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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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die Arbeiter terrorisirenden Agitatvrenbernss mäßig mit deren Noth treiben und
wie der Arbeiterstand sich mehr als jeder andere gehoben, wie Die, welche
das Meiste sür ihn gethan, von den Agitatoren verfolgt würden. Den welfi-
schen Oberkonsistorialrath Brück mußte man, da er einmal gewählt ist, an¬
hören; daß er mit einem Wehrufe über die Entthronung des Welfenhaufes
enden würde, war vorauszusehen. Auch der Elsässer Wiuterer tauchte nur auf,
um die Faust zu ballen; ebenso später ein Pole.

§ 1 ist schließlich nach der von der Kommission am 20. September in erster
Lesung beschlossenen Fassung genehmigt, sodaß also die Untergrabung wegfällt
und die anderen Erfordernisse aufgenommen sind, gegen die sich am 1. Oktober
die Regierungen in der Kommission erklärt hatten. Bezüglich des Kommissions¬
zusatzes wegen der zu verbietenden "Verbindungen" brachte Schultze für die
Stellung der Genossenschaften Besorgnisse zur Sprache, die jedoch, nach auf¬
klärenden Erörterungen einerseits von Goßlar's und Graf Eulenburg's, anderer¬
seits Laster's und Delbrück's, durch Genehmigung einer von Gareis vorge¬
schlagenen Fassung Erledigung fanden. Nachdem die KZ 2--4 am 11. Oktober
ziemlich glatt zur Annahme gelangt waren, entspann sich am 12. Oktober bei
§ 5 und 6 ein lebhaftes Treffen mit den 'negirenden Parteien. Zu beiden
88 erhoben sich Männer des Zentrums für die Volksfreiheit. In dieser
Richtung durfte ja dessen obiges Programm des Schweigens durchbrochen
Werden. Es schien gar nicht übel auf Streit berechnet zu sein, als zu Z 5,
wonach Versammlungen, in welchen sozialdemokratische u. s. w. Bestrebungen
zu Tage treten, polizeilich sollen ausgehoben werden dürfen, Brück Wahlver¬
sammlungen ausgenommen haben wollte. Aber das junge Verhältniß der po¬
sitiven Parteien hat diese Versuchung bestanden. Bei Freigebung der Wahl¬
versammlungen könnte das Gesetz gerade in wichtigen Zeitabschnitten illusorisch
werden. Es geht durchaus nicht, daß alles in der Zwischenzeit angesammelte
sozialdemokratische Gift sich in Wahlversammlungen ergießt. Die Diskussion
ergab, daß freilich sozialdemokratische Wahlversammlungen nicht schon als
solche verboten sein sollen, daß aber alle Wahlversammlungen unter dieses
Gesetz fallen müssen, praktisch also die Sozialdemokraten, wenn sie sich nicht
wunderbar reservirt verhalten, sich allerdings ganz um jenes Recht bringen
werden. Die Sache so scharf durchgeführt zu haben, ist das Verdienst des Mini¬
sters Grafen Eulenburg. Zwar glaubte Hänel, von Laster trotz Stcmffenberg's
Ausführungen unterstützt, noch eine Fassung gefunden zu haben, um jene
Nothwendigkeit herumzukommen, glücklicher Weise lehnte dies aber eine weit
größere Mehrheit ab als sich erwarten ließ, ebenso Brück's Vorschlag und
der ^ ging durch. Bei allen wichtigeren Fragen fällt die Diskussion leicht in
aller Breite in die Generaldislussivn zurück. So war schon zu 4 Windthorst


die Arbeiter terrorisirenden Agitatvrenbernss mäßig mit deren Noth treiben und
wie der Arbeiterstand sich mehr als jeder andere gehoben, wie Die, welche
das Meiste sür ihn gethan, von den Agitatoren verfolgt würden. Den welfi-
schen Oberkonsistorialrath Brück mußte man, da er einmal gewählt ist, an¬
hören; daß er mit einem Wehrufe über die Entthronung des Welfenhaufes
enden würde, war vorauszusehen. Auch der Elsässer Wiuterer tauchte nur auf,
um die Faust zu ballen; ebenso später ein Pole.

§ 1 ist schließlich nach der von der Kommission am 20. September in erster
Lesung beschlossenen Fassung genehmigt, sodaß also die Untergrabung wegfällt
und die anderen Erfordernisse aufgenommen sind, gegen die sich am 1. Oktober
die Regierungen in der Kommission erklärt hatten. Bezüglich des Kommissions¬
zusatzes wegen der zu verbietenden „Verbindungen" brachte Schultze für die
Stellung der Genossenschaften Besorgnisse zur Sprache, die jedoch, nach auf¬
klärenden Erörterungen einerseits von Goßlar's und Graf Eulenburg's, anderer¬
seits Laster's und Delbrück's, durch Genehmigung einer von Gareis vorge¬
schlagenen Fassung Erledigung fanden. Nachdem die KZ 2—4 am 11. Oktober
ziemlich glatt zur Annahme gelangt waren, entspann sich am 12. Oktober bei
§ 5 und 6 ein lebhaftes Treffen mit den 'negirenden Parteien. Zu beiden
88 erhoben sich Männer des Zentrums für die Volksfreiheit. In dieser
Richtung durfte ja dessen obiges Programm des Schweigens durchbrochen
Werden. Es schien gar nicht übel auf Streit berechnet zu sein, als zu Z 5,
wonach Versammlungen, in welchen sozialdemokratische u. s. w. Bestrebungen
zu Tage treten, polizeilich sollen ausgehoben werden dürfen, Brück Wahlver¬
sammlungen ausgenommen haben wollte. Aber das junge Verhältniß der po¬
sitiven Parteien hat diese Versuchung bestanden. Bei Freigebung der Wahl¬
versammlungen könnte das Gesetz gerade in wichtigen Zeitabschnitten illusorisch
werden. Es geht durchaus nicht, daß alles in der Zwischenzeit angesammelte
sozialdemokratische Gift sich in Wahlversammlungen ergießt. Die Diskussion
ergab, daß freilich sozialdemokratische Wahlversammlungen nicht schon als
solche verboten sein sollen, daß aber alle Wahlversammlungen unter dieses
Gesetz fallen müssen, praktisch also die Sozialdemokraten, wenn sie sich nicht
wunderbar reservirt verhalten, sich allerdings ganz um jenes Recht bringen
werden. Die Sache so scharf durchgeführt zu haben, ist das Verdienst des Mini¬
sters Grafen Eulenburg. Zwar glaubte Hänel, von Laster trotz Stcmffenberg's
Ausführungen unterstützt, noch eine Fassung gefunden zu haben, um jene
Nothwendigkeit herumzukommen, glücklicher Weise lehnte dies aber eine weit
größere Mehrheit ab als sich erwarten ließ, ebenso Brück's Vorschlag und
der ^ ging durch. Bei allen wichtigeren Fragen fällt die Diskussion leicht in
aller Breite in die Generaldislussivn zurück. So war schon zu 4 Windthorst


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[0123] die Arbeiter terrorisirenden Agitatvrenbernss mäßig mit deren Noth treiben und wie der Arbeiterstand sich mehr als jeder andere gehoben, wie Die, welche das Meiste sür ihn gethan, von den Agitatoren verfolgt würden. Den welfi- schen Oberkonsistorialrath Brück mußte man, da er einmal gewählt ist, an¬ hören; daß er mit einem Wehrufe über die Entthronung des Welfenhaufes enden würde, war vorauszusehen. Auch der Elsässer Wiuterer tauchte nur auf, um die Faust zu ballen; ebenso später ein Pole. § 1 ist schließlich nach der von der Kommission am 20. September in erster Lesung beschlossenen Fassung genehmigt, sodaß also die Untergrabung wegfällt und die anderen Erfordernisse aufgenommen sind, gegen die sich am 1. Oktober die Regierungen in der Kommission erklärt hatten. Bezüglich des Kommissions¬ zusatzes wegen der zu verbietenden „Verbindungen" brachte Schultze für die Stellung der Genossenschaften Besorgnisse zur Sprache, die jedoch, nach auf¬ klärenden Erörterungen einerseits von Goßlar's und Graf Eulenburg's, anderer¬ seits Laster's und Delbrück's, durch Genehmigung einer von Gareis vorge¬ schlagenen Fassung Erledigung fanden. Nachdem die KZ 2—4 am 11. Oktober ziemlich glatt zur Annahme gelangt waren, entspann sich am 12. Oktober bei § 5 und 6 ein lebhaftes Treffen mit den 'negirenden Parteien. Zu beiden 88 erhoben sich Männer des Zentrums für die Volksfreiheit. In dieser Richtung durfte ja dessen obiges Programm des Schweigens durchbrochen Werden. Es schien gar nicht übel auf Streit berechnet zu sein, als zu Z 5, wonach Versammlungen, in welchen sozialdemokratische u. s. w. Bestrebungen zu Tage treten, polizeilich sollen ausgehoben werden dürfen, Brück Wahlver¬ sammlungen ausgenommen haben wollte. Aber das junge Verhältniß der po¬ sitiven Parteien hat diese Versuchung bestanden. Bei Freigebung der Wahl¬ versammlungen könnte das Gesetz gerade in wichtigen Zeitabschnitten illusorisch werden. Es geht durchaus nicht, daß alles in der Zwischenzeit angesammelte sozialdemokratische Gift sich in Wahlversammlungen ergießt. Die Diskussion ergab, daß freilich sozialdemokratische Wahlversammlungen nicht schon als solche verboten sein sollen, daß aber alle Wahlversammlungen unter dieses Gesetz fallen müssen, praktisch also die Sozialdemokraten, wenn sie sich nicht wunderbar reservirt verhalten, sich allerdings ganz um jenes Recht bringen werden. Die Sache so scharf durchgeführt zu haben, ist das Verdienst des Mini¬ sters Grafen Eulenburg. Zwar glaubte Hänel, von Laster trotz Stcmffenberg's Ausführungen unterstützt, noch eine Fassung gefunden zu haben, um jene Nothwendigkeit herumzukommen, glücklicher Weise lehnte dies aber eine weit größere Mehrheit ab als sich erwarten ließ, ebenso Brück's Vorschlag und der ^ ging durch. Bei allen wichtigeren Fragen fällt die Diskussion leicht in aller Breite in die Generaldislussivn zurück. So war schon zu 4 Windthorst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/123>, abgerufen am 15.05.2024.