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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Union ihren Fortgang. Mamea, Sekretär der samoanischen Regierung, und ein
Amerikaner Namens Colmesnil machten sich im September 1877 nach Washing¬
ton auf den Weg, um das amerikanische Protektorat über die Inseln durchzu¬
setzen. Das Kabinet von Washington ging jedoch hierauf nicht ein, sondern
unterzeichnete am 17. Januar d. I. nur einen Freundschafts- und Handels¬
vertrag Mit Samoa, den seitens der Samoci-Insel Mamea unterschrieb. In
diesem Vertrage wurde der Hafen Pango-Pango den Amerikanern als Kohlen¬
station abgetreten, ihre Güter waren von Eingangs- und Ausgangszvllen frei,
sie selbst von der Landesgerichtsbarkeit eximirt. Damit war offenbar dem
deutschen Vertrage in's Gesicht geschlagen, und als nach der Rückkehr Mamea's
im Juni die samoanische Regierung sich zur Publikation dieses Vertrages an¬
schickte und ihn raüfizirte, da hielt es Konsul Weber an der Zeit zu protestiren.
Zum Glücke lag die Korvette "Ariadne" im Hafen von Apia, und als die
Proteste Weber's ungehört verhallten, und der amerikanische Spezialagent Go-
ward auf die Erfüllung des amerikanischen Vertrags drang, da war es Zeit
einzugreifen. Nach einer abermaligen ausweichenden Antwort der Häuptlinge
beschlossen die deutschen Vertreter, nunmehr zu Zwangsmaßregeln überzugehen,
und erfolgte demgemäß am 16. und 17. Juli durch den Kapitän von Werner
die Beschlagnahme von Salnafata und Falealili, den früher schon erwähnten
Hafenorten. Nach Kein uns vorliegenden Berichte vollzog sich die Beschlag¬
nahme in folgender Weise: "Während die bemannten Boote in Schußent¬
fernung liegen blieben, wurde ein Landungskorps ausgesetzt, und aus dem Be¬
rathungsplatze der Häuptlinge unter der gehobenen deutschen Flagge, welche
an einem Bootsflaggenstock entfaltet war, im Beisein des kaiserlichen Komman¬
danten und Konsuls eine Proklamation verlesen, worin <s nach Auseinander¬
setzung des Verhaltens der samoauischeu Regierung heißt: Um alle deutschen
Interessen nun sicher zu stellen, legen wir daher auf diesen Hafen mit allen
Ufern Beschlag, wir werden das Besitzrecht darauf fest halte", bis unsere
Uebereinkunft vom 3. Juli 1877 ausgeführt ist, oder bis wir andere Instruktionen
von der deutschen Regierung empfangen. -- Von einem Aufhissen der deutschen
Flagge wurde Abstand genommen, anch keine militärische Besatzung an den
genannten Hafenorten zurückgelassen. Die samoanische Regierung, sowie die
Konsuln England's und der Vereinigten Staaten erhielten eine Anzeige von
dem Akte der Beschlagnahme, sowie eine Abschrift von der Proklamation. Ein
Protest hiergegen erfolgte von keiner Seite."

Wie sehr dnrch die amerikanischen Privilegien der blühende deutsche Handel
auf den Scunvainseln geschädigt worden wäre, liegt auf der Hand. Im Ge¬
folge Mamea's war ein ganzer Haufe von Jankeeschwindlern auf Upolu er¬
schienen, die alle Ansprüche an die samoanische Regierung erhoben und als


Union ihren Fortgang. Mamea, Sekretär der samoanischen Regierung, und ein
Amerikaner Namens Colmesnil machten sich im September 1877 nach Washing¬
ton auf den Weg, um das amerikanische Protektorat über die Inseln durchzu¬
setzen. Das Kabinet von Washington ging jedoch hierauf nicht ein, sondern
unterzeichnete am 17. Januar d. I. nur einen Freundschafts- und Handels¬
vertrag Mit Samoa, den seitens der Samoci-Insel Mamea unterschrieb. In
diesem Vertrage wurde der Hafen Pango-Pango den Amerikanern als Kohlen¬
station abgetreten, ihre Güter waren von Eingangs- und Ausgangszvllen frei,
sie selbst von der Landesgerichtsbarkeit eximirt. Damit war offenbar dem
deutschen Vertrage in's Gesicht geschlagen, und als nach der Rückkehr Mamea's
im Juni die samoanische Regierung sich zur Publikation dieses Vertrages an¬
schickte und ihn raüfizirte, da hielt es Konsul Weber an der Zeit zu protestiren.
Zum Glücke lag die Korvette „Ariadne" im Hafen von Apia, und als die
Proteste Weber's ungehört verhallten, und der amerikanische Spezialagent Go-
ward auf die Erfüllung des amerikanischen Vertrags drang, da war es Zeit
einzugreifen. Nach einer abermaligen ausweichenden Antwort der Häuptlinge
beschlossen die deutschen Vertreter, nunmehr zu Zwangsmaßregeln überzugehen,
und erfolgte demgemäß am 16. und 17. Juli durch den Kapitän von Werner
die Beschlagnahme von Salnafata und Falealili, den früher schon erwähnten
Hafenorten. Nach Kein uns vorliegenden Berichte vollzog sich die Beschlag¬
nahme in folgender Weise: „Während die bemannten Boote in Schußent¬
fernung liegen blieben, wurde ein Landungskorps ausgesetzt, und aus dem Be¬
rathungsplatze der Häuptlinge unter der gehobenen deutschen Flagge, welche
an einem Bootsflaggenstock entfaltet war, im Beisein des kaiserlichen Komman¬
danten und Konsuls eine Proklamation verlesen, worin <s nach Auseinander¬
setzung des Verhaltens der samoauischeu Regierung heißt: Um alle deutschen
Interessen nun sicher zu stellen, legen wir daher auf diesen Hafen mit allen
Ufern Beschlag, wir werden das Besitzrecht darauf fest halte», bis unsere
Uebereinkunft vom 3. Juli 1877 ausgeführt ist, oder bis wir andere Instruktionen
von der deutschen Regierung empfangen. — Von einem Aufhissen der deutschen
Flagge wurde Abstand genommen, anch keine militärische Besatzung an den
genannten Hafenorten zurückgelassen. Die samoanische Regierung, sowie die
Konsuln England's und der Vereinigten Staaten erhielten eine Anzeige von
dem Akte der Beschlagnahme, sowie eine Abschrift von der Proklamation. Ein
Protest hiergegen erfolgte von keiner Seite."

Wie sehr dnrch die amerikanischen Privilegien der blühende deutsche Handel
auf den Scunvainseln geschädigt worden wäre, liegt auf der Hand. Im Ge¬
folge Mamea's war ein ganzer Haufe von Jankeeschwindlern auf Upolu er¬
schienen, die alle Ansprüche an die samoanische Regierung erhoben und als


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[0348] Union ihren Fortgang. Mamea, Sekretär der samoanischen Regierung, und ein Amerikaner Namens Colmesnil machten sich im September 1877 nach Washing¬ ton auf den Weg, um das amerikanische Protektorat über die Inseln durchzu¬ setzen. Das Kabinet von Washington ging jedoch hierauf nicht ein, sondern unterzeichnete am 17. Januar d. I. nur einen Freundschafts- und Handels¬ vertrag Mit Samoa, den seitens der Samoci-Insel Mamea unterschrieb. In diesem Vertrage wurde der Hafen Pango-Pango den Amerikanern als Kohlen¬ station abgetreten, ihre Güter waren von Eingangs- und Ausgangszvllen frei, sie selbst von der Landesgerichtsbarkeit eximirt. Damit war offenbar dem deutschen Vertrage in's Gesicht geschlagen, und als nach der Rückkehr Mamea's im Juni die samoanische Regierung sich zur Publikation dieses Vertrages an¬ schickte und ihn raüfizirte, da hielt es Konsul Weber an der Zeit zu protestiren. Zum Glücke lag die Korvette „Ariadne" im Hafen von Apia, und als die Proteste Weber's ungehört verhallten, und der amerikanische Spezialagent Go- ward auf die Erfüllung des amerikanischen Vertrags drang, da war es Zeit einzugreifen. Nach einer abermaligen ausweichenden Antwort der Häuptlinge beschlossen die deutschen Vertreter, nunmehr zu Zwangsmaßregeln überzugehen, und erfolgte demgemäß am 16. und 17. Juli durch den Kapitän von Werner die Beschlagnahme von Salnafata und Falealili, den früher schon erwähnten Hafenorten. Nach Kein uns vorliegenden Berichte vollzog sich die Beschlag¬ nahme in folgender Weise: „Während die bemannten Boote in Schußent¬ fernung liegen blieben, wurde ein Landungskorps ausgesetzt, und aus dem Be¬ rathungsplatze der Häuptlinge unter der gehobenen deutschen Flagge, welche an einem Bootsflaggenstock entfaltet war, im Beisein des kaiserlichen Komman¬ danten und Konsuls eine Proklamation verlesen, worin <s nach Auseinander¬ setzung des Verhaltens der samoauischeu Regierung heißt: Um alle deutschen Interessen nun sicher zu stellen, legen wir daher auf diesen Hafen mit allen Ufern Beschlag, wir werden das Besitzrecht darauf fest halte», bis unsere Uebereinkunft vom 3. Juli 1877 ausgeführt ist, oder bis wir andere Instruktionen von der deutschen Regierung empfangen. — Von einem Aufhissen der deutschen Flagge wurde Abstand genommen, anch keine militärische Besatzung an den genannten Hafenorten zurückgelassen. Die samoanische Regierung, sowie die Konsuln England's und der Vereinigten Staaten erhielten eine Anzeige von dem Akte der Beschlagnahme, sowie eine Abschrift von der Proklamation. Ein Protest hiergegen erfolgte von keiner Seite." Wie sehr dnrch die amerikanischen Privilegien der blühende deutsche Handel auf den Scunvainseln geschädigt worden wäre, liegt auf der Hand. Im Ge¬ folge Mamea's war ein ganzer Haufe von Jankeeschwindlern auf Upolu er¬ schienen, die alle Ansprüche an die samoanische Regierung erhoben und als

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/348>, abgerufen am 15.05.2024.