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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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meist anderweitiger Benutzung verfielen. Für die allerdings reichhaltigen
schriftlichen Schilderungen haben somit vorzugsweise Sklllptnren und Vasen¬
bilder als Erläuterung zu dienen -- beide freilich mit sorgfältiger Kritik/') --
Der Helm hat sich wohl aus dem Thierhaupte einer um die Schultern ge¬
worfene" Wildschnr und demnächst aus der Fellkappe entwickelt. An die Stelle
der Lederbände trat zuerst eine halbkugelförmige eherne Kopfbedeckung, die dann
allmählig durch Hinzufügung von Stirn- und Nacken-Schirmen, Backen- und
Rasenstücken, halben und ganzen Visiren Gesicht und Hals besser zu schützen strebte.
Die Backenstücke wurden in der älteren Zeit gewöhnlich mit Charnieren be¬
festigt; bald aber kam man darauf, Nacken-Schirm- und Backenschirme ans
ein und demselben Stücke wie die Helmkappe zu schmieden und so den ganzen
Kopf bis zu den Schultern derart zu decken, daß nur Augen, Mund und
Kinn unbedeckt blieben. Indem man dann den Nackenschirm allein wieder von
dem ziemlich schwerfällig gewordenen Helme löste, ergab sich endlich eine leichtere
und sehr edle, zugleich aber vortrefflich schützende Form, die beliebig auf dem
Hinterhaupte oder, herabgezogen, vor dein Gesicht getragen werden konnte. --
Eine anderweitige Entwickelung der Helmformen knüpft sich an die erhöhte
Sicherung des Schädels durch einen über die Helmnath geführten Kamm oder
Bügel, der gleichzeitig als Träger der mannigfaltigsten Verzierungen, zumal
des Helmbusches, benutzt wurde. Das durchschnittliche Gewicht eines antiken
Heims dürfte uns 1,.," Kgr. zu veranschlagen sein.

Nächst dem Helm erscheint als wichtigste Schutzwaffe der Thorax, der
Brust Panzer. Er bestand aus zwei ehernen, durch Schnallen verbundenen
Platten, die über den Hüften entweder glatt oder mit einem scharf ausgebogenen
Rande abschnitten. Ju späterer Zeit entwickelte sich eine leichtere, aus dünneren
Metallplatten zusammengesetzte Form, welche sich der Muskulatur anschmiegte
und deren vordere Hälfte sich bis unter den Nabel über den Leib wölbte. Zu
einem solchen Panzer gehörte stets der sog. Zoster, ein Obergurt; während
unter dem Panzer, auch unter der älteren Form, die sog. Mitra, eine gefütterte
dünne Metallbinde getragen wurde. -- An Stelle des ehernen Thorax werden
zuweilen auch lederne oder linnene Koller getragen, die ebenfalls durchweg mit
Schuppen bedeckt, oder doch zum Schutz der Schultern und der Herzgrube mit
Metallplatten belegt waren. Sie gehören als allgemeine Tracht der spä¬
teren Zeit an. -- Den Unterkörper schützten häufig federartige Leder- oder
Filzstreifeu, die ebenfalls mit biegsamen Bronzeplatten belegt wurden, die



*) Für die Schilderung der Bewaffnung sind benutzt: Köpke "Das griechische Kriegs¬
wesen des heroischen Zeitalters", Köchly und Rnstow "Das griechische Kriegswesen", Guhl
und Koner "Das Leben dee Griechen und Römer", Weiß "Kostümkunde".
Grenzboten I. 187s. 2

meist anderweitiger Benutzung verfielen. Für die allerdings reichhaltigen
schriftlichen Schilderungen haben somit vorzugsweise Sklllptnren und Vasen¬
bilder als Erläuterung zu dienen — beide freilich mit sorgfältiger Kritik/') —
Der Helm hat sich wohl aus dem Thierhaupte einer um die Schultern ge¬
worfene« Wildschnr und demnächst aus der Fellkappe entwickelt. An die Stelle
der Lederbände trat zuerst eine halbkugelförmige eherne Kopfbedeckung, die dann
allmählig durch Hinzufügung von Stirn- und Nacken-Schirmen, Backen- und
Rasenstücken, halben und ganzen Visiren Gesicht und Hals besser zu schützen strebte.
Die Backenstücke wurden in der älteren Zeit gewöhnlich mit Charnieren be¬
festigt; bald aber kam man darauf, Nacken-Schirm- und Backenschirme ans
ein und demselben Stücke wie die Helmkappe zu schmieden und so den ganzen
Kopf bis zu den Schultern derart zu decken, daß nur Augen, Mund und
Kinn unbedeckt blieben. Indem man dann den Nackenschirm allein wieder von
dem ziemlich schwerfällig gewordenen Helme löste, ergab sich endlich eine leichtere
und sehr edle, zugleich aber vortrefflich schützende Form, die beliebig auf dem
Hinterhaupte oder, herabgezogen, vor dein Gesicht getragen werden konnte. —
Eine anderweitige Entwickelung der Helmformen knüpft sich an die erhöhte
Sicherung des Schädels durch einen über die Helmnath geführten Kamm oder
Bügel, der gleichzeitig als Träger der mannigfaltigsten Verzierungen, zumal
des Helmbusches, benutzt wurde. Das durchschnittliche Gewicht eines antiken
Heims dürfte uns 1,.,« Kgr. zu veranschlagen sein.

Nächst dem Helm erscheint als wichtigste Schutzwaffe der Thorax, der
Brust Panzer. Er bestand aus zwei ehernen, durch Schnallen verbundenen
Platten, die über den Hüften entweder glatt oder mit einem scharf ausgebogenen
Rande abschnitten. Ju späterer Zeit entwickelte sich eine leichtere, aus dünneren
Metallplatten zusammengesetzte Form, welche sich der Muskulatur anschmiegte
und deren vordere Hälfte sich bis unter den Nabel über den Leib wölbte. Zu
einem solchen Panzer gehörte stets der sog. Zoster, ein Obergurt; während
unter dem Panzer, auch unter der älteren Form, die sog. Mitra, eine gefütterte
dünne Metallbinde getragen wurde. — An Stelle des ehernen Thorax werden
zuweilen auch lederne oder linnene Koller getragen, die ebenfalls durchweg mit
Schuppen bedeckt, oder doch zum Schutz der Schultern und der Herzgrube mit
Metallplatten belegt waren. Sie gehören als allgemeine Tracht der spä¬
teren Zeit an. — Den Unterkörper schützten häufig federartige Leder- oder
Filzstreifeu, die ebenfalls mit biegsamen Bronzeplatten belegt wurden, die



*) Für die Schilderung der Bewaffnung sind benutzt: Köpke „Das griechische Kriegs¬
wesen des heroischen Zeitalters", Köchly und Rnstow „Das griechische Kriegswesen", Guhl
und Koner „Das Leben dee Griechen und Römer", Weiß „Kostümkunde".
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[0017] meist anderweitiger Benutzung verfielen. Für die allerdings reichhaltigen schriftlichen Schilderungen haben somit vorzugsweise Sklllptnren und Vasen¬ bilder als Erläuterung zu dienen — beide freilich mit sorgfältiger Kritik/') — Der Helm hat sich wohl aus dem Thierhaupte einer um die Schultern ge¬ worfene« Wildschnr und demnächst aus der Fellkappe entwickelt. An die Stelle der Lederbände trat zuerst eine halbkugelförmige eherne Kopfbedeckung, die dann allmählig durch Hinzufügung von Stirn- und Nacken-Schirmen, Backen- und Rasenstücken, halben und ganzen Visiren Gesicht und Hals besser zu schützen strebte. Die Backenstücke wurden in der älteren Zeit gewöhnlich mit Charnieren be¬ festigt; bald aber kam man darauf, Nacken-Schirm- und Backenschirme ans ein und demselben Stücke wie die Helmkappe zu schmieden und so den ganzen Kopf bis zu den Schultern derart zu decken, daß nur Augen, Mund und Kinn unbedeckt blieben. Indem man dann den Nackenschirm allein wieder von dem ziemlich schwerfällig gewordenen Helme löste, ergab sich endlich eine leichtere und sehr edle, zugleich aber vortrefflich schützende Form, die beliebig auf dem Hinterhaupte oder, herabgezogen, vor dein Gesicht getragen werden konnte. — Eine anderweitige Entwickelung der Helmformen knüpft sich an die erhöhte Sicherung des Schädels durch einen über die Helmnath geführten Kamm oder Bügel, der gleichzeitig als Träger der mannigfaltigsten Verzierungen, zumal des Helmbusches, benutzt wurde. Das durchschnittliche Gewicht eines antiken Heims dürfte uns 1,.,« Kgr. zu veranschlagen sein. Nächst dem Helm erscheint als wichtigste Schutzwaffe der Thorax, der Brust Panzer. Er bestand aus zwei ehernen, durch Schnallen verbundenen Platten, die über den Hüften entweder glatt oder mit einem scharf ausgebogenen Rande abschnitten. Ju späterer Zeit entwickelte sich eine leichtere, aus dünneren Metallplatten zusammengesetzte Form, welche sich der Muskulatur anschmiegte und deren vordere Hälfte sich bis unter den Nabel über den Leib wölbte. Zu einem solchen Panzer gehörte stets der sog. Zoster, ein Obergurt; während unter dem Panzer, auch unter der älteren Form, die sog. Mitra, eine gefütterte dünne Metallbinde getragen wurde. — An Stelle des ehernen Thorax werden zuweilen auch lederne oder linnene Koller getragen, die ebenfalls durchweg mit Schuppen bedeckt, oder doch zum Schutz der Schultern und der Herzgrube mit Metallplatten belegt waren. Sie gehören als allgemeine Tracht der spä¬ teren Zeit an. — Den Unterkörper schützten häufig federartige Leder- oder Filzstreifeu, die ebenfalls mit biegsamen Bronzeplatten belegt wurden, die *) Für die Schilderung der Bewaffnung sind benutzt: Köpke „Das griechische Kriegs¬ wesen des heroischen Zeitalters", Köchly und Rnstow „Das griechische Kriegswesen", Guhl und Koner „Das Leben dee Griechen und Römer", Weiß „Kostümkunde". Grenzboten I. 187s. 2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/17>, abgerufen am 13.05.2024.