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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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gebracht zu haben. Ein mögliches ja wahrscheinliches Sieigen der Gütcrpreise
werde diese Uebereilungen erst recht klar macheu.

IV. Daß durch solche Operationen der Preis der Güter voreilig und
geflissentlich herabgedrückt werde, indem der Staat die Verschleuderung derselben
förmlich befördere, wiewohl es in seinem höchsten Interesse liegen müsse, dein
Grundvermögen seiner Unterthanen den möglich höchsten Geldwerth zu verschaffen
und einen niedrigen Zinsfuß -- uicht einen hohen, wie jetzt dnrch eine so
gesteigerte Landrente -- herbeizuführen.

Was die Unterstützungen ^<I. 2 betrifft, so wird

V. behauptet, daß sie weder uach Würdigkeit der Familien noch nach der
Bedürftigkeit und Erhaltnngs-Fähigkeit derselbe" oder der Besitzer, sondern
nur nach reiner Gunst und Willkühr des Herrn Ober-Präsidenten vertheilt
werden. Beispiel wären: die Erben des Grafen von Schlieben, der ein eben
so schlechter Gutsherr gegen seine Leute, als ein schlechter Unterthan des
Staats gewesen, v. Fahrenheit ans Angerapp, der eigentlich ein reicher Mann,
aber entschiedener Partisan des Herrn Ober-Präsidenten sei, der Oberst von
Brünneck, Stiesschwager des Herrn Oberpräsidenten und fast reich zu nennen,
seitdem ihm aus der großen Erbschaft des Landraths v. Pannewitz bedeutende
Güter in der Kurmark zugefallen :c.

Die Westpreußen wollen bemerkt haben, daß bis jetzt noch keinem einzigen
dortigen Gutsbesitzer -- wiewohl es eben auch dort deren tüchtige redliche und
treue giebt -- eine Unterstützung zugekommen sei, ebensowenig einer bürger¬
lichen Familie, sie sei so bewährt und achtungswerth, als sie wolle.

VI. Daß gerade Majorate, für deren Erhaltung sich der Staat bei meh¬
reren Gelegenheiten öffentlich erklärt, und die am leichtesten zu retabliren und
zu erhalten wären, durch den Herrn Ober-Präsidenten ganz von der Theilnahme
an dem Unterstützungsfonds ausgeschlossen werden. Wenn einzelne Ausnahmen
hiervon gemacht worden, seien sie wiederum rein persönlich und eine bloße
Gunstbezeigung des Herrn Ober-Präsidenten gewesen.

VII. Daß die Schaafe durch den Oberst Brünneck in der Fremde zu¬
sammengekauft worden, daß dieser Ankauf sehr schlecht ausgeschlagen und daß
man besser gethan hätte, den Gntzbesitzern, denen man die Verwaltung eines
kostbaren Schaafstammes anvertraut, auch den Ankauf der Schaafe selbst an¬
zuvertrauen.

VIII. Ist durch die Operationen des Herrn Ober-Präsidenten, der alle
Vertheilungen an seine Person gefesselt hat, der Wunsch verstummt, der sonst
lauter geworden wäre: daß es des Königs Majestät gefallen haben möge, so
große Gunstbezeigungen nach einem auszuarbeitenden und Ihnen zu über¬
reichenden Plane selbst zu vertheilen oder durch Ihr Staats-Ministerium ver-


gebracht zu haben. Ein mögliches ja wahrscheinliches Sieigen der Gütcrpreise
werde diese Uebereilungen erst recht klar macheu.

IV. Daß durch solche Operationen der Preis der Güter voreilig und
geflissentlich herabgedrückt werde, indem der Staat die Verschleuderung derselben
förmlich befördere, wiewohl es in seinem höchsten Interesse liegen müsse, dein
Grundvermögen seiner Unterthanen den möglich höchsten Geldwerth zu verschaffen
und einen niedrigen Zinsfuß — uicht einen hohen, wie jetzt dnrch eine so
gesteigerte Landrente — herbeizuführen.

Was die Unterstützungen ^<I. 2 betrifft, so wird

V. behauptet, daß sie weder uach Würdigkeit der Familien noch nach der
Bedürftigkeit und Erhaltnngs-Fähigkeit derselbe» oder der Besitzer, sondern
nur nach reiner Gunst und Willkühr des Herrn Ober-Präsidenten vertheilt
werden. Beispiel wären: die Erben des Grafen von Schlieben, der ein eben
so schlechter Gutsherr gegen seine Leute, als ein schlechter Unterthan des
Staats gewesen, v. Fahrenheit ans Angerapp, der eigentlich ein reicher Mann,
aber entschiedener Partisan des Herrn Ober-Präsidenten sei, der Oberst von
Brünneck, Stiesschwager des Herrn Oberpräsidenten und fast reich zu nennen,
seitdem ihm aus der großen Erbschaft des Landraths v. Pannewitz bedeutende
Güter in der Kurmark zugefallen :c.

Die Westpreußen wollen bemerkt haben, daß bis jetzt noch keinem einzigen
dortigen Gutsbesitzer — wiewohl es eben auch dort deren tüchtige redliche und
treue giebt — eine Unterstützung zugekommen sei, ebensowenig einer bürger¬
lichen Familie, sie sei so bewährt und achtungswerth, als sie wolle.

VI. Daß gerade Majorate, für deren Erhaltung sich der Staat bei meh¬
reren Gelegenheiten öffentlich erklärt, und die am leichtesten zu retabliren und
zu erhalten wären, durch den Herrn Ober-Präsidenten ganz von der Theilnahme
an dem Unterstützungsfonds ausgeschlossen werden. Wenn einzelne Ausnahmen
hiervon gemacht worden, seien sie wiederum rein persönlich und eine bloße
Gunstbezeigung des Herrn Ober-Präsidenten gewesen.

VII. Daß die Schaafe durch den Oberst Brünneck in der Fremde zu¬
sammengekauft worden, daß dieser Ankauf sehr schlecht ausgeschlagen und daß
man besser gethan hätte, den Gntzbesitzern, denen man die Verwaltung eines
kostbaren Schaafstammes anvertraut, auch den Ankauf der Schaafe selbst an¬
zuvertrauen.

VIII. Ist durch die Operationen des Herrn Ober-Präsidenten, der alle
Vertheilungen an seine Person gefesselt hat, der Wunsch verstummt, der sonst
lauter geworden wäre: daß es des Königs Majestät gefallen haben möge, so
große Gunstbezeigungen nach einem auszuarbeitenden und Ihnen zu über¬
reichenden Plane selbst zu vertheilen oder durch Ihr Staats-Ministerium ver-


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[0028] gebracht zu haben. Ein mögliches ja wahrscheinliches Sieigen der Gütcrpreise werde diese Uebereilungen erst recht klar macheu. IV. Daß durch solche Operationen der Preis der Güter voreilig und geflissentlich herabgedrückt werde, indem der Staat die Verschleuderung derselben förmlich befördere, wiewohl es in seinem höchsten Interesse liegen müsse, dein Grundvermögen seiner Unterthanen den möglich höchsten Geldwerth zu verschaffen und einen niedrigen Zinsfuß — uicht einen hohen, wie jetzt dnrch eine so gesteigerte Landrente — herbeizuführen. Was die Unterstützungen ^<I. 2 betrifft, so wird V. behauptet, daß sie weder uach Würdigkeit der Familien noch nach der Bedürftigkeit und Erhaltnngs-Fähigkeit derselbe» oder der Besitzer, sondern nur nach reiner Gunst und Willkühr des Herrn Ober-Präsidenten vertheilt werden. Beispiel wären: die Erben des Grafen von Schlieben, der ein eben so schlechter Gutsherr gegen seine Leute, als ein schlechter Unterthan des Staats gewesen, v. Fahrenheit ans Angerapp, der eigentlich ein reicher Mann, aber entschiedener Partisan des Herrn Ober-Präsidenten sei, der Oberst von Brünneck, Stiesschwager des Herrn Oberpräsidenten und fast reich zu nennen, seitdem ihm aus der großen Erbschaft des Landraths v. Pannewitz bedeutende Güter in der Kurmark zugefallen :c. Die Westpreußen wollen bemerkt haben, daß bis jetzt noch keinem einzigen dortigen Gutsbesitzer — wiewohl es eben auch dort deren tüchtige redliche und treue giebt — eine Unterstützung zugekommen sei, ebensowenig einer bürger¬ lichen Familie, sie sei so bewährt und achtungswerth, als sie wolle. VI. Daß gerade Majorate, für deren Erhaltung sich der Staat bei meh¬ reren Gelegenheiten öffentlich erklärt, und die am leichtesten zu retabliren und zu erhalten wären, durch den Herrn Ober-Präsidenten ganz von der Theilnahme an dem Unterstützungsfonds ausgeschlossen werden. Wenn einzelne Ausnahmen hiervon gemacht worden, seien sie wiederum rein persönlich und eine bloße Gunstbezeigung des Herrn Ober-Präsidenten gewesen. VII. Daß die Schaafe durch den Oberst Brünneck in der Fremde zu¬ sammengekauft worden, daß dieser Ankauf sehr schlecht ausgeschlagen und daß man besser gethan hätte, den Gntzbesitzern, denen man die Verwaltung eines kostbaren Schaafstammes anvertraut, auch den Ankauf der Schaafe selbst an¬ zuvertrauen. VIII. Ist durch die Operationen des Herrn Ober-Präsidenten, der alle Vertheilungen an seine Person gefesselt hat, der Wunsch verstummt, der sonst lauter geworden wäre: daß es des Königs Majestät gefallen haben möge, so große Gunstbezeigungen nach einem auszuarbeitenden und Ihnen zu über¬ reichenden Plane selbst zu vertheilen oder durch Ihr Staats-Ministerium ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/28>, abgerufen am 15.05.2024.