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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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abhängigen Republikaner "unter keinen Umständen" für Great stimmen wird. Außer
Tilden werden als Präsideutschafts-Candidaten in den Reihen der Demokraten noch
James A. Bayard aus Delaware, General Hancock aus Pennsylvanien, Hendricks
aus Jndiana, Thurnau aus Ohio und Horatio Seymour aus New-Iork genannt;
doch ist es auch möglich, daß bei einer Zersplitterung der republikanischen Partei
ein Ilvmo novus die Nomination in der am 22. Juni d. Is. zu Cincinnati statt¬
findenden demokratischen Nationalconvention davonträgt.

Da unter den obwaltenden Umständen leicht der Fall eintreten kann, daß in
der durch die Electoren vorgenommenen Wahl kein Präsidentschafts - Candidat die
gesetzlich nothwendige Stimmenmehrheit erhalten hat, die Wahl mithin von dem
Repräsentantenhause des Congresses vorgenommen werden muß, so sind die Demo¬
kraten im Congresse seit einiger Zeit eifrig bemüht, sich durch Anfechtung der Wahl
von republikanischen Repräsentanten die Mehrheit der Stimmen in der Congreß-
repräsentation der Einzelstaaten per tas et melas zu sichern.

Anfangs März d. Is. fand übrigens schon die erste Präsidentschafts-Nomina-
tion zu Se. Louis (Missouri) statt. Die nationale Greenback-Arbeiterpartei ernannte
nämlich Stephen B. Dillaye aus New-Hampshire zum Präsidentschafts- und B. I.
Chamber aus Californien zum Vicepräsidcntschafts - Candidaten. Beide Herren sind
ganz unbekannt und haben natürlich nicht die geringste Aussicht, gewählt zu werden.
Im Juni wird der andere Flügel der Greenbackler in Chicago tagen. Auch diese
Partei also ist in sich nicht ganz einig. --

Es erübrigt noch, mit einigen Worten auf die noch immer in der Schwebe
befindliche Frage des interoceanischen Can als zurückzukommen. Wie jüngst
ein Kabeltelegramm meldete, hat der Ausschuß des Repräsentantenhauses der Bundes¬
legislatur für auswärtige Angelegenheiten einen Antrag eingebracht, wodurch Prä¬
sident Hayes aufgefordert werden soll, unverzüglich Maßregeln zu ergreifen, den
zwischen den Vereinigten Staaten und England abgeschlossenen sogenannten Clay-
ton-Bulwer-Vertrag aufzuheben. Dieser Vertrag, der vor einigen Decennien
zu Stande kam, bestimmt, daß für alle Durchfahrten vom Atlantischen Ocean nach
dem Stillen Meere, mögen dieselben in Nicaragua, in Panama, Tehuantepec oder
an anderen Stellen des centralamerikanischen Isthmus entstehen, die vollste Neu¬
tralität zum Grundsatze erhoben werden soll. "Die Regierungen der Vereinigten
Staaten und Großbritanniens erklären," so lautet ein wesentlicher Passus des ge¬
nannten Vertrages, "daß keine von ihnen jemals eine ausschließliche Oberherrlichkeit
über den centralamerikanischen Schiffscanal in Anspruch nehmen kann; sie erklären
ferner, daß sie niemals in dessen Nähe Festungswerke errichten und Oberherrlich-
keitsrechtc über Ländergebiete von Nicaragua, Costa-Rica, der Mosquito-Küste oder
sonstige Theile von Mittelamerika beanspruchen wollen." Der erwähnte Ausschuß
des amerikanischen Repräsentantenhauses erkennt nun, wie es scheint, daß der von
dem Amerikaner Clayton und dem Engländer Bulwer zu Stande gebrachte Vertrag
mit der bekannten Monroe-Doctrin nicht ganz vereinbar, vielmehr geeignet ist, die


abhängigen Republikaner „unter keinen Umständen" für Great stimmen wird. Außer
Tilden werden als Präsideutschafts-Candidaten in den Reihen der Demokraten noch
James A. Bayard aus Delaware, General Hancock aus Pennsylvanien, Hendricks
aus Jndiana, Thurnau aus Ohio und Horatio Seymour aus New-Iork genannt;
doch ist es auch möglich, daß bei einer Zersplitterung der republikanischen Partei
ein Ilvmo novus die Nomination in der am 22. Juni d. Is. zu Cincinnati statt¬
findenden demokratischen Nationalconvention davonträgt.

Da unter den obwaltenden Umständen leicht der Fall eintreten kann, daß in
der durch die Electoren vorgenommenen Wahl kein Präsidentschafts - Candidat die
gesetzlich nothwendige Stimmenmehrheit erhalten hat, die Wahl mithin von dem
Repräsentantenhause des Congresses vorgenommen werden muß, so sind die Demo¬
kraten im Congresse seit einiger Zeit eifrig bemüht, sich durch Anfechtung der Wahl
von republikanischen Repräsentanten die Mehrheit der Stimmen in der Congreß-
repräsentation der Einzelstaaten per tas et melas zu sichern.

Anfangs März d. Is. fand übrigens schon die erste Präsidentschafts-Nomina-
tion zu Se. Louis (Missouri) statt. Die nationale Greenback-Arbeiterpartei ernannte
nämlich Stephen B. Dillaye aus New-Hampshire zum Präsidentschafts- und B. I.
Chamber aus Californien zum Vicepräsidcntschafts - Candidaten. Beide Herren sind
ganz unbekannt und haben natürlich nicht die geringste Aussicht, gewählt zu werden.
Im Juni wird der andere Flügel der Greenbackler in Chicago tagen. Auch diese
Partei also ist in sich nicht ganz einig. —

Es erübrigt noch, mit einigen Worten auf die noch immer in der Schwebe
befindliche Frage des interoceanischen Can als zurückzukommen. Wie jüngst
ein Kabeltelegramm meldete, hat der Ausschuß des Repräsentantenhauses der Bundes¬
legislatur für auswärtige Angelegenheiten einen Antrag eingebracht, wodurch Prä¬
sident Hayes aufgefordert werden soll, unverzüglich Maßregeln zu ergreifen, den
zwischen den Vereinigten Staaten und England abgeschlossenen sogenannten Clay-
ton-Bulwer-Vertrag aufzuheben. Dieser Vertrag, der vor einigen Decennien
zu Stande kam, bestimmt, daß für alle Durchfahrten vom Atlantischen Ocean nach
dem Stillen Meere, mögen dieselben in Nicaragua, in Panama, Tehuantepec oder
an anderen Stellen des centralamerikanischen Isthmus entstehen, die vollste Neu¬
tralität zum Grundsatze erhoben werden soll. „Die Regierungen der Vereinigten
Staaten und Großbritanniens erklären," so lautet ein wesentlicher Passus des ge¬
nannten Vertrages, „daß keine von ihnen jemals eine ausschließliche Oberherrlichkeit
über den centralamerikanischen Schiffscanal in Anspruch nehmen kann; sie erklären
ferner, daß sie niemals in dessen Nähe Festungswerke errichten und Oberherrlich-
keitsrechtc über Ländergebiete von Nicaragua, Costa-Rica, der Mosquito-Küste oder
sonstige Theile von Mittelamerika beanspruchen wollen." Der erwähnte Ausschuß
des amerikanischen Repräsentantenhauses erkennt nun, wie es scheint, daß der von
dem Amerikaner Clayton und dem Engländer Bulwer zu Stande gebrachte Vertrag
mit der bekannten Monroe-Doctrin nicht ganz vereinbar, vielmehr geeignet ist, die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/273>, abgerufen am 24.05.2024.