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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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losbrachen, mußte die Griecheuwelt erkennen lassen, in welchem Umfange sie
bedroht sei. Die Hoffnung, dem punischen Angriffe zu widerstehen, gab den
italischen Griechen das Bündniß der Tyrannen von Syrakus und Mragas.
Es galt, in Hellas eine gleiche Einigung zu schaffen. Auf des Tyemistokles
Rath ordnete sich Athen der Hegemonie Spartas unter und lud vereint mit
diesem alle Hellenen zu einem Wasserhunde ein, dessen Bundesamt in Korinth
tagen sollte. Dies Synedrion beschloß, daß alle Fehde zwischen griechischen
Städten ruhen solle, bis die Barbaren besiegt seien; es erklärte für Hochverrath,
den Persern mit Wort oder That Dienste zu leisten, und welche Stadt sich
den Persern ergebe, ohne bezwungen zu sein, die sollte dem delphischen Gott
geweiht und gezehntet werden.

Inzwischen hatte Xerxes seine Rüstungen vollendet. Er führte ein Heer von
jedenfalls mehr als einer Million über den Hellespont durch Thrakien und Makedonien
heran, während gleichzeitig eine Flotte die Küsten herabsegelte. Zu einmüthiger
nationaler Gegenwehr vermochte Griechenland sich nicht zu erheben. Nur
10,000 Hopliten, denen sich die Reiterei der Thessaler anschloß, wurden nach
Norden gesandt, um den Paß von Tempe, der ans dein niederen Makedonien nach
Thessalien führt, zu sperren. Aber auch diese, leicht zu umgehende Stellung gab
man bald auf undentschloß sich, alle Kraft auf die Vertheidigung des Peloponnes
zu vereinen, der in der Defensivstellung des Jsthmvs seineu natürlichen Abschluß
hat. Hierhin sollten sich die Aufgebote sammeln. Die Festzeiten der Kamelen
und Olympier verzögerten deren Anmarsch, und um einige Frist zu gewinnen,
wurde ein Heerkörper unter dem spartanischen Könige Leonidas nach Termo-
gylä vorgeschoben, indessen sich gleichzeitig die Flotte beim Vorgebirge Arte¬
mision sammelte. Die Thermopylen sind der einzige größere Paß, welcher
aus dem Norden in das östliche Hellas führt; eine Thalsperre, die sogen,
phokische Mauer vertheidigte ihn. Dahinter stand das Gros der Griechen. ---
Vier Tage wartete Uerxes ans den Abmarsch dieser Truppen; am fünften end¬
lich griff er an und wurde in der entschiedensten Weise abgewiesen. Folgenden
Tages aber umgingen die Perser den Paß; die Hauptmasse der griechischen
Truppen zog sich zurück; und nur der König mit seinen Stammgenossen, den
300 Spartanern, ferner 400 Thebäer und 700 Thespier blieben auf dem ver¬
lorenen Posten zurück, um den Abmarsch zu decken. Es waren also 1400
Hopliten mit etwa 1600 Heiloten und Sklaven. Leonidas ging dem Feinde
vor die phokische Mauer entgegen; in der Asoposebene wurde er von zwei
Seiten angegriffen, und hier starb er mit den Spartanern, Heiloten und Tes-
piern den Heldentod, während die Thebäer zum Feinde übergingen. -- Nun
stand das ganze Hellas bis zum Jsthmos dem Feinde offen; Athen, von seinen
Einwohnern verlassen, wurde geplündert und zerstört. -- Da erfolgte am 23.


losbrachen, mußte die Griecheuwelt erkennen lassen, in welchem Umfange sie
bedroht sei. Die Hoffnung, dem punischen Angriffe zu widerstehen, gab den
italischen Griechen das Bündniß der Tyrannen von Syrakus und Mragas.
Es galt, in Hellas eine gleiche Einigung zu schaffen. Auf des Tyemistokles
Rath ordnete sich Athen der Hegemonie Spartas unter und lud vereint mit
diesem alle Hellenen zu einem Wasserhunde ein, dessen Bundesamt in Korinth
tagen sollte. Dies Synedrion beschloß, daß alle Fehde zwischen griechischen
Städten ruhen solle, bis die Barbaren besiegt seien; es erklärte für Hochverrath,
den Persern mit Wort oder That Dienste zu leisten, und welche Stadt sich
den Persern ergebe, ohne bezwungen zu sein, die sollte dem delphischen Gott
geweiht und gezehntet werden.

Inzwischen hatte Xerxes seine Rüstungen vollendet. Er führte ein Heer von
jedenfalls mehr als einer Million über den Hellespont durch Thrakien und Makedonien
heran, während gleichzeitig eine Flotte die Küsten herabsegelte. Zu einmüthiger
nationaler Gegenwehr vermochte Griechenland sich nicht zu erheben. Nur
10,000 Hopliten, denen sich die Reiterei der Thessaler anschloß, wurden nach
Norden gesandt, um den Paß von Tempe, der ans dein niederen Makedonien nach
Thessalien führt, zu sperren. Aber auch diese, leicht zu umgehende Stellung gab
man bald auf undentschloß sich, alle Kraft auf die Vertheidigung des Peloponnes
zu vereinen, der in der Defensivstellung des Jsthmvs seineu natürlichen Abschluß
hat. Hierhin sollten sich die Aufgebote sammeln. Die Festzeiten der Kamelen
und Olympier verzögerten deren Anmarsch, und um einige Frist zu gewinnen,
wurde ein Heerkörper unter dem spartanischen Könige Leonidas nach Termo-
gylä vorgeschoben, indessen sich gleichzeitig die Flotte beim Vorgebirge Arte¬
mision sammelte. Die Thermopylen sind der einzige größere Paß, welcher
aus dem Norden in das östliche Hellas führt; eine Thalsperre, die sogen,
phokische Mauer vertheidigte ihn. Dahinter stand das Gros der Griechen. —-
Vier Tage wartete Uerxes ans den Abmarsch dieser Truppen; am fünften end¬
lich griff er an und wurde in der entschiedensten Weise abgewiesen. Folgenden
Tages aber umgingen die Perser den Paß; die Hauptmasse der griechischen
Truppen zog sich zurück; und nur der König mit seinen Stammgenossen, den
300 Spartanern, ferner 400 Thebäer und 700 Thespier blieben auf dem ver¬
lorenen Posten zurück, um den Abmarsch zu decken. Es waren also 1400
Hopliten mit etwa 1600 Heiloten und Sklaven. Leonidas ging dem Feinde
vor die phokische Mauer entgegen; in der Asoposebene wurde er von zwei
Seiten angegriffen, und hier starb er mit den Spartanern, Heiloten und Tes-
piern den Heldentod, während die Thebäer zum Feinde übergingen. — Nun
stand das ganze Hellas bis zum Jsthmos dem Feinde offen; Athen, von seinen
Einwohnern verlassen, wurde geplündert und zerstört. — Da erfolgte am 23.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/111>, abgerufen am 15.05.2024.