch mehr zu erschweren, richtete der Chan an alle dort nomadisirenden Kirgisen die von den schwersten Drohungen begleitete Auffor¬ derung, die Russen in keiner Weise zu unterstützen, und mit ihren Heerden nach Chiwa zu ziehen, — ein Mittel, das seinem Zwecke in der That sehr gut entsprach. Im Chanat selbst begannen eilige Rüstungen: alle streitbaren Münner wurden aufgeboten und mit Pferd, Säbel oder Flinte, vielfach auch nur mit Streitkeule und Beil bewaffnet. Diese zusammengerafften Schaaren wurden anfangs zum Theil über Kuugrad nach dem Fort Djany-Kala bei dem Vor¬ gebirge Urgumuruu, zum Theil in der Stärke von 6 — 7000 Mann in die Gegend Dau-Kara dirigirt, da der Chan den Angriff nur längs des West- und längs des Ost-nfers des Aralmeeres ausführbar glaubte. Ein Allerhöchster Befehl vom 12. Dec. 1872 enthielt den detaillirten Operationsplan für die Expedition gegen Chiwa; die Ansführungsbestimmungen wurden von den Oberkommandirenden der Truppen in dem turkestanischen, orenburgischen und kaukasischen Militair-Bezirke erlassen. Danach rückt das turkestcmische, also das von Osten her gegen Chiwa operireude Detachement, in zwei Colonnen: aus Kasala unter dem Befehl des Obersten Golow, und aus Djisak unter dem Befehl des Generalmajors Golo- watschew ab, vereinigt sich am Butan-lau und geht dann in einer Gesammt- ') Stieler's Hand-Atlas Ur. 62 », «4. Grenzboten I. 1877.0

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/49>, abgerufen am 17.06.2024.