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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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Tcxtilstoff-Fabriken, zu vertreiben. Von schwerer Arbeit wird man nicht fett. Sagt
doch schon der Talmud: "Es giebt keine schlechtere Hantirung als den Ackerbau.
Wenn jemand hundert Silberlinge in der Handlung hat, so kann er alle Tage
Fleisch und Wein genießen; wenn er aber hundert Silberlinge ans den Feldbau
verwendet, so kaun er nur Salz und Kraut essen."

Daß dies auch für die Rcformjuden unserer Tage, die vom Talmud nichts
halten, kein überwundener Standpunkt, sondern -- wir sprechen hier wie immer
von der großen Mehrheit -- Lebensregel, Aeußerung eines Rasscninstincts ist, an
dem die Emancipation des semitischen Elements nur wenig geändert hat, soll uns
die Statistik zeigen. Vor der Emancipation lagen die Verhältnisse in Preußen
folgendermaßen. Nach den 1843 angestellten Ermittelungen lebten hier unter 1000
Juden vom Handel 431, von Handwerken 193, vom Gesindedienst 101, vom Be¬
triebe von Gast- und Schankwirthschaften 47, von wissenschaftlichen Berufszweigen
27, als Tagelöhner 42, als selbständige Gewerbsleute (abgesehen von Handel und
Handwerk) 22, von Gemeindeämtern 13, vom Bettel und als Versorgte in wohl¬
thätigen Anstalten 87, von Renten 27 und vom Landbau 10. selbständig betrieben
damals in Preußen 21739 Juden den Handel, und zwar Großhandel und Banquier¬
geschäfte 1140, Ladenhandel 6003, Lieferanten- und Commissionsgeschäfte 1140,
Kleinhandel, Trödelei, Hökerei, Hausirhandel u. tgi. 13238.

"Humane" Optimisten nahmen an, daß bei voller Gleichberechtigung des Juden-
Volkes mit den Deutschen jene sich mehr der Landwirthschaft und dem Handwerke
zuwenden würden. Aber man vergleiche damit nachstehende Thatsachen. Das
Emancipationsgesetz erging im Sommer 1847, und die Resultate davon liegen in
folgender Tabelle vor.

Von der jüdischen Bevölkerung Preußens lebten:1849:1861:
1)Von ärztlicher Praxis und als Lehrer ....16102086
2)Vom Handel:
Als Banquiers und Wechsler......314660
2786
6 5239 736
Lieferanten, Commissionäre und Pfandleiher1 4442036
Victualienhändler und Höker......23873003
Trödler..........10S41209
Als Geschäftsleute mit stehendem Kramhandcl .S2334314
Als umherziehende Handelsleute......36644699
Als Gehilfen in den verschiedenen kaufmännischen Geschäften6 6329 862
806938
Ju Summa vom Handel23S1339621
S)Von Industrie als Mechaniker, Künstler und Handwerker1206411446
4)Von Landwirthschaft und Gärtnerei.....632643
6)Vom Pacht verschiedener Nutzungen.....3626
6)Vom Betrieb ländlicher Brauereien und Brennereien323302
7)Von niederen Commuualoicnstcu.....636949
S)26382106

Tcxtilstoff-Fabriken, zu vertreiben. Von schwerer Arbeit wird man nicht fett. Sagt
doch schon der Talmud: „Es giebt keine schlechtere Hantirung als den Ackerbau.
Wenn jemand hundert Silberlinge in der Handlung hat, so kann er alle Tage
Fleisch und Wein genießen; wenn er aber hundert Silberlinge ans den Feldbau
verwendet, so kaun er nur Salz und Kraut essen."

Daß dies auch für die Rcformjuden unserer Tage, die vom Talmud nichts
halten, kein überwundener Standpunkt, sondern — wir sprechen hier wie immer
von der großen Mehrheit — Lebensregel, Aeußerung eines Rasscninstincts ist, an
dem die Emancipation des semitischen Elements nur wenig geändert hat, soll uns
die Statistik zeigen. Vor der Emancipation lagen die Verhältnisse in Preußen
folgendermaßen. Nach den 1843 angestellten Ermittelungen lebten hier unter 1000
Juden vom Handel 431, von Handwerken 193, vom Gesindedienst 101, vom Be¬
triebe von Gast- und Schankwirthschaften 47, von wissenschaftlichen Berufszweigen
27, als Tagelöhner 42, als selbständige Gewerbsleute (abgesehen von Handel und
Handwerk) 22, von Gemeindeämtern 13, vom Bettel und als Versorgte in wohl¬
thätigen Anstalten 87, von Renten 27 und vom Landbau 10. selbständig betrieben
damals in Preußen 21739 Juden den Handel, und zwar Großhandel und Banquier¬
geschäfte 1140, Ladenhandel 6003, Lieferanten- und Commissionsgeschäfte 1140,
Kleinhandel, Trödelei, Hökerei, Hausirhandel u. tgi. 13238.

„Humane" Optimisten nahmen an, daß bei voller Gleichberechtigung des Juden-
Volkes mit den Deutschen jene sich mehr der Landwirthschaft und dem Handwerke
zuwenden würden. Aber man vergleiche damit nachstehende Thatsachen. Das
Emancipationsgesetz erging im Sommer 1847, und die Resultate davon liegen in
folgender Tabelle vor.

Von der jüdischen Bevölkerung Preußens lebten:1849:1861:
1)Von ärztlicher Praxis und als Lehrer ....16102086
2)Vom Handel:
Als Banquiers und Wechsler......314660
2786
6 5239 736
Lieferanten, Commissionäre und Pfandleiher1 4442036
Victualienhändler und Höker......23873003
Trödler..........10S41209
Als Geschäftsleute mit stehendem Kramhandcl .S2334314
Als umherziehende Handelsleute......36644699
Als Gehilfen in den verschiedenen kaufmännischen Geschäften6 6329 862
806938
Ju Summa vom Handel23S1339621
S)Von Industrie als Mechaniker, Künstler und Handwerker1206411446
4)Von Landwirthschaft und Gärtnerei.....632643
6)Vom Pacht verschiedener Nutzungen.....3626
6)Vom Betrieb ländlicher Brauereien und Brennereien323302
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[0328] Tcxtilstoff-Fabriken, zu vertreiben. Von schwerer Arbeit wird man nicht fett. Sagt doch schon der Talmud: „Es giebt keine schlechtere Hantirung als den Ackerbau. Wenn jemand hundert Silberlinge in der Handlung hat, so kann er alle Tage Fleisch und Wein genießen; wenn er aber hundert Silberlinge ans den Feldbau verwendet, so kaun er nur Salz und Kraut essen." Daß dies auch für die Rcformjuden unserer Tage, die vom Talmud nichts halten, kein überwundener Standpunkt, sondern — wir sprechen hier wie immer von der großen Mehrheit — Lebensregel, Aeußerung eines Rasscninstincts ist, an dem die Emancipation des semitischen Elements nur wenig geändert hat, soll uns die Statistik zeigen. Vor der Emancipation lagen die Verhältnisse in Preußen folgendermaßen. Nach den 1843 angestellten Ermittelungen lebten hier unter 1000 Juden vom Handel 431, von Handwerken 193, vom Gesindedienst 101, vom Be¬ triebe von Gast- und Schankwirthschaften 47, von wissenschaftlichen Berufszweigen 27, als Tagelöhner 42, als selbständige Gewerbsleute (abgesehen von Handel und Handwerk) 22, von Gemeindeämtern 13, vom Bettel und als Versorgte in wohl¬ thätigen Anstalten 87, von Renten 27 und vom Landbau 10. selbständig betrieben damals in Preußen 21739 Juden den Handel, und zwar Großhandel und Banquier¬ geschäfte 1140, Ladenhandel 6003, Lieferanten- und Commissionsgeschäfte 1140, Kleinhandel, Trödelei, Hökerei, Hausirhandel u. tgi. 13238. „Humane" Optimisten nahmen an, daß bei voller Gleichberechtigung des Juden- Volkes mit den Deutschen jene sich mehr der Landwirthschaft und dem Handwerke zuwenden würden. Aber man vergleiche damit nachstehende Thatsachen. Das Emancipationsgesetz erging im Sommer 1847, und die Resultate davon liegen in folgender Tabelle vor. Von der jüdischen Bevölkerung Preußens lebten:1849:1861: 1)Von ärztlicher Praxis und als Lehrer ....16102086 2)Vom Handel: Als Banquiers und Wechsler......314660 2786 6 5239 736 Lieferanten, Commissionäre und Pfandleiher1 4442036 Victualienhändler und Höker......23873003 Trödler..........10S41209 Als Geschäftsleute mit stehendem Kramhandcl .S2334314 Als umherziehende Handelsleute......36644699 Als Gehilfen in den verschiedenen kaufmännischen Geschäften6 6329 862 806938 Ju Summa vom Handel23S1339621 S)Von Industrie als Mechaniker, Künstler und Handwerker1206411446 4)Von Landwirthschaft und Gärtnerei.....632643 6)Vom Pacht verschiedener Nutzungen.....3626 6)Vom Betrieb ländlicher Brauereien und Brennereien323302 7)Von niederen Commuualoicnstcu.....636949 S)26382106

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/328>, abgerufen am 17.06.2024.