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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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des Landes und zur Beseitigung von groben Mißbräuchen erlassen, und wären
dies die einzigen Beschlusse des irischen Parlaments gewesen, so würde es sich
einen höchst ehrenvollen Ruf erworben haben. Leider aber war ein Hauptbe¬
streben desselben, mit rücksichtsloser Hand die Beraubung der Iren an Land
wieder gut zu machen.

Die Cromwellsche Ansiedelungsacte wurde widerrufen, und es wurde be¬
stimmt, daß die Erben aller Personen, die am 22. October 1K41 Land besessen
hätten und durch die Acte desselben verlustig gegangen wären, sofort in den
Besitz ihres alten Eigenthums wieder einträten. Da indeß ein großer Theil
des durch Cromwell confiscierten Landes inzwischen durch Verkauf in die Hände
von Leuten loyaler und friedfertiger Art übergegangen war, so erkannte das
Parlament diesen eine Vergütung zu. Das war billig, eine Härte aber war
es, wenn man ihnen, dem Beispiele der frühern englischen Regierungen folgend,
als Entschädigung die Ländereien der irischen Eigenthümer zuwies, welche in
irgend einem Theile der drei Königreiche lebten, der Jacob nicht anerkannte
oder mit den Rebellen gegen ihn in Verbindung stand.

Noch ungerechter war die Hochverrathsacte, die in der zweiten Hälfte des
Juni eingebracht wurde. Sie unterwarf eine sehr große Zahl der irischen
Grundherren der Strafe des Hochverraths, falls sie ihre Unschuld nicht beweisen
konnten, und als Hochverrath galt ihr schon, wenn die Angeschuldigten zur Zeit
des Bürgerkrieges nicht in Irland lebten. Die Paragraphen, welche das Grund¬
eigenthum der angeklagten Personen provisorisch der Krone übertrugen, noch ehe
der Beweis, daß sie schuldig, erbracht war, waren nicht nur an sich ungerecht,
sondern öffneten auch dein Betrüge Thür und Thor. Die Acte kam jedoch nicht
zur Ausführung; denn die Tage des irischen Parlaments waren gezählt. Es
wurde am 20. Juli vertagt. Die heldenmüthige Vertheidigung Londonderrys
hatte das Blatt schon zu Gunsten König Wilhelms gewendet, und das Unglück
Jacobs am Boyneflusse, sowie die Uebergabe von Limerick zerstörten die letzten
Hoffnungen der Katholiken. Der Kern der katholischen Armee trat in franzö¬
sische Dienste, und die großen auf die Revolution folgenden Landconfiscationen
vollendeten die Niederlage der alten Rasse. Als das 18. Jahrhundert anbrach,
war die große Mehrzahl der vormaligen Führer des Volkes in tiefe Armuth
versunken oder als Verbannte über Enropa zerstreut. Die letzten krampfhaften
Zuckungen des Widerstandes gegen den englischen Egoismus hatten aufgehört,
und die lange Aera ungebrochener protestantischer Uebermacht hatte begonnen.

Im folgenden geben wir einige Ziige der Verhältnisse, die sich nun ent¬
wickelten. Die anglikanische Kirche wurde für Irland Staatskirche, obwohl ihre
Anhänger noch kein Siebentel der Bevölkerung des Landes bildeten. Diese
Kirche lebte von den Steuern der sechs andern Siebentel und vor allem von


des Landes und zur Beseitigung von groben Mißbräuchen erlassen, und wären
dies die einzigen Beschlusse des irischen Parlaments gewesen, so würde es sich
einen höchst ehrenvollen Ruf erworben haben. Leider aber war ein Hauptbe¬
streben desselben, mit rücksichtsloser Hand die Beraubung der Iren an Land
wieder gut zu machen.

Die Cromwellsche Ansiedelungsacte wurde widerrufen, und es wurde be¬
stimmt, daß die Erben aller Personen, die am 22. October 1K41 Land besessen
hätten und durch die Acte desselben verlustig gegangen wären, sofort in den
Besitz ihres alten Eigenthums wieder einträten. Da indeß ein großer Theil
des durch Cromwell confiscierten Landes inzwischen durch Verkauf in die Hände
von Leuten loyaler und friedfertiger Art übergegangen war, so erkannte das
Parlament diesen eine Vergütung zu. Das war billig, eine Härte aber war
es, wenn man ihnen, dem Beispiele der frühern englischen Regierungen folgend,
als Entschädigung die Ländereien der irischen Eigenthümer zuwies, welche in
irgend einem Theile der drei Königreiche lebten, der Jacob nicht anerkannte
oder mit den Rebellen gegen ihn in Verbindung stand.

Noch ungerechter war die Hochverrathsacte, die in der zweiten Hälfte des
Juni eingebracht wurde. Sie unterwarf eine sehr große Zahl der irischen
Grundherren der Strafe des Hochverraths, falls sie ihre Unschuld nicht beweisen
konnten, und als Hochverrath galt ihr schon, wenn die Angeschuldigten zur Zeit
des Bürgerkrieges nicht in Irland lebten. Die Paragraphen, welche das Grund¬
eigenthum der angeklagten Personen provisorisch der Krone übertrugen, noch ehe
der Beweis, daß sie schuldig, erbracht war, waren nicht nur an sich ungerecht,
sondern öffneten auch dein Betrüge Thür und Thor. Die Acte kam jedoch nicht
zur Ausführung; denn die Tage des irischen Parlaments waren gezählt. Es
wurde am 20. Juli vertagt. Die heldenmüthige Vertheidigung Londonderrys
hatte das Blatt schon zu Gunsten König Wilhelms gewendet, und das Unglück
Jacobs am Boyneflusse, sowie die Uebergabe von Limerick zerstörten die letzten
Hoffnungen der Katholiken. Der Kern der katholischen Armee trat in franzö¬
sische Dienste, und die großen auf die Revolution folgenden Landconfiscationen
vollendeten die Niederlage der alten Rasse. Als das 18. Jahrhundert anbrach,
war die große Mehrzahl der vormaligen Führer des Volkes in tiefe Armuth
versunken oder als Verbannte über Enropa zerstreut. Die letzten krampfhaften
Zuckungen des Widerstandes gegen den englischen Egoismus hatten aufgehört,
und die lange Aera ungebrochener protestantischer Uebermacht hatte begonnen.

Im folgenden geben wir einige Ziige der Verhältnisse, die sich nun ent¬
wickelten. Die anglikanische Kirche wurde für Irland Staatskirche, obwohl ihre
Anhänger noch kein Siebentel der Bevölkerung des Landes bildeten. Diese
Kirche lebte von den Steuern der sechs andern Siebentel und vor allem von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/526>, abgerufen am 18.05.2024.