Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

kommt es, daß er weder in der Literatur die gebührende Beachtung gefunden,
noch jemals wirklich populär geworden ist? Während jedes Dorfkind in der
Mark vom Ziethen ans dein Busch, vom großen Reitergeneral Seidlitz, von
dem bei Prag gefallenen Schwerin etwas zu erzählen weiß, während diese in
Volks-- und Soldatenliedern verherrlicht werden, weiß man vom Prinzen
Heinrich so gut wie gar nichts. Ja nach Fontane, in seinen Wanderungen
durch die Mark Brandenburg, ist er selbst in Rheinsberg, das er fünfzig Jahre
besessen und vierzig Jahre bewohnt hat, verhältnißmäßig ein Fremder. Der
Aufenthalt des großen Königs als Kronprinz daselbst hat sich noch in der Er¬
innerung erhalten, aber Alles, was mit dem Prinzen Heinrich zusammenhängt,
ist nur eine Zugabe. Das Loos, das dem Prinzen bei Lebzeiten beschieden
war: durch ein glänzenderes Licht verdunkelt zu werden, folgte ihm auch im
Tode nach. Vielleicht geben die nachfolgenden Zeilen noch weitere Antwort
ans die vorstehend aufgeworfene Frage.

Schon als Kronprinz umfaßte Friedrich seine jüngeren Geschwister mit
inniger Zärtlichkeit. Die beiden Brüder August Wilhelm und Heinrich gehörten
mit zudem in Rheinsberg gestifteten Bayardorden.^) Nach seinem Regierungs¬
antritt ernannte der König einen seiner treuesten Genossen, den Major von
Stille, einen Offizier von ungewöhnlicher Bildung und strenger deutscher Art
und Sitte, zum Führer der beiden Prinzen. Im ersten schlesischen Kriege er¬
öffnete Heinrich seine militärische Laufbahn mit dem Feldzug in Mührer und
wohnte an der Seite des Königs der Schlacht von Czaslau bei. Im zweiten
schlesischen Kriege hatte der erst ^ achtzehnjährige prinzliche Oberst Gelegenheit,
bei der Vertheidigung von Tabor einen Beweis seines hohen Sinnes für
Preußens Waffenehre zu geben. In der Schlacht bei Hohenfriedberg cuntirte
er als Königlicher General-Adjutant. Zum General-Major aufgerückt, wohnte
er der Schlacht bei Soor in gleicher Funktion bei, hatte jedoch beim preußischen
Rückzüge von Trautenan nach Schatzlar Gelegenheit sich persönlich auszu¬
zeichnen, so daß der König von ihm sagen konnte: "Man fängt in der Armee
an, seine Talente kennen zu lernen."

In der That wurde Prinz Heinrich unter den ruhmwürdigen Helden
des siebenjährigen Krieges nächst dem Königlichen Feldherrn jedenfalls der
bedeutendste. Es würde zu weit führen, seine Heldenlanfbahn Schritt für



Der Bahard-Ritterorden 1736 zu Rheinsberg, gestiftet zur Förderung der Kriegs¬
geschichte und Heerführung, mit dem Gelübde jeder edlen That, sollte, nach der Zahl der
Tafelrunde, 12' Mitglieder haben. Jedes derselben führte einen Brudernamen. Fouguet
als Großmeister hieß "der Keusche", Friedrich selbst "der Beständige". Sinnbild des Ordens
war ein ans einem Lorbeerkranz liegender Degen, mit dem Wahlspruch des Schutzpatrons
"Ohne Furcht und Tadel".

kommt es, daß er weder in der Literatur die gebührende Beachtung gefunden,
noch jemals wirklich populär geworden ist? Während jedes Dorfkind in der
Mark vom Ziethen ans dein Busch, vom großen Reitergeneral Seidlitz, von
dem bei Prag gefallenen Schwerin etwas zu erzählen weiß, während diese in
Volks-- und Soldatenliedern verherrlicht werden, weiß man vom Prinzen
Heinrich so gut wie gar nichts. Ja nach Fontane, in seinen Wanderungen
durch die Mark Brandenburg, ist er selbst in Rheinsberg, das er fünfzig Jahre
besessen und vierzig Jahre bewohnt hat, verhältnißmäßig ein Fremder. Der
Aufenthalt des großen Königs als Kronprinz daselbst hat sich noch in der Er¬
innerung erhalten, aber Alles, was mit dem Prinzen Heinrich zusammenhängt,
ist nur eine Zugabe. Das Loos, das dem Prinzen bei Lebzeiten beschieden
war: durch ein glänzenderes Licht verdunkelt zu werden, folgte ihm auch im
Tode nach. Vielleicht geben die nachfolgenden Zeilen noch weitere Antwort
ans die vorstehend aufgeworfene Frage.

Schon als Kronprinz umfaßte Friedrich seine jüngeren Geschwister mit
inniger Zärtlichkeit. Die beiden Brüder August Wilhelm und Heinrich gehörten
mit zudem in Rheinsberg gestifteten Bayardorden.^) Nach seinem Regierungs¬
antritt ernannte der König einen seiner treuesten Genossen, den Major von
Stille, einen Offizier von ungewöhnlicher Bildung und strenger deutscher Art
und Sitte, zum Führer der beiden Prinzen. Im ersten schlesischen Kriege er¬
öffnete Heinrich seine militärische Laufbahn mit dem Feldzug in Mührer und
wohnte an der Seite des Königs der Schlacht von Czaslau bei. Im zweiten
schlesischen Kriege hatte der erst ^ achtzehnjährige prinzliche Oberst Gelegenheit,
bei der Vertheidigung von Tabor einen Beweis seines hohen Sinnes für
Preußens Waffenehre zu geben. In der Schlacht bei Hohenfriedberg cuntirte
er als Königlicher General-Adjutant. Zum General-Major aufgerückt, wohnte
er der Schlacht bei Soor in gleicher Funktion bei, hatte jedoch beim preußischen
Rückzüge von Trautenan nach Schatzlar Gelegenheit sich persönlich auszu¬
zeichnen, so daß der König von ihm sagen konnte: „Man fängt in der Armee
an, seine Talente kennen zu lernen."

In der That wurde Prinz Heinrich unter den ruhmwürdigen Helden
des siebenjährigen Krieges nächst dem Königlichen Feldherrn jedenfalls der
bedeutendste. Es würde zu weit führen, seine Heldenlanfbahn Schritt für



Der Bahard-Ritterorden 1736 zu Rheinsberg, gestiftet zur Förderung der Kriegs¬
geschichte und Heerführung, mit dem Gelübde jeder edlen That, sollte, nach der Zahl der
Tafelrunde, 12' Mitglieder haben. Jedes derselben führte einen Brudernamen. Fouguet
als Großmeister hieß „der Keusche", Friedrich selbst „der Beständige". Sinnbild des Ordens
war ein ans einem Lorbeerkranz liegender Degen, mit dem Wahlspruch des Schutzpatrons
„Ohne Furcht und Tadel".
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0171" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139464"/>
          <p xml:id="ID_487" prev="#ID_486"> kommt es, daß er weder in der Literatur die gebührende Beachtung gefunden,<lb/>
noch jemals wirklich populär geworden ist? Während jedes Dorfkind in der<lb/>
Mark vom Ziethen ans dein Busch, vom großen Reitergeneral Seidlitz, von<lb/>
dem bei Prag gefallenen Schwerin etwas zu erzählen weiß, während diese in<lb/>
Volks-- und Soldatenliedern verherrlicht werden, weiß man vom Prinzen<lb/>
Heinrich so gut wie gar nichts. Ja nach Fontane, in seinen Wanderungen<lb/>
durch die Mark Brandenburg, ist er selbst in Rheinsberg, das er fünfzig Jahre<lb/>
besessen und vierzig Jahre bewohnt hat, verhältnißmäßig ein Fremder. Der<lb/>
Aufenthalt des großen Königs als Kronprinz daselbst hat sich noch in der Er¬<lb/>
innerung erhalten, aber Alles, was mit dem Prinzen Heinrich zusammenhängt,<lb/>
ist nur eine Zugabe. Das Loos, das dem Prinzen bei Lebzeiten beschieden<lb/>
war: durch ein glänzenderes Licht verdunkelt zu werden, folgte ihm auch im<lb/>
Tode nach. Vielleicht geben die nachfolgenden Zeilen noch weitere Antwort<lb/>
ans die vorstehend aufgeworfene Frage.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_488"> Schon als Kronprinz umfaßte Friedrich seine jüngeren Geschwister mit<lb/>
inniger Zärtlichkeit. Die beiden Brüder August Wilhelm und Heinrich gehörten<lb/>
mit zudem in Rheinsberg gestifteten Bayardorden.^) Nach seinem Regierungs¬<lb/>
antritt ernannte der König einen seiner treuesten Genossen, den Major von<lb/>
Stille, einen Offizier von ungewöhnlicher Bildung und strenger deutscher Art<lb/>
und Sitte, zum Führer der beiden Prinzen. Im ersten schlesischen Kriege er¬<lb/>
öffnete Heinrich seine militärische Laufbahn mit dem Feldzug in Mührer und<lb/>
wohnte an der Seite des Königs der Schlacht von Czaslau bei. Im zweiten<lb/>
schlesischen Kriege hatte der erst ^ achtzehnjährige prinzliche Oberst Gelegenheit,<lb/>
bei der Vertheidigung von Tabor einen Beweis seines hohen Sinnes für<lb/>
Preußens Waffenehre zu geben. In der Schlacht bei Hohenfriedberg cuntirte<lb/>
er als Königlicher General-Adjutant. Zum General-Major aufgerückt, wohnte<lb/>
er der Schlacht bei Soor in gleicher Funktion bei, hatte jedoch beim preußischen<lb/>
Rückzüge von Trautenan nach Schatzlar Gelegenheit sich persönlich auszu¬<lb/>
zeichnen, so daß der König von ihm sagen konnte: &#x201E;Man fängt in der Armee<lb/>
an, seine Talente kennen zu lernen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_489" next="#ID_490"> In der That wurde Prinz Heinrich unter den ruhmwürdigen Helden<lb/>
des siebenjährigen Krieges nächst dem Königlichen Feldherrn jedenfalls der<lb/>
bedeutendste. Es würde zu weit führen, seine Heldenlanfbahn Schritt für</p><lb/>
          <note xml:id="FID_76" place="foot"> Der Bahard-Ritterorden 1736 zu Rheinsberg, gestiftet zur Förderung der Kriegs¬<lb/>
geschichte und Heerführung, mit dem Gelübde jeder edlen That, sollte, nach der Zahl der<lb/>
Tafelrunde, 12' Mitglieder haben. Jedes derselben führte einen Brudernamen. Fouguet<lb/>
als Großmeister hieß &#x201E;der Keusche", Friedrich selbst &#x201E;der Beständige". Sinnbild des Ordens<lb/>
war ein ans einem Lorbeerkranz liegender Degen, mit dem Wahlspruch des Schutzpatrons<lb/>
&#x201E;Ohne Furcht und Tadel".</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0171] kommt es, daß er weder in der Literatur die gebührende Beachtung gefunden, noch jemals wirklich populär geworden ist? Während jedes Dorfkind in der Mark vom Ziethen ans dein Busch, vom großen Reitergeneral Seidlitz, von dem bei Prag gefallenen Schwerin etwas zu erzählen weiß, während diese in Volks-- und Soldatenliedern verherrlicht werden, weiß man vom Prinzen Heinrich so gut wie gar nichts. Ja nach Fontane, in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg, ist er selbst in Rheinsberg, das er fünfzig Jahre besessen und vierzig Jahre bewohnt hat, verhältnißmäßig ein Fremder. Der Aufenthalt des großen Königs als Kronprinz daselbst hat sich noch in der Er¬ innerung erhalten, aber Alles, was mit dem Prinzen Heinrich zusammenhängt, ist nur eine Zugabe. Das Loos, das dem Prinzen bei Lebzeiten beschieden war: durch ein glänzenderes Licht verdunkelt zu werden, folgte ihm auch im Tode nach. Vielleicht geben die nachfolgenden Zeilen noch weitere Antwort ans die vorstehend aufgeworfene Frage. Schon als Kronprinz umfaßte Friedrich seine jüngeren Geschwister mit inniger Zärtlichkeit. Die beiden Brüder August Wilhelm und Heinrich gehörten mit zudem in Rheinsberg gestifteten Bayardorden.^) Nach seinem Regierungs¬ antritt ernannte der König einen seiner treuesten Genossen, den Major von Stille, einen Offizier von ungewöhnlicher Bildung und strenger deutscher Art und Sitte, zum Führer der beiden Prinzen. Im ersten schlesischen Kriege er¬ öffnete Heinrich seine militärische Laufbahn mit dem Feldzug in Mührer und wohnte an der Seite des Königs der Schlacht von Czaslau bei. Im zweiten schlesischen Kriege hatte der erst ^ achtzehnjährige prinzliche Oberst Gelegenheit, bei der Vertheidigung von Tabor einen Beweis seines hohen Sinnes für Preußens Waffenehre zu geben. In der Schlacht bei Hohenfriedberg cuntirte er als Königlicher General-Adjutant. Zum General-Major aufgerückt, wohnte er der Schlacht bei Soor in gleicher Funktion bei, hatte jedoch beim preußischen Rückzüge von Trautenan nach Schatzlar Gelegenheit sich persönlich auszu¬ zeichnen, so daß der König von ihm sagen konnte: „Man fängt in der Armee an, seine Talente kennen zu lernen." In der That wurde Prinz Heinrich unter den ruhmwürdigen Helden des siebenjährigen Krieges nächst dem Königlichen Feldherrn jedenfalls der bedeutendste. Es würde zu weit führen, seine Heldenlanfbahn Schritt für Der Bahard-Ritterorden 1736 zu Rheinsberg, gestiftet zur Förderung der Kriegs¬ geschichte und Heerführung, mit dem Gelübde jeder edlen That, sollte, nach der Zahl der Tafelrunde, 12' Mitglieder haben. Jedes derselben führte einen Brudernamen. Fouguet als Großmeister hieß „der Keusche", Friedrich selbst „der Beständige". Sinnbild des Ordens war ein ans einem Lorbeerkranz liegender Degen, mit dem Wahlspruch des Schutzpatrons „Ohne Furcht und Tadel".

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/171
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/171>, abgerufen am 31.05.2024.