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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Druck und Format die Hallische Zeitung nachahme. Sie gaben zu erkennen,
daß mit Rücksicht auf diese Unzuträglichkeiten der König den preußischen Post¬
ämtern die Spedition der Jenaer Zeitung untersagt habe und stellten den An¬
trag, daß man sich in Jena der erwähnten Nachahmung nicht allein enthalten,
sondern dem Organe eine äußere Gestalt geben solle, die keinerlei Verwechse¬
lung beider Zeitungen gestatte. Eichstüdt der (22. Nov.) in Goethe's Gegenwart
von der preußischen Beschwerdeschrift durch Voigt Kenntniß erhielt, entkräftete
den hauptsächlichsten Vorwurf damit, daß das Organ "Jenaische Literatur-
zeitung" betitelt, unmöglich also die berührten Uebelstände hervorzurufen im
Stande sei, da gleiches Vorgehen sich dann auch gegen ähnliche Organe
wie z. B. die Oberdeutsche allgemeine Literaturzeitung richten müsse. Der
Redaction fiel nunmehr die Aufgabe zu, sich eingehend gegen die preußische
Anklage zu äußern, und Goethe übernahm es, diese Verantwortung eigenhändig
durchzueorrigiren, indem er sehr interessante Aenderungen vornahm. Von deren
Autorschaft würde man schwerlich etwas ahnen können, wenn uns dies Schrift¬
stück im Entwurf nicht erhalten wäre, auf welches er sogar Papierstücke auf¬
heftete, um mit seinen Aenderungen keinen Zweifel zu erregen. -- Die Rein¬
schrift ging als Beilage zur Erklärung vom 25. November nach Berlin ab. --
Wenn nun auch damit der unerquickliche, so zu sagen vom Zaune gebrochene
Streit beigelegt schien, so war doch bei dem Verhältniß zwischen Halle und
Jena des Haders kein Ende, und es fehlte nicht an Unannehmlichkeiten aller
Art, die der Redaction in Jena durch die Verschärfung der Gegensätze sort und
fort erwuchsen. -- .

Es läßt sich nicht läugnen, daß man in Weimar die großartigsten An¬
strengungen machte, die bedeutendsten Kräfte für die Mitarbeiterschaft zu ge¬
winnen. Goethe selbst trat mit dem Glänze seines Namens in die Schranken;
Männer wie Voß und Johannes v. Müller erwiesen sich als vorzügliche För¬
derer und der Großherzog Carl August blieb als Protector am wenigsten
hinter diesen zurück. Ohne Uebertreibung und Vorurtheil kann man behaup¬
ten, daß in den folgendem Unglückstagen Weimar's und Jena's das kritische
Institut der Allgemeinen Literaturzeitung fast allein noch die Celebrität von
Jena auswärts erhielt. Aber man vergaß in Halle die frühern Vorgänge
nicht; es bedürfte des kleinsten Anlasses, um den Hader wieder anzufachen, zu
dem zwölf Jahre später Eichstädt die Veranlassung geben sollte. -- Daß dessen
Thatkraft die Wiederbegründung der Literaturzeitung zu verdanken war, konnte
am wenigsten die Partei in Jena vergessen, die sich um Schützers Schwager,
den Geheimen Kirchenrath Griesbach geschaart hatte. War er es ja, der gleich
im Beginn der Literaturzeitung eine scharfe Kritik erfahren und der deßhalb
zu dem allgemeinen Widerwillen gegen Eichstädt, so lange dieser lebte, getreu-


Druck und Format die Hallische Zeitung nachahme. Sie gaben zu erkennen,
daß mit Rücksicht auf diese Unzuträglichkeiten der König den preußischen Post¬
ämtern die Spedition der Jenaer Zeitung untersagt habe und stellten den An¬
trag, daß man sich in Jena der erwähnten Nachahmung nicht allein enthalten,
sondern dem Organe eine äußere Gestalt geben solle, die keinerlei Verwechse¬
lung beider Zeitungen gestatte. Eichstüdt der (22. Nov.) in Goethe's Gegenwart
von der preußischen Beschwerdeschrift durch Voigt Kenntniß erhielt, entkräftete
den hauptsächlichsten Vorwurf damit, daß das Organ „Jenaische Literatur-
zeitung" betitelt, unmöglich also die berührten Uebelstände hervorzurufen im
Stande sei, da gleiches Vorgehen sich dann auch gegen ähnliche Organe
wie z. B. die Oberdeutsche allgemeine Literaturzeitung richten müsse. Der
Redaction fiel nunmehr die Aufgabe zu, sich eingehend gegen die preußische
Anklage zu äußern, und Goethe übernahm es, diese Verantwortung eigenhändig
durchzueorrigiren, indem er sehr interessante Aenderungen vornahm. Von deren
Autorschaft würde man schwerlich etwas ahnen können, wenn uns dies Schrift¬
stück im Entwurf nicht erhalten wäre, auf welches er sogar Papierstücke auf¬
heftete, um mit seinen Aenderungen keinen Zweifel zu erregen. — Die Rein¬
schrift ging als Beilage zur Erklärung vom 25. November nach Berlin ab. —
Wenn nun auch damit der unerquickliche, so zu sagen vom Zaune gebrochene
Streit beigelegt schien, so war doch bei dem Verhältniß zwischen Halle und
Jena des Haders kein Ende, und es fehlte nicht an Unannehmlichkeiten aller
Art, die der Redaction in Jena durch die Verschärfung der Gegensätze sort und
fort erwuchsen. — .

Es läßt sich nicht läugnen, daß man in Weimar die großartigsten An¬
strengungen machte, die bedeutendsten Kräfte für die Mitarbeiterschaft zu ge¬
winnen. Goethe selbst trat mit dem Glänze seines Namens in die Schranken;
Männer wie Voß und Johannes v. Müller erwiesen sich als vorzügliche För¬
derer und der Großherzog Carl August blieb als Protector am wenigsten
hinter diesen zurück. Ohne Uebertreibung und Vorurtheil kann man behaup¬
ten, daß in den folgendem Unglückstagen Weimar's und Jena's das kritische
Institut der Allgemeinen Literaturzeitung fast allein noch die Celebrität von
Jena auswärts erhielt. Aber man vergaß in Halle die frühern Vorgänge
nicht; es bedürfte des kleinsten Anlasses, um den Hader wieder anzufachen, zu
dem zwölf Jahre später Eichstädt die Veranlassung geben sollte. — Daß dessen
Thatkraft die Wiederbegründung der Literaturzeitung zu verdanken war, konnte
am wenigsten die Partei in Jena vergessen, die sich um Schützers Schwager,
den Geheimen Kirchenrath Griesbach geschaart hatte. War er es ja, der gleich
im Beginn der Literaturzeitung eine scharfe Kritik erfahren und der deßhalb
zu dem allgemeinen Widerwillen gegen Eichstädt, so lange dieser lebte, getreu-


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[0155] Druck und Format die Hallische Zeitung nachahme. Sie gaben zu erkennen, daß mit Rücksicht auf diese Unzuträglichkeiten der König den preußischen Post¬ ämtern die Spedition der Jenaer Zeitung untersagt habe und stellten den An¬ trag, daß man sich in Jena der erwähnten Nachahmung nicht allein enthalten, sondern dem Organe eine äußere Gestalt geben solle, die keinerlei Verwechse¬ lung beider Zeitungen gestatte. Eichstüdt der (22. Nov.) in Goethe's Gegenwart von der preußischen Beschwerdeschrift durch Voigt Kenntniß erhielt, entkräftete den hauptsächlichsten Vorwurf damit, daß das Organ „Jenaische Literatur- zeitung" betitelt, unmöglich also die berührten Uebelstände hervorzurufen im Stande sei, da gleiches Vorgehen sich dann auch gegen ähnliche Organe wie z. B. die Oberdeutsche allgemeine Literaturzeitung richten müsse. Der Redaction fiel nunmehr die Aufgabe zu, sich eingehend gegen die preußische Anklage zu äußern, und Goethe übernahm es, diese Verantwortung eigenhändig durchzueorrigiren, indem er sehr interessante Aenderungen vornahm. Von deren Autorschaft würde man schwerlich etwas ahnen können, wenn uns dies Schrift¬ stück im Entwurf nicht erhalten wäre, auf welches er sogar Papierstücke auf¬ heftete, um mit seinen Aenderungen keinen Zweifel zu erregen. — Die Rein¬ schrift ging als Beilage zur Erklärung vom 25. November nach Berlin ab. — Wenn nun auch damit der unerquickliche, so zu sagen vom Zaune gebrochene Streit beigelegt schien, so war doch bei dem Verhältniß zwischen Halle und Jena des Haders kein Ende, und es fehlte nicht an Unannehmlichkeiten aller Art, die der Redaction in Jena durch die Verschärfung der Gegensätze sort und fort erwuchsen. — . Es läßt sich nicht läugnen, daß man in Weimar die großartigsten An¬ strengungen machte, die bedeutendsten Kräfte für die Mitarbeiterschaft zu ge¬ winnen. Goethe selbst trat mit dem Glänze seines Namens in die Schranken; Männer wie Voß und Johannes v. Müller erwiesen sich als vorzügliche För¬ derer und der Großherzog Carl August blieb als Protector am wenigsten hinter diesen zurück. Ohne Uebertreibung und Vorurtheil kann man behaup¬ ten, daß in den folgendem Unglückstagen Weimar's und Jena's das kritische Institut der Allgemeinen Literaturzeitung fast allein noch die Celebrität von Jena auswärts erhielt. Aber man vergaß in Halle die frühern Vorgänge nicht; es bedürfte des kleinsten Anlasses, um den Hader wieder anzufachen, zu dem zwölf Jahre später Eichstädt die Veranlassung geben sollte. — Daß dessen Thatkraft die Wiederbegründung der Literaturzeitung zu verdanken war, konnte am wenigsten die Partei in Jena vergessen, die sich um Schützers Schwager, den Geheimen Kirchenrath Griesbach geschaart hatte. War er es ja, der gleich im Beginn der Literaturzeitung eine scharfe Kritik erfahren und der deßhalb zu dem allgemeinen Widerwillen gegen Eichstädt, so lange dieser lebte, getreu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/155>, abgerufen am 15.05.2024.