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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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welches von den höher liegenden Kuppen sich abgelöst hat, und ermöglicht es
dadurch, daß jene Einfurchungen dereinst Thäler werden können. Indem die
Natur den im Niedergang begriffenen Felstrümmern die Klüfte und Einfur¬
chungen der Gehänge durch Eis verschließt, zwingt sie dieselben auf dem Eise
selbst sich abzulagern und mit ins Thal hinabzugleiten. Schmilzt im Thale
das Eis fort, dann bleiben die niedergeführten Gebirgstrümmer liegen und
bilden ein Wehr, das die nachfließenden Wasser zu einem See anstand, und dem
Menschen eine nie versiegende Kraftquelle. Auch auf deu Wasserscheiden der
Gebirge bildet die Natur solche Seen, solche Kraftreservoire aus den Vertiefun¬
gen der Kämme und Joche und schützt sie vor Znschüttuug durch sedimentäre
Ablagerungen dadurch, daß sie deu Boden, über welchen die sie Speisenden Quellen
fließen, fast das ganze Jahr hindurch gefroren und dadurch das Quellwasser
rein erhält- Ja, oft ganze Reihen solcher Krastreservvire, solcher Jochseeu, legt
unser Hydrotechniker an, damit die durch den Menschen etwa benutzte Kraft des
oberen in dem nächstfolgenden sich wieder sammeln und von neuem nutzbar
werde. Selbst diejenigen Wasserfäden, denen es gelingt zu kleinen Gebirgs-
bächen zu werden, weiß die Natur zu hindern, daß sie nicht in ungezügelter Kraft
zu Thale stürmen. Vor die kleinen Thäler der Gebirgsbäche schiebt sie gern
das Gletscher-Eis und verlegt dadurch dem Bache den Weg. Vor diesem Eis¬
wehr sammelt sich dann das Wasser und macht aus dem Thale des Baches
eine" See, dessen Spiegel so lange steigt bis es der Sonne gelingt das Wasser
so hoch zu erwärmen, daß es im Stande ist, durch den sperrenden Eisdamm
sich einen Tunnel zu schmelzen und langsam zu Thale zu fließen. Ist die über
dem Tunnel aufgestaute Wassermasse abgeflossen, d. h. hat sich der Wasserspiegel
bis auf die Tunnelsohle gesenkt, dann ist auch wohl die kältere Jahreszeit wieder
eingetreten, der Tunnel friert wieder zu, die Wasser werden wieder eingestand,
und die Thätigkeit der Natur beginnt von neuem, durch Stauung die Geschwin¬
digkeit des niederfließenden Wassers abzuschwächen.

Die Tragkraft des Wassers wächst in fast geometrischer Progression
mit dem Tiefgang der Schiffsgefäße. Auf 1 >nMtr. Ladungsfläche trägt das
Wasser bei 0,50 Mer. Tiefgang des Schiffsgefäßes 500 Tonnen Brutto und
100 Tonnen Netto (1 Tonne ^ 1000 Klgr.), bei 1,00 Mer. Tiefgang 1000
Tonnen Brutto und 600 Tonnen Netto, bei 2,00 Mer. Tiefgang 2000 Tonnen
Brutto und 1500 Tonnen Netto, bei 4,00 Mer. Tiefgang 4000 Tonnen Brutto
und 3400 Tonnen Netto, d. h. in trockene Geschäftssprache übersetzt: Bei ver¬
hältnißmäßig demselben Anlage- und Betriebscapital und dem entsprechend
kaum höher zu nennenden Betriebskosten kann dasselbe Schiff bei einem Tief¬
gang von 4,00 Mer. 5^mal mehr Nettolast laden als bei einem Tiefgang von
1,00 Mer. Als ob die Natur dieses Gesetz kenne, zwingt sie als genialer Hydro-


welches von den höher liegenden Kuppen sich abgelöst hat, und ermöglicht es
dadurch, daß jene Einfurchungen dereinst Thäler werden können. Indem die
Natur den im Niedergang begriffenen Felstrümmern die Klüfte und Einfur¬
chungen der Gehänge durch Eis verschließt, zwingt sie dieselben auf dem Eise
selbst sich abzulagern und mit ins Thal hinabzugleiten. Schmilzt im Thale
das Eis fort, dann bleiben die niedergeführten Gebirgstrümmer liegen und
bilden ein Wehr, das die nachfließenden Wasser zu einem See anstand, und dem
Menschen eine nie versiegende Kraftquelle. Auch auf deu Wasserscheiden der
Gebirge bildet die Natur solche Seen, solche Kraftreservoire aus den Vertiefun¬
gen der Kämme und Joche und schützt sie vor Znschüttuug durch sedimentäre
Ablagerungen dadurch, daß sie deu Boden, über welchen die sie Speisenden Quellen
fließen, fast das ganze Jahr hindurch gefroren und dadurch das Quellwasser
rein erhält- Ja, oft ganze Reihen solcher Krastreservvire, solcher Jochseeu, legt
unser Hydrotechniker an, damit die durch den Menschen etwa benutzte Kraft des
oberen in dem nächstfolgenden sich wieder sammeln und von neuem nutzbar
werde. Selbst diejenigen Wasserfäden, denen es gelingt zu kleinen Gebirgs-
bächen zu werden, weiß die Natur zu hindern, daß sie nicht in ungezügelter Kraft
zu Thale stürmen. Vor die kleinen Thäler der Gebirgsbäche schiebt sie gern
das Gletscher-Eis und verlegt dadurch dem Bache den Weg. Vor diesem Eis¬
wehr sammelt sich dann das Wasser und macht aus dem Thale des Baches
eine» See, dessen Spiegel so lange steigt bis es der Sonne gelingt das Wasser
so hoch zu erwärmen, daß es im Stande ist, durch den sperrenden Eisdamm
sich einen Tunnel zu schmelzen und langsam zu Thale zu fließen. Ist die über
dem Tunnel aufgestaute Wassermasse abgeflossen, d. h. hat sich der Wasserspiegel
bis auf die Tunnelsohle gesenkt, dann ist auch wohl die kältere Jahreszeit wieder
eingetreten, der Tunnel friert wieder zu, die Wasser werden wieder eingestand,
und die Thätigkeit der Natur beginnt von neuem, durch Stauung die Geschwin¬
digkeit des niederfließenden Wassers abzuschwächen.

Die Tragkraft des Wassers wächst in fast geometrischer Progression
mit dem Tiefgang der Schiffsgefäße. Auf 1 >nMtr. Ladungsfläche trägt das
Wasser bei 0,50 Mer. Tiefgang des Schiffsgefäßes 500 Tonnen Brutto und
100 Tonnen Netto (1 Tonne ^ 1000 Klgr.), bei 1,00 Mer. Tiefgang 1000
Tonnen Brutto und 600 Tonnen Netto, bei 2,00 Mer. Tiefgang 2000 Tonnen
Brutto und 1500 Tonnen Netto, bei 4,00 Mer. Tiefgang 4000 Tonnen Brutto
und 3400 Tonnen Netto, d. h. in trockene Geschäftssprache übersetzt: Bei ver¬
hältnißmäßig demselben Anlage- und Betriebscapital und dem entsprechend
kaum höher zu nennenden Betriebskosten kann dasselbe Schiff bei einem Tief¬
gang von 4,00 Mer. 5^mal mehr Nettolast laden als bei einem Tiefgang von
1,00 Mer. Als ob die Natur dieses Gesetz kenne, zwingt sie als genialer Hydro-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/46>, abgerufen am 22.05.2024.