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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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kommandirenden Herren General von Jsselbach die endliche Ordre gestellet und
denen sämmtlichen Kommandirenden der Rendez-vous in dem Kur-Mciinzischen
Walde auf dem sogenannten Hufeisen angewiesen worden. Wir haben uns
also den 27. hujus in der Frühe obenerwähntenmcißen gesammelt, und nachdem
alles Nöthige verabredet worden, marschirten wir auf dem Wald gegen das
hessische Dorf, Ergesdorf genannt, allda wir uns auf der Höhe folgendermaßen
formirter: Auf beiden Seiten hatten wir unsere Kavallerie, die Kommandirten
von Mainz und Trier formirter den rechten Flügel, Kur-Pfalz den linken und
die Franken in der Mitte. Die Hessen dagegen hatten sich mit 18 Eskadrons vor
ihrem Dorf in grader Linie gegen uns übergesetzt. Das Dorf an sich selbsten
war wohl verpallisadiret, auch überdies stark mit Infanterie gespickt, welcher
die Bauern mit Heugabeln, Dreschflegeln, Spießen und Stangen zur Seite
stunden."

"Wie wir uns um wandten, rechts oder links, dergleichen thäten die Hessen
mit ihrer Kavallerie auch. Endlich wurde befohlen orärs as Lat-Mils mit
aufgesteckten Bajonnet und mit geschultertem Gewehr anzumarschiren, bei Leib-
und Lebensstrafe aber Niemand zu schießen, uoch einige Thätlichkeit zu verüben,
es sei denu Sache die Hessen gäben dann mit dem Vorgang Anlaß dazu
Sollte sich aber begeben, daß die Kavallerie sich nicht wehrete und nur ge¬
schloffen hielte, doch nicht weichen noch Platz machen wollte, so sollte unsere
Infanterie mit gefällten Bajonnetten ihren Marsch prosequiren, die Reiterei
würde dann schon Platz machen. Als wir nun Sir tronts mit klingendem Spiel
anmarschiret und etwa noch einen kleinen Pistolenschuß von den Hessen waren,
kam General Herr von Boyneburg zu dein vor unserer Fronte herreitenden Herren
General-Feldzeugmeister von Jsselbach gejaget, fragend: "Jhro Exellenz was
seind Sie zu thuen resolviret?" Dieser: "Den Kaiserlichen Befehl zu exequiren!"
"Ille, so sage ich dem Herren, daß wir Ordre haben uns zu wehren! Adieu,
votre serviteur!" Damit sprengte General von Boynebnrg wieder zu seiner
Kavallerie zurück."'

Das Exekutionsverfahreu schien nunmehr eine ernste Wendung zu nehmen,
denn wenn beide Feldherren mit Entschiedenheit dabei beharrten, ihre beider¬
seitigen Aufträge durchzuführen und Gewalt der Gewalt entgegenzusetzen, dann
mußte es unfehlbar zum Kampfe kommen. Die ganze Affaire verlief jedoch
mehr in der Art und Weise, wie man auf der Theaterbühne Schlachten liefern
sieht, und der schließliche Ausgang war weniger tragisch, als vielmehr tragikomisch.
Doch gönnen wir dem kreisoberstlichen Berichterstatter wieder das Wort: "Wir
marschirten nichtsdestoweniger fort und fanden, daß die Kavallerie hessischer Seits
kein Gewehr angerühret, sondern sich solchergestalt geschlossen hielt, daß ohne Gewalt
zu gebrauchen nicht durchzukommen sei. Es ging sodann das Bajounetfüllen an,


kommandirenden Herren General von Jsselbach die endliche Ordre gestellet und
denen sämmtlichen Kommandirenden der Rendez-vous in dem Kur-Mciinzischen
Walde auf dem sogenannten Hufeisen angewiesen worden. Wir haben uns
also den 27. hujus in der Frühe obenerwähntenmcißen gesammelt, und nachdem
alles Nöthige verabredet worden, marschirten wir auf dem Wald gegen das
hessische Dorf, Ergesdorf genannt, allda wir uns auf der Höhe folgendermaßen
formirter: Auf beiden Seiten hatten wir unsere Kavallerie, die Kommandirten
von Mainz und Trier formirter den rechten Flügel, Kur-Pfalz den linken und
die Franken in der Mitte. Die Hessen dagegen hatten sich mit 18 Eskadrons vor
ihrem Dorf in grader Linie gegen uns übergesetzt. Das Dorf an sich selbsten
war wohl verpallisadiret, auch überdies stark mit Infanterie gespickt, welcher
die Bauern mit Heugabeln, Dreschflegeln, Spießen und Stangen zur Seite
stunden."

„Wie wir uns um wandten, rechts oder links, dergleichen thäten die Hessen
mit ihrer Kavallerie auch. Endlich wurde befohlen orärs as Lat-Mils mit
aufgesteckten Bajonnet und mit geschultertem Gewehr anzumarschiren, bei Leib-
und Lebensstrafe aber Niemand zu schießen, uoch einige Thätlichkeit zu verüben,
es sei denu Sache die Hessen gäben dann mit dem Vorgang Anlaß dazu
Sollte sich aber begeben, daß die Kavallerie sich nicht wehrete und nur ge¬
schloffen hielte, doch nicht weichen noch Platz machen wollte, so sollte unsere
Infanterie mit gefällten Bajonnetten ihren Marsch prosequiren, die Reiterei
würde dann schon Platz machen. Als wir nun Sir tronts mit klingendem Spiel
anmarschiret und etwa noch einen kleinen Pistolenschuß von den Hessen waren,
kam General Herr von Boyneburg zu dein vor unserer Fronte herreitenden Herren
General-Feldzeugmeister von Jsselbach gejaget, fragend: „Jhro Exellenz was
seind Sie zu thuen resolviret?" Dieser: „Den Kaiserlichen Befehl zu exequiren!"
„Ille, so sage ich dem Herren, daß wir Ordre haben uns zu wehren! Adieu,
votre serviteur!" Damit sprengte General von Boynebnrg wieder zu seiner
Kavallerie zurück."'

Das Exekutionsverfahreu schien nunmehr eine ernste Wendung zu nehmen,
denn wenn beide Feldherren mit Entschiedenheit dabei beharrten, ihre beider¬
seitigen Aufträge durchzuführen und Gewalt der Gewalt entgegenzusetzen, dann
mußte es unfehlbar zum Kampfe kommen. Die ganze Affaire verlief jedoch
mehr in der Art und Weise, wie man auf der Theaterbühne Schlachten liefern
sieht, und der schließliche Ausgang war weniger tragisch, als vielmehr tragikomisch.
Doch gönnen wir dem kreisoberstlichen Berichterstatter wieder das Wort: „Wir
marschirten nichtsdestoweniger fort und fanden, daß die Kavallerie hessischer Seits
kein Gewehr angerühret, sondern sich solchergestalt geschlossen hielt, daß ohne Gewalt
zu gebrauchen nicht durchzukommen sei. Es ging sodann das Bajounetfüllen an,


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[0214] kommandirenden Herren General von Jsselbach die endliche Ordre gestellet und denen sämmtlichen Kommandirenden der Rendez-vous in dem Kur-Mciinzischen Walde auf dem sogenannten Hufeisen angewiesen worden. Wir haben uns also den 27. hujus in der Frühe obenerwähntenmcißen gesammelt, und nachdem alles Nöthige verabredet worden, marschirten wir auf dem Wald gegen das hessische Dorf, Ergesdorf genannt, allda wir uns auf der Höhe folgendermaßen formirter: Auf beiden Seiten hatten wir unsere Kavallerie, die Kommandirten von Mainz und Trier formirter den rechten Flügel, Kur-Pfalz den linken und die Franken in der Mitte. Die Hessen dagegen hatten sich mit 18 Eskadrons vor ihrem Dorf in grader Linie gegen uns übergesetzt. Das Dorf an sich selbsten war wohl verpallisadiret, auch überdies stark mit Infanterie gespickt, welcher die Bauern mit Heugabeln, Dreschflegeln, Spießen und Stangen zur Seite stunden." „Wie wir uns um wandten, rechts oder links, dergleichen thäten die Hessen mit ihrer Kavallerie auch. Endlich wurde befohlen orärs as Lat-Mils mit aufgesteckten Bajonnet und mit geschultertem Gewehr anzumarschiren, bei Leib- und Lebensstrafe aber Niemand zu schießen, uoch einige Thätlichkeit zu verüben, es sei denu Sache die Hessen gäben dann mit dem Vorgang Anlaß dazu Sollte sich aber begeben, daß die Kavallerie sich nicht wehrete und nur ge¬ schloffen hielte, doch nicht weichen noch Platz machen wollte, so sollte unsere Infanterie mit gefällten Bajonnetten ihren Marsch prosequiren, die Reiterei würde dann schon Platz machen. Als wir nun Sir tronts mit klingendem Spiel anmarschiret und etwa noch einen kleinen Pistolenschuß von den Hessen waren, kam General Herr von Boyneburg zu dein vor unserer Fronte herreitenden Herren General-Feldzeugmeister von Jsselbach gejaget, fragend: „Jhro Exellenz was seind Sie zu thuen resolviret?" Dieser: „Den Kaiserlichen Befehl zu exequiren!" „Ille, so sage ich dem Herren, daß wir Ordre haben uns zu wehren! Adieu, votre serviteur!" Damit sprengte General von Boynebnrg wieder zu seiner Kavallerie zurück."' Das Exekutionsverfahreu schien nunmehr eine ernste Wendung zu nehmen, denn wenn beide Feldherren mit Entschiedenheit dabei beharrten, ihre beider¬ seitigen Aufträge durchzuführen und Gewalt der Gewalt entgegenzusetzen, dann mußte es unfehlbar zum Kampfe kommen. Die ganze Affaire verlief jedoch mehr in der Art und Weise, wie man auf der Theaterbühne Schlachten liefern sieht, und der schließliche Ausgang war weniger tragisch, als vielmehr tragikomisch. Doch gönnen wir dem kreisoberstlichen Berichterstatter wieder das Wort: „Wir marschirten nichtsdestoweniger fort und fanden, daß die Kavallerie hessischer Seits kein Gewehr angerühret, sondern sich solchergestalt geschlossen hielt, daß ohne Gewalt zu gebrauchen nicht durchzukommen sei. Es ging sodann das Bajounetfüllen an,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/214>, abgerufen am 04.06.2024.