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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Preußen verheert und die Folgen des schmählichen Tilsiter Friedens, welche
dem Wohlstand eines Landes mit Welthandel verderblich sein mußten, hatten
die größern Grundeigenthümer in eine solche Lage gebracht, daß eine voll¬
ständige Umkehrung des Grundeigenthums zu besorgen war. Die kleinen
Grundbesitzer (die Bauern) hatten durch die Verleihung des Eigenthums ihrer
Güter, unter für sie günstigen Bedingungen, eine Basis bekommen, bei welcher
die üblen Folgen der früheren Zeit sich ertragen ließen. Für die Städte kann
ein Krieg an sich und in seinen Folgen, der Natur des Verhältnisses nach,
niemals so verderblich sein als für den Landmann, und die Städteordnung
hatte neues Leben in diese gebracht. Nur der große Grundbesitzer, welchem
noch dazu die neue Finanzgesetzgebnng einen Theil seines Einkommens ge¬
nommen hatte, war in seinem Eigenthum so schwankend geworden, daß der
Kredit gänzlich fehlte. In einzelnen Gegenden war das Grundeigenthum schon
zur Hälfte und mehr durch Verarmung der alten Besitzer in andere Hände
gekommen. Staatswirthschaftlich ist es zwar gleichgültig, ob ^. oder L ein
bestimmtes Landgut besitzt, im Gegentheil kann es vortheilhaft sein, wenn ^
ohne Betriebskapital sein Eigenthum an L mit Betriebskapital abzutreten ge¬
nöthigt wird; aber politisch ist eine solche plötzliche Umkehrung des Grund-
eigenthums bedenklich, wenn der alte Stamm mit eben wohlverdienten Lor¬
beeren dasteht und die neuen Ankömmlinge ans anderen Ländern und Pro¬
vinzen, also ohne Beziehung ans Vaterland und öffentliches Leben, den Stamm
der Nation bilden sollen.

Bis zum Jahr 1824 hatte man in einzelnen Fällen geflickt und geholfen,
aber dies kounte seiner Natur nach wenig Erfolg haben. Es kam darauf an,
das Uebel an der Quelle zu läutern und dadurch ihm eine Grenze zu setzen.
Ich legte dazu einen Plan vor, nach welchen:

1) Niemandem etwas geschenkt werden solle;

2) wo Erhaltung im Besitz nicht möglich war und keine politische Rück¬
sicht vorwaltete, wurde den Verunglückten ihr Lebensunterhalt gesichert.

Z) Die Kreditinstitute, welche, selbst in der größtem Verlegenheit wegen Er¬
füllung ihrer Verbindlichkeiten, den Verkauf der verschuldeten Güter veranlassen
mußten, wurden in Absicht der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten sicher gestellt,
so daß diese nicht mehr Hanptbeförderungsmittel der Umkehrung des Grund-
eigei'.thnmes waren.

4) Durch Beförderung der seinen Schafzucht wurde dein Lande eine neue
Erwerbsquelle zugewiesen; diese sollte Basis zum besseren Zustande der Grund¬
besitzer sein.

Zur Ausführung meines Planes forderte ich einen Kredit von drei
Millionen Thalern und gänzliche Unabhängigkeit von jeder Staatsadministra-


Preußen verheert und die Folgen des schmählichen Tilsiter Friedens, welche
dem Wohlstand eines Landes mit Welthandel verderblich sein mußten, hatten
die größern Grundeigenthümer in eine solche Lage gebracht, daß eine voll¬
ständige Umkehrung des Grundeigenthums zu besorgen war. Die kleinen
Grundbesitzer (die Bauern) hatten durch die Verleihung des Eigenthums ihrer
Güter, unter für sie günstigen Bedingungen, eine Basis bekommen, bei welcher
die üblen Folgen der früheren Zeit sich ertragen ließen. Für die Städte kann
ein Krieg an sich und in seinen Folgen, der Natur des Verhältnisses nach,
niemals so verderblich sein als für den Landmann, und die Städteordnung
hatte neues Leben in diese gebracht. Nur der große Grundbesitzer, welchem
noch dazu die neue Finanzgesetzgebnng einen Theil seines Einkommens ge¬
nommen hatte, war in seinem Eigenthum so schwankend geworden, daß der
Kredit gänzlich fehlte. In einzelnen Gegenden war das Grundeigenthum schon
zur Hälfte und mehr durch Verarmung der alten Besitzer in andere Hände
gekommen. Staatswirthschaftlich ist es zwar gleichgültig, ob ^. oder L ein
bestimmtes Landgut besitzt, im Gegentheil kann es vortheilhaft sein, wenn ^
ohne Betriebskapital sein Eigenthum an L mit Betriebskapital abzutreten ge¬
nöthigt wird; aber politisch ist eine solche plötzliche Umkehrung des Grund-
eigenthums bedenklich, wenn der alte Stamm mit eben wohlverdienten Lor¬
beeren dasteht und die neuen Ankömmlinge ans anderen Ländern und Pro¬
vinzen, also ohne Beziehung ans Vaterland und öffentliches Leben, den Stamm
der Nation bilden sollen.

Bis zum Jahr 1824 hatte man in einzelnen Fällen geflickt und geholfen,
aber dies kounte seiner Natur nach wenig Erfolg haben. Es kam darauf an,
das Uebel an der Quelle zu läutern und dadurch ihm eine Grenze zu setzen.
Ich legte dazu einen Plan vor, nach welchen:

1) Niemandem etwas geschenkt werden solle;

2) wo Erhaltung im Besitz nicht möglich war und keine politische Rück¬
sicht vorwaltete, wurde den Verunglückten ihr Lebensunterhalt gesichert.

Z) Die Kreditinstitute, welche, selbst in der größtem Verlegenheit wegen Er¬
füllung ihrer Verbindlichkeiten, den Verkauf der verschuldeten Güter veranlassen
mußten, wurden in Absicht der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten sicher gestellt,
so daß diese nicht mehr Hanptbeförderungsmittel der Umkehrung des Grund-
eigei'.thnmes waren.

4) Durch Beförderung der seinen Schafzucht wurde dein Lande eine neue
Erwerbsquelle zugewiesen; diese sollte Basis zum besseren Zustande der Grund¬
besitzer sein.

Zur Ausführung meines Planes forderte ich einen Kredit von drei
Millionen Thalern und gänzliche Unabhängigkeit von jeder Staatsadministra-


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[0024] Preußen verheert und die Folgen des schmählichen Tilsiter Friedens, welche dem Wohlstand eines Landes mit Welthandel verderblich sein mußten, hatten die größern Grundeigenthümer in eine solche Lage gebracht, daß eine voll¬ ständige Umkehrung des Grundeigenthums zu besorgen war. Die kleinen Grundbesitzer (die Bauern) hatten durch die Verleihung des Eigenthums ihrer Güter, unter für sie günstigen Bedingungen, eine Basis bekommen, bei welcher die üblen Folgen der früheren Zeit sich ertragen ließen. Für die Städte kann ein Krieg an sich und in seinen Folgen, der Natur des Verhältnisses nach, niemals so verderblich sein als für den Landmann, und die Städteordnung hatte neues Leben in diese gebracht. Nur der große Grundbesitzer, welchem noch dazu die neue Finanzgesetzgebnng einen Theil seines Einkommens ge¬ nommen hatte, war in seinem Eigenthum so schwankend geworden, daß der Kredit gänzlich fehlte. In einzelnen Gegenden war das Grundeigenthum schon zur Hälfte und mehr durch Verarmung der alten Besitzer in andere Hände gekommen. Staatswirthschaftlich ist es zwar gleichgültig, ob ^. oder L ein bestimmtes Landgut besitzt, im Gegentheil kann es vortheilhaft sein, wenn ^ ohne Betriebskapital sein Eigenthum an L mit Betriebskapital abzutreten ge¬ nöthigt wird; aber politisch ist eine solche plötzliche Umkehrung des Grund- eigenthums bedenklich, wenn der alte Stamm mit eben wohlverdienten Lor¬ beeren dasteht und die neuen Ankömmlinge ans anderen Ländern und Pro¬ vinzen, also ohne Beziehung ans Vaterland und öffentliches Leben, den Stamm der Nation bilden sollen. Bis zum Jahr 1824 hatte man in einzelnen Fällen geflickt und geholfen, aber dies kounte seiner Natur nach wenig Erfolg haben. Es kam darauf an, das Uebel an der Quelle zu läutern und dadurch ihm eine Grenze zu setzen. Ich legte dazu einen Plan vor, nach welchen: 1) Niemandem etwas geschenkt werden solle; 2) wo Erhaltung im Besitz nicht möglich war und keine politische Rück¬ sicht vorwaltete, wurde den Verunglückten ihr Lebensunterhalt gesichert. Z) Die Kreditinstitute, welche, selbst in der größtem Verlegenheit wegen Er¬ füllung ihrer Verbindlichkeiten, den Verkauf der verschuldeten Güter veranlassen mußten, wurden in Absicht der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten sicher gestellt, so daß diese nicht mehr Hanptbeförderungsmittel der Umkehrung des Grund- eigei'.thnmes waren. 4) Durch Beförderung der seinen Schafzucht wurde dein Lande eine neue Erwerbsquelle zugewiesen; diese sollte Basis zum besseren Zustande der Grund¬ besitzer sein. Zur Ausführung meines Planes forderte ich einen Kredit von drei Millionen Thalern und gänzliche Unabhängigkeit von jeder Staatsadministra-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/24>, abgerufen am 15.05.2024.