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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Anfang und Lüde einer Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts.

z. B., daß Rubens' berühmte "Landschaft mit dem Regenbogen" in Paris sei,
wird dem Eingeweihten ebenso lächerlich vorkommen, wie die Ansicht, das Pariser
Bild des Bohnenfestes von Jordaens sei das ehemalige Düsseldorfer Exemplar.
Das Pariser Bild ist unbezeichnet, das Münchener aber trägt die Bezeichnung
^ol'. lV, 1646, welche bereits der alte Düsseldorfer Katalog demselben giebt.
Das 15. Bild aber, welches in Paris sein soll, Rubens' "Diogenes, mit seiner
Laterne Menschen suchend," übrigens nur ein Schulbild, befindet sich in Schlei߬
heim. Das Inventar der dortigen Galerie bemerkt ausdrücklich, daß dieses
Bild aus Düsseldorf stamme.") Die ganze Sache ist für den Kenner so
evident, daß es unnöthig erscheinen konnte, überhaupt auf sie einzugehen. Da
jene Behauptung aber noch 1876 mit Nachdruck öffentlich betont worden ist, so
ist es wirklich nicht überflüssig, sie auch einmal mit Nachdruck öffentlich zu
widerlegen.

Schwerlich ist jemals eins der alten Düsseldorfer Bilder wieder aus Baiern
herausgekommen; aber in Baiern sind sie, bei dem gewaltigen Bilderschatze, den
dieses Land besitzt, in den Gesammtvorrath vertheilt worden. Obgleich niemand
daran denken wird, Baiern einen Vorwurf daraus zu machen, muß doch her¬
vorgehoben werden, daß erst diese Thatsache das definitive Ende der Düssel¬
dorfer Galerie als solcher bezeichnet, die Thatsache, daß sie in Baiern ausein¬
andergerissen und über das ganze Land zerstreut worden ist. Den Löwenan¬
theil freilich hat München erklärlicherweise für sich behalten. Die meisten, besten
und berühmtesten Bilder der Düsseldorfer Galerie befinden sich allerdings in
der dortigen Pinakothek, etwa 200 die Schleißheimer Galerie besitzt ungefähr
100, darunter manches vortreffliche Werk, wie eine "Trinkstube" von A. Brouwer,
ein "Urtheil Salomonis" von A. van der Werff, einen "Aufzug im Freien" von
Seb. Vranx, ein "Stillleben" von F. Snyders, eine "Landschaft" von Eglon
van der Neer, außerdem eine große Anzahl der Jagdstücke, die Jan Weenix für
das Bensberger Schloß gemalt hatte.

Die interessante kleine Augsburger Galerie besitzt mindestens 24 Bilder, die
früher in Düsseldorf waren, und selbst Bamberg, Würzburg und Speyer haben
ihren Antheil erhalten. In Düsseldorf selbst aber sind nur zwei Bilder seiner
ehemaligen berühmten Galerie zurückgeblieben; das eine unzweifelhaft, weil es,
auf Holz gemalt, zu groß und zu schwer war, um transportirt zu werden:
Rubens' herrliche "Himmelfahrt Mariae," das gewaltigste Kunstwerk, welches




Nach gütiger Mittheilung des gegenwärtigen Directors der Schleißheimer Galerie,
des Herrn Baycrsdorffer.
Ich selbst konnte nur 187 nachweisen; aber Herr Director Baycrsdorffer hat mir
gütigst mitgetheilt, daß vor einiger Zeit ein Dutzend der ehemaligen Düsseldorfer Bilder
von Schleißheim nach München gesandt worden sind, um der Pinakothek einverleibt zu werden.
Anfang und Lüde einer Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts.

z. B., daß Rubens' berühmte „Landschaft mit dem Regenbogen" in Paris sei,
wird dem Eingeweihten ebenso lächerlich vorkommen, wie die Ansicht, das Pariser
Bild des Bohnenfestes von Jordaens sei das ehemalige Düsseldorfer Exemplar.
Das Pariser Bild ist unbezeichnet, das Münchener aber trägt die Bezeichnung
^ol'. lV, 1646, welche bereits der alte Düsseldorfer Katalog demselben giebt.
Das 15. Bild aber, welches in Paris sein soll, Rubens' „Diogenes, mit seiner
Laterne Menschen suchend," übrigens nur ein Schulbild, befindet sich in Schlei߬
heim. Das Inventar der dortigen Galerie bemerkt ausdrücklich, daß dieses
Bild aus Düsseldorf stamme.") Die ganze Sache ist für den Kenner so
evident, daß es unnöthig erscheinen konnte, überhaupt auf sie einzugehen. Da
jene Behauptung aber noch 1876 mit Nachdruck öffentlich betont worden ist, so
ist es wirklich nicht überflüssig, sie auch einmal mit Nachdruck öffentlich zu
widerlegen.

Schwerlich ist jemals eins der alten Düsseldorfer Bilder wieder aus Baiern
herausgekommen; aber in Baiern sind sie, bei dem gewaltigen Bilderschatze, den
dieses Land besitzt, in den Gesammtvorrath vertheilt worden. Obgleich niemand
daran denken wird, Baiern einen Vorwurf daraus zu machen, muß doch her¬
vorgehoben werden, daß erst diese Thatsache das definitive Ende der Düssel¬
dorfer Galerie als solcher bezeichnet, die Thatsache, daß sie in Baiern ausein¬
andergerissen und über das ganze Land zerstreut worden ist. Den Löwenan¬
theil freilich hat München erklärlicherweise für sich behalten. Die meisten, besten
und berühmtesten Bilder der Düsseldorfer Galerie befinden sich allerdings in
der dortigen Pinakothek, etwa 200 die Schleißheimer Galerie besitzt ungefähr
100, darunter manches vortreffliche Werk, wie eine „Trinkstube" von A. Brouwer,
ein „Urtheil Salomonis" von A. van der Werff, einen „Aufzug im Freien" von
Seb. Vranx, ein „Stillleben" von F. Snyders, eine „Landschaft" von Eglon
van der Neer, außerdem eine große Anzahl der Jagdstücke, die Jan Weenix für
das Bensberger Schloß gemalt hatte.

Die interessante kleine Augsburger Galerie besitzt mindestens 24 Bilder, die
früher in Düsseldorf waren, und selbst Bamberg, Würzburg und Speyer haben
ihren Antheil erhalten. In Düsseldorf selbst aber sind nur zwei Bilder seiner
ehemaligen berühmten Galerie zurückgeblieben; das eine unzweifelhaft, weil es,
auf Holz gemalt, zu groß und zu schwer war, um transportirt zu werden:
Rubens' herrliche „Himmelfahrt Mariae," das gewaltigste Kunstwerk, welches




Nach gütiger Mittheilung des gegenwärtigen Directors der Schleißheimer Galerie,
des Herrn Baycrsdorffer.
Ich selbst konnte nur 187 nachweisen; aber Herr Director Baycrsdorffer hat mir
gütigst mitgetheilt, daß vor einiger Zeit ein Dutzend der ehemaligen Düsseldorfer Bilder
von Schleißheim nach München gesandt worden sind, um der Pinakothek einverleibt zu werden.
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[0168] Anfang und Lüde einer Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts. z. B., daß Rubens' berühmte „Landschaft mit dem Regenbogen" in Paris sei, wird dem Eingeweihten ebenso lächerlich vorkommen, wie die Ansicht, das Pariser Bild des Bohnenfestes von Jordaens sei das ehemalige Düsseldorfer Exemplar. Das Pariser Bild ist unbezeichnet, das Münchener aber trägt die Bezeichnung ^ol'. lV, 1646, welche bereits der alte Düsseldorfer Katalog demselben giebt. Das 15. Bild aber, welches in Paris sein soll, Rubens' „Diogenes, mit seiner Laterne Menschen suchend," übrigens nur ein Schulbild, befindet sich in Schlei߬ heim. Das Inventar der dortigen Galerie bemerkt ausdrücklich, daß dieses Bild aus Düsseldorf stamme.") Die ganze Sache ist für den Kenner so evident, daß es unnöthig erscheinen konnte, überhaupt auf sie einzugehen. Da jene Behauptung aber noch 1876 mit Nachdruck öffentlich betont worden ist, so ist es wirklich nicht überflüssig, sie auch einmal mit Nachdruck öffentlich zu widerlegen. Schwerlich ist jemals eins der alten Düsseldorfer Bilder wieder aus Baiern herausgekommen; aber in Baiern sind sie, bei dem gewaltigen Bilderschatze, den dieses Land besitzt, in den Gesammtvorrath vertheilt worden. Obgleich niemand daran denken wird, Baiern einen Vorwurf daraus zu machen, muß doch her¬ vorgehoben werden, daß erst diese Thatsache das definitive Ende der Düssel¬ dorfer Galerie als solcher bezeichnet, die Thatsache, daß sie in Baiern ausein¬ andergerissen und über das ganze Land zerstreut worden ist. Den Löwenan¬ theil freilich hat München erklärlicherweise für sich behalten. Die meisten, besten und berühmtesten Bilder der Düsseldorfer Galerie befinden sich allerdings in der dortigen Pinakothek, etwa 200 die Schleißheimer Galerie besitzt ungefähr 100, darunter manches vortreffliche Werk, wie eine „Trinkstube" von A. Brouwer, ein „Urtheil Salomonis" von A. van der Werff, einen „Aufzug im Freien" von Seb. Vranx, ein „Stillleben" von F. Snyders, eine „Landschaft" von Eglon van der Neer, außerdem eine große Anzahl der Jagdstücke, die Jan Weenix für das Bensberger Schloß gemalt hatte. Die interessante kleine Augsburger Galerie besitzt mindestens 24 Bilder, die früher in Düsseldorf waren, und selbst Bamberg, Würzburg und Speyer haben ihren Antheil erhalten. In Düsseldorf selbst aber sind nur zwei Bilder seiner ehemaligen berühmten Galerie zurückgeblieben; das eine unzweifelhaft, weil es, auf Holz gemalt, zu groß und zu schwer war, um transportirt zu werden: Rubens' herrliche „Himmelfahrt Mariae," das gewaltigste Kunstwerk, welches Nach gütiger Mittheilung des gegenwärtigen Directors der Schleißheimer Galerie, des Herrn Baycrsdorffer. Ich selbst konnte nur 187 nachweisen; aber Herr Director Baycrsdorffer hat mir gütigst mitgetheilt, daß vor einiger Zeit ein Dutzend der ehemaligen Düsseldorfer Bilder von Schleißheim nach München gesandt worden sind, um der Pinakothek einverleibt zu werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/168>, abgerufen am 15.05.2024.