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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Ueberdies wurde seine Ausstellungskommission auch von der Absicht geleitet,
auf allen Feldern der Kunst und der gewerblichen Thätigkeit etwas Neues zu
bieten. Und sie hat diese Absicht in umfassenden Maaße erreicht. Die englische
Ausstellung ist unter denen der fremden Nationen nicht blos die reichste, sondern
auch die vielseitigste und glänzendste. Sie nimmt allein im Jndustriepcilaste
den vierten Theil des gesammten Raumes in Anspruch, der den fremden Na¬
tionen überlassen ist. Die indische Abtheilung hat hier noch nicht einmal Platz
gefunden, sie occupirt den rechten Flügel der Ehrengallerie. Die englische Kunst
beansprucht acht Säle der Kunsthalle, nächst Frankreich wiederum den größten
Raum, der einer Nation angewiesen ist. Dazu gesellt sich noch eine stattliche
Anzahl von Annexbauten, Pavillons :e. für separat- und Privatausstellungen.

An der Straße der internationalen Fanden hat England, dem Raume
entsprechend, den seine Ausstellung gefüllt hat, drei originelle und charakteri¬
stische Bauten aufgeführt, deren Frontentwicklung ungefähr ) 64 Meter beträgt.
Das erste dieser Gebäude ist ein Rohbau aus imitirteu rothen Ziegeln im
Stile der Königin Anna. Der Erbauer desselben hat nämlich ein Ziegelsnrrogat
erfunden, das aus übereinandergelegten Platten von Portlandeeinent und rothem
Kalk besteht, welche die Form von Ziegeln haben und in Holzrahmen einge¬
lassen werden. Zwei audere Aussteller haben die decorcitive Ausstellung des
Innern übernommen. Der Erbauer hat das Haus dem Prinzen von Wales
zur Disposition gestellt.

Das zweite Gebäude, das ebenfalls zu Ehren des Prinzen errichtet ist
und deshalb der Pavillon des Prinzen von Wales heißt, zeigt die Stilformen
die zur Zeit der Königin Elisabeth üblich waren. Fünfzehn englische Fabri¬
kanten, darunter die ersten Jndustriefirmen des Landes, die Mintons, Elling¬
ton Co., Doulton Co. und drei Gesellschaften, an ihrer Spitze die könig¬
liche Teppichweberei in Windsor, haben sich zur Herstellung und dekorativen
Ausstattung dieses Pavillons vereinigt. Er soll in seinem Innern, in den
Möbeln, Gobelins, Tapeten, im Silbergeschirr, im Porzellan, in den Geweben
ein vollständiges Bild von dem gegenwärtigen Staude der englischen Industrie
liefern. Man kann sich denken, daß die englischen Fabrikanten vor keinem Auf-
wande zurückgeschreckt sind, um dieses Bild möglichst glänzend zu gestalten.
Die Herstellungskosten des Pavillons und der Werth seiner inneren Ausstattung
werden auf ca. 300,000 Pfund geschätzt. Wenn auch die letztere nach Been¬
digung der Ausstellung ihren Werth nicht verliert, so bleibt immer noch eine
Summe von ca. 20,000 Pfund oder 420,000 Mk. übrig, die für Transport¬
kosten, für Materialien, für den Bau u, s. w. unwiederbringlich aufgeopfert
ist. Wo mit solchen fast incommensurablen Zahlen operirt wird, kann freilich
ein Erfolg, der alles übrige neben sich verdunkelt, nicht ausbleiben.


Grenzboten til. 1b78. 14

Ueberdies wurde seine Ausstellungskommission auch von der Absicht geleitet,
auf allen Feldern der Kunst und der gewerblichen Thätigkeit etwas Neues zu
bieten. Und sie hat diese Absicht in umfassenden Maaße erreicht. Die englische
Ausstellung ist unter denen der fremden Nationen nicht blos die reichste, sondern
auch die vielseitigste und glänzendste. Sie nimmt allein im Jndustriepcilaste
den vierten Theil des gesammten Raumes in Anspruch, der den fremden Na¬
tionen überlassen ist. Die indische Abtheilung hat hier noch nicht einmal Platz
gefunden, sie occupirt den rechten Flügel der Ehrengallerie. Die englische Kunst
beansprucht acht Säle der Kunsthalle, nächst Frankreich wiederum den größten
Raum, der einer Nation angewiesen ist. Dazu gesellt sich noch eine stattliche
Anzahl von Annexbauten, Pavillons :e. für separat- und Privatausstellungen.

An der Straße der internationalen Fanden hat England, dem Raume
entsprechend, den seine Ausstellung gefüllt hat, drei originelle und charakteri¬
stische Bauten aufgeführt, deren Frontentwicklung ungefähr ) 64 Meter beträgt.
Das erste dieser Gebäude ist ein Rohbau aus imitirteu rothen Ziegeln im
Stile der Königin Anna. Der Erbauer desselben hat nämlich ein Ziegelsnrrogat
erfunden, das aus übereinandergelegten Platten von Portlandeeinent und rothem
Kalk besteht, welche die Form von Ziegeln haben und in Holzrahmen einge¬
lassen werden. Zwei audere Aussteller haben die decorcitive Ausstellung des
Innern übernommen. Der Erbauer hat das Haus dem Prinzen von Wales
zur Disposition gestellt.

Das zweite Gebäude, das ebenfalls zu Ehren des Prinzen errichtet ist
und deshalb der Pavillon des Prinzen von Wales heißt, zeigt die Stilformen
die zur Zeit der Königin Elisabeth üblich waren. Fünfzehn englische Fabri¬
kanten, darunter die ersten Jndustriefirmen des Landes, die Mintons, Elling¬
ton Co., Doulton Co. und drei Gesellschaften, an ihrer Spitze die könig¬
liche Teppichweberei in Windsor, haben sich zur Herstellung und dekorativen
Ausstattung dieses Pavillons vereinigt. Er soll in seinem Innern, in den
Möbeln, Gobelins, Tapeten, im Silbergeschirr, im Porzellan, in den Geweben
ein vollständiges Bild von dem gegenwärtigen Staude der englischen Industrie
liefern. Man kann sich denken, daß die englischen Fabrikanten vor keinem Auf-
wande zurückgeschreckt sind, um dieses Bild möglichst glänzend zu gestalten.
Die Herstellungskosten des Pavillons und der Werth seiner inneren Ausstattung
werden auf ca. 300,000 Pfund geschätzt. Wenn auch die letztere nach Been¬
digung der Ausstellung ihren Werth nicht verliert, so bleibt immer noch eine
Summe von ca. 20,000 Pfund oder 420,000 Mk. übrig, die für Transport¬
kosten, für Materialien, für den Bau u, s. w. unwiederbringlich aufgeopfert
ist. Wo mit solchen fast incommensurablen Zahlen operirt wird, kann freilich
ein Erfolg, der alles übrige neben sich verdunkelt, nicht ausbleiben.


Grenzboten til. 1b78. 14
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[0113] Ueberdies wurde seine Ausstellungskommission auch von der Absicht geleitet, auf allen Feldern der Kunst und der gewerblichen Thätigkeit etwas Neues zu bieten. Und sie hat diese Absicht in umfassenden Maaße erreicht. Die englische Ausstellung ist unter denen der fremden Nationen nicht blos die reichste, sondern auch die vielseitigste und glänzendste. Sie nimmt allein im Jndustriepcilaste den vierten Theil des gesammten Raumes in Anspruch, der den fremden Na¬ tionen überlassen ist. Die indische Abtheilung hat hier noch nicht einmal Platz gefunden, sie occupirt den rechten Flügel der Ehrengallerie. Die englische Kunst beansprucht acht Säle der Kunsthalle, nächst Frankreich wiederum den größten Raum, der einer Nation angewiesen ist. Dazu gesellt sich noch eine stattliche Anzahl von Annexbauten, Pavillons :e. für separat- und Privatausstellungen. An der Straße der internationalen Fanden hat England, dem Raume entsprechend, den seine Ausstellung gefüllt hat, drei originelle und charakteri¬ stische Bauten aufgeführt, deren Frontentwicklung ungefähr ) 64 Meter beträgt. Das erste dieser Gebäude ist ein Rohbau aus imitirteu rothen Ziegeln im Stile der Königin Anna. Der Erbauer desselben hat nämlich ein Ziegelsnrrogat erfunden, das aus übereinandergelegten Platten von Portlandeeinent und rothem Kalk besteht, welche die Form von Ziegeln haben und in Holzrahmen einge¬ lassen werden. Zwei audere Aussteller haben die decorcitive Ausstellung des Innern übernommen. Der Erbauer hat das Haus dem Prinzen von Wales zur Disposition gestellt. Das zweite Gebäude, das ebenfalls zu Ehren des Prinzen errichtet ist und deshalb der Pavillon des Prinzen von Wales heißt, zeigt die Stilformen die zur Zeit der Königin Elisabeth üblich waren. Fünfzehn englische Fabri¬ kanten, darunter die ersten Jndustriefirmen des Landes, die Mintons, Elling¬ ton Co., Doulton Co. und drei Gesellschaften, an ihrer Spitze die könig¬ liche Teppichweberei in Windsor, haben sich zur Herstellung und dekorativen Ausstattung dieses Pavillons vereinigt. Er soll in seinem Innern, in den Möbeln, Gobelins, Tapeten, im Silbergeschirr, im Porzellan, in den Geweben ein vollständiges Bild von dem gegenwärtigen Staude der englischen Industrie liefern. Man kann sich denken, daß die englischen Fabrikanten vor keinem Auf- wande zurückgeschreckt sind, um dieses Bild möglichst glänzend zu gestalten. Die Herstellungskosten des Pavillons und der Werth seiner inneren Ausstattung werden auf ca. 300,000 Pfund geschätzt. Wenn auch die letztere nach Been¬ digung der Ausstellung ihren Werth nicht verliert, so bleibt immer noch eine Summe von ca. 20,000 Pfund oder 420,000 Mk. übrig, die für Transport¬ kosten, für Materialien, für den Bau u, s. w. unwiederbringlich aufgeopfert ist. Wo mit solchen fast incommensurablen Zahlen operirt wird, kann freilich ein Erfolg, der alles übrige neben sich verdunkelt, nicht ausbleiben. Grenzboten til. 1b78. 14

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/113>, abgerufen am 24.05.2024.