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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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und daß keine dieser Parteien auch nur über eine derselben in sich ganz einig
sei. Dies geschieht denn auch in der That; aber dieser Umstand dürfte
auch nur gegen diese Parteien sprechen, nicht für sie. Wir finden nämlich
einestheils unter den Republikanern ebenso verbissene Papiergeldfreunde
und ebenso perfide Silbergeldleute, wie unter den Demokraten, während
andererseits wiederum beide Parteien ehrliche Freunde einer weisen Finanz¬
politik in ihren Reihen aufzuweisen haben. Nicht minder findet die Civil¬
dienstreform Freunde und Feinde in beiden Parteilager; über die Zollfrage
gehen die Meinungen wiederum in beiden Parteien weit auseinander, und
auch die Versöhnung des Nordens mit dein Süden hat unter Denen, die Herrn
Hayes wählten, ebenso warme Freunde, wie unversöhnliche Gegner. -- Da
sich das nun so verhält, so ist für die Hayesadministration die Wahl nicht
leicht, auf welche der beiden Parteien sie sich andauernd stützen soll, obschon
sie der republikanischen Partei wohl den Vorzug geben möchte. Die beiden
Parteien sind ja in sich selbst nicht einig. Man hat nun Herrn Hayes den
Rath gegeben, sich mit irgend einem Theile oder Flügel der republikanischen
Partei enger in Verbindung zu setzen. Aber auch das hat seine großen
Schwierigkeiten, weil manche Republikaner ehrliche Civildienstreformer, aber
zugleich schwindelhafte Silberleute, andere Schutzzöllner, aber Freunde des Südens,
wieder andere wohl für Freihandel und Goldwährung, aber gegen Versöhnung
mit dem Süden und gegen durchgreifende Reform im Aemterwesen sind, kurz
es findet sich in der republikanischen Partei allein schon ein solches Durch¬
einander der Meinungen, ein solcher Mangel an einer fest bestimmten Politik,
eine solche Spaltung in sich gegenüberstehenden bunte Gruppen, daß es der
Administration ganz unmöglich ist, bei der einheitlichen Lösung des einmal
ausgestellten Reformprogramms mit einer bestimmten Fraktion Hand in Hand
zu gehen. Außerdem aber würde die Administration, wenn sie sich auf einen
Flügel der republikanischen Partei stützen und doch nicht stets in der Minorität
bleiben wollte, sehr wahrscheinlich sich nach und nach gezwungen sehen, allen
Kategorien zu dienen, sodaß sie bald nicht mehr wüßte, welche Grundsätze sie
selbst eigentlich befolge.

Das ist aber noch nicht Alles. Präsident Hayes ist bekanntlich mit sehr
knapper Noth gewählt worden, und daß er überhaupt gewählt wurde, ist allein
dem oben erwähnten Programm zu verdanken, einem Programm, das auch
diejenigen unterstützen konnten, welche durch die corrupte Grantregierung
gezwungen waren, sich eine Zeit lang von der republikanischen Partei zurück¬
zuziehen. Dieses entscheidende Element, welches aus den eigentlichen, den
bessern Republikanern besteht, verlangt von Hayes, daß er dem einmal ange¬
nommenen Reformprogramm beharrlich treu bleibe. Soll nun etwa Herr


Grenzboten I. 1878. 64

und daß keine dieser Parteien auch nur über eine derselben in sich ganz einig
sei. Dies geschieht denn auch in der That; aber dieser Umstand dürfte
auch nur gegen diese Parteien sprechen, nicht für sie. Wir finden nämlich
einestheils unter den Republikanern ebenso verbissene Papiergeldfreunde
und ebenso perfide Silbergeldleute, wie unter den Demokraten, während
andererseits wiederum beide Parteien ehrliche Freunde einer weisen Finanz¬
politik in ihren Reihen aufzuweisen haben. Nicht minder findet die Civil¬
dienstreform Freunde und Feinde in beiden Parteilager; über die Zollfrage
gehen die Meinungen wiederum in beiden Parteien weit auseinander, und
auch die Versöhnung des Nordens mit dein Süden hat unter Denen, die Herrn
Hayes wählten, ebenso warme Freunde, wie unversöhnliche Gegner. — Da
sich das nun so verhält, so ist für die Hayesadministration die Wahl nicht
leicht, auf welche der beiden Parteien sie sich andauernd stützen soll, obschon
sie der republikanischen Partei wohl den Vorzug geben möchte. Die beiden
Parteien sind ja in sich selbst nicht einig. Man hat nun Herrn Hayes den
Rath gegeben, sich mit irgend einem Theile oder Flügel der republikanischen
Partei enger in Verbindung zu setzen. Aber auch das hat seine großen
Schwierigkeiten, weil manche Republikaner ehrliche Civildienstreformer, aber
zugleich schwindelhafte Silberleute, andere Schutzzöllner, aber Freunde des Südens,
wieder andere wohl für Freihandel und Goldwährung, aber gegen Versöhnung
mit dem Süden und gegen durchgreifende Reform im Aemterwesen sind, kurz
es findet sich in der republikanischen Partei allein schon ein solches Durch¬
einander der Meinungen, ein solcher Mangel an einer fest bestimmten Politik,
eine solche Spaltung in sich gegenüberstehenden bunte Gruppen, daß es der
Administration ganz unmöglich ist, bei der einheitlichen Lösung des einmal
ausgestellten Reformprogramms mit einer bestimmten Fraktion Hand in Hand
zu gehen. Außerdem aber würde die Administration, wenn sie sich auf einen
Flügel der republikanischen Partei stützen und doch nicht stets in der Minorität
bleiben wollte, sehr wahrscheinlich sich nach und nach gezwungen sehen, allen
Kategorien zu dienen, sodaß sie bald nicht mehr wüßte, welche Grundsätze sie
selbst eigentlich befolge.

Das ist aber noch nicht Alles. Präsident Hayes ist bekanntlich mit sehr
knapper Noth gewählt worden, und daß er überhaupt gewählt wurde, ist allein
dem oben erwähnten Programm zu verdanken, einem Programm, das auch
diejenigen unterstützen konnten, welche durch die corrupte Grantregierung
gezwungen waren, sich eine Zeit lang von der republikanischen Partei zurück¬
zuziehen. Dieses entscheidende Element, welches aus den eigentlichen, den
bessern Republikanern besteht, verlangt von Hayes, daß er dem einmal ange¬
nommenen Reformprogramm beharrlich treu bleibe. Soll nun etwa Herr


Grenzboten I. 1878. 64
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/513>, abgerufen am 30.05.2024.