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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Die Löcher der Söldner entsprachen also an Größe nnr ungefähr den
spartanischen Pmtekostyen, an taktischer Selbständigkeit aber häufig wirklichen
Löcher. Dieser Unterschied entsprang der mit dem Werbesysteme stets verbun¬
denen Neigung, möglichst viel Ofsiziersstellen zusahen, möglichst viel Menschen
für die Aufstellung einer solchen Truppe durch Aussicht auf Geld und Rang
zu interessiren. -- Später als das Angebot von Söldnern die Nachfrage
übertraf, änderte sich das allerdings; die Häuser wuchsen, ohne daß die Zahl
der Offiziere zunahm/')

Mit Vorliebe scheinen die dienstsuchenden Söldner auf der lakonischeu
Halbinsel Tänaron (Kap Mcitapan) einstweiligen Aufenthalt genommen zu
haben, so daß sich hier ein vollständiger Rekrutenmarkt bildete. Der aus
Asien flüchtende Harpcilos setzte dort seine 8000 Miethsoldaten ab, und sein
Gefährte Thibron schickte später, als er Kyrene belagerte, einige Freunde als
Werber nach Tänaron, denen es gelang, dort 2500 Mann zusammenzubringen.
-- Zuweilen schlichen sich, wie Xenophon erzählt, bei der Werbung Sklaven
mit ein; ja später wurden Einzelne von den Hauptleuten fortgejagt, weil sie
sich als Barbaren erwiesen. Dem Lochagen Ephistenes rühmt Xenophon nach,
daß er nur schöne Leute angeworben habe. -- Groß war der Zudrang zu
den Befehlshaberstellen, und es war schwierig, die Tüchtigsten herauszufinden.
Von Jphikrates wird erzählt, daß er zu diesem Zwecke gleich anfangs einen
Parischen Schrecken verbreiten ließ und dann beobachtete, wer das Hasenpanier
ergriff und wer nicht. ^)

Meist bestand die Masse der unter einem Strategen vereinten Löcher,
also eine Strategie, ein Regiment, aus Leuten Eines Stammes; in dieser Be¬
ziehung wirkte der landsmannschaftliche Geist der Hellenen fort, und die per¬
sönlichen Verbindungen der einzelnen Werbeherrn unterstützten sein Walten.
Aber schon aus diesem Grunde mußte die Stärke der Regimenter sehr ver¬
schieden sein. So erscheinen z. B. die 13,000 Griechen, welche dem jüngeren
Kurusch zuzogen, in 9 Regimenter formirt, deren Stärke von 500 bis 4000
Mann wechselt. Fünf dieser Strategien bestanden lediglich ans Hopliten; 4 waren
mit Peltasten, Bogenschützen und Gymneten versetzt. Jeder Söldner entschloß
sich, welchem Führer er folgen wollte; und auf dem Zuge uach Asien trat
nach der Ermordung der eigentlichen Strategen die Wahl der Führer in so
volle unmittelbare Geltung, wie es freilich sonst nirgends der Fall war.

Es gehörte viel Klugheit, Energie und auch ein imponirendes Aeußere





*) Rüstow und Köchly a. a. O.
Göll a. a. O.
*) Rüstow und Kvchly a. O.

Die Löcher der Söldner entsprachen also an Größe nnr ungefähr den
spartanischen Pmtekostyen, an taktischer Selbständigkeit aber häufig wirklichen
Löcher. Dieser Unterschied entsprang der mit dem Werbesysteme stets verbun¬
denen Neigung, möglichst viel Ofsiziersstellen zusahen, möglichst viel Menschen
für die Aufstellung einer solchen Truppe durch Aussicht auf Geld und Rang
zu interessiren. — Später als das Angebot von Söldnern die Nachfrage
übertraf, änderte sich das allerdings; die Häuser wuchsen, ohne daß die Zahl
der Offiziere zunahm/')

Mit Vorliebe scheinen die dienstsuchenden Söldner auf der lakonischeu
Halbinsel Tänaron (Kap Mcitapan) einstweiligen Aufenthalt genommen zu
haben, so daß sich hier ein vollständiger Rekrutenmarkt bildete. Der aus
Asien flüchtende Harpcilos setzte dort seine 8000 Miethsoldaten ab, und sein
Gefährte Thibron schickte später, als er Kyrene belagerte, einige Freunde als
Werber nach Tänaron, denen es gelang, dort 2500 Mann zusammenzubringen.
— Zuweilen schlichen sich, wie Xenophon erzählt, bei der Werbung Sklaven
mit ein; ja später wurden Einzelne von den Hauptleuten fortgejagt, weil sie
sich als Barbaren erwiesen. Dem Lochagen Ephistenes rühmt Xenophon nach,
daß er nur schöne Leute angeworben habe. — Groß war der Zudrang zu
den Befehlshaberstellen, und es war schwierig, die Tüchtigsten herauszufinden.
Von Jphikrates wird erzählt, daß er zu diesem Zwecke gleich anfangs einen
Parischen Schrecken verbreiten ließ und dann beobachtete, wer das Hasenpanier
ergriff und wer nicht. ^)

Meist bestand die Masse der unter einem Strategen vereinten Löcher,
also eine Strategie, ein Regiment, aus Leuten Eines Stammes; in dieser Be¬
ziehung wirkte der landsmannschaftliche Geist der Hellenen fort, und die per¬
sönlichen Verbindungen der einzelnen Werbeherrn unterstützten sein Walten.
Aber schon aus diesem Grunde mußte die Stärke der Regimenter sehr ver¬
schieden sein. So erscheinen z. B. die 13,000 Griechen, welche dem jüngeren
Kurusch zuzogen, in 9 Regimenter formirt, deren Stärke von 500 bis 4000
Mann wechselt. Fünf dieser Strategien bestanden lediglich ans Hopliten; 4 waren
mit Peltasten, Bogenschützen und Gymneten versetzt. Jeder Söldner entschloß
sich, welchem Führer er folgen wollte; und auf dem Zuge uach Asien trat
nach der Ermordung der eigentlichen Strategen die Wahl der Führer in so
volle unmittelbare Geltung, wie es freilich sonst nirgends der Fall war.

Es gehörte viel Klugheit, Energie und auch ein imponirendes Aeußere





*) Rüstow und Köchly a. a. O.
Göll a. a. O.
*) Rüstow und Kvchly a. O.
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[0389] Die Löcher der Söldner entsprachen also an Größe nnr ungefähr den spartanischen Pmtekostyen, an taktischer Selbständigkeit aber häufig wirklichen Löcher. Dieser Unterschied entsprang der mit dem Werbesysteme stets verbun¬ denen Neigung, möglichst viel Ofsiziersstellen zusahen, möglichst viel Menschen für die Aufstellung einer solchen Truppe durch Aussicht auf Geld und Rang zu interessiren. — Später als das Angebot von Söldnern die Nachfrage übertraf, änderte sich das allerdings; die Häuser wuchsen, ohne daß die Zahl der Offiziere zunahm/') Mit Vorliebe scheinen die dienstsuchenden Söldner auf der lakonischeu Halbinsel Tänaron (Kap Mcitapan) einstweiligen Aufenthalt genommen zu haben, so daß sich hier ein vollständiger Rekrutenmarkt bildete. Der aus Asien flüchtende Harpcilos setzte dort seine 8000 Miethsoldaten ab, und sein Gefährte Thibron schickte später, als er Kyrene belagerte, einige Freunde als Werber nach Tänaron, denen es gelang, dort 2500 Mann zusammenzubringen. — Zuweilen schlichen sich, wie Xenophon erzählt, bei der Werbung Sklaven mit ein; ja später wurden Einzelne von den Hauptleuten fortgejagt, weil sie sich als Barbaren erwiesen. Dem Lochagen Ephistenes rühmt Xenophon nach, daß er nur schöne Leute angeworben habe. — Groß war der Zudrang zu den Befehlshaberstellen, und es war schwierig, die Tüchtigsten herauszufinden. Von Jphikrates wird erzählt, daß er zu diesem Zwecke gleich anfangs einen Parischen Schrecken verbreiten ließ und dann beobachtete, wer das Hasenpanier ergriff und wer nicht. ^) Meist bestand die Masse der unter einem Strategen vereinten Löcher, also eine Strategie, ein Regiment, aus Leuten Eines Stammes; in dieser Be¬ ziehung wirkte der landsmannschaftliche Geist der Hellenen fort, und die per¬ sönlichen Verbindungen der einzelnen Werbeherrn unterstützten sein Walten. Aber schon aus diesem Grunde mußte die Stärke der Regimenter sehr ver¬ schieden sein. So erscheinen z. B. die 13,000 Griechen, welche dem jüngeren Kurusch zuzogen, in 9 Regimenter formirt, deren Stärke von 500 bis 4000 Mann wechselt. Fünf dieser Strategien bestanden lediglich ans Hopliten; 4 waren mit Peltasten, Bogenschützen und Gymneten versetzt. Jeder Söldner entschloß sich, welchem Führer er folgen wollte; und auf dem Zuge uach Asien trat nach der Ermordung der eigentlichen Strategen die Wahl der Führer in so volle unmittelbare Geltung, wie es freilich sonst nirgends der Fall war. Es gehörte viel Klugheit, Energie und auch ein imponirendes Aeußere *) Rüstow und Köchly a. a. O. Göll a. a. O. *) Rüstow und Kvchly a. O.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/389>, abgerufen am 28.05.2024.