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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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ab, als die Räder nicht so weit hinter den Wagenkasten gestellt erscheinen.
Die Räder hatten nur etwa 30 Zoll Durchmesser, damit der Wagen auf dem
Schlachtfelde, wo der Weg über Trümmer und Leichen führte, nicht umfiele.
Die Länge der Axe betrug an 6 bis 7 Fuß; rechnet man für jede Rabe einen
Fuß ab, so bleibe" über 4 Fuß für den Wagenkasten, der ans einem hölzernen
Boden und einer nach hinten geöffneten, meist 2 Fuß hohen Brustwehr besteht.
Ein Anzahl von Bügeln dienen zum Auf- und Abschwingen und zum gelegent¬
lichen Urhirten und Durchzieh" der Zügel. -- Die Bespannung bestand
stets aus zwei Pferden, zu denen jedoch sehr oft noch ein angekoppeltes Lein¬
pferd kommt. Das Joch wurde an der Spitze der Deichsel befestigt und den
Thieren über den Nacken am oder vor dem Widerrufe aufgelegt und durch
Riemen um Hals und Brust festgebunden. Die Pferde zogen also am vorderen
Theil der Deichsel; Bracken und Zugstränge kannte man nicht.

Der Gebrauch der Streitwagen gehört wol ausschließlich der Heroenzeit
an. Im Laufe des 8. Jahrhunderts trat an seine Stelle der Ritterdienst.
Wageukämpfer wie Ritter, umgibt ein adlicher Glanz. Noch im vierten Jahr¬
hundert heißen die ausgewählten Streiter, welche die heilige Schaar Thebens
bilden, Heniochvi (Wagenlenker) und Parabatai (Wagenkämpfer); und von der
Stellung der Hippeis in anderen griechischen Staaten zu einer Zeit, da sie
notorisch zu Fuße fochten, wird noch zu reden sein. Beide Waffen spielen
übrigens alls die Dauer hervorragende Rollen bei den Nationalfesten der
Hellenen: die Wagenrennen bei den Spielen zu Olympia und zu Korinth, die
Reiteraufzüge bei den großen Kultusfesten, wie z. B. den Panathenäen in
Attika.

Unsere Kenntniß vom Seewesen der Griechen und zwar nicht nur von
dem der ältesten, der heroischen Zeit ist leider sehr beeinträchtigt durch deu
Umstand, daß die erhaltenen antiken Darstellungen von Schiffen und Schiffs-
theilcu meist so klein oder so oberflächlich und undeutlich gehalten sind, daß
sie nur geringen Anhalt für die Beschreibungen bieten. Erst die berühmten
Untersuchungen von Boeckh und Gräser haben einigermaßen sichere Resultate
herbeigeführt.

Aus zahlreichen Stellen der homerischen Gesänge erhellt, daß schon zur
Zeit des trojanischen Krieges der Schiffbau eine gewisse Vollkommenheit erlangt
hatte. Auf den längs der Bordwände laufenden Ruderbänken waren 20 bis
52 Ruderer vertheilt und schlugen nach dem Takte mit ihren langen finsteren
Rudern "die dunkele Salzflnth". Die Unter hingen zwischen Pflöcken in ledernen
Riemen. Bei günstigem Winde richtete mau den bis dahin auf Stützen ruhenden



*) Schlicker: Die Pforte des Alterthums.

ab, als die Räder nicht so weit hinter den Wagenkasten gestellt erscheinen.
Die Räder hatten nur etwa 30 Zoll Durchmesser, damit der Wagen auf dem
Schlachtfelde, wo der Weg über Trümmer und Leichen führte, nicht umfiele.
Die Länge der Axe betrug an 6 bis 7 Fuß; rechnet man für jede Rabe einen
Fuß ab, so bleibe» über 4 Fuß für den Wagenkasten, der ans einem hölzernen
Boden und einer nach hinten geöffneten, meist 2 Fuß hohen Brustwehr besteht.
Ein Anzahl von Bügeln dienen zum Auf- und Abschwingen und zum gelegent¬
lichen Urhirten und Durchzieh« der Zügel. — Die Bespannung bestand
stets aus zwei Pferden, zu denen jedoch sehr oft noch ein angekoppeltes Lein¬
pferd kommt. Das Joch wurde an der Spitze der Deichsel befestigt und den
Thieren über den Nacken am oder vor dem Widerrufe aufgelegt und durch
Riemen um Hals und Brust festgebunden. Die Pferde zogen also am vorderen
Theil der Deichsel; Bracken und Zugstränge kannte man nicht.

Der Gebrauch der Streitwagen gehört wol ausschließlich der Heroenzeit
an. Im Laufe des 8. Jahrhunderts trat an seine Stelle der Ritterdienst.
Wageukämpfer wie Ritter, umgibt ein adlicher Glanz. Noch im vierten Jahr¬
hundert heißen die ausgewählten Streiter, welche die heilige Schaar Thebens
bilden, Heniochvi (Wagenlenker) und Parabatai (Wagenkämpfer); und von der
Stellung der Hippeis in anderen griechischen Staaten zu einer Zeit, da sie
notorisch zu Fuße fochten, wird noch zu reden sein. Beide Waffen spielen
übrigens alls die Dauer hervorragende Rollen bei den Nationalfesten der
Hellenen: die Wagenrennen bei den Spielen zu Olympia und zu Korinth, die
Reiteraufzüge bei den großen Kultusfesten, wie z. B. den Panathenäen in
Attika.

Unsere Kenntniß vom Seewesen der Griechen und zwar nicht nur von
dem der ältesten, der heroischen Zeit ist leider sehr beeinträchtigt durch deu
Umstand, daß die erhaltenen antiken Darstellungen von Schiffen und Schiffs-
theilcu meist so klein oder so oberflächlich und undeutlich gehalten sind, daß
sie nur geringen Anhalt für die Beschreibungen bieten. Erst die berühmten
Untersuchungen von Boeckh und Gräser haben einigermaßen sichere Resultate
herbeigeführt.

Aus zahlreichen Stellen der homerischen Gesänge erhellt, daß schon zur
Zeit des trojanischen Krieges der Schiffbau eine gewisse Vollkommenheit erlangt
hatte. Auf den längs der Bordwände laufenden Ruderbänken waren 20 bis
52 Ruderer vertheilt und schlugen nach dem Takte mit ihren langen finsteren
Rudern „die dunkele Salzflnth". Die Unter hingen zwischen Pflöcken in ledernen
Riemen. Bei günstigem Winde richtete mau den bis dahin auf Stützen ruhenden



*) Schlicker: Die Pforte des Alterthums.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/20>, abgerufen am 14.05.2024.