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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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verweilte, an Schlegel, "daß meine Wahl, nachdem ich die Liebe so
lange gelernt habe, auf ein Mädchen fallen mußte, die mich sehr glücklich
machen könne. Und das bin ich auch so sehr, daß ich mich noch immer da¬
rüber verwundere, daß man so glücklich sein kann .. Das ist nun einmal
mein Enthusiasmus, daß ich glaube, unübertreffbar in der Liebe zu sein."

Sie schreibt ihm: "O, wie süß ist es, Gott anzubeten! Welche Entzückung,
ihn empfinden!--Du bist heiliger als ich, aber mehr kannst dn Gott
nicht lieben!.. Ich will durch dich noch immer besser und heiliger werden..
Ehe ich von dir geliebt wurde, fürchtete ich das Glück; mir war bange, daß
es mich von Gott zerstreuen möchte. Wie sehr irrte ich mich!.. Die Rührung,
die Freude, alle Empfindungen der Glückseligkeit machen meine Anbetung noch
feuriger."

"Es sind Empfindungen von einer ganz eigenen Süßigkeit, die ersten Em¬
pfindungen der Liebe. Man ist dann noch so schüchtern, und man wundert
sich so über das, was man fühlt."

Das Liebesglück löste seine Zunge, und zeitigte die schönsten Blüthen
seiner Lyrik. "Lang in Trauern vertieft, lernt' ich die Liebe, sie, die der Erde
entfloh... Endlich sinkt die traurige Nacht, und mir wachen mit Lächeln alle
schlummernden Freuden auf! -- O wie staun' ich mich an, daß ich jetzt wieder
bin, der ich war! wie entzückt über die Wandlungen meines Schicksals, wie
dankbar wallt mein freudiges Herz in mir! -- Ach dn kennst ja mein Herz,
wie es geliebet hat! gleicht ein Herz ihm? Vielleicht gleichet dein Herz ihm
nur! Darum liebe mich Cidli, denn ich lernte die Liebe dir! Dich zu finden,
ach dich! lernt' ich die Liebe, sie, die mein steigendes Herz himmlisch erweiterte!"
-- "Unerforschter als sonst etwas den Forscher täuscht, ist ein Herz, das die
Lieb' empfand, sie, die wirklicher Werth, nicht der vergängliche unsers dichten¬
den Traums gebar, jene trunkene Lust, wenn die erweinete fast zu selige
Stunde kommt, die dem Liebenden sagt, daß er geliebet wird! und zwei bessere
Seelen nun ganz, das erstemal ganz, fühlen, wie sehr sie sind! -- Selbst das
Trauern ist süß, das sie verkündete, eh' die selige Stunde kam! Wenn dies
Trauern umsonst eine verkündete, o dann wählte die Seele falsch, und doch
würdig! Das webt keiner der Denker auf, was für Irren sie damals ging!"

"Im Frühlingsschatten fand ich sie; da band ich sie mit Rosenbändern.
Sie wußt' es nicht und schlummerte. Ich sah sie an; mein Leben hing mit
diesem Blick an ihrem Leben. -- Ich fühlt es wohl, und wußt' es nicht! Doch
lispelt' ich ihr, sprachlos, zu, und rauschte mit den Rosenbändern. Da wachte
sie vom Schlummer auf. Sie sah mich an; ihr Leben hing mit diesem Blick
an meinem Leben, und um uns ward Elysium." So lautete eins seiner
ersten Lieder nach der Verlobung.


verweilte, an Schlegel, „daß meine Wahl, nachdem ich die Liebe so
lange gelernt habe, auf ein Mädchen fallen mußte, die mich sehr glücklich
machen könne. Und das bin ich auch so sehr, daß ich mich noch immer da¬
rüber verwundere, daß man so glücklich sein kann .. Das ist nun einmal
mein Enthusiasmus, daß ich glaube, unübertreffbar in der Liebe zu sein."

Sie schreibt ihm: „O, wie süß ist es, Gott anzubeten! Welche Entzückung,
ihn empfinden!--Du bist heiliger als ich, aber mehr kannst dn Gott
nicht lieben!.. Ich will durch dich noch immer besser und heiliger werden..
Ehe ich von dir geliebt wurde, fürchtete ich das Glück; mir war bange, daß
es mich von Gott zerstreuen möchte. Wie sehr irrte ich mich!.. Die Rührung,
die Freude, alle Empfindungen der Glückseligkeit machen meine Anbetung noch
feuriger."

„Es sind Empfindungen von einer ganz eigenen Süßigkeit, die ersten Em¬
pfindungen der Liebe. Man ist dann noch so schüchtern, und man wundert
sich so über das, was man fühlt."

Das Liebesglück löste seine Zunge, und zeitigte die schönsten Blüthen
seiner Lyrik. „Lang in Trauern vertieft, lernt' ich die Liebe, sie, die der Erde
entfloh... Endlich sinkt die traurige Nacht, und mir wachen mit Lächeln alle
schlummernden Freuden auf! — O wie staun' ich mich an, daß ich jetzt wieder
bin, der ich war! wie entzückt über die Wandlungen meines Schicksals, wie
dankbar wallt mein freudiges Herz in mir! — Ach dn kennst ja mein Herz,
wie es geliebet hat! gleicht ein Herz ihm? Vielleicht gleichet dein Herz ihm
nur! Darum liebe mich Cidli, denn ich lernte die Liebe dir! Dich zu finden,
ach dich! lernt' ich die Liebe, sie, die mein steigendes Herz himmlisch erweiterte!"
— „Unerforschter als sonst etwas den Forscher täuscht, ist ein Herz, das die
Lieb' empfand, sie, die wirklicher Werth, nicht der vergängliche unsers dichten¬
den Traums gebar, jene trunkene Lust, wenn die erweinete fast zu selige
Stunde kommt, die dem Liebenden sagt, daß er geliebet wird! und zwei bessere
Seelen nun ganz, das erstemal ganz, fühlen, wie sehr sie sind! — Selbst das
Trauern ist süß, das sie verkündete, eh' die selige Stunde kam! Wenn dies
Trauern umsonst eine verkündete, o dann wählte die Seele falsch, und doch
würdig! Das webt keiner der Denker auf, was für Irren sie damals ging!"

„Im Frühlingsschatten fand ich sie; da band ich sie mit Rosenbändern.
Sie wußt' es nicht und schlummerte. Ich sah sie an; mein Leben hing mit
diesem Blick an ihrem Leben. — Ich fühlt es wohl, und wußt' es nicht! Doch
lispelt' ich ihr, sprachlos, zu, und rauschte mit den Rosenbändern. Da wachte
sie vom Schlummer auf. Sie sah mich an; ihr Leben hing mit diesem Blick
an meinem Leben, und um uns ward Elysium." So lautete eins seiner
ersten Lieder nach der Verlobung.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/510>, abgerufen am 26.05.2024.