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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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in Europa Platz greife, denn keineswegs ist der Strauß an ein heißes Klima
gebunden. Nur nassen Boden kann er nicht vertragen.

Die Wichtigkeit der Straußenzucht erhellt aber erst, wenn wir den Handel
der mit Straußenfedern betrieben wird, zu würdigen suchen. Seit Alters her
sind sie, wie wir oben gesehen, geschätzt und alle übrigen Schmuckfedern kommen
ihnen in Bezug auf Eleganz und Beliebtheit nicht gleich. Die Federn, die
auf unsern Markt kommen, meistens über London, sind in Bezug auf ihre
Güte sehr verschieden. Immer noch sind jene die Besseren, die von wilden,
gejagten Straußen stammen. In der freien Natur entwickelt sich das Thier
eben besser als in der Gefangenschaft. Am höchsten geschätzt sind jene, die
über Aleppo in Syrien nach Marseille gelangen und die fast alle in Paris
bleiben. Doch ist die Zahl der syrischen und arabischen Strauße eine sehr
geringe und nicht mit der Massenhaftigkeit des afrikanischen Produktes zu
vergleichen. Es folgen dann in Bezug auf Qualität die berberinischen Federn.
Tripolis, Beeghasi und Algier sind die Hauptansfnhrhäfen für dieses Produkt,
das mit Kameelkarawanen aus dem Sudan, aus Timbuktu, Bornu, Wadai
u. f. w. kommt. Tripolis allein exportirt jährlich für 2 Millionen Mark.

Die in Nubien, Kordofan, Sennar, kurz in den oberen Nilländern ge¬
wonnenen Federn gelangen nach Kairo. Ihre Quantität ist sehr bedeutend,
denn der Straußenfedernexport von Kairo hat durchschnittlich einen Jahres¬
werth von 250,000 Pfund Sterling 5 Millionen Mark). Sie werden
nach dem Gewichte in Bündel sortirt verkauft, doch muß der Käufer sich vor¬
sehen, da die Orientalen das Gewicht künstlich zu erhöhen wissen. Der schlaue
Chinese stopft die Hühner, die er nach dem Gewichte verkauft, voll Sand und
Steinchen, und so macht es der Nubier, der kleine Bleistücke in die Straußen¬
federkiele einschiebt. Auch aus Marokko und vom Senegal kommen Straußen¬
federn in den Handel, doch in untergeordneter Menge.

Die Hauptmenge liefert Südafrika, und hier ist nicht die Kapstadt, sondern
Port Elisabeth der Hanptansfuhrhafen. Die Ausführen im Jahre 1858, als
nur Federn von wilden Straußen exportirt wurden, betrugen 13,200 Pfund
Sterling. Nachdem die rationelle Straußenzucht aufgekommen war, stieg der
Werth der Ausfuhr 1874 auf 209,000 Pfund Sterling. Bei der Wichtigkeit,
welche dieser neue Zweig der Thierzucht erlangt hat, beschäftigen sich schon
besondere Gesetze im Kaplande mit demselben. So ist auf die Erlegung eines
fremden zahmen Vogels die bedeutende Strafsumme von 50 Pfund Sterling
gesetzt; wenn jedoch ein entflohener Vogel durch 30 Tage uicht wieder ausge¬
bracht werden kann, so wird er für "wild" erklärt und gehört nach dieser Zeit
demjenigen, der ihn fängt oder erlegt. Federn von zahmen und wilden Straußen
vermögen die Händler leicht zu unterscheiden. Die Pose des zahmen Vogels


in Europa Platz greife, denn keineswegs ist der Strauß an ein heißes Klima
gebunden. Nur nassen Boden kann er nicht vertragen.

Die Wichtigkeit der Straußenzucht erhellt aber erst, wenn wir den Handel
der mit Straußenfedern betrieben wird, zu würdigen suchen. Seit Alters her
sind sie, wie wir oben gesehen, geschätzt und alle übrigen Schmuckfedern kommen
ihnen in Bezug auf Eleganz und Beliebtheit nicht gleich. Die Federn, die
auf unsern Markt kommen, meistens über London, sind in Bezug auf ihre
Güte sehr verschieden. Immer noch sind jene die Besseren, die von wilden,
gejagten Straußen stammen. In der freien Natur entwickelt sich das Thier
eben besser als in der Gefangenschaft. Am höchsten geschätzt sind jene, die
über Aleppo in Syrien nach Marseille gelangen und die fast alle in Paris
bleiben. Doch ist die Zahl der syrischen und arabischen Strauße eine sehr
geringe und nicht mit der Massenhaftigkeit des afrikanischen Produktes zu
vergleichen. Es folgen dann in Bezug auf Qualität die berberinischen Federn.
Tripolis, Beeghasi und Algier sind die Hauptansfnhrhäfen für dieses Produkt,
das mit Kameelkarawanen aus dem Sudan, aus Timbuktu, Bornu, Wadai
u. f. w. kommt. Tripolis allein exportirt jährlich für 2 Millionen Mark.

Die in Nubien, Kordofan, Sennar, kurz in den oberen Nilländern ge¬
wonnenen Federn gelangen nach Kairo. Ihre Quantität ist sehr bedeutend,
denn der Straußenfedernexport von Kairo hat durchschnittlich einen Jahres¬
werth von 250,000 Pfund Sterling 5 Millionen Mark). Sie werden
nach dem Gewichte in Bündel sortirt verkauft, doch muß der Käufer sich vor¬
sehen, da die Orientalen das Gewicht künstlich zu erhöhen wissen. Der schlaue
Chinese stopft die Hühner, die er nach dem Gewichte verkauft, voll Sand und
Steinchen, und so macht es der Nubier, der kleine Bleistücke in die Straußen¬
federkiele einschiebt. Auch aus Marokko und vom Senegal kommen Straußen¬
federn in den Handel, doch in untergeordneter Menge.

Die Hauptmenge liefert Südafrika, und hier ist nicht die Kapstadt, sondern
Port Elisabeth der Hanptansfuhrhafen. Die Ausführen im Jahre 1858, als
nur Federn von wilden Straußen exportirt wurden, betrugen 13,200 Pfund
Sterling. Nachdem die rationelle Straußenzucht aufgekommen war, stieg der
Werth der Ausfuhr 1874 auf 209,000 Pfund Sterling. Bei der Wichtigkeit,
welche dieser neue Zweig der Thierzucht erlangt hat, beschäftigen sich schon
besondere Gesetze im Kaplande mit demselben. So ist auf die Erlegung eines
fremden zahmen Vogels die bedeutende Strafsumme von 50 Pfund Sterling
gesetzt; wenn jedoch ein entflohener Vogel durch 30 Tage uicht wieder ausge¬
bracht werden kann, so wird er für „wild" erklärt und gehört nach dieser Zeit
demjenigen, der ihn fängt oder erlegt. Federn von zahmen und wilden Straußen
vermögen die Händler leicht zu unterscheiden. Die Pose des zahmen Vogels


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[0394] in Europa Platz greife, denn keineswegs ist der Strauß an ein heißes Klima gebunden. Nur nassen Boden kann er nicht vertragen. Die Wichtigkeit der Straußenzucht erhellt aber erst, wenn wir den Handel der mit Straußenfedern betrieben wird, zu würdigen suchen. Seit Alters her sind sie, wie wir oben gesehen, geschätzt und alle übrigen Schmuckfedern kommen ihnen in Bezug auf Eleganz und Beliebtheit nicht gleich. Die Federn, die auf unsern Markt kommen, meistens über London, sind in Bezug auf ihre Güte sehr verschieden. Immer noch sind jene die Besseren, die von wilden, gejagten Straußen stammen. In der freien Natur entwickelt sich das Thier eben besser als in der Gefangenschaft. Am höchsten geschätzt sind jene, die über Aleppo in Syrien nach Marseille gelangen und die fast alle in Paris bleiben. Doch ist die Zahl der syrischen und arabischen Strauße eine sehr geringe und nicht mit der Massenhaftigkeit des afrikanischen Produktes zu vergleichen. Es folgen dann in Bezug auf Qualität die berberinischen Federn. Tripolis, Beeghasi und Algier sind die Hauptansfnhrhäfen für dieses Produkt, das mit Kameelkarawanen aus dem Sudan, aus Timbuktu, Bornu, Wadai u. f. w. kommt. Tripolis allein exportirt jährlich für 2 Millionen Mark. Die in Nubien, Kordofan, Sennar, kurz in den oberen Nilländern ge¬ wonnenen Federn gelangen nach Kairo. Ihre Quantität ist sehr bedeutend, denn der Straußenfedernexport von Kairo hat durchschnittlich einen Jahres¬ werth von 250,000 Pfund Sterling 5 Millionen Mark). Sie werden nach dem Gewichte in Bündel sortirt verkauft, doch muß der Käufer sich vor¬ sehen, da die Orientalen das Gewicht künstlich zu erhöhen wissen. Der schlaue Chinese stopft die Hühner, die er nach dem Gewichte verkauft, voll Sand und Steinchen, und so macht es der Nubier, der kleine Bleistücke in die Straußen¬ federkiele einschiebt. Auch aus Marokko und vom Senegal kommen Straußen¬ federn in den Handel, doch in untergeordneter Menge. Die Hauptmenge liefert Südafrika, und hier ist nicht die Kapstadt, sondern Port Elisabeth der Hanptansfuhrhafen. Die Ausführen im Jahre 1858, als nur Federn von wilden Straußen exportirt wurden, betrugen 13,200 Pfund Sterling. Nachdem die rationelle Straußenzucht aufgekommen war, stieg der Werth der Ausfuhr 1874 auf 209,000 Pfund Sterling. Bei der Wichtigkeit, welche dieser neue Zweig der Thierzucht erlangt hat, beschäftigen sich schon besondere Gesetze im Kaplande mit demselben. So ist auf die Erlegung eines fremden zahmen Vogels die bedeutende Strafsumme von 50 Pfund Sterling gesetzt; wenn jedoch ein entflohener Vogel durch 30 Tage uicht wieder ausge¬ bracht werden kann, so wird er für „wild" erklärt und gehört nach dieser Zeit demjenigen, der ihn fängt oder erlegt. Federn von zahmen und wilden Straußen vermögen die Händler leicht zu unterscheiden. Die Pose des zahmen Vogels

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/394>, abgerufen am 16.05.2024.